VwGH vom 23.11.2011, 2010/12/0058

VwGH vom 23.11.2011, 2010/12/0058

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des J S in H, vertreten durch Dr. Günter Gsellmann, Rechtsanwalt in 8041 Graz, Raiffeisenstraße 138 A, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , GZ. BMF-111301/0325-II/5/2009, betreffend Bemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss nach dem PG 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das im ersten Rechtsgang ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/12/0047, verwiesen. Daraus ist hervorzuheben:

Der 1950 geborene Beschwerdeführer steht als Abteilungsinspektor i.R. seit dem in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund; seine letzte Dienststelle war die Polizeiinspektion M.

Mit Bescheid des Landespolizeikommandos für Steiermark vom wurde der Beschwerdeführer von Amts wegen gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), mit Ablauf des in den Ruhestand versetzt. In der Begründung dieses Bescheides wird zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers Folgendes ausgeführt:

"Ihr Gesundheitszustand lautet wie folgt:

1. Vegetativ gefärbte Depression mit somatoformer Ausprägung, chronifiziert.

2. Borreliose nach Zeckenbiss mit Herzrhythmusstörungen nach Myocarditis.

3. Mäßige Bewegungseinschränkung im rechten Sprunggelenk nach Knöchelbruch.

4. Geringe Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk nach Verletzung.

5. Hypakusis beidseits.

Nach dem Leistungskalkül sind Ihnen Tätigkeiten, die mit dem Exekutivdienst untrennbar verbunden sind, nicht mehr uneingeschränkt zumutbar. Dazu wird von ho bemerkt, dass der zurückführbare Kausalzusammenhang zwischen dauernder Dienstunfähigkeit bereits im Hinblick auf die vier Dienstunfälle und der daher bezogenen 27%igen Versehrtenrente gemäß den oa Punkten 2 bis 5 gegeben ist. Eine Besserung des festgestellten Gesundheitszustandes wird nach dem vom leitenden Arzt des Bundespensionsamtes, Dr. W., erstellten Gutachten als nicht möglich erachtet."

Mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom wurden der Ruhegenuss und die Nebengebührenzulage des Beschwerdeführers bemessen. Unter Anwendung der Kürzungsbestimmung des § 5 Abs. 2 Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340 (PG 1965) idF BGBl. I Nr. 142/2004, ging das Bundespensionsamt wegen der vorzeitigen Ruhestandsversetzung von einer Ruhegenussbemessungsgrundlage im Mindestausmaß von 62 % aus. Die Voraussetzungen für einen Entfall der Kürzung nach § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 lägen nicht vor; aus einem Gutachten des leitenden Arztes des Bundespensionsamtes Dr. Z sei ersichtlich, dass die dafür erforderliche Kausalität zwischen der Dienstunfähigkeit einerseits und dem berenteten Dienstunfall anderseits fehle.

Die belangte Behörde ging in dem - mit dem Vorerkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehobenen - Bescheid vom davon aus, dass wirkender und entscheidender Faktor bei der entstandenen Dienstunfähigkeit aus medizinischer Sicht höchstwahrscheinlich eine depressive Störung gewesen sei; eine Borreliose an sich habe eine Dienstunfähigkeit nicht herbeigeführt. Beschwerden im Zusammenhang mit möglicher Borrelioseinfektion hätten aber wahrscheinlich depressive Tendenzen verstärkt. Eine Lärmschwerhörigkeit mit Tinnitus sei in der Praxis mit der konkreten Tätigkeit vereinbar gewesen, wäre jedoch allgemein ein Hindernis bei der Aufnahme einer exekutivdienstlichen Tätigkeit. Gleiches gelte für eine sekundäre Arthrose des rechten Sprunggelenkes nach dem Dienstunfall vom März 1994. Die für den Entfall der Kürzung erforderliche Kausalität zwischen Dienstunfall bzw. Berufskrankheit und Dienstunfähigkeit sei "aus den vorliegenden Gutachten eindeutig zu verneinen".

Der Verwaltungsgerichtshof erachtete im Vorerkenntnis die Verneinung der überwiegenden Rückführbarkeit der Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall bzw. die Berufskrankheit des Beschwerdeführers als nicht nachvollziehbar.

