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VwGH vom 15.12.2011, 2008/09/0364

VwGH vom 15.12.2011, 2008/09/0364

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Disziplinaranwaltes beim Bundesministerium für Finanzen gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , GZ 32/8-DOK/08, betreffend Freispruch in einer Disziplinarsache nach dem BDG 1979 (mitbeteiligte Partei: WB in U; weitere Parteien: Bundeskanzler, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Freispruches zu Spruchpunkt 1. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen, also hinsichtlich der Freisprüche zu den Spruchpunkten 2. und 3. des angefochtenen Bescheides, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Kostenantrag der Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

I. Die im Jahr 1963 geborene Mitbeteiligte steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; zum Zeitpunkt der inkriminierten Dienstpflichtverletzungen war sie beim Finanzamt H als Teamexpertin in der Abgabensicherung tätig.

Mit Bescheid vom sprach die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Die (Beschwerdeführerin) ist schuldig,

1. vorsätzlich ab Oktober 2006 bei den Abgabenkonten 074/0872 - Ing. (B)

154/2715 - (A-GmbH CoKG)

074/1946 - (Ing. B-GmbH CoKG)

Bearbeitungen vorgenommen zu haben,

2. vorsätzlich am am Abgabenkonto der Handelsfirma ihres Ehegatten (Fa. (A- GmbH)) die unrechtmäßige Abschreibung eines Säumniszuschlags in Höhe von EUR 135,62 veranlasst zu haben, und

3. vorsätzlich am am Abgabenkonto des Schwiegervaters Ing. (B) zu Unrecht die Abschreibung eines Säumniszuschlags von EUR 65,23 veranlasst zu haben.

Sie hat dadurch zu

1. gegen die Dienstpflicht des § 47 BDG, wonach sich der Beamte der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen hat, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen,

und zu

2. und 3. gegen die Dienstpflicht des § 43 Abs. 1 BDG, wonach der Beamte verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen, und des § 43 Abs. 2 BDG, wonach der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt,

verstoßen und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG begangen.

Gem. § 92 Z 3 BDG wird sie hiefür mit einer Geldstrafe in Höhe von EUR 1.400,-- bestraft."

(Hingegen wurde die Beschwerdeführerin vom Verdacht weiterer Dienstpflichtverletzungen wegen Rückdatierung eines Umbuchungsantrages sowie einer Verbuchung mit unrichtigem Stichtag und dadurch unrechtmäßiger Unterbindung von Säumniszuschlägen freigesprochen.)

In ihrer Bescheidbegründung ging die erstinstanzliche Disziplinarbehörde zum Faktum 2 (Abschreibung eines Säumniszuschlages -im Folgenden: SZ- in Höhe von EUR 135,62 am Abgabenkonto der Handelsfirma ihres Ehegatten, der A-GmbH Co KG; in der Folge: A) davon aus, dass am seitens des Unternehmens fälschlich elektronisch eine Umsatzsteuervoranmeldung (in der Folge: UVA) für "3/05" eingereicht worden, in welcher eine Umsatzsteuergutschrift in Höhe von EUR 50.284,75 geltend gemacht worden sei. Tatsächlich sei das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht tätig gewesen, der richtige Zeitraum wäre März 2006 gewesen. Die aus der falschen UVA resultierende Gutschrift sei antragsgemäß am zurückgezahlt bzw. umgebucht worden. Am sei dann eine UVA für April 2005 "0" gebucht worden. Am sei dann die UVA für März 2006 mit der Umsatzsteuergutschrift in Höhe von EUR 50.284,75 gebucht und das entsprechende Guthaben mit der Umbuchung (auf das Konto 074/1946) vom verwendet worden. Im Dezember 2006 sei mittels Jahresfestsetzung der Umsatzsteuer 2005 die im April 2006 erfolgte Umsatzsteuergutschrift rückgängig gemacht und ein Betrag in Höhe von EUR 50.284,75 wiederum vorgeschrieben worden. Fälligkeit des Nachforderungsbetrages für die Umsatzsteuer 2005 sei auf Grund der Rechtslage der gewesen. Somit sei der Betrag zum Zeitpunkt der Vorschreibung bereits fällig gewesen, wenn auch eine Zahlungsfrist bis entsprechend den Vorschriften der Bundesabgabenordnung (BAO) einzuräumen gewesen sei. Da die Umsatzsteuer für 2005 bereits am fällig, jedoch zu diesem Zeitpunkt (natürlich) noch nicht entrichtet gewesen sei bzw. sein habe können, sei für diesen Betrag ein SZ gemäß § 217 BAO vorgeschrieben worden. Am 28. (richtig: 29.) Jänner 2007 habe die Mitbeteiligte einen Bescheid über die Aufhebung von Nebengebühren nach § 293 BAO ausgefertigt, mit welchem sie den SZ aufgehoben habe. Diese Aufhebung nach § 293 BAO entspreche nicht der geltenden Rechtslage, da eine Aufhebung nach § 293 BAO nur anwendbar sei, wenn der Behörde Fehler unterlaufen seien. Diese Voraussetzung liege jedoch im gegenständlichen Fall nicht vor. Allenfalls wäre bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 217 Abs. 7 BAO vorzugehen gewesen; ein hiefür erforderlicher Antrag liege jedoch nicht vor.

