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VwGH vom 14.06.2012, 2008/10/0027

VwGH vom 14.06.2012, 2008/10/0027

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Mag. Nussbaumer-Hinterauer, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des A H in Z, vertreten durch Dr. Hans-Dieter Sereinig, Rechtsanwalt in 9170 Ferlach, Hauptplatz 8/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-1115/4/2007, betreffend Rückerstattung von Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid verpflichtete die belangte Behörde den Beschwerdeführer, den im Zeitraum vom bis entstandenen Überbezug an Sozialhilfeleistungen im Betrag von EUR 7.818,36 in monatlichen Teilbeträgen von EUR 200,-- beginnend mit zurückzuerstatten. Weiters wurde die Leistung der monatlichen Hilfe zum Lebensunterhalt mit eingestellt.

Die belangte Behörde führte aus, dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (BH) vom eine monatliche Hilfe zum Lebensunterhalt auf die Dauer des Zutreffens der gesetzlichen Voraussetzungen zuerkannt worden, diese sei mit dem erstinstanzlichen Bescheid per eingestellt worden. Unter einem sei verfügt worden, dass der in der Zeit vom bis entstandene Überbezug an Sozialhilfeleistungen abzüglich eines Teilregresses der Pensionsversicherungsanstalt von insgesamt EUR 16.157,48 vom Sozialhilfeempfänger ab in monatlichen Teilraten a EUR 200,-- zurückzuerstatten sei. Als Rechtsgrundlage sei § 51 Abs. 1 Kärntner Sozialhilfegesetz (KSHG) zitiert worden.

Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer Berufung erhoben. Die belangte Behörde habe am eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Beschwerdeführer sowie ein Vertreter der BH teilgenommen habe.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass der 1963 geborene Beschwerdeführer mit seiner Familie - seiner Ehefrau, seiner Tochter und seinen beiden Söhnen - in Z lebe. Dem Beschwerdeführer sei seit wiederholt Sozialhilfe gewährt worden.

Zuletzt sei mit Bescheid der BH vom die laufende Geldleistung mit monatlich EUR 1.180,-- bemessen und eine monatliche Mietbeihilfe von EUR 187,-- zuerkannt worden. Unter einem sei verfügt worden, dass die laufende Geldleistung in den Monaten Juni und Dezember in doppelter Höhe gebühre.

Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Kärnten, vom sei die Ausgleichszulage des Beschwerdeführers ab mit monatlich EUR 667,88 festgesetzt worden.

Seit werde dem Beschwerdeführer von der Deutschen Rentenversicherungsanstalt, Bayern-Süd, ein monatlicher Pensionsanspruch in Höhe von EUR 651,53 zuerkannt.

Nach Wiedergabe der §§ 49 Abs. 1, 50 und 51 Abs. 1 KSHG 1996 führte die belangte Behörde aus, dem Beschwerdeführer sei ab von der Deutschen Rentenversicherungsanstalt ein monatlicher Pensionsanspruch in Höhe von EUR 651,53 zuerkannt worden. Die von der Pensionsversicherungsanstalt ab zuerkannte Ausgleichszulage sei einbehalten und dem Beschwerdeführer erst ab Mai 2007 ausgezahlt worden. Somit stehe jedenfalls fest, dass der Beschwerdeführer seit zusätzlich zur Sozialhilfe (Geldleistungen und Mietbeihilfen) eine Rente bezogen habe. Der Beschwerdeführer habe in Anwendung des § 50 Abs. 1 KSHG die zu Unrecht empfangenen Geldleistungen zurückzuerstatten. Es sei ab der monatliche Pensionsanspruch von EUR 651,53 zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer habe im Zeitraum vom bis aus der Deutschen Rentenversicherung insgesamt EUR 7.818,36 (= EUR 651,53 x 12) bezogen, die als Überbezug zu qualifizieren und zurückzuerstatten seien. Der erkennende Senat erachte zur Rückerstattung des Überbezuges angesichts der Lebensumstände des Beschwerdeführers und seiner Familie monatliche Teilbeträge in Höhe von EUR 200,-- als angemessen. Eine Nachsicht oder Stundung der rückzuerstattenden Beträge komme nicht in Betracht, zumal nicht einmal der Beschwerdeführer selbst Gründe vorgebracht habe, worin im Konkreten durch die Rückerstattung des Überbezuges eine Gefährdung des Erfolgs der Sozialhilfe gelegen sein sollte.

