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VwGH vom 25.06.2020, Ra 2018/07/0457

VwGH vom 25.06.2020, Ra 2018/07/0457

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser, Mag. Haunold und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (vormals: Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus) gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 46.23-2854/2017-13, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld; mitbeteiligte Partei: K S in F, vertreten durch Dr. Hans Wabnig, Rechtsanwalt in 5600 St. Johann/Pongau, Hauptstraße 35), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Revisionsbeantwortung von 1. G M, 2. A T 3. J T 4. W B, 5. A B und 6. R W, alle in F, alle vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Reisnerstraße 53, wird zurückgewiesen.

Begründung

1Beginnend mit beantragten die Eigentümer von insgesamt zehn Liegenschaften, auf denen sich jeweils ein Hausbrunnen befindet, (im Folgenden: Antragsteller) bei der belangten Behörde, dem Verursacher der auf einer in der Nachbarschaft gelegenen Liegenschaft im Zeitraum Dezember 2015 bis Jänner 2016 errichteten Tiefdrainage die Wiederherstellung des vorigen Zustandes aufzutragen. Sie brachten dazu vor, dass seit der Aufschließung ihrer Siedlung in den 1980er Jahren, als dort noch keine öffentliche Wasserversorgung vorhanden gewesen sei, zahlreiche Hausbrunnen bestünden, die jedoch seit der Errichtung der Drainage erstmals vollständig oder weitestgehend versiegt seien. Der Mitbeteiligte, Miteigentümer jener Liegenschaft, auf der die Drainage errichtet worden war, gab im Verfahren an, dass er sich aufgrund drohender Hangrutschungen an die Gemeinde und die Landesregierung (Katastrophenreferat) gewandt habe, welche einen dringenden Handlungsbedarf festgestellt hätten. Alle erforderlichen Arbeiten - gemeint offenbar: zur Errichtung der Tiefdrainage - seien daraufhin von der Abteilung Wasserwirtschaft, Ressourcen und Nachhaltigkeit des Amtes der Landesregierung durchgeführt worden.

2Die belangte Behörde holte ein Gutachten eines hydrogeologischen Amtssachverständigen ein, das dieser am erstattete und über Aufforderung durch die belangte Behörde am und am jeweils ergänzte. Er kam darin im Wesentlichen zum Ergebnis, dass ungünstige hydrogeologische Gegebenheiten und niederschlagsarme Perioden vorlägen, die Drainage das in den Brunnen befindliche Wasser nicht habe ableiten können und eine Kausalität zwischen Drainage und den Wasserrückgängen „unwahrscheinlich“ sei. Von Seiten der Antragsteller wurde dazu im Juli 2017 eine hydrogeologische Stellungnahme eines Ziviltechnikerbüros einschließlich Gutachten vorgelegt, wonach für die Wasserrückgänge entgegen dem Gutachten des Amtssachverständigen nicht ausschließlich Trockenperioden, sondern - zu einem nicht näher quantifizierbarem Anteil - auch die Drainage ausschlaggebend gewesen sei.

3Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Anträge auf Erteilung eines Auftrags zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes gemäß § 138 Abs. 1 iVm § 40 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) ab. Sie kam mit näheren Erwägungen zum Ergebnis, dass das Gutachten des Amtssachverständigen nicht nachvollziehbar sei, und legte ihrer Entscheidung letztlich zu Grunde, dass die Drainage die Hausbrunnen der Antragsteller beeinflusst habe, indem diese wenige Monate nach der Errichtung der Drainage zu versiegen begonnen hätten. Die Drainage sei daher nach § 40 WRG 1959 bewilligungspflichtig gewesen. Da eine solche Bewilligung nicht vorliege, könnten die Antragsteller als Betroffene die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrags beantragen. Jedoch sei ein solcher Antrag abzuweisen, wenn es nicht mehr möglich sei, den gesetzmäßigen Zustand wiederherzustellen. Durch das Beweisverfahren sei klar geworden, wie wenig Klarheit über die unterirdische Wasserwegigkeit bestehe. Es scheine unmöglich, diese in der ursprünglichen Form wiederherzustellen. Diese Ansicht werde auch vom Amtssachverständigen geteilt.

