VwGH vom 28.04.2005, 2005/16/0022
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2007/16/0018 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der B bank in E reg. Gen.m.b.H., vertreten durch Ochsenhofer & Heindl Rechtsanwälte OEG in 7400 Oberwart, Schulgasse 1, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Eisenstadt vom , Zl. Jv 3617-33/04, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Antrag der Beschwerdeführerin und der H Immobilien GmbH (in der Folge kurz: "H") bewilligte das Bezirksgericht Güssing mit Beschluss vom ob der dem H gehörigen Liegenschaft EZ 2 Grundbuch G die Einverleibung des Pfandrechtes von EUR 739.685,-- samt näher bezeichneten Zinsen und Nebengebührensicherstellung für die Beschwerdeführerin. Nach dem Inhalt des dem Grundbuchsgesuch angeschlossenen "Schuldscheines" vom 9. Februar und gewähre die Beschwerdeführerin dem H "auf Grund der Bestimmungen des Bgld. Wohnbauförderungsgesetzes BWFG 1991 i.d.g.F. und der Zusicherung des Landes Burgenland über die Gewährung von Zinsenzuschüssen zu einem Fremddarlehen gem. § 22 BWFG 1991 für Wohnbaumaßnahmen auf der Liegenschaft EZ ... Grundbuch ... Güssing, im Ausmaße eines fiktiven Landesdarlehens gem. § 20 Abs. 1, Z. 2 BWFG 1991 ein Bankdarlehen von EUR 739.685,--", zu dem wiederum das Land Burgenland näher bezeichnete Zinsenzuschüsse gewähre.
Mit Zahlungsauftrag vom forderte der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Güssing die Beschwerdeführerin auf, binnen 14 Tagen neben einer Einhebungsgebühr nach § 6 GEG von EUR 7,-- eine Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z. 4 GEG im Betrag von EUR 10.652,-- zu bezahlen, wogegen die Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 53 Abs. 3 WFG 1984 und unter Anschluss zweier Schreiben der Burgenländischen Landesregierung einen Berichtigungsantrag einbrachte. Laut der in Ablichtung angeschlossenen Erledigung der Burgenländischen Landesregierung vom sei dem H nach den Bestimmungen des Burgenländischen Wohnbauförderungsgesetzes 1991 in Verbindung mit den dazu ergangenen Durchführungsverordnungen für Wohnbaumaßnahmen (1 Wohneinheit, 1.162,04 m2 Gesamtwohnnutzfläche) auf der obbezeichneten Liegenschaft ein Zinsenzuschuss für ein Fremddarlehen in der Höhe von EUR 739.685,--
bewilligt worden. Die Nutzflächen aller geförderten Wohneinheiten lägen unter 130 m2.
Wie den vorgelegten Verwaltungsakten weiter zu entnehmen ist, erhob die Revisorin beim Landesgericht Eisenstadt beim Amt der Burgenländischen Landesregierung, dass es sich bei dem geförderten Objekt um ein Wohnheim mit einer Gesamtnutzfläche von 1.162,04 m2 handle.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes Eisenstadt dem Berichtigungsantrag keine Folge. Begründend führte er nach Wiedergabe des § 53 Abs. 3 WFG 1984 aus, bei der Gebührenbefreiung nach dieser Bestimmung handle es sich um eine ausnahmsweise Begünstigung, die vom Gesetzgeber aus gerechtfertigten Gründen an gewisse Voraussetzungen geknüpft worden sei. Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt seien, komme die Begünstigung nicht zum Tragen, sodass in jedem anderen Fall auch z.B. Eintragungsgebühren für die Einverleibung von Pfandrechten im Grundbuch zu bezahlen seien. Eine dieser Voraussetzungen für die genannte Gebührenbefreiung liege eben darin, dass die Nutzfläche der geförderten Wohnung 130 m2 bzw. 150 m2 nicht übersteigen dürfe. Nachdem sich zunächst im Schreiben der Burgenländischen Landesregierung vom ein Widerspruch ergeben habe, habe die zuständige Referentin des Amtes der Burgenländischen Landesregierung auf telefonische Anfrage erklärt, dass es sich um ein Altenwohnheim mit mehreren Zimmern für die Bewohner mit einer Gesamtnutzfläche von 1.162,04 m2 handle. Da die in § 53 Abs. 3 WFG 1984 normierte Nutzflächenobergrenze von 130 bzw. 150 m2 wesentlich überschritten werde, sei das Vorliegen der Voraussetzungen der Gebührenbefreiung betreffend die Gerichtsgebühren zu verneinen gewesen.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Berücksichtigung der Gerichtsgebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 und auf Nichtvorschreibung der Gerichtsgebühren verletzt; sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zusammengefasst darin, dass das Gesetz klar zwischen Wohnungen einerseits und Wohnheimen andererseits unterscheide. Wohnheime fielen nicht unter den Begriff der "Wohnung". Daraus ergebe sich, dass die Nutzflächenobergrenze nach § 53 Abs. 3 WFG nur für Wohnungen, nicht jedoch für Wohnheime gelte.