Die Mitbeteiligte habe in der mündlichen Verhandlung nach entsprechender Befragung durch ihren Verteidiger vorgebracht, dass ihr Ehegatte (zu Hause) einen mündlichen Antrag eingebracht habe, habe jedoch selbst eingeräumt, dass die in der BAO festgelegten Regelungen bei Vorliegen eines mündlichen Antrags, wie z.B. Protokollierung, nicht gegeben seien. Selbst bei Vorliegen eines Antrages wäre noch nicht sicher, dass dem Begehren entsprochen worden wäre, da vielleicht an der ursprünglichen Konstellation den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden treffe, er jedoch zweimal über dasselbe Guthaben verfügt habe. Insofern wär daher der Ausgang eines solchen Antragsverfahrens fraglich. Der als Zeuge befragte Teamleiter habe letztendlich ausgeführt, dass der SZ zu Recht verhängt worden sei und die Voraussetzungen für eine Abschreibung nicht vorgelegen seien. Die Mitbeteiligte habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie ihren Teamleiter über die beabsichtigte Buchung informiert habe, eine schriftliche Genehmigung gebe es aber nicht. Der Teamleiter könne sich an eine solche Information jedoch nicht erinnern und habe darauf verwiesen, dass er üblicherweise den Vorgang gegenzeichne. Der gegenständliche Bescheid weise jedoch eine solche Gegenzeichnung nicht auf. Der erstinstanzliche Disziplinarsenat erachte es deshalb als erwiesen, dass die Mitbeteiligte ohne Information und sonst vorgesehene Genehmigung durch ihren Teamleiter zu Unrecht nach § 293 BAO die amtswegige Abschreibung vorgenommen habe.

Hinsichtlich des Faktums 3 habe die Mitbeteiligte am auf dem Steuerkonto ihres Schwiegervaters den SZ-Bescheid vom in Höhe von EUR 65,23 gemäß § 293a BAO aufgehoben: Die Einkommenssteuervorauszahlung 7-9/2006 in Höhe von EUR 5.244,-- mit Fälligkeitstag sei zum Fälligkeitstag im Ausmaß von EUR 3.261,59 nicht entrichtet worden, weshalb mit Bescheid vom die Vorschreibung des ersten SZ in Höhe von EUR 65,23 erfolgt sei. Am sei die Einkommenssteuerveranlagung für das Jahr 2005 erfolgt, die zu einer Gutschrift in Höhe von EUR 13.303,68 geführt habe. Der Schwiegervater der Mitbeteiligten habe der Einkommensteuererklärung 2005 ein Stundungsansuchen bis zum Ergehen des Steuerbescheides beigelegt gehabt, dieses sei jedoch keiner Behandlung zugeführt worden, weshalb der Schwiegervater der Mitbeteiligten gemeint habe, den SZ zu Unrecht vorgeschrieben erhalten zu haben. Die Steuererklärung 2005 samt dem Stundungsansuchen sei jedoch erst am eingereicht worden, weshalb die Vorschreibung des SZ für die Einkommenssteuervorauszahlung 7-9/2006 zu Recht und Abschreibung durch die Mitbeteiligte zu Unrecht erfolgt sei. Die Mitbeteiligte habe sich damit gerechtfertigt, dass sie auf Grund des Vorbringens ihres Schwiegervaters und auf Grund des Hinweises auf das Stundungsansuchen ins Referat gegangen sei und sich die entsprechende Erklärung herausgesucht habe. Bei den Beilagen sei tatsächlich das Stundungsansuchen unerledigt gelegen. Dieses habe sie mitgenommen und anschließend die Berichtigung nach § 293a BAO durchgeführt. Ihren Teamleiter habe sie "im Vorbeigehen" informiert. Sie sei selbstverständlich davon überzeugt gewesen, dass das Ansuchen rechtzeitig gewesen sei. Sie habe sich aber nicht davon überzeugt, ob es tatsächlich rechtzeitig gewesen sei. Es sei ihr nunmehr klar, dass der SZ nicht hätte abgeschrieben werden dürfen. In diesem Umfang habe sie auch ein Geständnis abgelegt.