4Gegen diesen Bescheid erhoben acht der Antragsteller Beschwerde an das Verwaltungsgericht. Dieses richtete zwei Fragen an den hydrogeologischen Amtssachverständigen, die schriftlich beantwortet wurden.

5Sodann wies das Verwaltungsgericht die Beschwerden mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die ordentliche Revision für unzulässig.

6In den Entscheidungsgründen werden zunächst der Spruch des bekämpften Bescheides und das jeweilige Beschwerdevorbringen dargestellt. Unter der Überschrift „Sachverhalt“ wird das Bestehen und jahrzehntelange Funktionieren der Hausbrunnen der Beschwerdeführer und die Errichtung der Tiefdrainage festgestellt. Weiters wird die Antragstellung vor der belangten Behörde und die Durchführung des behördlichen Verfahrens festgehalten. Sodann wird zusammenfassend der Inhalt der im behördlichen Verfahren erstatteten Gutachten und Ergänzungen des Amtssachverständigen sowie des vorgelegten Privatgutachtens dargestellt. Schließlich wird die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erfolgte Fragebeantwortung des Amtssachverständigen wörtlich wiedergegeben. Darin verwies dieser auf seine bereits gegenüber der Behörde abgegebene Prognose, wonach die bestehenden unterirdischen Abflussverhältnisse bei einem allfälligen Rückbau nicht gänzlich wiederhergestellt werden könnten und erläuterte näher die für einen Rückbau erforderlichen Schritte, und dass es unwahrscheinlich sei, dass der frühere Zustand einerseits festgestellt und andererseits wiederhergestellt werden könne. Überdies sei bei einem allfälligen Rückbau eine Gefährdung des Anwesens des Mitbeteiligten, zu dessen Schutz die Drainage durch Sanierung von Hangrutschungen angelegt worden sei, nicht auszuschließen. Die Feststellbarkeit der Beeinträchtigung der Brunnen der Antragsteller verneinte der Amtssachverständige mit dem Argument, dass mit Ausnahme der Angaben der Antragsteller keine Informationen über den quantitativen Zustand des in den Brunnen geförderten Grundwassers samt Schwankungen bestünden.

7Nach Wiedergabe der relevanten rechtlichen Vorschriften begründet das Verwaltungsgericht unter der Überschrift „Beweiswürdigung“ lediglich die Feststellungen zur Errichtung der Drainage, zum Betrieb der Brunnen und dass den Antragstellern nunmehr kein ausreichendes Wasser mehr in ihren Brunnen zur Verfügung stehe (als „unbestritten“ und „Faktum“). Sodann geht das Erkenntnis übergangslos in eine rechtliche Beurteilung über, deren Kern zunächst lautet:

„Aufgrund des Umstandes, dass die Entwässerungsanlage ... zu einer möglichen Beeinträchtigung fremder Rechte führen kann, da die Brunnen der Antragsteller aufgrund allenfalls veränderter Grundwasserverhältnisse beeinträchtigt werden könnten, wäre jedenfalls eine wasserrechtliche Bewilligung durchzuführen gewesen.“

8Aufgrund der konsenswidrigen Errichtung der Tiefdrainage habe der Eigentümer der betreffenden Grundparzelle demnach eine Übertretung des WRG 1959 zu verantworten. Die Beschwerdeführer seien auf Grund der von ihnen behaupteten Beeinträchtigungen ihrer Brunnen berechtigt, im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a iVm Abs. 6 WRG 1959 einen Antrag auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrags zu stellen.