Rechtlich führte der Verwaltungsgerichtshof u.a. Folgendes aus:

"Die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 ist nur dann gegeben, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Die überwiegende Rückführbarkeit der für die Ruhestandsversetzung des Beamten maßgebenden Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit und

2. dass dem Beamten auf Grund dieses Dienstunfalles oder dieser Dienstunfälle oder dieser Berufskrankheit vom zuständigen Unfallversicherungsträger rechtskräftig eine Versehrtenrente oder die Anhebung einer bereits bestehenden Versehrtenrente nach dem B-KUVG zugesprochen wurde. Der rechtskräftig festgestellte Anspruch auf Versehrtenrente muss zum Zeitpunkt des Anfalles des Ruhebezuges bestehen.

Fehlt auch nur eine dieser Voraussetzungen, kommt die Anwendung des § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 nicht in Betracht. …

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zu § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 in der bis zum geltenden Fassung ausgesprochen, 'Rückführbarkeit' im Sinne der zuletzt genannten Gesetzesbestimmung bedeute, dass die Dienstunfähigkeit durch ein dort genanntes Ereignis verursacht wurde. Daraus ist abzuleiten, dass der geforderte Kausalzusammenhang zwischen Dienstunfähigkeit und Dienstunfall bzw. Berufskrankheit dann gegeben ist, wenn dieser Dienstunfall bzw. die Berufskrankheit als wirkende - nicht bloß unwesentliche - Bedingung für die Dienstunfähigkeit in Betracht kommt (vgl. das zur inhaltsgleichen Regelung des § 79 Abs. 9 Z. 2 NÖ DPL 1972 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/12/0221, mwN).

Ergibt sich aus einer Kombination mehrerer Faktoren die Dienstunfähigkeit und lässt sich ein oder lassen sich mehrere dieser Faktoren auf einen Dienstunfall bzw. eine Berufskrankheit zurückführen, so kann nur dann die Kausalität zwischen dem Dienstunfall bzw. der Berufskrankheit und der Dienstunfähigkeit verneint werden, wenn die Dienstunfähigkeit im Verständnis der Definition des Begriffes der 'wesentlichen Bedingung' auch ohne die durch den Dienstunfall bzw. die Berufskrankheit bedingten Folgen eingetreten wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/12/0191, mwN)."

Im fortgesetzten Verfahren veranlasste die belangte Behörde weitere Untersuchungen des Beschwerdeführers zur Klärung der strittigen Frage der überwiegenden Rückführbarkeit seiner Ruhestandsversetzung auf einen Dienstunfall bzw. die Berufskrankheit.

Der Sachverständige für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dr. H. äußerte sich über den Beschwerdeführer am gutachtlich wie folgt:

"Durch die glaubhaften Ohrgeräusche, wie auch durch den Hörverlust im höheren Frequenzbereich, ist das Hörvermögen besonders bei einer umgebenden Geräuschkulisse stärker eingeschränkt. Auch ist das Verständnis von Funkdurchsagen u.ä., besonders bei einer lärmhaften Umgebung, mäßiggradig herabgesetzt. Das Telefonieren ist in einer ruhigen Umgebung (unter 70 dBA) möglich.

Eine Lärmexposition über 85 dBA darf nur unter Verwendung eines

hochwertigen Lärmschutzes erfolgen.

Zur Fragestellung:

1: Der überwiegende Grund der Schwerhörigkeit ist die chronische Lärmbelastung, besonders als Folge diverser Schießübungen. Ohne Dienstunfall wäre eine annähernd gleiche Hörschädigung eingetreten.

Der geringfügige Unterschied des rechten gegenüber dem linken Hörvermögen ist allenfalls dem Dienstunfall zuzuordnen.

2: Derzeit besteht eine geringe bis mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit, etwas mehr des rechten als des linken Ohres.

3: Gegenüber den Vorbefunden aus dem Jahre 2003 ist es zu einer geringfügigen, akausalen Hörverminderung an beiden Ohren gekommen."

Der Sachverständige für Innere Medizin Dr. L. gab folgende Stellungnahme ab:

"Aus rein internistischer Sicht ist der unbehandelte Bluthochdruck dringend einer gezielten Therapie zuzuführen und stellt nur im Hinblick auf schwere körperliche Belastung eine Leistungseinschränkung dar. Unter ausreichender Therapie und exakter Blutdruckeinstellung sind (dem Beschwerdeführer) weiterhin mittelschwere Arbeiten ausreichend zumutbar.

