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VwGH vom 02.09.2009, 2005/15/0142

VwGH vom 02.09.2009, 2005/15/0142

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des J M in F, vertreten durch Mag. Peter Zivic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 20, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0532-G/05, betreffend Einkommensteuer 2004, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte im Rahmen einer Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2004 (Arbeitnehmerveranlagung) erhöhte Werbungskosten infolge regelmäßiger Familienheimfahrten zu seiner in Kroatien lebenden Ehefrau und den zwei minderjährigen Kindern sowie einer Zweitunterkunft des Beschwerdeführers am österreichischen Beschäftigungsort bis November 2004. Weiters sollte der Alleinverdienerabsetzbetrag berücksichtigt werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nur insoweit statt, als sie erhöhte Werbungskosten aus dem Titel einer doppelten Haushaltsführung bis Oktober 2004 anerkannte. Sie stellte sachverhaltsbezogen fest, dass der Beschwerdeführer zwar seit 1995 verheiratet sei, seine Ehefrau aber erst mit (dem Zeitpunkt ihres Zuzuges aus Kroatien) in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig geworden sei. Die unbeschränkte Steuerpflicht habe daher nicht mehr als sechs Monate im Kalenderjahr bestanden, sodass eine Anspruchsvoraussetzung für den Alleinverdienerabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 fehle. Nach Ansicht der belangten Behörde könne kein Zweifel bestehen, dass die unbeschränkte Steuerpflicht des Partners nicht nur im Fall einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinn des § 106 Abs. 3 EStG 1988 mehr als sechs Monate im Kalenderjahr gegeben sein müsse, um den Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag zu vermitteln - diesfalls sei der Gesetzeswortlaut eindeutig -, sondern auch im Fall der Ehe (Hinweis auf Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 57 EStG 1988 Tz. 4.4).

Gegen die Versagung des Alleinverdienerabsetzbetrages wendet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer bringt vor, das Tatbestandsmerkmal des § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 "mehr als sechs Monate im Kalenderjahr" beziehe sich auf das "verheiratet sein" des Anspruchwerbers und das "nicht dauernd getrennt leben". Beide Voraussetzungen lägen im Beschwerdefall vor. Das Tatbestandsmerkmal der "unbeschränkten Steuerpflicht des Ehegatten" müsse hingegen im betreffenden Kalenderjahr nicht "mehr als sechs Monate" gegeben sein. Es genüge vielmehr, wenn der Ehegatte im betreffenden Kalenderjahr (zu irgendeinen Zeitpunkt) unbeschränkt steuerpflichtig gewesen oder geworden sei.

Das Vorliegen der unbeschränkten Steuerpflicht einer natürlichen Person gemäß § 1 EStG 1988 lasse sich nämlich mitunter erst nach sechs Monaten ihres dauernden Aufenthaltes im Bundesgebiet abschließend feststellen, während die unbeschränkte Steuerpflicht dieser Person rückwirkend mit dem ersten Tag des Aufenthaltes im Bundesgebiet eintrete. Hätte die Ehefrau des Beschwerdeführers beispielsweise im März 2005 ihren dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet wieder beendet und wäre nach Kroatien zurückgekehrt, so wäre die unbeschränkte Steuerpflicht der Ehefrau zu keinem Zeitpunkt gegeben gewesen. Da sich die Ehefrau des Beschwerdeführers jedoch ab November 2004 über sechs Monate hinaus und nach wie vor dauernd im Bundesgebiet aufhalte, sei ihre unbeschränkte Steuerpflicht im November 2004, sohin im Kalenderjahr 2004 eingetreten und vermittle dem Beschwerdeführer damit den Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen :

§ 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 57/2004 lautet auszugsweise:

"(4) Zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen stehen nachfolgende Absetzbeträge zu:

1. Einem Alleinverdiener steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
ohne Kind 364 Euro,
-
bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
-
bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinverdiener ist ein Steuerpflichtiger, der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet ist und von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des (Ehe-)Partners nicht erforderlich. Alleinverdiener ist auch ein Steuerpflichtiger mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), der mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer anderen Partnerschaft lebt. Voraussetzung ist, dass der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) Einkünfte von höchstens 6.000 Euro jährlich, sonst Einkünfte von höchstens 2

200 Euro jährlich erzielt. ... "

Bis zur Neuordnung der Familienbesteuerung durch das Familienbesteuerungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 312/1992, bestanden Unterschiede bei den Anspruchsvoraussetzungen im Lohnsteuer- und im Veranlagungsverfahren. Während im Veranlagungsverfahren die Voraussetzungen zu Jahresbeginn oder für mindestens vier Monate vorliegen mussten, waren für Zwecke der Lohnsteuer die Verhältnisse am Schluss des Kalenderjahres entscheidend. Im Rahmen des Familienbesteuerungsgesetzes wurden die Anspruchsvoraussetzungen dergestalt vereinheitlicht, dass die maßgebenden Voraussetzungen mehr als sechs Monate, also überwiegend im Kalenderjahr vorliegen müssen (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 463 BlgNR XVIII. GP, 8).

Der Gesetzgeber verlangt nach der für das Streitjahr 2004 somit anzuwendenden Fassung des § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988, dass der Steuerpflichtige mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet ist und von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers bis 15. November des Streitjahres 2004 in Österreich nur beschränkt steuerpflichtig war und damit eine der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 - gemeinschaftsrechtliche Aspekte waren im Beschwerdefall nicht zu berücksichtigen - nicht erfüllt war. Dass die unbeschränkte Steuerpflicht der Ehefrau zu irgendeinem Zeitpunkt des Jahres 2004 gegeben war, ist entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht ausreichend. Auch genügt es nicht, dass der Beschwerdeführer mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet war, um den Anspruch auf den gegenständlichen Absetzbetrag zu begründen. Die mindestens "sechsmonatige Ehe" muss nach dem zweiten Halbsatz der angeführten Definition des "Alleinverdieners" nämlich weitere Qualifikationen erfüllen: Die Ehegatten dürfen während der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr dauernden Ehe nicht dauernd getrennt leben und der Ehepartner muss der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen.

Bestätigung findet diese Auslegung - wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat - auch in der Definition des "Alleinverdieners" im Falle einer sonstigen Partnerschaft. Danach ist Alleinverdiener auch ein Steuerpflichtiger mit mindestens einem Kind (iSd § 106 Abs. 1), der mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer anderen Partnerschaft lebt (soweit auch in diesem Fall bestimmte Einkunftsgrenzen nicht überschritten werden). Im Falle der sonstigen Partnerschaft konnte der Gesetzgeber die weitere Voraussetzung der unbeschränkten Steuerpflicht des Partners, da das Vorliegen einer Hausgemeinschaft bei den sonstigen Partnerschaften zum Definitionsverständnis gehört, sprachlich zusammenfassen. Unterschiedliche Auslegungen in Bezug auf das Vorliegen der unbeschränkten Steuerpflicht des (Ehe)Partners ergeben sich daraus nicht.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am