Ebenso sei - so die erstinstanzliche Behörde im Weiteren zum Faktum 1 - erwiesen, dass die Mitbeteiligte ab Oktober 2006 auf den Abgabenkonten 074/0872, 154/2715 und 074/1946 Bearbeitungen vorgenommen habe, obwohl es sich hiebei um Abgabenkonten von Angehörigen bzw. von Firmen, die Angehörigen zuzurechnen seien, gehandelt habe. In diesem Punkt liege auch ein Geständnis der Mitbeteiligten vor. Sie habe rechtfertigend vorgebracht, dass sie ab Beginn ihrer Tätigkeiten der damaligen Finanzkasse des Finanzamtes H Buchungen auf solchen Konten vorgenommen habe und ihr der Kassenleiter, als sie Bedenken dagegen vorgebracht bzw. angefragt habe, ob sie dies überhaupt dürfe, geantwortet habe, dass dies auf Grund des in der Finanzkasse gehandhabten Vier-Augen-Prinzips unbedenklich sei, da sie nie allein eine Buchung vornehme. Die Befragung der Mitbeteiligten habe allerdings auch zu Tage gebracht, dass sie auf Grund der Neuorganisation sowie interner Spannungen und der Tatsache, dass der Teamleiter oftmals nicht anwesend gewesen sei, Buchungen selbstständig und ohne Beachtung des Vier-Augen-Prinzips durchgeführt habe. Was sie selbst erledigen habe können, habe sie selbst erledigt, da auch die Kollegen überfordert gewesen seien. Üblicherweise bespreche sie die Angelegenheiten mit dem Teamleiter, dieser sei aber auf Grund der Betreuung der anderen Standorte kaum mehr vor Ort gewesen.

Ihre rechtliche Beurteilung stützte die erstinstanzliche Behörde zusammengefasst darauf, dass sowohl der Ehegatte als auch der Schwiegervater unter dem Begriff des Angehörigen im Sinne der Abgabevorschriften (§ 25 BAO) fallen würden. Amtshandlungen in diesem Bereich seien somit Verletzungen der Dienstpflicht des § 47 BDG. Ebenso gelte dies für Buchungen auf Konten von Gesellschaften, die Angehörigen im Sinn des § 25 BAO zuzurechnen seien. Der Mitbeteiligten seien die Bestimmungen der BAO über die Befangenheit bekannt gewesen. In Kenntnis dieser Vorschriften habe sie diesen widersprechend Bearbeitungen auf den Konten vorgenommen. Diese Vorgangsweise habe sie gewählt, um Vorteile für den Familienverband zu lukrieren. In allen Punkten des Schuldspruches sei eine vorsätzliche Begehung als erwiesen anzunehmen. Die Mitbeteiligte habe auf Konten von nahen Angehörigen bzw. der ihnen zuzurechnenden Gesellschaften SZ entgegen der geltenden Rechtslage abgeschrieben und dadurch gegen ihre Dienstpflicht gemäß § 43 Abs. 1 BDG verstoßen. Wie festgestellt, habe sie dies ohne Information ihres Teamleiters hierüber und ohne dessen Genehmigung getan. Das Verfahren habe ergeben, dass keine formelle schriftliche Weisung bestehe, dass solche Abschreibungen an den Teamleiter zu berichten seien, der Teamleiter habe jedoch in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig vorgebracht, dass er der Mitbeteiligten entsprechende Mitteilung darüber gemacht habe. An eine detaillierte Anweisung über eine Gegenzeichnung könne er sich nicht erinnern, weshalb der Beschuldigten die Verletzung des § 44 Abs. 1 BDG auch nicht vorgeworfen werde. Die Vornahme unrichtiger Buchungen (Abschreibungen von SZ) auf Konten von Angehörigen verletze darüber hinaus auch § 43 Abs. 2 BDG, denn dieses Vorgehen entgegen die bestehende Rechtslage sei geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben und somit das Vertrauen der Allgemeinheit in eine rechtlich einwandfreie Vollziehung der Gesetze zu erschüttern.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen - inhaltlich gegen dessen vom Schuld-und Strafausspruch umfassten Teil gerichteten - Berufung der Mitbeteiligten hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid Folge gegeben, indem sie die Mitbeteiligte von den wider sie erhobenen Vorwürfen laut Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Erkenntnisses gemäß § 126 Abs. 2 BDG, laut Spruchpunkt II gemäß § 118 Abs. 1 Z. 2 BDG "in dubio pro reo" und laut Spruchpunkt III. gemäß § 118 Abs. 1 Z. 4 BDG freisprach.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses und der Berufungsausführungen sowie Zitierung der von ihr als maßgeblich erachteten gesetzlichen Bestimmungen - wie folgt (auszugsweise) aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof;