Die durch die durchgemachte Borrelieninfektion erlittene Myocarditis kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, kann aber bei den vorliegenden Befunden als ausgeheilt betrachtet werden - siehe vorliegende Liquorbefunde und Blutbefunde aus dem Jahre 2003 und 2004. Aktuelle Befunde liegen nicht auf.

Bezüglich der orthopädischen Funktionseinschränkungen auch im Zusammenhang mit den Dienstunfällen siehe orthopädisches Gutachten.

Eine weitere neurologisch-psychiatrische Begutachtung wird angeregt, zumal der im neunundfünfzigsten Lebensjahr stehende seit 2005 pensionierte Untersuchte bereits vorübergehend depressive Phasen durchgemacht hat."

Dr. N. erstattete folgendes neurologisch-psychiatrisches

Sachverständigengutachten:

" Psychischer Befund:

Der Untersuchte ist bewusstseinsklar, orientiert und

geordnet, er ist situativ angepasst.

Der Gedankengang ist kohärent, nicht verlangsamt.

Die Stimmungslage ist zum Zeitpunkt der Untersuchung indifferent. Die affektive Schwingungsbreite ist erhalten, keine vitale Hemmung, kein Hinweis auf Antriebsstörung. Die Konzentrationsfähigkeit ist im Rahmen der Untersuchungssituation im Normbereich.

Agitation oder Anspannung sowie Suicidgedanken sind nicht nachweisbar.

Weiters besteht auch kein Hinweis auf Wesensveränderung. Im Gespräch finden sich keine Hinweise für eine gestörte Kritik- und Merkfähigkeit, auch der Realitätsbezug erscheint vollkommen normal. Zeichen eines intellektuellen Abbaues finden sich nicht. Produktivpsychotische Phänomene, wie Wahnideen oder Halluzinationen, sind zur Zeit der Untersuchung nicht nachweisbar.

Unter Berücksichtigung des zuletzt erhobenen Untersuchungsbefundes kann derzeit festgestellt werden:

neuropsychiatrischer Normalbefund .

Im Hinblick auf die gutachterliche Fragestellung kann festgehalten werden:

1: ein Zusammenhang des gegenständlichen Dienstunfalles () bzw. Berufskrankheit () mit der beim Untersuchten bestehenden depressiven Verstimmung und der daraus festgestellten Dienstunfähigkeit ist nicht gegeben.

Die Dienstunfähigkeit wäre auch ohne Dienstunfall eingetreten.

2: seit der Voruntersuchung ist eine Besserung des

psychischen Zustandsbildes eingetreten.

3: nach Angaben des Untersuchten erfolgten seit der letzten

Untersuchung keine fachrelevanten therapeutischen Maßnahmen."

Der Sachverständige für Orthopädie und Unfallchirurgie

Dr. He. äußerte sich in seinem Gutachten auszugsweise wie folgt:

"Der gegenständliche Dienstunfall von 1994 kann nicht als

überwiegende Ursache für die festgestellte

Dienstunfähigkeit herangezogen werden. Aus orthopädischer Sicht

wäre eine Dienstunfähigkeit höchstwahrscheinlich auch ohne dem

gegenständlichen Unfallereignis eingetreten in Kombination mit der

Schwerhörigkeit (siehe HNO-Befund).

...

Aufgrund der orthopädischen Untersuchung und der am angefertigten Röntgenbilder lassen sich am rechten Sprunggelenk unfallkausale Folgen nicht mehr feststellen. Es bestehen auch keinerlei Zeichen einer Arthrose.

Am linken Bein ist der Knöchelbruch ideal abgeheilt. Es besteht allerdings eine sogenannte Talusnase nach altem Hyperextensionstrauma. Zusätzlich degenerativ ein Fersensporn und eine Haglundferse. Da Wegstrecken über 500 m aufgrund der vorliegenden degenerativen Veränderungen nicht zumutbar sind, ist ein exekutiver Außendienst nicht mehr möglich.

...

Als sichere Folge von im Dienst erlittenen Unfällen kann die Leistungseinschränkung des rechten Schultergelenkes angesehen werden - 20 v.H."