9In weiterer Folge führt das Verwaltungsgericht aus, im Verfahren sei „durch den Sachverständigenbeweis festgestellt“ worden, dass der ursprüngliche Zustand vor dem Vorhandensein der Tiefdrainage nicht eindeutig festgelegt werden könne. „Die Sachverständigen“ könnten nicht angeben, inwiefern die Drainage auf die Speisung der Brunnen Einfluss genommen habe. Ein „weiteres Problem“ sei, dass die Beseitigung der Tiefdrainage „von Sachverständigenseite“ wegen deren Funktion zur Hangsicherung „nicht befürwortet“ werde. Weiter wörtlich (Hervorhebungen im Original):

„Unter Zusammenschau aller Sachverständigengutachten kann nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden, dass tatsächlich die konsenslos errichtete Drainage zu einer Beeinträchtigung der Brunnen der Beschwerdeführer geführt hat. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens der belangten Behörde und der daraus gezogenen Schlüsse steht fest, dass die Drainage ... die Hausbrunnen der Antragsteller beeinflusst.“

10Es sei jedoch unklar, welchen Weg das Wasser unterirdisch nehme, sodass ein Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes bzw. zur Beseitigung der vorgenommenen Neuerung nicht erteilt werden könne. Es könne aus hydrogeologischer Sicht nicht geklärt werden, ob und vor allem wie die Brunnen tatsächlich durch die Drainage beeinträchtigt worden seien. Dazu verweist das Erkenntnis auf die Stellungnahme des Amtssachverständigen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

11Abschließend führt das Verwaltungsgericht aus, der Antrag der Beschwerdeführer sei abzuweisen, weil eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes „wegen der vom Sachverständigen schlüssig aufgezeigten Unmöglichkeit der Herstellung eines solche Zustandes und wegen der voraussichtlichen Gefährdung (Gefahr der Hangrutschung) nicht in Betracht“ komme.

12Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision der nach § 116 Abs. 2 WRG 1959 revisionsberechtigten Bundesministerin, mit der sie dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes beantragt. Darin macht sie zur Zulässigkeit der Revision geltend, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes sei nicht nachvollziehbar, sodass die Rechtssicherheit beeinträchtigt sei. Überdies weiche das Erkenntnis von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach ein Betroffener einen Anspruch darauf habe, dass über seinen Antrag ein wasserpolizeilicher Auftrag zur Beseitigung einer eigenmächtigen Neuerung erlassen werde. Die vom Verwaltungsgericht angenommene faktische Unmöglichkeit sei mit jenem Sachverhalt, in dem der Verwaltungsgerichtshof aus einem solchen Grund von einem wasserpolizeilichen Auftrag abgesehen habe, nicht vergleichbar.

13Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er die Abweisung der außerordentlichen Revision beantragte.

14Weiters erstatteten sechs der Antragsteller (und Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht) eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Aufhebung der angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der Sache selbst beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

151. Die Revision ist aus den von ihr genannten Gründen zulässig und im Ergebnis auch begründet.

2. Zur Bewilligungspflicht der Entwässerungsanlage als Voraussetzung für einen wasserpolizeilichen Auftrag

162.1. Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist derjenige, der Bestimmungen des WRG 1959 übertreten hat, u.a. wenn der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen. Betroffene sind dabei nach § 138 Abs. 6 WRG 1959 u.a. die Inhaber bestehender Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959.

17Als eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde. Hierbei kann es sich um völlig konsenslose, aber auch um konsensüberschreitende Veränderungen handeln (vgl. , mwN). In einem Verfahren zur Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrags sind daher entsprechende Tatsachenfeststellungen zu konkret in Frage kommenden Bewilligungstatbeständen zu treffen, die die Beurteilung ermöglichen, ob eine bewilligungspflichtige Anlage oder Maßnahme vorliegt (vgl. etwa , mwN).

