VwGH vom 15.01.2008, 2005/15/0146

VwGH vom 15.01.2008, 2005/15/0146

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des Dr. RG, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , GZ. RV/0136-S/05, betreffend Einkommensteuer 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Einkommensteuer 2001 veranlagt. Hiebei wurde ein als "außerordentlicher Verlust" geltend gemachter Betrag nicht als Betriebsausgabe anerkannt. Die belangte Behörde führte dazu aus, beim Beschwerdeführer, einem Rechtsanwalt, habe eine Betriebsprüfung stattgefunden. Im Bericht darüber sei festgehalten worden, dass der Beschwerdeführer einen ihm persönlich bekannten Freund seines Vaters als Klienten vertreten habe. Gegen diesen Klienten sei ein Verfahren wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung anhängig gewesen und habe ein Haftbefehl bestanden, weil sich der Klient dem Zugriff der Behörden entzogen habe, indem er sich in die USA abgesetzt habe. Der Klient sei auf Grund des Haftbefehles vom 6. Oktober bis in Untersuchungshaft gewesen. Am sei der Klient aus der Untersuchungshaft gegen den Erlag einer Kaution in Form eines Sparbuches mit einer Einlage von S 3 Mio. entlassen worden. Die Bereitstellung dieser Kaution sei durch den Beschwerdeführer erfolgt, weil sein Klient ihm im Gefangenenhaus "unter Tränen" versprochen habe, dass er selbstverständlich zur Verhandlung erscheinen werde. Der Klient sei nach Haftentlassung wieder in die USA gereist und sei zur Hauptverhandlung nicht erschienen. Es sei ein Abwesenheitsurteil ergangen, mit dem der Klient zu einer Geldstrafe von S 9 Mio. verurteilt worden sei, wovon der Teil vom S 6 Mio. bedingt nachgesehen worden sei. Unter Einrechnung der U-Haft habe die Geldstrafe S 2,756.520,-- betragen. Nach dem Beschluss des Landesgerichtes sei von der Kaution von S 3 Mio. diese Geldstrafe vereinnahmt und der Restbetrag an den Beschwerdeführer zurückgezahlt worden. Der Beschwerdeführer habe den als Geldstrafe vereinnahmten Betrag als Betriebsausgabe geltend gemacht. Zusätzlich habe er auch Reisekosten in die USA als Betriebsausgabe geltend gemacht. Bei dieser Reise habe er seinen Klienten zur Rückkehr nach Österreich bewegen wollen.

Der Prüfer habe im Zuge des Prüfungsverfahrens versucht, die Kaution mit den bisher verrechneten bzw. bezahlten Honoraren dieses Klienten in Relation zu bringen. Es sei aber festzustellen gewesen, dass im Prüfungszeitraum keine Honorarzahlung erfolgt sei. Die Bekanntgabe der bisher angelaufenen Honorare sei vom Beschwerdeführer im Hinblick auf das anhängige Finanzstrafverfahren und unter Berufung auf die anwaltliche Verschwiegenheit bzw. aus disziplinarrechtlichen Gründen verweigert worden. Der Betriebsprüfer habe es als nicht nachvollziehbar und als völlig ungeklärt dargestellt, dass der Beschwerdeführer nach Hinterlegung der Kaution den Betrag bei seinem Klienten nicht sofort nach dessen Freilassung eingefordert habe, obwohl dieser offenbar beträchtliche Geldmittel zur Verfügung gehabt habe.