Dr. G.-M. gab für die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter am ein Übergutachten mit folgendem zusammenfassenden Inhalt ab:

"Zur Fragestellung 'Ist gegenständlicher Dienstunfall/Berufskrankheit die überwiegende Ursache (wirkende Kraft/Kausalzusammenhang) für die festgestellte Dienstunfähigkeit, wäre diese Dienstunfähigkeit auch ohne Dienstunfall eingetreten?' ist nun folgendes festzuhalten:

Beim gegenständlichen Dienstunfall vom wurde eine 20 %ige Leistungseinschränkung auf Basis einer Verletzung im Bereich der rechten Schulter festgestellt. Dies wird chirurgischorthopädischerseits weiterhin bestätigt. Zudem wurde eine Berufskrankheit wegen einer geringgradigen Innenohrschwerhörigkeit beidseits aufgrund jahrelanger Lärmeinwirkung mit begleitendem Tinnitus mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 7 % anerkannt. Im aktuellen HNO-ärztlichen Gutachten von Herrn Dr. H. wird eine geringfügige, zusätzliche, akausale Hörminderung an beiden Ohren im Vergleich zum Vorbefund aus dem Jahr 2003 beschrieben.

Was die Borrelieninfektion anlangt, im Zuge derer sich zu keinem Zeitpunkt eine Neuroborreliose sichern ließ, wurde der Frage einer eventuellen Herzbeteiligung nachgegangen. Dazu kann, wie im internistischen Gutachten ausgeführt, festgehalten werden, dass eine Herzschädigung durch eine entsprechende Infektion nicht stattgefunden hat. Im Übrigen ist diesbezüglich festzustellen, dass die Zeckenbisse, mit anschließender Borrelieninfektion, nicht als Dienstunfälle anerkannt wurden.

Die zum Zeitpunkt der Stellungnahme von Herrn Dr. Z. vom bestehende depressive Verstimmung hat sich seit einer Aussprache mit dem Vorgesetzten (des Beschwerdeführers) (Angabe des Versicherten) wie auch seit der Pensionierung langsam gebessert, sodass nunmehr ohne Therapie ein psychischer Normalbefund erhoben werden kann.

Reaktiv depressive Zustände bzw. psychische Probleme im Rahmen beruflicher Belastungssituationen sind bereits 2001 in fachärztlichen Befunden und Stellungnahmen von Psychologen dokumentiert worden. Entsprechende fachärztliche Untersuchungen und Behandlungen haben damals eine Zeit lang stattgefunden.

Beurteilung:

Zusammenfassend kann nun festgehalten werden, dass die Dienstunfähigkeit (des Beschwerdeführers) nicht überwiegend auf den gegenständlichen Dienstunfall (Schulterverletzung rechts) bzw. die Berufskrankheit (leichtgradige Innenohrschwerhörigkeit bds.) zurückgeführt werden kann. Eine Dienstunfähigkeit wäre auch ohne diesen Dienstunfall bzw. die Berufskrankheit eingetreten. Als Hauptursache ist dabei die damals vorherrschende beträchtliche depressive Verstimmung mit dadurch bedingter Leistungs- und Konzentrationsminderung anzuführen. Zudem bedingen die degenerativen Veränderungen im Bereich des linken Sprunggelenkes eine Minderung der Belastbarkeit. Eine exekutive Außendiensttätigkeit ist auf Basis dieser degenerativen Veränderungen nicht mehr zumutbar."

Über Aufforderung durch die belangte Behörde gab der - rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführer hiezu am 20. August und am Stellungnahmen ab, in denen er auf die gutachtlichen Äußerungen inhaltlich einging und dabei im Wesentlichen an den bisher eingenommenen Standpunkten festhielt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom entschied die belangte Behörde gleichlautend wie im ersten Rechtsgang.

Begründend führte sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage zur offenen Frage des Vorliegens einer wirkenden (nicht bloß unwesentlichen) Bedingung des Dienstunfalls bzw. der Berufskrankheit für die Dienstunfähigkeit wörtlich Folgendes aus:

"Die Schwerhörigkeit wurde nur mit 7 % anerkannt; für die Schulterluxation, welche als Folge des Dienstunfalles zwar mit 20 % anerkannt wurde, findet sich in den Gutachten zwar die Bestätigung, dass dies eine Folge des Dienstunfalles gewesen ist, jedoch wird die Frage nach der überwiegenden Kausalität eindeutig mit nein beantwortet und ebenso eindeutig und begründet dargelegt, dass die Dienstunfähigkeit auch ohne diese Verletzung eingetreten wäre; umgekehrt findet sich in den Gutachten nicht der geringste Hinweis darauf, dass die Folgen des Dienstunfalles - auch nicht in Kombination mit der Schwerhörigkeit - ausschlaggebend für die Dienstunfähigkeit sein können, darüber hinaus findet sich in keinem Gutachten - die allesamt auch für den medizinischen Laien leicht verständlich sind, in sich schlüssig und einwandfrei nachvollziehbar sind - kein einziger Hinweis, dass die überwiegende Kausalität im Sinne der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen gegeben ist.

