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VwGH vom 19.12.2012, 2012/22/0198

VwGH vom 19.12.2012, 2012/22/0198

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der E, vertreten durch Mag. Franz Haydn, Rechtsanwalt in 2320 Schwechat, Bruck-Hainburger Straße 7, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 160.125/8-III/4/12, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer armenischen Staatsangehörigen, ihr aus humanitären Gründen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, gemäß § 41a Abs. 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei am nach Österreich eingereist und habe am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Diesem sei letztlich keine Folge gegeben worden und die Beschwerdeführerin sei auch mit dem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom ausgewiesen worden. Die Behandlung einer gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes eingebrachten Beschwerde habe der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom abgelehnt.

Der Asylgerichtshof habe unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehenden Informationen eine Ausweisung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK als verhältnismäßig beurteilt.

Den nunmehr gegenständlichen Antrag habe die Beschwerdeführerin am gestellt und damit begründet, vollständig in Österreich integriert zu sein, deutsch zu sprechen und über Arbeitsplatzzusagen sowie Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben zu verfügen. Darüber hinaus habe sie vorgebracht, ständiger psychiatrischer Behandlung zu bedürfen, welche nicht abgebrochen und in ihrem Heimatland nicht fortgesetzt werden könne. Die Dauer des Asylverfahrens und der "unsichere Aufenthaltsstatus" könnten ihr nicht vorgeworfen werden, weil sie in Österreich auf die Gewährung von internationalem Schutz vertraut habe. Weder der Asylgerichtshof noch der Verfassungsgerichtshof hätten sich mit ihrer Lebenssituation befasst.

Eine am erfolgte Zurückweisung ihres Antrages gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 iVm § 41a Abs. 9 NAG sei mit Bescheid der Berufungsbehörde vom aufgehoben worden. Die Behörde erster Instanz sei nach Einholung einer Stellungnahme der Sicherheitsdirektion zum Ergebnis gekommen, dass sich ein neuer maßgeblicher Sachverhalt ergeben habe, der eine inhaltliche Beurteilung des Antrages auf der Grundlage des Art. 8 EMRK erforderlich mache, und habe den Antrag letztlich gemäß § 41a Abs. 9, § 11 Abs. 1 Z 3 und § 11 Abs. 3 NAG abgewiesen.

In ihrer rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde davon aus, dass entsprechend der Entscheidung erster Instanz eine Neubeurteilung des Falles der Beschwerdeführerin nach Art. 8 EMRK notwendig sei.

Die neuerliche Prüfung im Sinn des Art. 8 EMRK ergebe, dass dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen mehr Gewicht beizumessen sei als dem privaten Interesse der Beschwerdeführerin an einem Aufenthalt in Österreich. Die bloße Aufenthaltsdauer sei nicht alleine maßgeblich, sondern es sei zu prüfen, inwieweit die Beschwerdeführerin die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt habe, sich sozial und beruflich zu integrieren. Es hielten sich keine Verwandten der Beschwerdeführerin in Österreich auf und sie lebe auch nicht mit einer ihr nahe stehenden Person zusammen, doch habe sie einen weitverzweigten Bekanntenkreis aufbauen können. Ihr achtjähriger Aufenthalt beruhe auf einer unerlaubten Einreise und auf einem letztlich unbegründeten Asylantrag. Die Beschwerdeführerin habe seit der bereits am erfolgten erstinstanzlichen "Abweisung" des Asylantrages von einem nicht gesicherten Aufenthaltsstatus ausgehen müssen. Die integrationsbegründenden Umstände wie das Ablegen einer Deutschprüfung auf dem Niveau A2, das Bemühen sich aktiv in die Gesellschaft zu integrieren, das Knüpfen von sozialen Kontakten, der Aufbau eines sozialen Netzwerks, die Unterstützung durch österreichische Familien und Institutionen, die Teilnahme am Pfarrgemeindeleben und das Vorliegen von Einstellungszusagen seien während des dargestellten Aufenthalts erworben worden und in ihrem Gewicht gemindert. Die Beschwerdeführerin habe den überwiegenden Teil ihres Lebens im Ausland verbracht und sei erst im Erwachsenenalter von 35 Jahren nach Österreich gekommen. Sie habe keine Beziehungen mehr zu ihrem Heimatstaat und sei unbescholten. Die behauptete psychiatrische Behandlung in Österreich habe sie nicht nachgewiesen.

Sohin gelangte die belangte Behörde letztlich zum Ergebnis, es sei nach Art. 8 EMRK nicht geboten, der Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel zu erteilen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass sich im vorliegenden Fall (Zustellung des angefochtenen Bescheides am ) das NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 112/2011 als maßgeblich darstellt.

Gemäß § 41a Abs. 9 NAG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen (§ 44a NAG) oder auf begründeten Antrag (§ 44b NAG), der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" zu erteilen, wenn

"1. kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG vorliegt,

2. dies gemäß § 11 Abs. 3 NAG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK geboten ist und

3. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung (§ 14a NAG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine Erwerbstätigkeit ausübt."

Die Beschwerde bestreitet die Richtigkeit der von der belangten Behörde nach § 11 Abs. 3 NAG vorgenommen Beurteilung und verweist dazu auf die Dauer des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin in Österreich, ihr Vertrauen auf Gewährung von internationalem Schutz, die besuchten Deutschkurse, die vorgelegten Einstellungsbestätigungen, Kontakte zu Österreichern, das Fehlen von Bindungen zu ihrem Heimatstaat und ihre strafrechtliche Unbescholtenheit.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist nicht zu erkennen, dass der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet wäre.

Mit der belangten Behörde ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin einen unberechtigten Asylantrag stellte und durch ihren Verbleib in Österreich den geltenden Einwanderungsbestimmungen zuwiderhandelte. Zutreffend beurteilte die belangte Behörde ihr Verhalten als eine relevante Störung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, weil den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt.

Das sich nach dem Gesagten ergebende öffentliche Interesse hatte die belangte Behörde unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles gegen die gegenläufigen privaten Interessen der Beschwerdeführerin - familiäre Interessen an einem Verbleib in Österreich wurden nicht geltend gemacht - abzuwägen. Die in diesem Sinn von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. Sämtliche von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Umstände wurden von der belangten Behörde bei ihrer Beurteilung berücksichtigt. Diese sind aber insgesamt nicht von einem solchen Gewicht, dass der Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK ein Aufenthaltstitel hätte erteilt werden müssen.

Bei der Bewertung des Interesses der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich durfte die belangte Behörde im Sinn des § 11 Abs. 3 Z 8 NAG - im Ergebnis - auch berücksichtigen, dass sie auf der Grundlage der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, die ihr während des Asylverfahrens zugekommen war, nicht damit rechnen durfte, sie werde dauernd in Österreich bleiben können.

Zusammenfassend ist es somit insgesamt fallbezogen nicht zu beanstanden, wenn die belangte Behörde davon ausgeht, es sei unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht geboten, der Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel zu erteilen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
LAAAE-77392