Nach § 1 Abs. 2 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 482 - WFG 1984, umfasste die Förderung die Errichtung von Wohnungen und Wohnheimen durch näher bezeichnete Maßnahmen. Während § 2 Z. 3 WFG 1984 den Begriff der "Wohnung" u.a. an Hand dort näher bezeichneter Nutzflächengrößen bestimmte ("...nicht weniger als 30 m2 und nicht mehr als 130 m2, bei mehr als fünf im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen nicht mehr als 150 m2 ..."), definierte § 2 Z. 5 WFG 1984 den Begriff des "Wohnheimes" ohne jegliche Bezugnahme auf Nutzflächen.
Nach § 1 Z. 1 des Burgenländischen Wohnbauförderungsgesetzes 1991, LGBl. Nr. 53 - BWFG 1991, wurden im Rahmen dieses Gesetzes die Errichtung von Eigenheimen, Wohnungen und Wohnheimen gefördert. Während § 4 Z. 5 BWFG 1991 den Begriff der Wohnung wiederum u.a. an Hand von dort näher bezeichneten Nutzflächengrößen bestimmte, bestimmte § 4 Z. 7 BWFG 1991 den Begriff des "Wohnheimes" ohne ein solches Tatbestandsmerkmal.
§ 53 Abs. 3 WFG 1984 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 26, lautet:
"(3) Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, sind von den Gerichtsgebühren befreit. Bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf in gemeinsamem Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt."
Die ErläutRV 61 BlgNR XXI. GP 40f führen zur Neufassung des § 53 Abs. 3 WFG 1984 durch das Budgetbegleitgesetz 2000 u.a. aus:
"§ 53 Abs. 3 WFG 1984 sieht eine Gerichtsgebührenbefreiung im Zusammenhang mit der Finanzierung von Objekten im Rahmen der Wohnbauförderung vor, wobei ein Tatbestandsmerkmal dieser Befreiungsregelung die Einhaltung einer Nutzflächenobergrenze von 150 m2 ist. In der Gestaltung dieser Befreiungsbestimmung ist der Bund nicht frei, sondern durch eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG mit den Ländern gebunden (BGBl. Nr. 390/1989). In Art. 6 Abs. 1 dieser Vereinbarung verpflichtete sich der Bund, jene Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung der von den Ländern im Rahmen des Volkswohnungswesens geförderten Objekte veranlasst sind, von den Gerichtsgebühren zu befreien, wenn das förderungsfähige Ausmaß der Nutzfläche der bis zum Ablauf des geltenden bundesgesetzlichen Regelung nicht überschritten wird. Damit verweist dieser Staatsvertrag statisch auf den Rechtszustand des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 zum Zeitpunkt Jahresende 1987.
