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VwGH vom 23.02.2006, 2005/16/0038

VwGH vom 23.02.2006, 2005/16/0038

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des Zollamtes Wien, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Zollsenat 2, vom , Zl. ZRV/0014-Z2L/04, betreffend Eingangsabgaben (mitbeteiligte Partei: S AG in W, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Antrag der mitbeteiligten Partei als Anmelderin wurden am für eine Warenempfängerin beim Hauptzollamt Wien 1534 Kartons Bekleidung zur Überführung in den freien Verkehr angemeldet. In der Anmeldung war als Ursprungsland die Arabische Republik Syrien angegeben und der Anmeldung war als Unterlage eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 angeschlossen. Unter Anwendung des in der Anmeldung beantragten Präferenzzollsatzes Null wurde die Einfuhrumsatzsteuer buchmäßig erfasst und gemäß Artikel 221 Abs. 1 Zollkodex (ZK) mitgeteilt.

Mit Bescheid des Hauptzollamtes Wien vom erfolgte eine nachträgliche buchmäßige Erfassung an Zoll von EUR 5.907,39 sowie die Vorschreibung einer Abgabenerhöhung von EUR 913,78. Begründend führte das Hauptzollamt Wien aus, die syrischen Behörden seien um Prüfung und Bestätigung der Richtigkeit des mit der Anmeldung vom vorgelegten Präferenznachweises ersucht worden. Es sei kein befriedigendes Antwortschreiben eingetroffen und weitere Urgenzen seien unbeantwortet geblieben. Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten seien zur Auffassung gelangt, dass für die Behörden des Ausfuhrlandes durch die an sie gerichteten Verifizierungsersuchen eine Verpflichtung zur Kooperation entstehe (in der Regel 10-Monatsfrist), die integraler Bestandteil der Präferenzregelungen und Voraussetzung für die Gewährung der Präferenzen sei. Kraft dieser Verpflichtung könne die Gewährung der Präferenzbehandlung im Einfuhrland von einem positiven Akt der Bestätigung des Ursprungs durch die Behörden des Ausfuhrlandes abhängig gemacht werden. Die Gewährung der Präferenz im Fall ausbleibender Antwort würde dem Sinn und Zweck der Regelungen über die Amtshilfe diametral zuwiderlaufen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung erklärte die mitbeteiligte Partei, über ihren ausländischen Partner zu versuchen, die ausländischen Behörden aufzufordern, ein Antwortschreiben zu verfassen und die Richtigkeit des Präferenznachweises zu bestätigen.

Mit Schreiben vom brachte die mitbeteiligte Partei in einer Berufungsergänzung vor, die Arabische Republik Syrien, Finanzministerium, habe mit Schreiben vom ausdrücklich festgehalten, dass die erwähnten Waren syrischen Ursprungs seien und dass auf Grund der durchgeführten Überprüfungen es möglich gewesen sei, die Richtigkeit der Ursprungsbescheinigungen zu bestätigen. Das Hauptzollamt Wien bzw. die österreichischen Abgabenbehörden seien an diese verbindliche Stellungnahme der zuständigen Behörde Syriens gebunden; es stehe ihnen daher keine Möglichkeit zu, aus - im Übrigen völlig unerfindlichen und nicht nachvollziehbaren Gründen - die Richtigkeit oder Unvollständigkeit dieser eindeutigen Bestätigung zu bezweifeln. Ausgehend von dieser Bestätigung hätte daher das Hauptzollamt Wien von dem syrischen Ursprung ausgehen müssen und es fehle daher für die angefochtene Abgabenforderung jede Rechtsgrundlage. Konkret begründete Verdachtsmomente an einer Unrichtigkeit der Ursprungsbestätigung lägen nicht vor und habe das Hauptzollamt Wien auch nicht behauptet. Nur eine so eingeschränkte Überprüfungsbefugnis von Ursprungszeugnissen verhindere Willkür durch die Abgabenbehörden:

Denn andernfalls wäre es den Abgabenbehörden möglich, knapp vor Ablauf der Verjährungsfrist bei allen Verzollungen mit Ursprungsnachweis die Richtigkeit des Ursprungsnachweises zu bezweifeln und nachträgliche Abgabenvorschreibungen zu erlassen. Dies in einem Zeitpunkt, in dem dem Zollanmelder selbst keine Möglichkeit mehr zustehe, selbst Überprüfungen oder Nachfragen durchzuführen. Die Vorgangsweise der Abgabenbehörde sei im Beschwerdefall noch umso unverständlicher, als die staatlichen Behörden des Ursprungslandes unzweifelhaft die Richtigkeit der Ursprungsbestätigung bestätigt hätten.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Hauptzollamt Wien die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte diese Behörde aus, im Beschwerdefall sei die nachträgliche Prüfung des Präferenznachweises auf Grund begründeter Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit des Präferenznachweises eingeleitet worden. Die begründeten Zweifel seien der syrischen Zollverwaltung samt den notwendigen Unterlagen übermittelt worden. Im Schreiben der syrischen Zollverwaltung seien auf die im Nachprüfungsantrag angeführten begründeten Zweifel keine Antwort gegeben worden. Wenn jedoch begründete Zweifel an der Echtheit eines Präferenznachweises oder an der Richtigkeit der Angaben über den tatsächlichen Ursprung der betreffenden Waren geltend gemacht würden, so müsse sich anhand des Prüfungsergebnisses der ausländischen Zollbehörden feststellen lassen, ob der beanstandete Präferenznachweis für die tatsächlich eingeführten Waren gelte und ob auf diese Waren wirklich die Vorzugszollbehandlung Anwendung finden könne. Trotz weiterer Urgenzen seien die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Präferenz nicht nachgewiesen worden.

In der gegen diesen Bescheid an den unabhängigen Finanzsenat eingebrachten Beschwerde machte die mitbeteiligte Partei geltend, es seien die behaupteten begründeten Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit des Präferenznachweises weder im Abgabenbescheid noch in der Berufungsvorentscheidung dargelegt oder solche auch nur in irgendeiner Form zumindest angedeutet worden, obwohl das zuständige syrische Finanzministerium im Schreiben vom ausdrücklich festgehalten habe, dass die durchgeführten Kontrollen es ermöglicht hätten, die Richtigkeit der Angaben in dem erwähnten Ursprungszertifikat zu bestätigen und die Waren syrischen Ursprungs seien. Das Hauptzollamt behaupte nach wie vor, ohne hiefür Gründe anzugeben, von der syrischen Zollverwaltung seien keine Antworten gegeben worden. Da im Beschwerdefall kein konkret begründeter Verdacht der Unrichtigkeit bestanden habe, fehle es überhaupt an der Voraussetzung, Nachfragen bei den syrischen Zollbehörden durchzuführen. Darüber hinaus seien die Abgabenbehörden verpflichtet, jeden tauglichen Nachweis der Ursprungseigenschaft anzuerkennen, und diese hätten überdies dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen. Aus

Artikel 64 und 65 ZK-DVO folge, dass die Behörden des Einfuhrstaates an die Überprüfung der Behörden des Ausfuhrstaates gebunden seien. Wenn das Hauptzollamt Wien die Ansicht vertrete, die Waren seien nicht syrischen Ursprungs, dann wäre es verpflichtet gewesen, statt sich in bloßen Leerformen zu begnügen, konkret Argumente und Nachweise dafür zu geben, warum die amtliche Auskunft des syrischen Finanzministeriums unrichtig sein sollte. Es werde daher beantragt, in Stattgebung der Beschwerde die Berufungsvorentscheidung dahingehend abzuändern, dass der Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid des Hauptzollamtes Wien vollinhaltlich stattgegeben und die Abgabenvorschreibung ersatzlos aufgehoben und in eventu auf 0,-