18Nach § 40 Abs. 1 WRG 1959 bedürfen Entwässerungsanlagen u.a. dann der wasserrechtlichen Bewilligung, sofern eine nachteilige Beeinflussung fremder Rechte (im Sinne des § 9 WRG 1959) zu befürchten ist. Die in § 9 Abs. 2 WRG 1959 genannten „fremden Rechte“ umfassen jedenfalls die „bestehenden Rechte“ des § 12 Abs. 2 WRG 1959 (). Zu diesen zählt wiederum die - bewilligungsfreie - Grundwasserentnahme aus Hausbrunnen durch den Grundeigentümer (§ 3 Abs. 1 lit. a, § 5 Abs. 2, § 10 Abs. 1 WRG 1959; vgl. , mwN).

19Die bloße Möglichkeit einer Gefährdung fremder Rechte reicht zur Abweisung eines wasserrechtlichen Bewilligungsantrages nicht aus. Eine wasserrechtliche Bewilligung - die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten ausgeklammert - darf wegen einer mit ihrer Ausübung verbundenen Verletzung fremder Rechte daher dann nicht erteilt werden, wenn eine solche Verletzung fremder Rechte durch die Ausübung der begehrten wasserrechtlichen Bewilligung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten wird (, mwN).

20Von der Frage der Bewilligungsfähigkeit ist jedoch jene der Bewilligungspflicht zu unterscheiden. Diese knüpft im Fall des § 40 Abs. 1 WRG 1959 (ähnlich wie § 9 Abs. 2 WRG 1959) daran an, dass eine nachteilige Beeinflussung fremder Rechte zu befürchten ist. Eine Bewilligungspflicht ist nur dann nicht gegeben, wenn eine solche Beeinflussung fremder Rechte auszuschließen ist.

21Im Verfahren über die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrags auf Antrag eines Betroffenen ist wiederum zu beachten, dass ein Anspruch auf Beseitigung einer eigenmächtigen Neuerung nur dann besteht, wenn durch diese die im § 138 Abs. 6 WRG 1959 genannten Rechte eines Betroffenen auch tatsächlich beeinträchtigt werden. Zweck dieses Antragsrechtes ist es, unbefugte Eingriffe in die im § 138 Abs. 6 WRG 1959 genannten Rechte abzuwehren (vgl. , mwN).

222.2. Gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG sind die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts zu begründen. Diese Begründung hat, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, jenen Anforderungen zu entsprechen, die in seiner Rechtsprechung zu den § 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dies im ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens wiederstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch der Entscheidung geführt haben (; , Ra 2018/09/0212).

23Liegen einer Verwaltungsbehörde oder einem Verwaltungsgericht widersprechende Gutachten vor, so hat sie diese Gutachten nach ihrem inneren Wahrheitsgehalt gegeneinander abzuwägen und in der Begründung ihrer Entscheidung ihre Erwägungsgründe darzulegen. Dabei ist die Schlüssigkeit jedes Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (, mwN).

242.3. Zur für die Bewilligungspflicht entscheidenden Frage, ob die auf der Liegenschaft des Mitbeteiligten errichtete Drainage eine nachteilige Beeinflussung, also eine Beeinträchtigung der Grundwassernutzung der Antragsteller befürchten ließ oder eine solche Beeinträchtigung von vornherein ausgeschlossen werden konnte, liegen widersprechende Beweisergebnisse vor. Während der Amtssachverständige in seinem Gutachten zum Ergebnis kommt, dass die Drainage das in den Brunnen befindliche Wasser nicht habe ableiten können, für die Wasserrückgänge andere Ursachen angibt und eine Kausalität zwischen Drainage und den Wasserrückgängen (wiederum abschwächend) als „unwahrscheinlich“ qualifiziert, misst das vorgelegte Privatgutachten der Drainage eine maßgebliche Rolle am Trockenfallen der Brunnen zu.