Die entscheidende Frage der überwiegenden Kausalität zwischen Dienstunfall bzw. Berufskrankheit wurde von sämtlichen Gutachten eindeutig, schlüssig, nachvollziehbar und explizit verneint.

Demnach kann auch von weiteren Gutachten ... Abstand genommen werden.

Somit sind die oben zitierten Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 PG 1965 i.d.g.F., unter denen eine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage zu unterbleiben hat, in Ihrem Fall nicht gegeben."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1440/09-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung (Überschrift idF BGBl. I Nr. 61/1997; Abs. 1 idF BGBl. Nr. 820/1995) lauten:

"Versetzung in den Ruhestand

§ 14. (1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

...

(3) Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann."

§ 5 PG 1965 - soweit für den gegenständlichen Fall von Bedeutung - lautet in der maßgeblichen Fassung (Abs. 1 idF BGBl. I Nr. 138/1997; Abs. 2 und Abs. 5 idF BGBl. I Nr. 142/2004; Abs. 4 idF BGBl. I Nr. 87/2001; letzter Satz der Z. 2 angefügt durch BGBl. I Nr. 130/2003):

"Ruhegenussbemessungsgrundlage

§ 5. (1) 80 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage bilden die volle Ruhegenussbemessungsgrundlage.

(2) Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monates liegt, zu dem der Beamte frühestens seine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung nach § 15 in Verbindung mit § 236c Abs. 1 BDG 1979 bewirken hätte können, ist das Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage um 0,28 Prozentpunkte zu kürzen. Bei einer Ruhestandsversetzung nach § 207n BDG 1979 beträgt das Ausmaß der Kürzung 0,3333 Prozentpunkte pro Monat. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden.

...

(4) Eine Kürzung nach Abs. 2 findet nicht statt, wenn


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1.
der Beamte im Dienststand verstorben ist oder
2.
wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit überwiegend auf einen Dienstunfall oder mehrere Dienstunfälle (§§ 90 und 91 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (B-KUVG), BGBl. Nr. 200/1967) oder eine Berufskrankheit zurückzuführen ist und dem Beamten auf Grund dieses Dienstunfalls oder dieser Dienstunfälle oder dieser Berufskrankheit vom zuständigen Unfallversicherungsträger rechtskräftig eine Versehrtenrente oder die Anhebung einer bereits bestehenden Versehrtenrente nach dem B-KUVG zugesprochen wurde. Der rechtskräftig festgestellte Anspruch auf Versehrtenrente muss - allenfalls auch auf Grund rückwirkender Zuerkennung - zum Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges bestehen. Fällt der Anspruch auf Versehrtenrente (Anhebung der Versehrtenrente) spätestens mit Wirkung vom Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges rückwirkend weg, so ist die Kürzung nach Abs. 2 rückwirkend vorzunehmen und die sich daraus unter Bedachtnahme auf § 40 ergebende Bundesforderung gegen künftige wiederkehrende Leistungen aufzurechnen. Gebührt dem Beamten deswegen keine (erhöhte) Versehrtenrente auf Grund des die Dienstunfähigkeit verursachenden Dienstunfalls (Dienstunfälle) oder der die Dienstunfähigkeit verursachenden Berufskrankheit, weil er bereits Anspruch auf Vollrente hat, so findet dennoch keine Kürzung nach Abs. 2 statt, wenn die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter der Pensionsbehörde bescheinigt, dass dieser Dienstunfall (Dienstunfälle) oder diese Berufskrankheit für sich allein eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von mindestens 10 % bewirkt hat. In einem sonstigen Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft erlittene Arbeits- oder Dienstunfälle gelten als Dienstunfälle nach den §§ 90 und 91 B-KUVG und auf Grund solcher Arbeitsunfälle gebührende Unfall- oder Versehrtenrenten als Versehrtenrenten nach dem B-KUVG.

(5) Die Ruhegenussbemessungsgrundlage darf - abgesehen vom Fall der Ruhestandsversetzung nach § 207n BDG 1979 - 62 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage (des ruhegenussfähigen Monatsbezuges) nicht unterschreiten und 90,08 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage (des ruhegenussfähigen Monatsbezuges) nicht überschreiten.