Schreibfehler im Original) aus:

"a) zu Spruchpunkt 1.):

Zweifellos zutreffend ist die Feststellung der erstinstanzlichen Disziplinarkommission, dass die (Mitbeteiligte) in objektiver Hinsicht gegen §§ 76 Abs. 1 lit. a, 25 BAO iVm § 47 BDG verstoßen hat. Nicht hingegen vermag (die belangte Behörde) der erstinstanzlichen Disziplinarkommission dahingehend zu folgen, dass die (Mitbeteiligte) dies auch schuldhaft ('vorsätzlich') getan hat.

Wie das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis in seinen Feststellungen ausführt, hat die (Mitbeteiligte) ihren Vorgesetzten anlässlich ihrer Betreuung mit den Abgabenkonten ihres Ehegatten sowie ihres Schwiegervaters auf diesen Umstand hingewiesen und Bedenken dagegen in Richtung ihrer Befangenheit vorgebracht. Mit diesem ihrem Vorbringen hat die (Mitbeteiligte) ihren Vorgesetzten - zumindest konkludent - angeregt, sie von der Bearbeitung dieser Konten zu entbinden und diese einem anderen Sachbearbeiter/einer anderen Sachbearbeiterin zu übertragen, mithin gemäß § 76 BAO 'ihre Vertretung zu veranlassen'. …

Anstatt jedoch die Bedenken der (Mitbeteiligten) zu teilen und gemäß § 76 BAO zu verfahren, hat der von diesen verwandtschaftlichen Gegebenheiten informierte Vorgesetzte die Bedenken der (Mitbeteiligten) zerstreut, indem er auf das (von § 76 BAO nicht herangezogene) Vier-Augen-Prinzip verwiesen hat. Mit diesem Vorgehen hat der Vorgesetzte der (Mitbeteiligten) § 76 BAO nicht entsprochen. Dieses rechtsirrige Vorgehen ihres Vorgesetzten vermag jedoch weder an dessen Eignung als fachkundiger Stelle etwas zu ändern (die (Mitbeteiligte) konnte zu Recht davon ausgehen, dass ihr Vorgesetzter die Gesetzeslage kennen und beachten werde), noch ist es geeignet, ihr als Verschulden im … psychologischen Sinn (das heißt als subjektive Tatseite) zugerechnet zu werden. Im Gegenteil, es hat die (Mitbeteiligte) mir dieser Information an ihren Vorgesetzten alles getan, was von einer mit dem Beamtendienstrecht und ihrem Aufgabengebiet vertrauten und rechtstreu arbeitenden Beamtin erwartet werden kann, um § 76 BAO zum Durchbruch zu verhelfen. Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Hinweis ihres Vorgesetzten auf das Vier-Augen-Prinzip lediglich um eine Information zwecks Zerstreuung ihrer Bedenken und nicht um eine Weisung gehandelt hat, wie sich daraus ergibt, dass der in Berufung gezogene Bescheid einen Weisungsverstoß der (Mitbeteiligten) iSd § 44 Abs. 1 BDG nicht

feststellt und selbst davon spricht, dass 'sie ... vom

Kassenleiter beruhigt wurde'.

Derart zur Weiterbetreuung dieser Konten angehalten, kann der (Mitbeteiligten) daher kein subjektiver Vorwurf dahingehend gemacht werden, vorsätzlich gegen § 76 BAO iVm § 47 BDG verstoßen zu haben.