abgeändert werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Beschwerde Folge. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der Zollanmeldung zur Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr sei als Unterlage die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 angeschlossen gewesen. Damit sei der Nachweis, dass die Waren die Ursprungseigenschaft im Sinne des Protokolls Nr. 2 des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Arabischen Republik Syrien hätten, erbracht. Nach der Begründung der Berufungsvorentscheidung sei eine nachträgliche Prüfung der Warenverkehrsbescheinigung wegen begründeter Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit des Präferenznachweises eingeleitet worden. Allerdings seien die begründeten Zweifel weder in der Begründung des Bescheides erster Instanz noch in der bekämpften Berufungsvorentscheidung dargelegt worden. Die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 sei an die Zollbehörden des Ausfuhrstaates Syrien mit dem Grund zurückgeschickt worden, lt. einer Mitteilung der Europäischen Kommission (OLAF) seien zur Herstellung der im Präferenznachweis angeführten Waren gewirkte Erzeugnisse mit drittländischem Ursprung verwendet worden. Das Schreiben habe auch die Aufforderung enthalten, über die Herstellung der Waren zu informieren und für den Fall, dass es sich um Ursprungserzeugnisse Syriens handle, die relevanten Nachweise in Kopie zu übersenden. Unter Bezugnahme darauf habe die ersuchte Behörde mit Schreiben vom geantwortet, dass eine Überprüfung die Richtigkeit der Angaben in der Warenverkehrsbescheinigung ergeben habe und die betreffenden Waren syrischen Ursprungs seien. Mit einem weiteren Schreiben vom sei der Präferenznachweis erneut an die syrischen Zollbehörden übersendet worden, weil auf Grund der Mitteilung der Europäischen Kommission (OLAF), der zufolge die Waren aus drittländischen Geweben oder Gewirken hergestellt worden seien, die Zweifel nicht ausgeräumt seien, zumal entsprechende Angaben über die Herstellung der Waren sowie Unterlagen über den Ursprung der Vormaterialien fehlten. Im Zuge einer österreichischen Wirtschaftsmission habe die mitbeteiligte Partei in dieser Angelegenheit bei den zuständigen syrischen Zollbehörden vorgesprochen. Diese hätten mitgeteilt, dass die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 mit entsprechender Bestätigung im Feld 14 bereits mit Schreiben vom an die österreichische Zollverwaltung gesandt worden sei. Darin sei auch auf das Ersuchen der österreichischen Behörden Bezug genommen worden. Die mitbeteiligte Partei habe eine Kopie dieses Schreibens der belangten Behörde vorgelegt. Nach den vorgelegten Verwaltungsakten sei weder dieses Schreiben noch die im Feld 14 bestätigte Warenverkehrsbescheinigung bei den österreichischen Zollbehörden eingelangt.

Nach der Rechtsprechung des EuGH beruhe die Bestimmung des Warenursprungs auf einer Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Behörden des Einfuhr- und denen des Ausfuhrstaats; während ersterer - gegebenenfalls auf Antrag der Behörden des Einfuhrstaats - den Ursprung bestimme, werde das Funktionieren der Regelung durch die Zusammenarbeit der beteiligten Verwaltungen beider Seiten gesichert. Diese Regelung rechtfertige sich dadurch, dass die Behörden des Ausfuhrstaats am besten in der Lage seien, die für den Ursprung maßgebenden Tatsachen unmittelbar festzustellen. Der EuGH habe in seinen Urteilen darauf hingewiesen, dass dieser Mechanismus nur funktionieren könne, wenn die Zollverwaltung des Einfuhrstaats die von den Behörden des Ausfuhrstaats rechtmäßig vorgenommenen Beurteilungen anerkenne.