..."

Die Gesetzesmaterialien zu § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 (636 BlgNR 21. GP 83) führen aus:

"Die geplante Neuregelung verfolgt zwei Hauptziele:

Einerseits soll den Pensionsbehörden durch die Anknüpfung an rechtskräftige Bescheide bzw. Urteile über den Anspruch auf Versehrtenrente eine klare, einfache und sparsame Vollziehung gewährleistet und andererseits sollen die verständlichen Erwartungen der Beamten, die auf Grund eines schweren Dienstunfalls in den Ruhestand versetzt werden, besser als bisher berücksichtigt werden.

An sich wäre auch der gänzliche Entfall der Begünstigung nicht unsachlich, da die Versehrtenrente aus der Unfallversicherung die durch die Ruhestandsversetzung verursachte Einkommensminderung mehr oder weniger ausgleichen wird. Der Nationalrat hat sich jedoch im Rahmen der Plenarsitzung, in der das Pensionsreformgesetz 2000 beschlossen wurde, durch einen Abänderungsantrag zum Abschlagsentfall bei vorzeitiger Ruhestandsversetzung infolge eines Dienstunfalls bekannt; da davon auszugehen ist, dass diese Absicht des Gesetzgebers weiter besteht und die geltende Regelung mit Ablauf des Jahres 2002 ausläuft, soll die Begünstigung auch über das Jahr 2002 hinaus weiter im Rechtsbestand bleiben. Die legistischen Vorkehrungen zur Verlängerung sollen jedoch dazu genutzt werden, die vorhandenen Mängel aus der Regelung zu eliminieren. Auf diesem Hintergrund spricht alles dafür, die Neuregelung nicht erst 2003, sondern bereits 2002 wirksam werden zu lassen.

Inhaltlich wird mit der geplanten Neuregelung versucht, die bei der Vollziehung der bis zum Pensionsreformgesetz 2000 geltenden Regelung aufgetretenen Unklarheiten möglichst zu beseitigen. Die Regelung hat folgende Schwerpunkte:

Die Ruhestandsversetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit muss nicht ausschließlich, sondern nur überwiegend auf einen Dienstunfall bzw. mehrere Dienstunfälle oder auf eine Berufskrankheit zurückzuführen sein.

Diese Klarstellung entspricht der bis zum Pensionsreformgesetz 2000 geübten Vollziehungspraxis. Die Frage des Überwiegens ist im Zweifelsfall anhand eines medizinischen Gutachtens zu beurteilen.

Der Beamte muss auf Grund des für die Ruhestandsversetzung kausalen Dienstunfalls oder der kausalen Berufskrankheit Anspruch auf Versehrtenrente oder auf Anhebung einer bereits bestehenden Versehrtenrente haben.

Die Vollziehung der Begünstigung wird an die rechtskräftige Feststellung eines Anspruchs auf Versehrtenrente gebunden, der auch rückwirkend erfolgen kann. Damit erübrigen sich aufwändige Ermittlungen der Pensionsbehörden, ob eine Versehrtenrente auf Grund eines Dienstunfalls fiktiv gebührt.

Dienstunfälle, die keine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 % bewirken, sollen umgekehrt nicht zur begünstigten Pensionsbemessung führen."

§ 61 Abs. 2 PG 1965 idF BGBl. I Nr. 119/2002 und Nr. 165/2005 lautet:

"Bemessungsgrundlage und Ausmaß der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss

§ 61. ...

(2) Die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss beträgt, sofern dem Ruhegenuss eine Ruhegenussbemessungsgrundlage im Ausmaß von 80 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage (volle Ruhegenussbemessungsgrundlage) zugrunde liegt, ein Siebenhundertstel des Betrages, der sich aus der Multiplikation der Summe der Nebengebührenwerte mit 1 % des im Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches auf die Nebengebührenzulage geltenden Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V zuzüglich einer allfälligen Teuerungszulage ergibt. Liegt dem Ruhegenuss eine gemäß § 5 Abs. 2 oder Abs. 2a gekürzte Ruhegenussbemessungsgrundlage zugrunde, so ist die Nebengebührenzulage in jenem Ausmaß zu kürzen, das dem Verhältnis der gekürzten zur vollen Ruhegenussbemessungsgrundlage entspricht. Liegt dem Ruhegenuss eine gemäß § 5 Abs. 3 erhöhte Ruhegenussbemessungsgrundlage zugrunde, so ist die Nebengebührenzulage in jenem Ausmaß zu erhöhen, das dem Verhältnis der erhöhten zur vollen Ruhegenussbemessungsgrundlage entspricht."