Soweit der erstinstanzliche Disziplinarsenat das Verschulden der (Mitbeteiligten) darin zu erblicken sucht, dass sie 'aber fortgesetzt (hat), Konten der Angehörigen zu bearbeiten, auch als das Vier-Augen-Prinzip nicht mehr beherzigt wurde', ist dem entgegenzuhalten, dass es sich bei dem Hinweis auf das Vier-Augen-Prinzip - wie bereits festgestellt - nicht um eine (wenn auch rechtswidrige, so dennoch zu befolgende) Weisung iSd § 44 Abs. 1 BDG gehandelt hat, der Vorgesetzte also nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass sie derartige Bearbeitungen nur unter Beachtung dieses Prinzips vornehmen dürfe, weshalb ein Verstoß gegen § 76 BAO iVm § 44 Abs. 1 BDG nicht vorliegt, sowie dass der in Berufung gezogene Bescheid selbst feststellt, dass eine Beherzigung dieses Prinzips (ergänzend ist festzuhalten: aus organisatorischen Gründen, da ihr Vorgesetzter an mehreren Standorten tätig war) im täglichen Arbeitsablauf faktisch gar

nicht mehr möglich war ('nicht mehr beherzigt ... werden

konnte '), womit auch aus diesem Blickwinkel ein allfälliges Verschulden der (Mitbeteiligten) ausscheidet.

Dass es ohne größere Probleme möglich gewesen wäre, die (Mitbeteiligte) bereits nach ihrem Hinweis auf die bestehenden Verwandtschaftsverhältnisse von der Betreuung dieser Konten abzuziehen zeigt ja letztendlich der Umstand, dass besagte Konten nunmehr vom FA G… betreut werden, welche Übertragung auf besagtes FA auch ohne Antrag allein auf Grund des Hinweises durch die (Mitbeteiligte) möglich gewesen wäre.

Worin angesichts dieser näheren Umstände des objektiven Verstoßes (nicht nur) der (Mitbeteiligten) gegen § 76 BAO iVm § 47 BDG die subjektive Tatseite, also der von der erstinstanzlichen Disziplinarkommission postulierte Vorsatz zum Verstoß der (Mitbeteiligten) gegen § 76 BAO iVm § 47 BDG, liege, vermag d(ie belangte Behörde) nicht nachzuvollziehen, weshalb die (Mitbeteiligte) mangels schuldhafter Dienstpflichtverletzung (vgl. § 91 BAO) gemäß § 126 Abs. 2 BAO (Anm: gemeint wohl: BDG) von diesem Vorwurf freizusprechen war.

b) zu Spruchpunkt 2.):

Vorauszuschicken ist, dass (die belangte Behörde) nicht die Augen davor verschließt, dass die von der (Mitbeteiligten) gewählte Vorgangsweise in der Tat zur Anwendung gebracht worden sein könnte, um Vorteile für den Familienverband zu lukrieren, die bei der Bearbeitung durch Kollegen der (Mitbeteiligte) möglicherweise nicht entstanden wären. Dies ist - nachdem der (Mitbeteiligten) trotz ihres Hinweises auf eine allfällige Befangenheit die Bearbeitung der Konten weiterhin aufgetragen wurde - nicht unplausibel.

Dass allerdings ein bestimmter Sachverhalt nicht unwahrscheinlich ist, reicht im Hinblick auf die stricktest zu handhabende Zweifelsregel des 'in dubio pro reo' nicht aus, um zu einem verurteilenden Erkenntnis zu gelangen. Um einen Schuldspruch fällen zu können, muss, wenn schon nicht mit Sicherheit, so doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden können, dass sich der einem Schuldspruch zugrundeliegende Sachverhalt in den bestrafungsrelevanten Punkten (das ist im vorliegenden Fall die von der erstinstanzlichen Disziplinarkommission angeführte Rechtswidrigkeit der Abschreibung des SZ) so und nicht anders tatsächlich auch abgespielt hat.

Im vorliegenden Fall mangelt es jedoch bereits an der erstinstanzlich postulierten Rechtswidrigkeit der Abschreibung des SZ. Wie dem in Berufung gezogenen Disziplinarerkenntnis entnommen werden kann, geht die erstinstanzliche Disziplinarkommission zu Recht davon aus, dass das Vorgehen der (Mitbeteiligten) nur dann eine potenzielle Dienstpflichtverletzung darstellen kann, wenn ihr Vorgehen den Bestimmungen der BAO widersprochen hat, also wenn ein/e andere/r Sachbearbeiter/in den SZ aus in der BAO fußenden Gründen in Verbindung mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung nicht abschreiben hätte dürfen.

