VwGH vom 30.03.2011, 2010/12/0095
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde der V H in B, vertreten durch Dr. Oliver Kühnl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anton-Melzer-Straße 9/1, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Telekom Austria Aktiengesellschaft (AG) eingerichteten Personalamtes vom (richtig: 2010), Zl. HRS- 2007/06, betreffend Versorgungsbezug nach § 19 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hatte am den Beamten Helmut H. geheiratet. Die Ehe wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom gemäß § 55a Ehegesetz geschieden. Am ist Helmut H. verstorben.
Der 1948 geborene Helmut H. stand als Beamter seit in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Er war ab der Ausgliederung der Post- und Telegraphenverwaltung aufgrund des Poststrukturgesetzes bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand (gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979) der Post und Telekom Austria AG sowie später der Telekom Austria AG zur Dienstleistung zugewiesen und war zuletzt in einer Betriebsstelle der Telekom Austria AG (Fernmeldebauamt Innsbruck) auf einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 7 verwendet worden.
Mit ihrer - in der Folge ergänzten - Eingabe an die "Pensionsversicherung Österreichische Post AG" vom beantragte die Beschwerdeführerin erkennbar einen Versorgungsbezug nach ihrem früheren Ehegatten gemäß § 19 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965).
Mit dem angefochtenen - ohne vorheriges Tätigwerden einer Pensionsbehörde erster Instanz erlassenen - Bescheid "lehnte" die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 19 Abs. 1 und 4 PG 1965 ab.
Begründend verneinte die belangte Behörde das Bestehen eines aktuellen Unterhaltsanspruches der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Ehescheidung sowie am Sterbetag des genannten Beamten und damit auch eines Anspruches auf Versorgungsbezug nach § 19 Abs. 1 PG 1965.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 17 des Poststrukturgesetzes, Stammfassung gemäß Art. 95 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, lautet, soweit im Beschwerdefall von Relevanz, in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 6/1999, der Novelle BGBl. I Nr. 161/1999, und der Poststrukturgesetz-Novelle 2000, BGBl. I Nr. 10/2001:
"Übernahme der Beamten und der Ruhe- und Versorgungsgenussempfänger
§ 17. (1) Die bisher bei der Post- und Telegraphenverwaltung beschäftigten aktiven Beamten werden auf die Dauer ihres Dienststandes der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft oder ihrer Rechtsnachfolgerin oder einem der Unternehmen, die durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechts aus der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft hervorgegangen sind und an denen sie oder die Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft direkt oder indirekt einen Anteil von mehr als 25 % hält, zur Dienstleistung zugewiesen. Der Anwendungsbereich von Rechtsvorschriften des Bundes in ihrer jeweils geltenden Fassung, die auf Rechtsverhältnisse dieser Beamten abstellen, bleibt mit der Maßgabe unberührt, dass im § 24 Abs. 5 Z 2 sowie im ersten Satz des § 229 Abs. 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 und jeweils im letzten Satz des § 105 Abs. 3 und 6 des Gehaltsgesetzes 1956 die Worte 'im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler', und die Zustimmung des Bundeskanzlers oder des Bundesministers für Finanzen im § 15 des Gehaltsgesetzes 1956, im § 75 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 und im § 68 der Reisegebührenvorschrift 1955 entfallen, soweit damit nicht Belastungen des Bundeshaushaltes verbunden sind.
(1a) Die gemäß Abs. 1 zugewiesenen Beamten werden, wenn sie überwiegend im Unternehmensbereich
1. der Gebühren Info Service GmbH oder der Österreichischen Post Aktiengesellschaft beschäftigt sind, letzterer,
2. der Telekom Austria Aktiengesellschaft beschäftigt sind, dieser, oder
3. der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft beschäftigt sind, dieser
auf die Dauer ihres Dienststandes zur Dienstleistung zugewiesen. Eine Verwendung der zugewiesenen Beamten bei einer Rechtsnachfolgerin eines dieser Unternehmen oder bei einem Unternehmen, das durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechts aus einer der Gesellschaften hervorgegangenen ist, sowie bei der Gebühren Info Service GmbH ist zulässig.
(2) Beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft, beim Vorstand der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft und beim Vorstand der Telekom Austria Aktiengesellschaft wird jeweils ein Personalamt eingerichtet, dem die Funktion einer obersten Dienst- und Pensionsbehörde für die dem jeweiligen Unternehmen zugewiesenen Beamten zukommt. Das beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichtete Personalamt ist oberste Pensionsbehörde für die in Abs. 8 Z 2 genannten Beamten sowie deren Angehörige und Hinterbliebene. Das Personalamt wird vom Vorsitzenden des Vorstandes des jeweiligen Unternehmens geleitet.
