VwGH vom 29.04.2011, 2010/12/0091
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des A M in W, vertreten durch die Proksch Partner Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Am Heumarkt 9/I/11, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom , Zl. BMUKK-2021.191044/0001-III/8/2010, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Aufschub des Übertritts in den Ruhestand nach § 13 Abs. 2 BDG 1979, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahre 1944 geborene Beschwerdeführer stand bis zu seinem Übertritt in den Ruhestand mit Ende des Jahres 2009 als Direktor des Bundesrealgymnasiums und Bundes-Oberstufenrealgymnasiums 1220 Wien in einem aktiven öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
In seiner Eingabe vom hatte er "bezugnehmend auf § 13 (2) des Beamten-Dienstrechtsgesetzes … die Verlängerung (s)eines Dienstverhältnisses um das Kalenderjahr 2010" beantragt und dies im Näheren unter den Stichworten "Strategie", "Mission" und "Vision" begründet.
In einem weiteren Schriftsatz vom beantragte der - nunmehr rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführer, die belangte Behörde möge seinen Übertritt in den Ruhestand um ein Kalenderjahr, jedoch mindestens bis zum Ende des Schuljahres 2009/10 aufschieben und bescheidmäßig über diesen Antrag entscheiden.
Mit Erledigung vom teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im Wesentlichen mit, ein Aufschub des Übertritts in den Ruhestand gemäß § 13 Abs. 1 BDG 1979 könne durch den zuständigen Bundesminister nur bei Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Interesses ausgesprochen werden. Ob ein solches (ausnahmsweise) gegeben sei und ein Aufschub in Aussicht genommen werde, sei Gegenstand einer behördeninternen Abwägung; ein Anspruch auf inhaltliche Absprache in Form einer bescheidförmigen Sachentscheidung bestehe nicht:
Der Aufschub des gesetzlich angeordneten Übertritts in den Ruhestand und die damit verbundene weitere Verwendung könne nicht als eine erkennbar im Interesse des Beamten gelegene Personalmaßnahme angesehen werden. Die Frage des Vorliegens eines wichtigen dienstlichen Interesses im Sinn des § 13 Abs. 2 BDG 1979 berühre keine Rechte des Beamten in seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis; sie stehe lediglich im Zusammenhang mit gegebenen dienstlichen Erfordernissen und betreffe die Stellung des Beamten als zuständigen Organwalter insoweit, als er mit bestimmten Aufgaben betraut sei. Der allfällige ideelle Nachteil, auf Grund des gesetzlich angeordneten Übertritts in den Ruhestand, sich künftig nicht mehr in der bisherigen Verwendung im Dienststand zu befinden, sei nicht Gegenstand einer besonderen Prüfung, welche einer bescheidförmigen Erledigung zuzuführen wäre. Der vorliegende Antrag wäre daher zurückzuweisen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Aufschub des Übertritts in den Ruhestand gemäß § 13 Abs. 2 BDG 1979 zurück. Begründend wiederholte sie unter Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Zitierung des § 13 Abs. 1 und 2 BDG 1979 ihre eingangs wiedergegebenen Ausführungen der Erledigung vom unter Hinzufügung des Resümees, es sei daher spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, dass sein Übertritt in den Ruhestand entsprechend seinem Antrag aufgeschoben werde, da an seinem Verbleiben als Beamter im Dienststand ein wichtiges dienstliches Interesse bestehe. Darüber hinaus erachtet er sich im Sinn des Art. 130 Abs. 2 B-VG beschwert, weil die belangte Behörde das ihr gemäß § 13 Abs. 2 BDG 1979 eingeräumte Ermessen nicht "im Sinne des Gesetzes" ausgeübt habe.
Die vorliegende Beschwerde erblickt ein subjektives Recht des Beschwerdeführers auf Aufschub des Übertritts in den Ruhestand zusammengefasst darin, dass sich seine Bezüge auf Grund des Übertrittes in den Ruhestand einerseits wesentlich verringern würden (worum es aber dem Beschwerdeführer in der gegenständlichen Angelegenheit gar nicht gehe) und er zahlreiche von ihm ins Leben gerufene oder zumindest unter seiner Leitung stehende Projekte nicht beenden könnte. Mit anderen Worten erachte er sich in seinem subjektiven Recht darauf verletzt, dass er nicht entsprechend seiner Ausbildung, seinem beruflichen Werdegang und seiner bisherigen Lebensführung weiterhin seinen Beruf als Schulleiter ausüben könne und dürfe. Bei der Bestimmung des § 13 Abs. 2 BDG 1979 handle es sich offensichtlich um eine sogenannte "Kann-Bestimmung", die der belangten Behörde ein bloßes Ermessen einräume. Im vorliegenden Fall habe sich die belangte Behörde sowohl einer Ermessens-Überschreitung als auch eines Ermessens-Missbrauchs schuldig gemacht. Eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften liege darin, dass die belangte Behörde ganz offensichtlich nicht alle im Sinn eines "dienstlichen Interesses" zu berücksichtigenden Umstände einbezogen und diese zutreffend gewichtet habe. In Wahrheit habe sie nämlich das "dienstliche Interesse" überhaupt nicht berücksichtigt, sondern sich lediglich auf den Standpunkt zurückgezogen, dass der beantragte Aufschub des Übertritts in den Ruhestand "nicht in Aussicht gestellt sei".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, seinen Übertritt in den Ruhestand mit Ablauf des Jahres 2009 gemäß § 13 Abs. 2 BDG 1979 aufzuschieben, mangels eines rechtlich geschützten Interesses des Beschwerdeführers zurück.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist daher die Frage zu beantworten, ob dem Beschwerdeführer im Grunde des § 13 Abs. 2 BDG 1979 ein Rechtsanspruch auf Aufschub seines Übertrittes in den Ruhestand zukam oder nicht.
Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 des Gehaltsüberleitungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1947 (GÜG), trat der Beamte mit Ablauf des Jahres, in dem er das 65. Lebensjahr vollendete, von Gesetzes wegen in den dauernden Ruhestand.
Abs. 2 leg. cit. sah die als Begünstigung für politisch Verfolgte die Erhöhung der in Abs. 1 festgesetzten Altersgrenze vor.
Nach Abs. 3 leg. cit. konnte die Bundesregierung den Übertritt eines Beamten in den dauernden Ruhestand über den in Abs. 1 genannten Zeitpunkt auch in Fällen aufschieben, in denen Abs. 2 keine Anwendung fand, falls das Verbleiben des Beamten im Dienststande im öffentlichen Interesse lag. Der Zeitpunkt des Übertritts des Beamten in den dauernden Ruhestand war im Aufschiebungsbeschluss kalendermäßig anzugeben. Ein Aufschub über den 31. Dezember des Jahres, in dem der Beamte das 70. Lebensjahr zurücklegte, war nicht zulässig.
Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 237 BlgNR V. GP, enthielten sich einer näheren Erläuterung zu § 67 Abs. 3 leg. cit. ebenso wie der Bericht des Finanz- und Budgetausschusses, 279 BlgNR V. GP.
Mit der Gehaltsüberleitungsgesetz-Novelle 1956, BGBl. Nr. 55, wurde u.a. § 67 Abs. 1 und 2 GÜG neu gefasst: Nach Abs. 1 leg. cit. trat der Beamte mit Ablauf des Jahres, in dem er das 65. Lebensjahr vollendete, von Gesetzes wegen in den dauernden Ruhestand. Nach Abs. 2 leg. cit. konnte die Bundesregierung den Übertritt eines Beamten in den dauernden Ruhestand über den in Abs. 1 genannten Zeitpunkt aufschieben, falls das Verbleiben des Beamten im Dienststand im öffentlichen Interesse lag. Der Zeitpunkt des Übertritts des Beamten in den dauernden Ruhestand war im Aufschiebungsbescheid kalendermäßig anzugeben. Ein Aufschub über den 31. Dezember des Jahres, in dem der Beamte das 70. Lebensjahr zurücklegte, war unzulässig.
Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der Gehaltsüberleitungsgesetz-Novelle 1956, 744 BlgNR VII. GP, 11, führen zur Neufassung des § 67 aus, dieser sei mit Ausnahme der Bestimmungen, die durch Zeitablauf bereits gegenstandslos geworden waren (bisheriger Abs. 2) und mit Ausnahme der in das Gehaltsgesetz 1956 aufgenommenen Bestimmungen (bisheriger zweiter Satz des Abs. 1 und bisheriger Abs. 6) neu gefasst worden. Eine nähere Erklärung dafür, dass der bislang in § 67 Abs. 3 GÜG verwendete Begriff "Aufschiebungsbeschluss" (der Bundesregierung) durch das Wort "Aufschiebungsbescheid" ersetzt wird, findet sich weder in den zitierten Erläuternden Bemerkungen noch im Bericht des Finanz- und Budgetausschusses, 760 BlgNR VII. GP.
Das Beamten-Dienstrechtsgesetz, BGBl. Nr. 329/1977 - BDG, beließ § 67 GÜG in Geltung; das Gehaltsüberleitungsgesetz trat erst zufolge des § 185 Abs. 2 Z. 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 - BDG 1979, außer Kraft.
Nach § 13 Abs. 1 BDG 1979, tritt der Beamte mit Ablauf des 65. Jahres nach dem Jahr seiner Geburt in den Ruhestand.
Nach Abs. 2 leg. cit. konnte die Bundesregierung auf Antrag des zuständigen Bundesministers den Übertritt des Beamten in den Ruhestand aufschieben, falls am Verbleiben des Beamten im Dienststand ein wichtiges dienstliches Interesse besteht. Der Aufschub darf jeweils höchstens für ein Kalenderjahr ausgesprochen werden. Ein Aufschub über den Ablauf des 70. Jahres nach dem Jahr der Geburt des Beamten ist nicht zulässig.