Infolge eines unstrittigen Dienstunfalles am und einer seit dem bestehenden Berufskrankheit war dem Beschwerdeführer mit - im ersten Rechtsgang nicht dem Verwaltungsakt angeschlossenen - rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom eine Versehrtenrente in Höhe von 27 v.H. der Vollrente zuerkannt worden. In dieser Entscheidung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am eine Zerrung und Verrenkung der rechten Schulter mit Folgeerscheinungen erlitten. Ihm sei auf Grund dieses Dienstunfalles "am eine Dauerrente im Ausmaß von 20 % zuerkannt" worden. Weiters leide er "auf Grund der jahrelangen Lärmeinwirkung" beidseits an einem Tinnitus und an einer geringgradigen Innenohrschwerhörigkeit. Das Ausmaß dieser Hörstörung sei gering, die subjektive Beeinträchtigung durch den Tinnitus jedoch sehr ausgeprägt. Wegen des Hörverlustes im höheren Frequenzbereich sei eine zusätzliche Hörverminderung bei einer umgebenden Lärmkulisse vorhanden. Ab bestehe auf Grund der Berufskrankheit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt mit 7 % (ohne Überschneidung mit der aus dem Arbeitsunfall vom resultierenden Minderung der Erwerbsfähigkeit).

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die (auf Grundlage der eingeholten Sachverständigengutachten angenommene) Verneinung der überwiegenden Rückführbarkeit seiner Ruhestandsversetzung auf einen Dienstunfall bzw. eine Berufskrankheit als wirkende Bedingung ohne schlüssige Begründung erfolgt sei.

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass die beim Dienstunfall vom erlittene Schulterluxation und ihre Folgen auf Basis der übereinstimmenden Sachverständigengutachten - auch nach dem Beschwerdevorbringen unstrittig - keine wirkende Bedingung für den Eintritt der Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers darstellen.

Für die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 bleibt damit aber lediglich die Berufskrankheit (Beeinträchtigung des Hörvermögens) des Beschwerdeführers zu prüfen. Diese hat jedoch nach dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom lediglich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt von 7 % (ohne Überschneidung mit der aus dem Arbeitsunfall vom resultierenden Minderung der Erwerbsfähigkeit) bewirkt.

Diese reicht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit jedenfalls nicht als Grundlage einer wirkenden Bedingung aus (vgl. die zitierten Gesetzesmaterialien zu § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965, 636 BlgNR 21. GP 83, wonach Dienstunfälle, die keine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 % bewirken, nicht zur begünstigten Pensionsbemessung führen sollen). Sachlich gerechtfertigte Grundlagen dafür, diese Kausalitätsfrage für den hier vorliegenden Fall einer Teilrente anders als bei einer Vollrente zu beurteilen, sind nicht ersichtlich. Solche werden auch in der (zunächst ohne Erfolg an den Verfassungsgerichtshof gerichteten) Beschwerde nicht konkret aufgezeigt.

Dem Beschwerdeführer ist zwar darin beizupflichten, dass die belangte Behörde in ihren - nur rudimentär getroffenen - Feststellungen nicht schlüssig begründet hat, ob die Gehörschädigung des Beschwerdeführers - gegebenenfalls in Kombination mit anderen Faktoren - tatsächlich als Bedingung für seine Dienstunfähigkeit (im Sinn der bereits wiedergegebenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2007/12/0047) angesehen werden kann.

Zur Klärung dieser Kausalität haben auch die oben einzeln wiedergegebenen Gutachten der zuletzt befassten medizinischen Sachverständigen (zumal bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand) keine eindeutigen Aussagen getroffen. Der Sachverständige für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. He. hält die Kausalität für möglich und verweist auf den Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde. Dr. H. geht darauf allerdings nicht näher ein und lässt es im Übrigen im Dunkeln, welchen Dienstunfall er aus welchen Überlegungen als kausal für die Gehörschädigung des Beschwerdeführers ansieht. Auch Dr. G.-M. klärt in ihrem Übergutachten diese strittige Frage nicht.

Allerdings fehlt diesem Umstand - wie gezeigt - aus rechtlichen Gründen die Relevanz für den Ausgang des Verfahrens.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am