(3) Zur Wahrnehmung der bisher den Post- und Telegraphendirektionen zugekommenen Funktionen einer nachgeordneten Dienstbehörde werden folgende nachgeordnete Personalämter eingerichtet:
...
8. Innsbruck für Beamte der Betriebsstellen der Telekom Austria Aktiengesellschaft in Tirol und Vorarlberg,
…
Den Personalämtern laut Z 7 bis 12 kommen Zuständigkeiten in Dienstrechtsangelegenheiten in gleichem Umfang zu wie den Personalämtern gemäß Z 1 bis 6.
(4) Für die gemäß Abs. 2 und 3 eingerichteten Personalämter gilt § 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29, sinngemäß.
(5) Die in Abs. 1 genannten Beamten haben, wenn sie innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes ihren Austritt aus dem Bundesdienst erklären, Anspruch auf die Aufnahme in ein Arbeitsverhältnis zu demjenigen Unternehmen, dem sie nach Abs. 1a zugewiesen sind, mit Wirksamkeit von dem dem Austritt folgenden Monatsersten und nach den zu diesem Zeitpunkt für neu eintretenden Bedienstete gültigen Bestimmungen.
(6) Für die im Abs. 1a genannten aktiven Beamten hat das Unternehmen, dem der Beamte zugewiesen ist, dem Bund den Aufwand der Aktivbezüge zu ersetzen.
...
(7) Der Bund trägt den Pensionsaufwand für die bisherigen Ruhe- und Versorgungsgenussempfänger der Post- und Telegraphenverwaltung sowie für Beamte, die nach Abs. 1 oder Abs. 1a zugewiesen waren, und deren Angehörige und Hinterbliebene. Das Unternehmen, dem der Beamte nach Abs. 1a zugewiesen ist, hat an den Bund monatlich einen Beitrag zur Deckung des Pensionsaufwandes zu leisten. Dieser Beitrag beträgt
...................... %
des Aufwandes an Aktivbezügen für die unter Abs. 1a fallenden Beamten. Im Falle einer künftigen Änderung der Höhe des Pensionsbeitrages der Bundesbeamten nach § 22 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, ändert sich der Prozentsatz des Deckungsbeitrages im selben Ausmaß. Die von den Beamten zu leistenden Pensionsbeiträge verbleiben beim jeweiligen Unternehmen.
...
(8) Die Berechnung und die Zahlbarstellung
1. der Bezüge für die in Abs. 1a genannten Beamten sowie der im Pensionsrecht vorgesehenen Geldleistungen für die in Abs. 7 genannten Ruhegenussempfänger, die nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 161/1999 aus dem Dienststand ausscheiden, und deren Angehörigen und Hinterbliebenen obliegt demjenigen Unternehmen, dem sie nach Abs. 1a zugewiesen waren;
2. der im Pensionsrecht vorgesehenen Geldleistungen für die in Abs. 7 genannten Ruhegenussempfänger, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 161/1999 aus dem Dienststand ausgeschieden sind, und ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen obliegt der Österreichischen Post Aktiengesellschaft. Die Telekom Austria Aktiengesellschaft hat der Österreichischen Post Aktiengesellschaft 50% des nachgewiesenen Aufwands für die Berechnung und Zahlbarstellung dieser Geldleistungen zu ersetzen.
..."
Gemäß § 2 Abs. 6 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29 - DVG, in der Fassung BGBl. Nr. 665/1994, ist bei Personen, die aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand ausgeschieden sind, und bei versorgungsberechtigten Hinterbliebenen und Angehörigen zur Entscheidung in Dienstrechtsangelegenheiten, die aus Tatsachen herrühren, die vor dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand eingetreten sind, die Dienstbehörde berufen, die im Zeitpunkt des Ausscheidens des Bediensteten aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand zuständig gewesen ist. In allen übrigen pensionsrechtlichen Angelegenheiten ist die Dienststelle Dienstbehörde, die über den Pensionsaufwand verfügt. § 135 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, bleibt unberührt.
Die im § 17 Abs. 8 Z. 2 Poststrukturgesetz genannte Novelle BGBl. I Nr. 161/1999 ist am Tag nach ihrer Kundmachung (), also am , in Kraft getreten. Der verstorbene, seit im Ruhestand befindliche Beamte (im Folgenden auch: Altruhestandsbeamte) Helmut H. fiel daher (ungeachtet seiner letzten Verwendung im Aktivstand im Unternehmensbereich der Telekom Austria AG) unter § 17 Abs. 8 Z. 2 Poststrukturgesetz. Für ihn war demnach gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 des Poststrukturgesetzes die Zuständigkeit des beim Vorstand der Österreichischen Post AG eingerichteten Personalamtes als oberste Pensionsbehörde gegeben.