25Das Verwaltungsgericht hat diese Gutachten im Erkenntnis lediglich resümierend dargestellt, ohne sich mit ihren einander widersprechenden Aussagen beweiswürdigend auseinanderzusetzen und klare Feststellungen zu treffen. Vielmehr geht es zunächst - insofern begründungslos - davon aus, dass die Brunnen der Antragsteller aufgrund allenfalls veränderter Grundwasserverhältnisse beeinträchtigt werden könnten. An anderer Stelle hält es wiederum „unter Zusammenschau aller Sachverständigengutachten“ in einer unklaren Begriffsdifferenzierung fest, dass eine Beeinträchtigung der Brunnen der Beschwerdeführer nicht mit absoluter Sicherheit vorliege, jedoch feststehe, dass die Drainage die Hausbrunnen der Antragsteller beeinflusse.

262.4. Damit bleibt für den Verwaltungsgerichtshof unklar, ob und warum das Verwaltungsgericht eine Beeinträchtigung für möglich hält oder ausschließt, sodass das Bestehen der Bewilligungspflicht nach § 40 Abs. 1 WRG 1959 nicht geklärt werden kann. Dies gilt entsprechend für die im Verfahren über den Antrag eines Betroffenen nach § 138 Abs. 6 WRG 1959 entscheidende Frage, ob dessen Rechte tatsächlich beeinträchtigt werden.

27Wenn ein Begründungsmangel entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert, so führt dies zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof ().

3. Zum Unterbleiben eines wasserpolizeilichen Auftrags wegen faktischer Undurchführbarkeit

283.1. Demgegenüber ist dem Erkenntnis hinsichtlich der Frage der Durchführbarkeit einer „Wiederherstellung des früheren Zustandes“ noch hinreichend deutlich zu entnehmen, von welcher Sachverhaltsgrundlage das Verwaltungsgericht ausgeht, weil es sich ausdrücklich auf die als schlüssig bewerteten Ausführungen des Amtssachverständigen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stützt, denen insofern auch keine anderen Beweisergebnisse entgegen stehen. Demnach könnte die ursprünglichen unterirdischen Abflussverhältnisse bei einem Rückbau nicht gänzlich wiederhergestellt werden. Es sei wegen der deutlichen Umgestaltung des von den Grabungsarbeiten berührten Untergrundes nicht zu erwarten, dass der ursprüngliche Zustand durch Beseitigung der Drainage erreicht werden könne. Weiters bestehe im Falle der Beseitigung die Gefahr einer Hangrutschung auf der Liegenschaft des Mitbeteiligten.

293.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 97/07/0054, ausgesprochen, dass, sofern eine Beseitigung der vorgenommenen Neuerungen bzw. eine Wiederherstellung des früheren Zustandes schon aus den natürlichen Gegebenheiten gar nicht möglich sei, diese Ziele mit den Mitteln des Wasserrechtes nicht erreicht werden können. Dem damaligen Verfahren lag ein jahrzehntelanger, konsensüberschreitender Schotterabbau im Volumen von ca. 350.000 m3 zu Grunde. „Beseitigung“ hätte bedeutet, jenen Zustand herzustellen, der bei konsenskonformem Verhalten entstanden wäre. Eine „Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes“ - etwa in Form einer Verfüllung des Geländes mit geeignetem Material, das weitgehend dem ursprünglich vorhanden gewesenen entspreche, auf das dem erteilten Konsens entsprechende Niveau - sei wegen der Unmöglichkeit der Herstellung eines solchen Zustandes und wegen der voraussichtlichen Gefährdung von Rechten Dritter (fehlende gleichartige Erosionsfestigkeit, erhöhte Überschwemmungsgefahr der Unterlieger; bloße Verlangsamung, jedoch keine Verhinderung der Erosion; mögliche Gefährdung des dort befindlichen Grundwasserkörpers und der damit zusammenhängenden Trinkwasserversorgung) nicht in Betracht gekommen. Die Anträge auf Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 wurden daher als unbegründet abgewiesen.

303.3. Auf diese Judikatur kann eine Abweisung der vorliegenden Anträge auf Basis des bislang festgestellten Sachverhaltes jedoch nicht gestützt werden.