Die ErläutRV zum BDG 1979, 11 BlgNR XV. GP 79, führen zu § 13 aus, der Übertritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze sei inhaltlich im Wesentlichen dem geltenden Recht des § 67 GÜG nachgebildet, bringe somit keine Änderung des derzeitigen Rechtszustandes mit sich. Durch die Formulierung des § 13 Abs. 1 solle sichergestellt werden, dass alle Beamten eines bestimmten Jahrganges (auch die am 1. Jänner Geborenen) mit demselben Tag in den Ruhestand träten.
Durch Art. 1 Z. 5 des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002 wurde der erste Satz des § 13 Abs. 2 BDG 1979 neu gefasst. Demnach kann der zuständige Bundesminister den Übertritt des Beamten in den Ruhestand aufschieben, falls am Verbleiben des Beamten im Dienststand ein wichtiges dienstliches Interesse besteht. Die diesbezüglichen ErläutRV 1182 BlgNR XXI. GP 51 führen hiezu aus, um eine Verwaltungsvereinfachung zu erzielen, solle die Bundesregierung im Falle eines Aufschubes des Übertritts in den Ruhestand nicht mehr befasst werden. Die Entscheidung darüber solle allein dem zuständigen Bundesminister obliegen. Im Sinn einer Deregulierung entfalle darüber hinaus auch die (bislang in § 13 Abs. 3 BDG 1979 vorgesehene) Mitwirkung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport.
Die ErläutRV zum Pensionsharmonisierungsgesetz, 653 BlgNR XXII. GP 28, halten zur Neufassung des § 5 Abs. 5 des Pensionsgesetzes 1965 betreffend das Ausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage, die sich im Falle einer Versetzung in den Ruhestand nach Vollendung des 65. Lebensjahres nach Abs. 3 leg. cit. erhöht, fest, dass es für ein längeres Verbleiben im Dienststand - wie auch im allgemeinen Arbeitsrecht - keinen Rechtsanspruch gibt.
Zur Frage des Aufschubes des Übertrittes in den dauernden Ruhestand nach § 67 GÜG hatte der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Anspruch auf irgendeine Tätigkeit der Behörde im Sinne einer solchen Ausnahme niemandem zustehe (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 919/73, unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 1669/48, 1961/48 = Slg. 1485/A).
Der "Übertritt in den Ruhestand" infolge Erreichens der Altersgrenze erfolgt ebenso wie die "Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung" bei Vorliegen der jeweils normierten Voraussetzungen, ohne dass es dazu eines "konstitutiven" Bescheides der Dienstbehörde bedürfte (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1379/89 = VfSlg. 12.563).
Den zitierten ErläutRV zum BDG 1979 zufolge sollte § 13 BDG 1979 inhaltlich im Wesentlichen § 67 GÜG nachgebildet werden. § 67 Abs. 3 GÜG hatte in seiner Stammfassung vorgesehen, dass die Bundesregierung den Übertritt des Beamten in den dauernden Ruhestand durch Beschluss aufschieben konnte. Es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass der Gesetzgeber dem Beamten in § 67 Abs. 3 GÜG irgend ein Recht dahingehend einräumen wollte, dass, ein öffentliches Interesse am Verbleiben des Beamten im Dienststande vorausgesetzt, der Übertritt in den Ruhestand (durch Regierungsbeschluss) aufgeschoben werde.
Die durch die Gehaltsüberleitungsgesetz-Novelle 1956 in diesem Zusammenhang wesentliche Änderung in § 67 Abs. 2 GÜG, wonach nunmehr im "Aufschiebungsbescheid" der Zeitpunkt des Übertritts des Beamten in den dauernden Ruhestand kalendermäßig anzugeben war, verdeutlichte wohl die dem Beamten zukommende Rechtsposition, dass im Falle des Aufschubes des Übertritts in den Ruhestand auf Grund eines dahingehenden Beschlusses der Bundesregierung ein "Aufschiebungsbescheid" gegenüber dem Beamten zu erlassen war, den der Beamte im Hinblick auf das ihm aus § 67 Abs. 1 GÜG erflossene Recht auf Übertritt in den Ruhestand nach Erreichen der Altersgrenze auch anfechten konnte; damit war das "Abwehrrecht" des Beamten gegen einen Aufschub des Übertrittes in den Ruhestand positiviert. Dagegen ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber dem Beamten durch die Gehaltsüberleitungsgesetz-Novelle 1956 ein subjektives Recht auf Aufschub seines Übertrittes in den Ruhestand nach Erreichen der in Abs. 1 leg. cit. vorgesehenen Altersgrenze oder auf fehlerfreies Ermessen der Behörde in der Versagung des Aufschubes einräumen wollte.
Damit geht auch der Vorwurf der Beschwerde, der Behörde sei in Anwendung des § 13 Abs. 2 BDG 1979 ein Ermessensfehler unterlaufen, ins Leere.
Da § 13 Abs. 2 BDG 1979 dem Beamten ein subjektives Recht nicht einräumt, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers zu Recht zurück, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am