Zum Jahresende 1987 hatte das Wohnbauförderungsgesetz 1984 (Stammfassung BGBl. Nr. 482/1984) die Fassung laut BGBl. Nr. 340/1987 (1. Wohnrechtsänderungsgesetz). § 53 Abs. 3 des Gesetzes in dieser Fassung enthielt eine Befreiung der Eingaben und grundbücherlichen Eintragungen zur pfandrechtlichen Sicherstellung von Darlehen und Krediten, die zur Finanzierung der nach diesem Bundesgesetz geförderten Bauvorhaben erforderlich sind, von den Gerichtsgebühren. Maßgeblich für die Gebührenbefreiung waren also die Förderungsvorschriften des WFG 1984 in der diesbezüglich unveränderten Stammfassung. Nach § 1 Abs. 2 der Stammfassung umfasst die Förderung die Errichtung und unter bestimmten Voraussetzungen auch den Ersterwerb von Wohnungen und Wohnheimen. Was eine in diesem Sinne förderungswürdige Wohnung ist, wird unter den Begriffsbestimmungen des § 2 umschrieben:
Gemäß § 2 Z 3 fällt unter den Begriff der Wohnung nur eine solche mit einer Nutzfläche von nicht weniger als 30 m2 und nicht mehr als 130 m2, bei mehr als fünf in gemeinsamem Haushalt lebenden Personen nicht mehr als 150 m2. Auf Grund des nun Gesagten ist der Bund nach der erwähnten Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG nur für solche Wohnungen zur Gewährung einer Befreiung von den Gerichtsgebühren verpflichtet. Insofern wird diese Verpflichtung durch die generelle Nutzflächenobergrenze von 150 m2 im geltenden § 53 Abs. 3 WFG 1984 übererfüllt. Dies wird mit der nunmehrigen Neugestaltung des § 53 Abs. 3 WFG 1984 korrigiert."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Kausalzusammenhang zwischen der Finanzierung von geförderten Objekten und den der Gerichtsgebühr grundsätzlich unterliegenden Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäften bestehen. Unter Finanzierung ist dabei die Gesamtheit der Maßnahmen zur Beschaffung der Geldmittel für die Schaffung des (geförderten) Objektes zu verstehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/16/0090, mwN).
Die belangte Behörde zieht nicht in Zweifel, dass das gegenständliche Wohnheim im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert wird; sie sieht die Voraussetzung für die Gebührenbefreiung nur deshalb nicht als gegeben, weil die Gesamtnutzfläche des geförderten Wohnheimes die Nutzflächen nach § 53 Abs. 3 zweiter Satz WFG 1984 übersteige.
§ 53 Abs. 3 erster Satz WFG 1984 setzt für die Gebührenbefreiung u.a. eine Wohnbauförderungsmaßnahme für "Objekte" "auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften" voraus; der Tatbestand des § 53 Abs. 3 erster Satz WFG erfasst beschwerdefallbezogen unter Heranziehung des BWFG 1991 auch Wohnbauförderungsmaßnahmen für Wohnheime.
Aus der Wortwahl in § 53 Abs. 3 zweiter Satz WFG 1984, wonach bei Wohnungen "überdies" Voraussetzung ist, dass die Nutzflächen bestimmte Größen nicht übersteigen, ist zu schließen, dass die Gebührenbefreiungsbestimmung des § 53 Abs. 3 WFG 1984 zwischen Wohnungen und anderen nach den jeweiligen Landesgesetzen förderungsfähigen Objekten unterscheidet und im zweiten Satz dieser Bestimmung nur für (geförderte) Wohnungen als weitere Voraussetzung für die Gebührenbefreiung normiert ist, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf in gemeinsamem Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt. Dieses Auslegungsergebnis steht mit den zitierten ErläutRV zur Neufassung des § 53 Abs. 3 WFG 1984 im Einklang, wonach die Gebührenbefreiung für Wohnungen nur solchen Ausmaßes gelten solle, wenn das förderungsfähige Ausmaß der Nutzfläche der bis zum Ablauf des geltenden bundesgesetzlichen Vorschrift - eben des WFG 1984 - nicht überschritten werde. Das WFG 1984 sah - wie bereits dargelegt - keine Nutzflächengrenze für Wohnheime vor.
Da die beschwerdegegenständliche Amtshandlung (Einverleibung eines Pfandrechtes) unstrittig in einem Kausalzusammenhang zur Finanzierung eines geförderten Objektes "Wohnheim", nicht jedoch "Wohnung" stand, legte die belangte Behörde zu Unrecht als weitere Voraussetzung für die Gebührenbefreiung den Tatbestand des § 53 Abs. 3 zweiter Satz WFG 1984 zu Grunde, sodass sie insofern den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastete, der somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am