Da der Beschwerdeführer ab eine Ausgleichszulage von der Pensionsversicherungsanstalt neben der seit überwiesenen deutschen Rente beziehe, welche beiden Beträge in Summe in etwa dem Betrag der monatlichen Geldleistung und Mietbeihilfe entsprächen, sei die Einstellung der monatlichen Hilfe mit zu verfügen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 50 Abs. 1 und 2 KSHG 1996 gestützt. Abs. 1 dieser Bestimmung normiert, dass die durch Verletzung der in § 49 bestimmten Anzeigepflicht zu Unrecht empfangenen Geldleistungen vom Empfänger zurückzuerstatten sind, Abs. 2 regelt die Modalitäten der Rückerstattung sowie deren Stundung sowie die gänzliche oder teilweise Nachsicht.

Gemäß § 49 Abs. 1 KSHG ist der Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe verpflichtet, jede Änderung in den für die Weitergewährung der Sozialhilfe maßgebenden Verhältnissen der zuständigen Behörde binnen zwei Wochen anzuzeigen.

Das KSHG wurde durch § 87 Abs. 1 Kärntner Mindestsicherungsgesetz (KMSG) mit außer Kraft gesetzt; Übergangsregelungen betreffend die Geltendmachung von Rückerstattungspflichten gemäß § 50 KSHG sieht das KMSG für den Fall anhängiger Verfahren nicht vor.

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides stand nicht mehr das KSHG, sondern bereits das KMSG in Kraft. Gemäß § 58 Abs. 3 KMSG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 84/2007) hatte über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde - abweichend von der generellen Regel des § 2 lit. c Kärntner Verwaltungssenatsgesetz und anders als nach dem KSHG - die Landesregierung zu entscheiden.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bestand für die belangte Behörde auf Grund des KSHG keine Ermächtigung mehr, über die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zu entscheiden; hiezu war sie aber auch durch das KMSG nicht ermächtigt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/10/0046). Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben, ohne auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen.

Festgehalten wird, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, dass für die Beurteilung der Pflicht zur Rückerstattung empfangener Sozialhilfeleistungen ab Inkrafttreten des KMSG die dort normierten Regelungen des § 59 Abs. 3 und 4 KMSG maßgeblich sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/10/0170). Voraussetzung einer Rückerstattungspflicht gemäß § 59 Abs. 3 leg. cit. ist, dass wegen Verletzung der Anzeigepflicht zu Unrecht Leistungen in Anspruch genommen wurden. Nach den Behauptungen in der vorliegenden Beschwerde hat der Beschwerdeführer Leistungen des deutschen Rentenversicherers erst ab dem erhalten. Gemäß § 59 Abs. 2 KMSG hat die Anzeige binnen vier Wochen zu erfolgen. Da der Beschwerdeführer laut Ausweis der Verwaltungsakten die belangte Behörde am telefonisch verständigte, könnte in diesem Fall nicht davon gesprochen werden, dass der Beschwerdeführer in der Zeit von bis Leistungen der Sozialhilfe im Sinne des § 59 Abs. 3 KMSG 1996 zu Unrecht bezogen hätte; eine Verpflichtung zum Ersatz aufgewendeter Sozialhilfekosten könnte diesfalls nicht auf § 59 Abs. 3 leg. cit. gestützt werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am

Fundstelle(n):
PAAAE-77275