31Im dortigen Verfahren war nämlich die Feststellung getroffen worden, dass eine Wiederherstellung des früheren Zustandes, wie er etwa dem durch Bescheid konsentierten Zustand entsprechen würde, „nicht, und zwar auch nicht teilweise,“ möglich sei, weil selbst bei Verfüllung mit geeignetem (ähnlichem) Material und bei entsprechender technischer Verdichtung des Materials nicht mehr dieselbe Erosionsfestigkeit dieses Materials gegeben wäre, die Erosion über einen längeren Zeitraum gesehen wieder auftreten würde und es bei den Unterliegern mit hoher Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit Hochwässern zu einer Gefährdung ihrer Liegenschaften komme, weil verspültes Material zu Austritten von Wasser führe.

32Demgegenüber ist hier den Ausführungen des Amtssachverständigen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, denen sich das Verwaltungsgericht angeschlossen hat, lediglich zu entnehmen, dass die vor Errichtung der Drainage bestehenden unterirdischen Abflussverhältnisse bei einem allfälligen Rückbau nicht gänzlich wiederhergestellt werden könnten. Es sei daher nicht zu erwarten, dass der ursprüngliche Zustand durch Beseitigung der Drainage (offenbar gemeint: vollständig) erreicht werden könne.

33Die Nichterteilung eines wasserpolizeilichen Auftrags aufgrund tatsächlicher Unmöglichkeit der Herstellung des ursprünglichen Zustandes kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn der frühere Zustand gar nicht mehr - also auch nicht bloß teilweise - wiederhergestellt werden kann. Ansonsten liegt nämlich eine gänzliche Unmöglichkeit nicht vor, nur eine solche könnte aber einem wasserpolizeilichen Auftrag schon dem Grunde nach entgegen stehen.

34Das Verwaltungsgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren - allenfalls nach Einholung entsprechender ergänzender Gutachten - klare Feststellungen dazu zu treffen haben, ob zumindest eine teilweise Wiederherstellung der ursprünglichen Verhältnisse (in diesem Fall: betreffend die unterirdischen Abflüsse) möglich oder auch eine solche ausgeschlossen ist.

353.4. Darüber hinaus ist aber wiederum zu beachten, dass ein Anspruch auf Beseitigung einer eigenmächtigen Neuerung nur dann besteht, wenn durch diese im § 138 Abs. 6 WRG 1959 genannte Rechte tatsächlich beeinträchtigt werden. Zweck dieses Antragsrechtes ist es, unbefugte Eingriffe in die im § 138 Abs. 6 WRG 1959 genannten Rechte abzuwehren. Ein auf Antrag eines Betroffenen erlassener Beseitigungsauftrag gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist daher nur soweit gerechtfertigt, als dies zur Beseitigung der Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte erforderlich ist (vgl. , 0032; , 2008/07/0131, mwN).

36Die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrags auf Antrag eines Betroffenen erfordert daher überdies, dass die Beeinträchtigung der im § 138 Abs. 6 WRG 1959 genannten Rechte durch den Auftrag (hier also die Beseitigung der eigenmächtig vorgenommenen Neuerungen) auch tatsächlich beseitigt werden kann. Wiederum ist es ausreichend, dass die Beeinträchtigung zumindest teilweise beseitigt werden kann.

37Auch unter diesem Aspekt ist der Sachverhalt noch unvollständig ermittelt und es werden entsprechende klare Feststellungen nachzuholen sei.

384. Im Ergebnis war das angefochtene Erkenntnis daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

395. Jene Revisionsbeantwortung, die von sechs der ursprünglichen Antragsteller und Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht eingebracht wurde, war zurückzuweisen, da die Stellung als Mitbeteiligte im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof rechtlich geschützte Interessen im Widerspruch zur Interessenslage des Revisionswerbers voraussetzt (, mwN).

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018070457.L00
Schlagworte:
Allgemein Begründung Begründungsmangel Besondere Rechtsgebiete Beweismittel Sachverständigenbeweis Gutachten Beweiswürdigung der Behörde Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Verfahrensmangel Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebiet "zu einem anderen Bescheid"

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