Das Finanzamt habe sich den Feststellungen des Prüfers angeschlossen und habe nach Wiederaufnahme einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid 2001 erlassen.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer geltend gemacht, die Geldhingabe sei auch deshalb beruflich bedingt gewesen, weil der Klient keinen Kontakt zu Verwandten gehabt habe. Trotz des zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Klienten seit Jahren bestehenden Vertrauensverhältnisses sei dieser nicht zur Verhandlung gekommen. Damit habe der Beschwerdeführer nicht rechnen können. Bei diesem Klienten handle es sich um einen "ausgesprochen wichtigen" Mandanten, welcher dem Beschwerdeführer eine Vielzahl von Klienten vermittelt habe. Auf Grund der standesrechtlichen Problematiken sei es "mehr als schwierig, Beispiele anzuführen". Trotzdem habe der Beschwerdeführer eine Bestätigung über seine Tätigkeit für die X-Bank vorlegen können. Aus dieser Bestätigung ergebe sich, dass der in Rede stehende Klient den Kontakt zur X-Bank hergestellt habe und aus dieser Tätigkeit der Beschwerdeführer Umsätze von zumindest EUR 1 Mio. erzielt habe.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, die Salzburger Rechtsanwaltskammer definiere das Berufsbild des Rechtsanwaltes wie folgt: Der Rechtsanwalt sei fachkundiger Beistand und Berater in allen rechtlichen Belangen von der Vertragserrichtung über Erbschaftsangelegenheiten und die außergerichtliche Streitbeilegung bis hin zur Vertretung im Gerichtsverfahren sowie Strafverteidigung. Er habe eine umfassende Vertretungsbefugnis im gesamten Bundesgebiet, vor allen Behörden und Gerichten. Sein Tätigkeitsbereich beschränke sich nicht nur auf die Vertretung seines Mandanten in Prozessen. Als Berater in allen Rechtsgebieten setze er seine Erfahrung zur Konfliktlösung und vor allem zur Vermeidung von gerichtlichen Verfahren ein. Aus seiner Prozesskenntnis und dem Wissen, dass kein Fall gleich sei, könne er zukünftige Probleme erkennen und helfen, sie zu vermeiden. Sollte es zu einem Prozess kommen, vertrete er seine Klienten unter Beachtung der für Laien schwer durchschaubaren Verfahrensvorschriften vor Gericht und bringe die rechtlich relevanten Argumente vor. Er sei nach dem Gesetz verpflichtet, ausschließlich im Interesse seines Klienten zu handeln, dürfe keinen Auftrag annehmen, der im Widerspruch zu den Interessen seines Mandanten stehe, und sei zur absoluten Verschwiegenheit über alle ihm anvertrauten Informationen verpflichtet.

Nach Zitierung von Rechtssätzen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führte die belangte Behörde aus, es sei die Frage zu klären, ob die Hingabe einer Kaution durch einen Rechtsanwalt für die Haftentlassung eines wegen Fluchtgefahr inhaftierten Klienten betrieblich veranlasst sei, wobei die in Rede stehende Kaution letztlich "für den Bund als Zahlung der über den Klienten verhängten Geldstrafe vereinnahmt worden sei". Entsprechend der Rechtslage sowie dem dargestellten Berufsbild eines Rechtsanwaltes teile die belangte Behörde die vom Finanzamt vertretene Auffassung, dass das Stellen der in Rede stehenden Kaution nicht zum Aufgabenbereich eines Rechtsanwaltes gehöre.

Nach der Rechtsprechung wären die Leistungen eines Rechtsanwaltes aus einer von ihm für einen Klienten übernommenen Bürgschaft auch dann betrieblich veranlasst, wenn eine unmittelbare Abhängigkeit der Aufträge des Klienten von der Übernahme der Bürgschaft gegeben wäre. Eine solche eindeutige und unmittelbare Verknüpfung zwischen künftiger Einnahmenerzielung als Rechtsanwalt und Übernahme der Garantenstellung habe der Beschwerdeführer nicht aufzeigen können. Der Beschwerdeführer habe sein Eintreten für seinen Klienten damit begründet, dass dieser ihm während seiner gesamten Tätigkeit eine Vielzahl von Klienten vermittelt habe. Neben der X-Bank, zu welcher dieser Klient vor ungefähr zehn Jahren einen Kontakt hergestellt habe und welche die mit Abstand größte Klientin des Beschwerdeführers sei (Umsätze in der Höhe von zumindest EUR 1 Mio.) sei der Beschwerdeführer nicht bereit gewesen, weitere Kunden zu nennen. Damit habe er der ihn treffenden Mitwirkungspflicht nicht entsprochen. Das Finanzamt habe die Bekanntgabe der Höhe der bisher dem Klienten verrechneten Honorare begehrt, um die Kaution zu den verrechneten Honoraren in Relation bringen zu können. Der Beschwerdeführer habe dies zu Unrecht verweigert, sodass auch insoweit eine Verletzung der Mitwirkungspflicht bestehe. Die Feststellung im Prüfbericht, wonach im Prüfungszeitraum keine Honorarnoten an den Klienten gestellt worden seien, sei unbestritten geblieben. In dem Ausmaß, in dem die Möglichkeit amtswegiger Ermittlung der Behörde aus Gründen eingeschränkt sei, die der Sphäre des Abgabepflichtigen zugehören, steige dessen Mitwirkungspflicht im Rahmen des Zumutbaren (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 91/14/0216). Besonderheiten der Einkunftsquelle gehörten zur Sphäre des Abgabepflichtigen. Die belangte Behörde könne nicht erkennen, dass die Vorlage von Honorarnoten oder die Nennung von Klienten unzumutbar wäre.