Das Ergebnis der Prüfung im Sinne des Protokolls Nr. 2 des Kooperationsabkommens soll den Behörden des Einfuhrmitgliedstaats die Feststellung ermöglichen, ob die beanstandete Bescheinigung EUR. 1 für die tatsächlich ausgeführten Waren gelte und ob auf diese tatsächlich die Vorzugsbehandlung angewendet werden könne. Diese Vorschrift verpflichtete die Behörden des Ausfuhrstaates nicht, das Ergebnis ihrer Prüfung der Gültigkeit der Bescheinigung zu begründen. Die Mitteilung vom sei daher als Ergebnis der Prüfung im Sinne dieser Regelungen anzusehen. Nach den Bestimmungen des Kooperationsabkommens seien nur die Zollbehörden des Ausfuhrstaates befugt und in der Lage, den fraglichen Sachverhalt in Bezug auf den Ursprung der Waren zu prüfen und zu beurteilen. Die Mitteilungen vom und stellten einen positiven Akt der Bestätigung des Ursprungs durch die Behörden des Ausfuhrstaates dar. Nach den Bestimmungen des Kooperationsabkommens lasse sich anhand des durch die Zollbehörden des Ausfuhrstaats mitgeteilten Ergebnisses der nachträglichen Prüfung feststellen, dass die beanstandete Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 für die tatsächlich ausgeführten Waren gelte und auch auf diese Waren wirklich die Vorzugsbehandlung Anwendung finden könne. Die vom Hauptzollamt Wien vorgebrachten begründeten Zweifel an der Echtheit der Richtigkeit des Präferenznachweises seien weder im erstinstanzlichen Bescheid noch in der Berufungsvorentscheidung näher dargelegt worden. Auch in den genannten Amtshilfeersuchen an die Behörden des Ausfuhrstaates erschöpfe sich die Darstellung der begründeten Zweifel im bloßen Hinweis auf eine Mitteilung der Europäischen Kommission (OLAF), wonach die in der Warenverkehrsbescheinigung angeführten Waren aus gewebten bzw. gewirkten Erzeugnissen mit Drittlandsursprung hergestellt worden wären. Wie die Europäische Kommission zu dieser Annahme gelangt sei und ob auch im Beschwerdefall ausreichend fundierte Verdachtsmomente vorlägen, die diese begründeten Zweifel abstützten, lasse sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht entnehmen. Im Übrigen seien bei dieser Beweislage die Zweifel durch die Mitteilung der Behörden des Ausfuhrstaates vom und , die in Beantwortung der Nachprüfungsersuchen den Ursprung der Waren positiv bestätigten, ausgeräumt. Die syrischen Zollbehörden hätten mit Schreiben vom in dieser Angelegenheit zudem weitere Unterlagen in arabischer Sprache übermittelt. Von einer Übersetzung dieser Unterlagen hätten die österreichischen Zollbehörden jedoch Abstand genommen, sodass die Ausführungen in der bekämpften Berufungsvorentscheidung und in der ergänzenden Stellungnahme, die Behörden des Ausfuhrstaats seien auf die im Nachprüfungsersuchen vorgebrachten begründeten Zweifel nicht (ausreichend) eingegangen, nicht nachvollziehbar sei. Seien die Zollbehörden des Einfuhrstaats der Ansicht, dass die Beanstandungen nicht geklärt seien, dann sei das weitere im Kooperationsabkommen geregelte Verfahren durchzuführen. Dies sei nach den vorgelegten Aktenunterlagen nicht geschehen. Das Kooperationsabkommen sehe aber keine Befugnis einer Vertragspartei vor, von den Zollbehörden der anderen Vertragspartei ausgestellte Präferenznachweis für ungültig zu erklären und das Abkommen nicht anzuwenden. Eine solche Vorgangsweise sei schwerlich vereinbar mit dem Grundsatz der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Zollbehörden der Vertragsparteien und dem Grundsatz, dass die Zollverwaltung des Einfuhrstaats die von den Behörden des Ausfuhrstaats rechtmäßig vorgenommene Beurteilungen anerkenne. Der in der Berufungsvorentscheidung vertretenen Ansicht, die materiellrechtliche Voraussetzung für die Gewährung der Präferenz sei nicht nachgewiesen worden, könne somit auf Grund der Aktenlage nicht gefolgt werden. Aus diesen Gründen seien die Präferenzverweigerung und die Abgabennachforderung zu Unrecht erfolgt. Der Beschwerde sei daher Folge zu geben gewesen und hinsichtlich der ergebenden Gutschrift werde das Zollamt Wien das Weitere veranlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Zollamtes Wien mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Das beschwerdeführende Zollamt beantragt, den angefochtenen Bescheid im vollen Umfang aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete wie auch die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist strittig, ob auf Grund des Ergebnisses der nachträglichen Prüfung des Ursprungsnachweises der Präferenzzollsatz zu gewähren ist.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind das Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Arabischen Republik Syrien, Amtsblatt Nr. L 269, vom sowie die Verordnung (EWG) Nr. 2216/78 des Rates vom über den Abschluss des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Arabischen Republik Syrien.

Gemäß Art. 45 des genannten Kooperationsabkommens sind die Protokolle 1 und 2 und die Anhänge A und B Bestandteil des Abkommens. Die Erklärungen und Briefwechsel sind in den Schlussakten enthalten, die Bestandteil des Abkommens ist.

Art. 24 des Protokolls Nr. 2 über die Bestimmungen des Begriffs "Waren mit Ursprung in ..." oder "Ursprungswaren" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen lautet:

"Artikel 24

(1) Die nachträgliche Prüfung der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder der Formblätter EUR.2 erfolgt stichprobenweise; sie wird immer dann vorgenommen, wenn die Zollbehörden des Einfuhrstaats begründete Zweifel an der Echtheit des Dokuments oder an der Richtigkeit der Angaben über den tatsächlichen Ursprung der betreffenden Waren haben.