Diese Zuständigkeitsbestimmung gilt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (ungeachtet des späteren Anfallstages des behaupteten Anspruchs der Beschwerdeführerin, nach § 19 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 PG 1965 frühestens der ) ebenso für die Beschwerdeführerin. § 17 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 8 Z. 2 Poststrukturgesetz sind nämlich so zu verstehen, dass die dort normierte Zeitschranke nur für die Ruhegenussempfänger gilt, nicht aber für ihre Angehörigen und Hinterbliebenen (gemäß § 1 Abs. 3 iVm Abs. 7 PG 1965 also auch für eine frühere Ehegattin), zumal es sich bei deren Ansprüchen insofern um abgeleitete Ansprüche handelt, als dafür jedenfalls ein Anspruch des Beamten auf Ruhegenuss eine Voraussetzung ist (§ 19 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 PG 1965, vgl. dazu weiters § 2 leg. cit. zur Anwartschaft).
Auch für Angehörige und Hinterbliebene eines Altruhestandsbeamten der Telekom Austria AG, der unter § 17 Abs. 8 Z. 2 Poststrukturgesetz fiel, ist daher diese Zuständigkeitsnorm des § 17 Abs. 2 Satz 2 leg. cit. ohne Rücksicht darauf maßgeblich, wann ihr (abgeleiteter) Anspruch entstanden ist. § 17 Abs. 2 Satz 2 iVm seinem Abs. 8 Z. 2 des Poststrukturgesetzes (idF BGBl. I Nr. 161/1999) begründen für den von ihnen erfassten Personenkreis nur die Zuständigkeit des beim Vorstand der Österreichischen Post AG eingerichteten Personalamtes als oberste Pensionsbehörde. Diese Bestimmungen lassen aber die (allfällige) Zuständigkeit einer Pensionsbehörde erster Instanz aufgrund der bisherigen Rechtslage (hier: nach BGBl. I Nr. 6/1999) unberührt, weil sie auch nicht ansatzweise einen Hinweis dafür enthalten, dass die Zuständigkeit der nachgeordneten Dienstbehörden als Pensionsbehörde erster Instanz geändert werden sollte. § 17 Abs. 8 Z. 2 leg. cit. stellt für sich allein genommen keine Zuständigkeitsnorm dar und derogiert somit nicht der Kompetenz nachgeordneter Personalämter der Telekom Austria AG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/12/0023).
Im Beschwerdefall ist daher zu prüfen, ob für den Altruhestandsbeamten Helmut H. im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle BGBl. I Nr. 161/1999 die Zuständigkeit einer nachgeordneten Pensionsbehörde iS des § 2 Abs. 6 Satz 2 DVG bestand. Trifft dies zu, würde das auch für die pensionsrechtlichen Ansprüche der Beschwerdeführerin als Hinterbliebene nach § 1 Abs. 3 iVm Abs. 6 PG 1965 gelten.
Dies ist aus folgendem Grund zu bejahen: Aus dem angefochtenen Bescheid geht hervor, dass Helmut H. zuletzt im Fernmeldebauamt Innsbruck auf einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 7 verwendet worden war. Dabei hat es sich um eine Dienststelle gehandelt, die seine Angehörigkeit zu einem nachgeordneten Personalamt der Telekom Austria AG (nämlich Innsbruck) begründete, sodass - worauf die Beschwerdeführerin im Ergebnis zutreffend hinweist - dessen Zuständigkeit als Pensionsbehörde erster Instanz gegeben ist. Dazu wird im Einzelnen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die detaillierten Ausführungen im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/12/0023, verwiesen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren den verfahrenseinleitenden Antrag der Beschwerdeführerin vom gemäß § 6 AVG an das zu seiner Behandlung zuständige Personalamt Innsbruck der Telekom Austria AG weiterzuleiten haben, gegen dessen allenfalls (aus der Sicht der Beschwerdeführerin) negative bescheidförmige Erledigung die Berufung an das beim Vorstand der Österreichischen Post AG eingerichtete Personalamt offen stünde.
Die Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG unterbleiben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren war auf Grund der in dieser Verordnung vorgesehenen Pauschalierung, mit der auch die Umsatzsteuer abgegolten ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/12/0057), abzuweisen.
Wien, am