Der Beschwerdeführer habe eine private Veranlassung der strittigen Leistung in Abrede gestellt. Die Behauptungen des Beschwerdeführers, dass der Klient "keinen wie immer gearteten Kontakt zu Verwandten" gehabt habe und es "nur Rechtsanwälten gestattet sei, direkt mit Klienten in Haft zu sprechen" oder die Hingabe eines Kredites im Vergleich zur Übernahme einer Kautionszahlung im Zusammenhang mit der Inhaftierung eines Klienten "aus moralischen Gründen" einen vollkommen unvergleichbaren Sachverhalt darstelle, mögen zwar zutreffen. Mit diesen Behauptungen werde allerdings der von der Rechtsprechung und Literatur geforderte unmittelbare Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes, insbesondere der Umstand, dass künftige Aufträge des Klienten von der Stellung der Kaution abhingen, nicht dargetan. Auch der - mit Ausnahme der X-Bank - im Übrigen nicht belegte Einwand des Beschwerdeführers, der Klient habe ihm in der Vergangenheit Klienten zugeführt, könne daran nichts ändern. Auch im Berufungsverfahren seien die Bedenken dahingehend nicht ausgeräumt worden, dass der Beschwerdeführer zur Stellung der in Rede stehenden Kaution auf seine eigenen Geldmittel zugegriffen habe und nicht auf diejenigen seines Klienten. Nach dem Berufungsvorbringen seien diesem damals erhebliche Geldbeträge zur Verfügung gestanden. Dazu komme, dass der weitaus überwiegende Teil der Kaution nur durch Überziehung des Kontos des Beschwerdeführers habe aufgebracht werden können. Bereits im Rahmen der Betriebsprüfung sei es als nicht nachvollziehbar und völlig ungeklärt bezeichnet worden, dass der Beschwerdeführer nach Hinterlegung der Kaution nicht sofort diesen Betrag bei seinem Klienten zurückgefordert habe.

Die belangte Behörde teile sohin die Ansicht des Finanzamtes, dass der geltend gemachte "außerordentliche Verlust" nicht als Betriebsausgabe anzuerkennen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG 1988). Mit der Frage, was zum Berufsbild eines freiberuflich Tätigen, so auch eines Rechtsanwalts, gehört, hat sich der Verwaltungsgerichtshof insbesondere aus Anlass von verlorenen Darlehen an Klienten sowie Bürgschaftsübernahmen zu Gunsten von Klienten eingehend beschäftigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/13/0260, m.w.N.). Nach dieser ständigen Rechtsprechung kommt es für den Betriebsausgabencharakter von damit im Zusammenhang stehenden Zahlungen entscheidend darauf an, ob ein bestimmtes Verhalten in Ausübung des Berufes als freiberuflich Tätiger gesetzt wird oder ob die Berufsausübung dazu nur Gelegenheit schafft. Nach der Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/15/0092) sind Leistungen eines Rechtsanwaltes aus einer von ihm für einen Klienten übernommenen Bürgschaft auch dann als betrieblich veranlasst anzusehen, wenn eine Abhängigkeit der Aufträge des Klienten von der Übernahme der Bürgschaft durch den Rechtsanwalt vorlag. Nur in solchen Fällen sind die vorgestreckten Beträge betriebliche Forderungen. Aufwendungen zur Einbringung solcher Forderungen und das Uneinbringlichwerden solcher Forderungen stellen diesfalls einen betrieblich veranlassten Aufwand dar.