(2) Zur Anwendung von Absatz 1 senden die Zollbehörden des Einfuhrstaats die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder das Formblatt EUR.2 oder eine Fotokopie dieser Bescheinigung oder dieses Formblatts an die Zollbehörden des Ausfuhrstaats zurück und geben dabei gegebenenfalls die formalen oder sachlichen Gründe an, die eine Untersuchung rechtfertigen. Wenn die Rechnung bzw. eine Abschrift davon vorgelegt worden ist, so fügen sie diese dem Formblatt EUR.2 bei; sie teilen alle bekannten Umstände mit, die auf die Unrichtigkeit der Angaben in der Warenverkehrsbescheinigung oder im Formblatt schließen lassen. Wenden die Zollbehörden des Einfuhrstaats bis zum Eingang des Ergebnisses der Nachprüfung Titel I des Abkommens nicht an, so können sie dem Einführer vorbehaltlich der für notwendig erachteten Sicherungsmaßnahmen die Waren freigeben.

(3) Das Ergebnis der nachträglichen Prüfung ist den Zollbehörden des Einfuhrstaats so schnell wie möglich mitzuteilen. Anhand des Ergebnisses muss sich feststellen lassen, ob die beanstandete Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 bzw. das beanstandete Formblatt EUR.2 für die tatsächlich ausgeführten Waren gilt und ob auch auf diese Waren wirklich die Vorzugsbehandlung Anwendung finden kann.

Können die Zollbehörden des Einfuhrstaats und des Ausfuhrstaats diese Beanstandungen nicht klären oder treten Fragen der Auslegung dieses Protokolls auf, so werden diese Fälle dem Ausschuss für Zusammenarbeit im Zollwesen vorgelegt.

Die Regelung von Streitfällen zwischen dem Einführer und den Zollbehörden des Einfuhrstaats unterliegt stets der Gesetzgebung des Einfuhrstaats."

Gemäß Art. 28 des genannten Protokolls Nr. 2 sind die Anhänge Bestandteil dieses Protokolls.

Anhang V enthält das Formblatt WVB EUR.1. Im Feld 14 dieses Formblatts steht:

