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VwGH vom 20.08.2013, 2012/22/0195

VwGH vom 20.08.2013, 2012/22/0195

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Y, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-8/10369/6-2012, betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den aus dem Kosovo stammenden Beschwerdeführer eine auf § 52 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gestützte Rückkehrentscheidung, die sie gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 FPG mit einem auf die Dauer von 18 Monaten befristeten Einreiseverbot verband. Unter einem wurde die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 FPG mit einem Monat festgelegt.

In ihrer Begründung stellte die belangte Behörde - auf das hier Entscheidungswesentliche kurz zusammengefasst - darauf ab, dass der Beschwerdeführer im Mai 2002 in Österreich eingereist sei und am einen Asylantrag gestellt habe. Seinem Asylbegehren sei letztlich im Instanzenzug keine Folge gegeben worden. Seit der vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom erfolgten Ablehnung der Behandlung der im Asylverfahren eingebrachten Beschwerde sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich unrechtmäßig.

Zwar halte sich der Beschwerdeführer mittlerweile mehr als zehn Jahre - davon etwa achteinhalb Jahre rechtmäßig - im Bundesgebiet auf. Jedoch seien jene Umstände, die zu einer Integration im Bundesgebiet geführt hätten (es liege eine Patenschaftserklärung vor, er unterhalte Beziehungen zu den Mitgliedern des Reitvereins S, wo er zwischenzeitig auch beschäftigt gewesen sei, und er weise gute Kenntnisse der deutschen Sprache auf) in ihrem Gewicht gemindert. Diese Umstände seien nämlich in einer Zeit entstanden, in der der Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers infolge eines unberechtigten Asylantrages als unsicher anzusehen gewesen sei. Somit sei das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung nicht derart gemindert, dass von der Erlassung der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbotes hätte Abstand genommen werden müssen, zumal sich im Heimatland des Beschwerdeführers noch seine Familie und "die Verwandtschaft" aufhielten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Der gegenständliche Fall, in dem der Beschwerdeführer auf einen mehr als zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet verweisen kann und nicht vom Fehlen gänzlicher Integration auszugehen ist, gleicht in seinem entscheidungswesentlichen Punkt hinsichtlich der nach § 61 FPG vorzunehmenden Interessenabwägung jenem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/18/0100, zu Grunde lag.

Aus den dort genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird (vgl. im Übrigen aus der gleichgelagerten Rechtsprechung zum FPG idF vor dem FrÄG 2011 statt vieler etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/22/0158), stellt sich auch im vorliegenden Fall die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines damit verbundenen Einreiseverbotes als unverhältnismäßig dar.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass im angefochtenen Bescheid auch erwähnt wird, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2003 wegen Urkundenfälschung verurteilt worden sei. Dazu stellt die belangte Behörde zum einen aber die Tathandlung nicht näher dar, zum anderen verweist sie selbst darauf, dass diese Verurteilung bereits getilgt sei. Soweit sie dem Beschwerdeführer vorwirft, dass zwei im Jahr 2008 erfolgte Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen (nach dem Salzburger Landespolizeistrafgesetz und dem KFG) noch nicht getilgt seien, ist anzumerken, dass dem angefochtenen Bescheid auch diesfalls in keiner Weise zu entnehmen ist, welches Fehlverhalten den Verwaltungsübertretungen zu Grunde lag. Anhand der behördlichen Feststellungen kann sohin nicht gesagt werden, die Begehung der - wie sich zudem aus den Feststellungen zu den Jahren, in denen die Bestrafungen erfolgt sind, ergibt: bereits lange zurückliegenden - strafbaren Handlungen wäre fallbezogen geeignet gewesen, das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung in einem solchen Ausmaß zu vergrößern, sodass trotz des mehr als zehn Jahre währenden Aufenthalts des Beschwerdeführers und der in dieser Zeit erlangten Integration die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme (allenfalls: immer noch) als zulässig anzusehen wäre.

Der angefochtene Bescheid war sohin wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
HAAAE-77376