Genau darauf zielt auch das Berufungsvorbringen der (Mitbeteiligte) ab, indem sie ausführt, die Abschreibung des SZ in Höhe von EUR 135,62 sei nicht rechtswidrig gewesen und jeder andere Sachbearbeiter hätte ebenso vorzugehen gehabt. Mit diesem Vorbringen ist die (Mitbeteiligte) im Recht.

Das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis führt dazu im Wesentlichen aus, dass der als Zeuge befragte Teamleiter letztendlich ausgesagt habe, dass der SZ zu Recht verhängt worden sei und die Voraussetzungen für dessen Abschreibung nicht vorgelegen seien. Diese Ausführungen sind jedoch nicht geeignet, eine detailliertere Auseinandersetzung mit den bezughabenden Rechtsnormen zu ersetzen.

Auszugehen ist vom zugrundeliegenden Sachverhalt, der sich wie folgt darstellt: Auf Grund eines Schreibversehens hat die Fa. (A) am auf elektronischem Wege eine UVA für 03/2005 eingereicht, wobei es richtigerweise 03/2006 hätte heißen müssen. Derselbe Fehler passierte auch im Folgemonat. Nachdem der Fehler von der Fa. (A) entdeckt worden war, wurde am für 03/2005 per FON eine Leermeldung und für 03/2006 eine korrekte UVA eingebracht. Aus ungeklärten Gründen unterblieb allerdings eine Verbuchung dieser Richtigstellung für 03/2005 (während sie für 04/2005 vorgenommen wurde); warum diese unterblieb konnte auch in der mündlichen Verhandlung nicht geklärt werden. Erst im Dezember 2006 wurde dann die korrekte Verbuchung vorgenommen, wodurch es zu einem Außenstand und der Vorschreibung eines SZ mittels Bescheid vom kam. Wäre die Richtigstellung für 03/2005 jedoch ebenfalls verbucht worden, so wäre ein SZ nicht angefallen, da keinerlei Anzeichen dafür vorliegen, dass die Fa. (A) ihren steuerlichen Verpflichtungen andernfalls ebenfalls verspätet nachgekommen wäre. Die Nichtberücksichtigung besagter Richtigstellung hat somit im Ergebnis dazu geführt, dass die Fa. (A) von dem sich daraus letztendlich ergeben habenden Außenstand keine Kenntnis hatte.

Während es sich bei dem Irrtum bzw. dem Fehler der Fa. Arco, nämlich dem Verschreiben bei der Jahreszahl, lediglich um ein geringfügiges Schreibversehen gehandelt hat, dem keinerlei grobes Verschulden oder gar die Absicht zugrunde lag, 'zweimal über dasselbe Guthaben (zu verfügen)' und die Firma nach Erkennen des Fehlers diesen umgehend berichtigt hat, stellt die Nichtbearbeitung eines Einbringens durch die Finanzverwaltung über einen Zeitraum von immerhin doch mehr als sechs Monaten (siehe auch § 311 BAO; die Frist gemäß § 311 BAO ist am abgelaufen) nach Auffassung (der belangten Behörde) der BAO zweifellos zumindest ein Versäumnis/einen Fehler dar. Dieses Versäumnis ist der Finanzverwaltung, nicht aber der Fa. Arco zuzurechnen, welche wie dargestellt an der verzögerten Erledigung ihres Einbringens, nämlich der Richtigstellung, kein Verschulden trifft.

Wie der VwGH in seinem von der (Mitbeteiligten) zitierten Erkenntnis vom , 83/16/0016, ausgeführt hat, hat die Abgabenbehörde bei der Entscheidung darüber, ob ein SZ verwirkt worden ist, auch Unrichtigkeiten der Abgabenverrechnung wahrzunehmen. Zu einem vergleichbaren Sachverhalt hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 93/15/0233, ausgesprochen, dass die Einhebung eines SZ eine eine Nachsicht rechtfertigende Unbilligkeit darstellt, wenn dessen Festsetzung ausschließlich durch die verzögerte Erledigung eines Umbuchungsantrages entstanden ist und den Abgabepflichtigen an der Verzögerung kein Verschulden trifft oder wegen einer für den durch die Umbuchung zu Begünstigenden unvorhersehbaren kontokorrentmäßigen Verrechnung nichts oder weniger umgebucht werden konnte, als im Zeitpunkt der Einbringung des Umbuchungsantrages an Guthaben des Antragstellers zu Buche stand (vgl. auch das Erkenntnis des ).