Die belangte Behörde hat das Berufsbild eines freiberuflichen Rechtsanwaltes dargestellt und hiebei insbesonders darauf hingewiesen, dass ihm ein unfassendes Vertretungsrecht zukommt. Sie hat daraus den Schluss gezogen, dass es zu den beruflichen Obliegenheiten eines Rechtsanwaltes nicht gehört, für die Klienten eine Kaution zu entrichten, um seine Haftentlassung zu erwirken.

In der Beschwerde wird das Gegenteil behauptet und u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer habe darauf vertrauen dürfen, dass für den Fall der ordnungsgemäßen Abwicklung des Strafverfahrens nicht nur das Honorar aus dem Strafverfahren vom Klienten bezahlt werde, sondern dass auch zukünftig weitere Beziehungen zu Klienten hergestellt werden, die von Vorteil für den Beschwerdeführer seien. Dies umso mehr, als die Tatsache, dass ein Mensch, der erstmals das Haftübel zu verspüren habe und durch den Einsatz eines Rechtsanwaltes aus der Haft entlassen werde, einen "geradezu ewigen Eindruck" beim Klienten hinterlasse. Der Beschwerdeführer habe daher darauf vertrauen dürfen, dass auch zukünftig eine Vielzahl von Klienten vermittelt werde und er daher gravierende Vorteile aus der Geschäftsbeziehung haben würde. Dies sei auch der Beweggrund für den Erlag der Kaution gewesen.

Aus diesen Ausführungen in der Beschwerde ergibt sich die Auffassung des Beschwerdeführers, dass es nicht zu seinen rechtlichen Obliegenheiten gehört, für seine Klienten eine Kaution im Sinne der StPO zu erlegen. Auch der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass die Stellung einer Kaution für einen inhaftierten Klienten nicht in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt vorgenommen wird. Die einem Rechtsanwalt zukommende Vertretungsbefugnis schließt nicht das Stellen von Kautionen mit ein. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom , 13/2535/80, führt nicht zu einem gegenteiligen Ergebnis. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis über den dort betroffenen Sachverhalt einer Darlehensgewährung an langjährige Klienten hinaus grundsätzlich zu Fällen Stellung genommen, in denen ein Rechtsanwalt einem Klienten "Gelder vorstreckt". Danach komme es entscheidend darauf an, ob dies "in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt" geschehe, oder ob die Berufsausübung dazu nur die Gelegenheit schaffe. Was der Verwaltungsgerichtshof dabei unter "in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt" verstanden hat, wird aus den im zitierten Erkenntnis aufgelisteten Beispielen dargetan: Vorstrecken von Gerichts-, Zeugen- und Sachverständigengebühren.

Aus diesem Erkenntnis ergibt sich, dass die beispielsweise aufgezählten Geldhingaben für die Entscheidung des damaligen Streitfalles nicht entscheidend waren. Abgesehen davon sind die genannten Gerichts-, Zeugen- und Sachverständigengebühren vor dem Hintergrund der jeweiligen verfahrensrechtlichen Normen zu sehen. Die beispielsweise genannten Gebühren lassen keine Verallgemeinerung in dem Sinne zu, dass der Rechtsanwalt jede Zahlungsverpflichtung seines Klienten, die mit einer Verfahrenshandlung in Verbindung zu bringen ist, in Ausübung seines Berufes erfüllen muss. Die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwaltes im Sinne der RAO (§§ 8 ff) verbieten die Annahme einer derartigen Obliegenheit.

Wenn der Beschwerdeführer bei Stellen der Kaution für seinen Klienten nicht in Ausübung seiner beruflichen Obliegenheit gehandelt hat, bleibt im Sinne der dargestellten Judikatur zu prüfen, ob eine Abhängigkeit zu erwartender Betriebseinnahmen von der Stellung der Kaution durch den Beschwerdeführer vorgelegen ist. Eine solche Abhängigkeit vermochte der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht plausibel zu machen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am