VwGH vom 01.07.2010, 2008/09/0367

VwGH vom 01.07.2010, 2008/09/0367

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des Ing. H A in G, vertreten durch Dr. Werner Stolarz, Mag. Rainer Ebert Rechtsanwälte KG in 2020 Hollabrunn, Hauptplatz 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Mistelbach, vom , Zl. Senat-HL-07-2076, betreffend Bestrafung nach dem AuslBG (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A-GmbH mit Sitz in G zu verantworten, dass dieses Unternehmen als Arbeitgeber am in G die polnischen Staatsangehörigen D, M und R als Arbeitnehmer (mit Verspachtelungsarbeiten) beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Beschwerdeführer habe hiedurch drei Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden über ihn drei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils einem Tag) verhängt. (Hinsichtlich der dem Beschwerdeführer angelasteten Beschäftigung des polnischen Staatsangehörigen L wurde gleichzeitig das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.)

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensausganges zunächst die Aussagen der in der Berufungsverhandlung einvernommenen Personen wieder und führte nach Zitierung der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen - soweit im Beschwerdefall von Relevanz -

aus, dass die polnischen Staatsangehörigen D, M und R Verspachtelungsarbeiten im Keller der gegenständlichen Baustelle durchgeführt haben. Damit hätten diese drei Personen Tätigkeiten verrichtet, die als einfache manuelle Tätigkeiten zu bezeichnen seien, welche darüber hinaus nicht unterscheidbar seien. Im Berufungsverfahren hätten keinerlei konkrete Umstände dargelegt werden können, aus welchen sich ergeben hätte können, welches konkrete, in sich abgeschlossene und voneinander abgrenzbare Werk diese drei mit den gleichen Tätigkeiten betrauten Polen hätten herstellen sollen. Unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach einfache Hilfsarbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf erbracht werden müssen, kein selbständiges Werk darstellen können, kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretungen hinsichtlich der Polen D, M und R ungeachtet des Vorliegens einer etwaigen Gewerbeberechtigung in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt worden seien. Im Weiteren legte sie ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich im Umfang des Schuld- und Strafausspruches in Bezug auf die Beschäftigung der polnischen Staatsangehörigen D, M und R die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0190, mwN).

Gemäß § 28 Abs. 7 AuslBG ist das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne Weiteres anzunehmen, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, und der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/09/0187).

Insofern sich der Beschwerdeführer mit dem Vorliegen von Werkverträgen verantwortet, ist ihm zu antworten:

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0003, mwN).

Nach den Angaben des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung sei die "Auftragserteilung" an die Polen zunächst mündlich erfolgt, weil die Arbeiten sehr dringend durchzuführen gewesen seien, und die schriftlichen Verträge dann am unterschrieben worden. Nach den dazu vorgelegten, jeweils in Kopie in den Verwaltungsakten befindlichen und von den drei Polen D, M und R unterfertigten, gleichlautenden "Auftragsbestätigungen" seien diese "mit der Verspachtelung von Kellerwänden und der Kellerdecke mit beigestelltem Material" beauftragt worden. Als Preis seien EUR 4,00 excl. MWSt. per m2 mit einer Verrechnung nach tatsächlichem Ausmaß vereinbart worden. Der Auftragnehmer sei nach Abnahme der Leistung berechtigt, die Rechnung zu legen. Wie sich weiters aus den Verwaltungsakten ergibt, erfolgte auch in den dazu vorgelegten Rechnungen keine nähere "Werkbeschreibung". Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer angegeben, dass die Polen, nachdem ihnen ein Polier der A-GmbH auf der Baustelle gezeigt habe, was zu tun sei, "vor Ort entschieden hätten, wie viel von den Quadratmetern jeder von ihnen mache". Auch in der Beschwerde werden keine konkreten Umstände dargetan, die dafür sprechen, dass es sich bei der behaupteten Vergabe an die Polen um jeweils abgrenzbare, unterscheidbare "gewährleistungstaugliche" Werke handle, sodass die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig angesehen werden kann, wenn diese im Ergebnis das Vorliegen des Bestehens von Werkverträgen verneint.

Auch soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme der Beschäftigung der Ausländer im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses wendet und das Fehlen entsprechender Sachverhaltsfeststellungen hinsichtlich der für die Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit typischen Merkmale rügt, vermag er der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen:

Bei den genannten Tätigkeiten ("Verspachtelung von Kellerwänden und der Kellerdecke") handelt es sich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten. Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei Verspachtelungsarbeiten wie den gegenständlichen der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Die Behörde ist in einem solchen Fall - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob der Hilfsarbeiter in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies - wenn anders lautende konkrete Behauptungen samt Beweisanboten nicht vorliegen - unter den gegebenen Umständen ohne Weiteres vorausgesetzt werden konnte (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/18/0129, mwN).

Wenn sich - wie im vorliegenden Fall - die Erteilung von Weisungen bezüglich des arbeitsbezogenen Verhaltens weitgehend erübrigt, weil der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich bei seiner Tätigkeit zu bewegen und zu verhalten hat, dann äußert sich das nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an sich unterscheidungskräftige Merkmal des Weisungsrechtes in Form von Kontrollrechten ("stille Autorität des Arbeitgebers"; vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0026), die sich bei den gegenständlichen Arbeiten nach deren Zuweisung durch den Polier der A-GmbH auf die (nicht bestrittene) Abnahmekontrolle beschränken konnten.

Insofern der Beschwerdeführer auch gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegen die Qualifikation der gegenständlichen Beschäftigung als arbeitnehmerähnliches Verhältnis geltend macht, ist ihm zu antworten, dass Polen ihre Tätigkeit als "EU-Bürger mit Gewerbescheinen" in Österreich nur im Falle der Erbringung von Dienstleistungen als Selbständige ausüben dürfen. Einerseits bezieht sich § 373a GewO nur auf die in § 1 GewO genannten Tätigkeiten; nach dessen Abs. 2 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Andererseits besteht hinsichtlich der Merkmale etwa des AuslBG, des AÜG, der GewO und der hg. Rechtsprechung zur Abgrenzung von selbständiger zu unselbständiger Tätigkeit zwischen Gemeinschaftsrecht und innerstaatlichem Recht kein Unterschied, weil es allein auf das Unterordnungsverhältnis ankommt (vgl. mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0163, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0350). Ein Unterordnungsverhältnis liegt bei den gegenständlichen Tätigkeiten jedenfalls vor.

Insgesamt begegnet es somit keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde im Ergebnis zur Annahme einer unselbständigen Tätigkeit hinsichtlich der polnischen Staatsangehörigen D, M und R gelangt ist.

Gegen die Strafbemessung wurde vom Beschwerdeführer nichts vorgebracht; vom Verwaltungsgerichtshof sind keine Bedenken bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit entstanden.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am