Bei verständiger Würdigung des oben dargestellten Geschehensablaufes in Verbindung mit der wiedergegebenen Rechtssprechung des VwGH besteht sohin seitens (der belangten Behörde) kein Zweifel daran, dass die Voraussetzungen für eine Abschreibung des SZ entgegen den kurz gehaltenen Ausführungen im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis vorgelegen sind, woraus folgt, dass bei rechtsrichtiger Bearbeitung auch durch eine/n andere/n Sachbearbeiter/in der Finanzverwaltung der SZ abgeschrieben worden wäre. Obzwar für diese Vorgehensweise § 217 Abs. 7 BAO die spezifischere Norm darstellt, kann angesichts des der Finanzverwaltung bei der Nichtbearbeitung der Richtigstellung unterlaufenen Versehens in der in derartigen Fällen durchaus üblichen Vorgangsweise der amtswegigen Abschreibung eines SZ gemäß § 293 BAO kein fehlerhaftes Vorgehen der (Mitbeteiligten) erkannt werden, mögen für diese BAO-konform vorgenommene Abschreibung des SZ letztendlich auch persönliche Gründe mit eine Rolle gespielt haben. Folglich kann auch dahingestellt bleiben, ob die (Mitbeteiligte) ihren Vorgesetzten von ihrem Vorgehen informiert hat (auf Grund der im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis dargestellten Beweislage wird wohl 'in dubio pro reo' davon auszugehen sein, dass sie dies getan hat, mag sich ihr Vorgesetzter daran auch nicht mehr erinnern können) oder nicht, da dies angesichts des nicht rechtswidrigen Vorgehens der (Mitbeteiligten) bei der SZ-Abschreibung und mangels angelastetem Weisungsverstoß nicht von Bedeutung ist.

Die (Mitbeteiligte) war daher auch von diesem Vorwurf freizusprechen, und zwar im Hinblick auf die einleitenden Ausführungen de(r belangten Behörde) zu Spruchpunkt 2.) des in Berufung gezogenen Disziplinarerkenntnisses gemäß §§ 126 Abs. 2 iVm 118 Abs. 1 Z 2 BDG 'in dubio pro reo'.

c) zu Spruchpunkt 3.):

In Spruchpunkt 3.) des in Berufung gezogenen Disziplinarerkenntnisses wird der (Mitbeteiligten) vorgeworfen, sie habe einen SZ am Abgabenkonto ihres Schwiegervaters zu Unrecht abgeschrieben, da sie die fristgerechte Einbringung, also die Rechtszeitigkeit des Einlanges des (unerledigt gebliebenen) Stundungsansuchens, nicht geprüft habe. Diesbezüglich ist die (Mitbeteiligte) geständig, nämlich sich tatsächlich nicht davon überzeugt zu haben, ob das Stundungsansuchen rechtzeitig eingebracht worden war. Die (Mitbeteiligte) bringt dazu vor, dass es sich bei diesem ihrem fehlerhaften Vorgehen nicht um die vorsätzliche Vornahme einer unrechtmäßigen Abschreibung, sondern um einen Irrtum ihrerseits gehandelt habe, also um ein fehlerhaftes Vorgehen, welches ihr auch bei dem Abgabenkonto eines anderen Abgabepflichtigen hätte passieren können.

In der Tat finden sich im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis keinerlei Ausführungen dahingehend, auf Grund welcher Umstände der erstinstanzliche Disziplinarsenat zu der Auffassung gelangt ist, die (Mitbeteiligte) habe den in Rede stehenden SZ, welcher betraglich nur geringfügig oberhalb der Schwelle liegt, ab der SZ überhaupt erst festzusetzen sind (vgl. § 217 Abs. 10 BAO), vorsätzlich zu Unrecht abgeschrieben. Zur Schuldfrage führt der erstinstanzliche Disziplinarsenat allerdings aus, dass es 'nicht den Denkgesetzen (widerspricht), dass bei der Arbeit auch den besten Mitarbeitern Fehler unterlaufen können', und begründet in weiterer Folge seine Annahme der Vorsätzlichkeit damit, dass es gerade bei den Konten von Angehörigen zu einer Häufung von Fehlern (gemeint sind die Spruchpunkte 2. und 3.) gekommen sei. Mit diesem ihrem fehlerhaften Vorgehen habe die (Mitbeteiligte) bewusst Vorteile für den Familienverband lukriert.