"14. ERGEBNIS DER NACHPRÜFUNG

Die Nachprüfung hat ergeben, dass diese Bescheinigung


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-
von der auf ihr angegebenen Zollbehörde ausgestellt worden ist und dass die darin enthaltenen Angaben richtig sind.
-
nicht den Erfordernissen für ihre Echtheit und für die Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben entspricht (siehe beigefügte Bemerkungen)."
In diesem Feld ist auch noch vorgesehen, dass der Ort und das Datum angegeben sowie ein Stempel angebracht und dies unterschrieben wird.
Bei der nachträglichen Prüfung von bei der Einfuhr vorgelegten Ursprungsnachweisen sind grundsätzlich nur die Zollverwaltungen des Einfuhrlandes als ersuchende Behörde und des Ausfuhrlandes als ersuchte Behörde beteiligt. In welcher Weise die Zollbehörde des Ausfuhrlandes die Überprüfung vornimmt, ist im Protokoll Nr. 2 nicht näher festgelegt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/16/0010).
Im Formblatt WVB EUR.1 ist im Feld 14 das "Ergebnis der Nachprüfung" zu vermerken. Das Kooperationsabkommen und die Bestimmungen des Protokolls Nr. 2 sehen nicht vor, dass das Ergebnis der Nachprüfung zwingend im Feld 14 eingetragen sein muss und dies eine materielle Voraussetzung für die Gewährung des Präferenzzollsatzes ist. Aus der Erklärung des ersuchten Ausfuhrlandes muss allerdings unmissverständlich das Ergebnis der Nachprüfung hervorgehen.
Das Verfahren dazu ist nach den im Ausfuhrland vorgesehenen nationalen Vorschriften und nach den für die Feststellung der Richtigkeit und Echtheit des Ursprungsnachweises erforderlichen Notwendigkeiten durchzuführen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/16/0010).
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in seinem Urteil vom , Rs C-218/83, SARL "Les Rapides Savoyards" und andere , 1984, 03105, in einem Fall, in dem Bestimmungen des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft Gegenstand waren, entschieden:
"Das Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom und insbesondere das diesem Abkommen beigefügte Protokoll Nr. 3 über die Bestimmung des Begriffs 'Erzeugnisse mit Ursprung in' oder 'Ursprungserzeugnisse' und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen sind dahin auszulegen, dass für die Ermittlung der Faktoren zur Bestimmung des Ursprungs eines Erzeugnisses und somit für dessen Zulassung zu der im Abkommen vorgesehenen Vorzugsbehandlung die Zollverwaltung des Staates der Ausfuhr der Fertigware zuständig ist, die auf die aus Drittländern eingeführten Bestandteile im Zeitpunkt der Einfuhr dieser Bestandteile ihre eigenen Zollwert- und Devisenvorschriften anwendet. Das System des Protokolls, das auf der Zusammenarbeit der Zollverwaltungen und auf dem Vertrauen beruht, das den von diesen Verwaltungen erlassenen Maßnahmen gebührt, kann nur funktionieren, wenn die Zollverwaltung des Einfuhrstaats die von den Behörden des Ausfuhrstaats rechtmäßig vorgenommenen Beurteilungen anerkennt."
Wenn auch nach dieser Entscheidung von einer Anerkennung einer "rechtmäßig" vorgenommenen Beurteilung, die von den Behörden des Ausfuhrstaats erfolgte, auszugehen ist, so können dennoch allenfalls weitere Schritte zur Klärung strittiger Fragen unternommen werden. Aus diesem Urteil ist nicht abzuleiten, dass jedweder Gegenbeweis ausgeschlossen ist (vgl. in diesem Zusammenhang das Erkenntnis des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom , Rs C-206/94, Brennet AG , Slg. 1996, I-02357).
Vom beschwerdeführenden Zollamt wurde kein Nachweis erbracht, dass die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 unrechtmäßig ausgestellt worden wäre. Es gibt im Wesentlichen nur unbelegte Informationen der Europäischen Kommission über die unzulässige Verwendung von Drittlandswaren bei der Herstellung der aus Syrien eingeführten Waren. Hingegen hat die syrische Zollverwaltung in ihrem Schreiben vom mit Bezugnahme auf das Ersuchen der österreichischen Zollbehörde und die betreffende Warenverkehrsbescheinigung EUR 1 unmissverständlich erklärt, die Handelswaren hätten syrischen Ursprung.
Die nationale Zollbehörde hat in ihrem zweiten Schreiben an die syrische Zollverwaltung das Fehlen der Bestätigung im Feld 14 der WVB EUR.1 bemängelt und die ersuchte Behörde aufgefordert, die unzulässige Verwendung von Drittlandsmaterialien aufzuklären. Eine Beantwortung dieser Anfrage ist bei der nationalen Zollbehörde nicht eingelangt.
Das beschwerdeführende Zollamt vertritt unter Hinweis auf ein Urteil des deutschen Bundesfinanzhofes vom die Ansicht, die Verwaltungshilfe sei erst dann gewährt, wenn die Behörden des Ausfuhrstaats auf das Nachprüfungsansuchen geantwortet hätten. Insbesondere in dem Fall, in dem die Behörden des Einfuhrstaats begründete Zweifel an der Richtigkeit des Ursprungszeugnisses geäußert hätten, müssten die Behörden des Ausfuhrlandes auch auf die Zweifel eingegangen sein. Leisteten die Behörden diese Verwaltungshilfe nicht, so fehle es an einer materiellen Voraussetzung für die Gewährung der Präferenz. Die Zollbehörden des Ausfuhrstaates seien von den Zweifeln bezüglich der Einhaltung der Ursprungsregeln in Kenntnis gesetzt worden und diese seien nicht beseitigt worden.
