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VwGH vom 16.12.2014, 2012/22/0148

VwGH vom 16.12.2014, 2012/22/0148

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2012/22/0150

2012/22/0149

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lechner, über die Beschwerden 1. des S 2. der F und 3. des XX, alle in G, alle vertreten durch Mag. Helmut Hirsch, Rechtsanwalt in 8074 Raaba, Josef-Krainer-Straße 46/I, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres (alle) vom , Zl. 320.041/9-III/4/11 (betreffend den Erstbeschwerdeführer; protokolliert zu Zl. 2012/22/0148), Zl. 320.041/10-III/4/11 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin; protokolliert zu Zl. 2012/22/0149), und Zl. 320.041/11-III/4/11 (betreffend den Drittbeschwerdeführer; protokolliert zu Zl. 2012/22/0150), betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Kosovo, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet, der Drittbeschwerdeführer ist der Sohn dieser beiden Beschwerdeführer.

Die erstinstanzliche Behörde wies die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 43 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 3 NAG jeweils ab. Sie erachtete im Hinblick auf das längere Zurückliegen der Ausweisungsentscheidungen durch den Asylgerichtshof (rechtskräftig seit ) und diverse mittlerweile gesetzte Integrationsschritte der Beschwerdeführer eine inhaltliche Überprüfung gemäß Art. 8 EMRK und § 11 Abs. 3 NAG für geboten und kam dabei in einer Gesamtbetrachtung der Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer, der jeweils vorliegenden Integration sowie der Tatsache, dass sich der Aufenthalt letztlich auf unbegründete Asylanträge gestützt habe, jeweils zu einem negativen Ergebnis.

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Bundesministerin für Inneres (im Folgenden kurz "Behörde") wurden die dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 43 Abs. 3 und § 44b Abs. 1 Z 1 bzw. (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin und den Drittbeschwerdeführer auch) gemäß § 44b Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.

Die Behörde führte in allen drei angefochtenen Bescheiden in etwa gleichlautend im Wesentlichen aus, dass der Erstbeschwerdeführer am , die Zweitbeschwerdeführerin am und der Drittbeschwerdeführer am (jeweils) illegal in das Bundesgebiet eingereist seien. Ihre Anträge auf Asyl bzw. subsidiären Schutz seien jeweils am rechtskräftig und verbunden mit einer Ausweisung negativ entschieden worden.

Die am gestellten Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung seien in Bezug auf den Erstbeschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 NAG mit Bescheid vom abgewiesen, in Bezug auf die Zweitbeschwerdeführerin und den Drittbeschwerdeführer mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden gemäß § 43 Abs. 2 und § 44b Abs. 1 NAG zurückgewiesen worden (die Beschwerden der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers seien mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2011/22/0066 bis 0067, als unbegründet abgewiesen worden).

Am seien die gegenständlichen Anträge eingebracht worden.

Mit der (jeweiligen) Entscheidung des Asylgerichtshofes, mit der auch eine Ausweisung ausgesprochen worden sei, sei bereits eine Abwägung im Sinne des Art. 8 EMRK durchgeführt worden.

Nach einer inhaltlichen Argumentation zum Vorbringen stellte die Behörde abschließend fest, für die Zeit seit der rechtskräftigen Ausweisung der Beschwerdeführer am bis zur erstinstanzlichen Entscheidung sei in den vorliegenden Aufenthaltstitelverfahren am kein maßgeblich geänderter Sachverhalt ersichtlich, der die Notwendigkeit einer Neubewertung im Hinblick auf Art. 8 EMRK im Sinne des § 43 Abs. 3 iVm § 44b Abs. 1 NAG erforderlich gemacht hätte.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide im März 2012 sind die Bestimmungen des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2011 anzuwenden.

Die Erteilung der von den Beschwerdeführern begehrten Aufenthaltstitel einer "Niederlassungsbewilligung" gemäß § 43 Abs. 3 NAG erfordert u.a., dass dies gemäß § 11 Abs. 3 NAG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Gemäß § 44b Abs. 1 NAG ist u.a. ein Antrag gemäß § 43 Abs. 3 NAG als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde (Z 1) und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 NAG ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

Festzustellen ist zunächst, dass die erstinstanzliche Behörde die verfahrensgegenständlichen Anträge im Lichte des Art. 8 EMRK neuerlich inhaltlich geprüft und abgewiesen und sie nicht im Sinne des § 44b Abs. 1 Z 1 NAG zurückgewiesen hat.

Die belangte Behörde bestätigte den (jeweiligen) erstinstanzlichen Ausspruch über die Abweisung des (jeweiligen) Antrages. Im Spruch führte sie insbesondere auch § 44b Abs. 1 Z 1 NAG an und ging in der Begründung nach inhaltlichen Argumenten zum Vorbringen letztlich - ohne die Anträge im Rahmen einer Maßgabebestätigung zurückzuweisen - ausdrücklich davon aus, dass in allen drei Aufenthaltstitelverfahren für den Zeitraum seit der rechtskräftigen Ausweisung bis zur erstinstanzlichen Entscheidung kein maßgeblich geänderter Sachverhalt eingetreten wäre, der die Notwendigkeit einer Neubewertung im Hinblick auf Art. 8 EMRK im Sinne des § 43 Abs. 3 und 44b Abs. 1 Z 1 NAG erforderlich gemacht hätte. Damit verkannte die Behörde die Rechtslage, weil bei der bei Abweisung des Antrages gebotenen Gesamtbeurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffes gemäß Art. 8 EMRK alle relevanten Umstände seit der Einreise der Beschwerdeführer zu berücksichtigen sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/22/0266).

Die angefochtenen Bescheide waren daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich im Rahmen des Kostenbegehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455 i.V.m. § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014. Das Mehrbegehren betreffend Verhandlungsaufwand war mangels Durchführung einer Verhandlung abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
MAAAE-77289