In der vom beschwerdeführenden Zollamt herangezogenen Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom , VII R 181/85, hatte der Geschäftsführer des Importeurs von mit Ursprungsnachweisen aus der Republik Korea eingeführten Halstüchern in einem wegen Verdachts der Zollhinterziehung geführten Verfahren angegeben, das Gewebe der eingeführten Waren stamme aus Japan und diese würden in Korea nur bedruckt und geschnitten. In dem eingeleiteten Verifizierungsverfahren wurde auf den bestehenden Verdacht hingewiesen und dieses Verifizierungsersuchen blieb überhaupt unbeantwortet.
Damit unterscheidet sich dieser Sachverhalt aber entscheidend von dem im Beschwerdefall zugrundeliegenden Sachverhalt. Im Beschwerdefall wurde nämlich das Verifizierungsersuchen von der zuständigen ausländischen Behörde beantwortet.
Gemäß Art. 22 des in Rede stehenden Protokolls Nr. 2 leisten, um die ordnungsgemäße Anwendung dieses Titels zu gewährleisten, Syrien und die Gemeinschaft einander durch die Zollverwaltungen Amtshilfe bei der Prüfung der Echtheit der Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1, der Richtigkeit der Angaben über den tatsächlichen Ursprung der betreffenden Waren und der Erklärungen der Ausführer auf den Formblättern EUR.2.
Ein Verstoß gegen Art. 22 des Protokolls Nr. 2 kann auf Grund der gegebenen Antwort der syrischen Zollbehörden auf das Verifizierungsersuchen Österreichs nicht angenommen werden. Eine Verpflichtung zur Begründung der Entscheidung der syrischen Zollbehörde ergibt sich aus den Bestimmungen des Protokolls Nr. 2 nicht.
Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die belangte Behörde bei der Abwägung der vorhandenen Beweismittel davon ausgehen, dass den Angaben der syrischen Zollverwaltung auch dann zu folgen und der Präferenzzollsatz zu gewähren ist, wenn Details über die Herkunft der Vormaterialien unbekannt blieben und damit die Überprüfung der Angaben der syrischen Zollverwaltung über den Ursprung der eingeführten Waren nicht möglich war. Die von der nationalen Zollverwaltung verfolgte Vermutung der unzulässigen Verwendung von Drittlandswaren konnte nach dem Inhalt der vorgelegten Akten mangels konkreter Fakten nicht substantiiert und erhärtet werden.
Das beschwerdeführende Zollamt bringt als Verfahrensrüge vor, fehlende und genauere Darlegungen der begründeten Zweifel wären durch entsprechende, sich aus dem Akteninhalt ergebende Ausführungen zu sanieren gewesen. Wenn die belangte Behörde diese nicht als ausreichend angesehen habe, dann hätte sie selbst in einem durchzuführenden Ermittlungsverfahren entsprechende Erhebungen führen müssen.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es Sache des Zollamtes ist, den Sachverhalt durch geeignet erscheinende Ermittlungen umfassend zu klären. Die belangte Behörde sah die anstehenden Fragen als ausreichend geklärt und ist ausgehend von den Ermittlungsergebnissen zu der Ansicht gelangt, die Voraussetzungen für die Gewährung des Präferenzzolles seien gegeben. Es lagen keine derart begründeten Zweifel vor, die sie durch weitere Ermittlungen zu verfolgen gehabt hätte. Auch das beschwerdeführende Zollamt hat in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof keine solchen begründeten Zweifel so überzeugend dargelegt, dass die Ansicht der belangten Behörde als rechtswidrig zu erkennen wäre.
Das beschwerdeführende Zollamt rügt auch den Bescheidspruch und vertritt die Auffassung, es bleibe (zumindest formell) offen, was die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unter "Folge gegeben" verstanden habe.
Der Bescheidspruch des angefochtenen Bescheides erschöpft sich darin, dass der Beschwerde (nur) "Folge gegeben" wurde. Eine ausdrückliche Aufhebung oder Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz wurde im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht ausdrücklich verfügt.
In der Beschwerde an den unabhängigen Finanzsenat stellte die mitbeteiligte Partei den Antrag "in Stattgebung der Beschwerde die Berufungsvorentscheidung dahingehend abzuändern, dass der Berufung
... vollinhaltlich stattgegeben wird und die Abgabenvorschreibung
ersatzlos aufgehoben, in eventu auf 0,- abgeändert wird".
Die mitbeteiligte Partei stellte somit einen (Haupt-)Antrag und einen Eventualantrag. Das Wesen eines Eventualantrags liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird bereits dem Primärantrag stattgegeben, so wird der Eventualantrag gegenstandslos (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 90/05/0214).
Wenn die belangte Behörde der Beschwerde Folge gab, dann hat sie damit dem Hauptantrag folgend die Abgabenvorschreibung über die nachträgliche buchmäßige Erfassung der Zollschuld samt Abgabenerhöhung ersatzlos aufgehoben. Diese Aufhebung der Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Wien vom erweist sich aus den dargestellten Gründen als nicht rechtswidrig.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am