Nach Auffassung de(r belangten Behörde) ist diese Schlussfolgerung jedoch unzutreffend. Wie bereits zu Spruchpunkt 2.) dargelegt war das dortige Vorgehen der (Mitbeteiligten) nicht rechtswidrig, weshalb keine Häufung von Fehlern vorliegt. Aus dem verbleibenden Vorliegen eines Fehlers, der durchaus auch mit bestehender Alltagshektik oder auch reiner Schlampigkeit hinreichend plausibel begründbar ist, bei Hinzutreten eines (nicht verschwiegenen) Verwandtschaftsverhältnisses auf Vorsatz zu schließen, führt angesichts des geringfügigen Betrages, dem auch von anderen Sachbearbeiter/innen wohl kaum übermäßige Aufmerksamkeit geschenkt werden wird, zu weit. D(ie belangte Behörde) folgt daher der nicht widerlegbaren Verantwortung der (Mitbeteiligten), dass ihr hier lediglich ein Fehler unterlaufen sei und sie die Abschreibung des SZ in Höhe von EUR 65,23 nicht vorsätzlich zu Unrecht vorgenommen hat.

Diese Vorgangsweise der (Mitbeteiligten), nämlich eine essentielle Voraussetzung einer positiven Antragserledigung nicht geprüft zu haben, ist grundsätzlich zweifellos geeignet, eine Dienstpflichtverletzung darzustellen, ist doch das genaue Prüfen von Anspruchsvoraussetzungen regelmäßig Inhalt der täglichen Dienstverrichtung der (Mitbeteiligten).

Entscheidend für die disziplinarrechtliche Beurteilung dieses Sachverhaltes ist nun die Frage, ob dieses der (Mitbeteiligten) angelastete (im Ergebnis geringfügige) Fehlverhalten eine disziplinär relevante Dienstpflichtverletzungen darstellt. Dazu ist grundsätzlich zu sagen, dass keineswegs jedes Versehen, jede Fehlleistung bereits als Dienstpflichtverletzung zu qualifizieren ist. Das Gesetz verpflichtet den Beamten/die Beamtin zwar zu einer gewissenhaften Aufgabenerfüllung, doch darf daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass jedes Versagen schon eine Verletzung dieser Pflicht indiziert. Das Auftreten von Fehlern und Mängeln liegt im Wesen menschlicher Tätigkeit. Daher kann absolut fehlerfreie Dienstverrichtung vom Beamten/Beamtinnen nicht verlangt werden und wird vom Dienstrecht auch nicht gefordert. Auch die fähigste und zuverlässigste Beamtin macht gelegentlich Fehler, die jede Verwaltung bzw. jeder Betrieb vernünftigerweise in Kauf nehmen muss. Die fehlerhafte Arbeitsweise einer Beamtin ist deshalb nur dann als Dienstpflichtverletzung zu werten, wenn die Mängel in der Dienstverrichtung über das normale Versagen einer durchschnittlichen Beamtin eindeutig hinausgehen (, ZfVB 1981/445 = ÖJZ 1981/196 (VwGH) A;

; DOK , GZ 47/6-DOK/99;

DOK , GZ 32/6-DOK/00; BerK , GZ 110/6-BK/99;

BerK , GZ 11/12-BK/01). Für die Abgrenzung von in Kauf zu nehmenden Fehlern einerseits und einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung andererseits kommt es auf das Ausmaß der Nachlässigkeit, auf die Häufigkeit des Auftretens von Mängeln, aber auch auf die dienstliche Stellung der Beamtin, den Verwaltungszweig, in dem die Beamtin beschäftigt ist, sowie auf die Wahrscheinlichkeit und die Intensität eines aus einer Nachlässigkeit möglicherweise resultierenden Schadens an (, ZfVB 1981/445; ;

; , ZfVB 2000/1378; DOK , GZ 47/6-DOK/99; BerK , GZ 110/6-BK/99).

Im Hinblick auf diese obigen Ausführungen zur Rechtsprechung des VwGH ist mithin zu berücksichtigen, dass es sich bei der (Mitbeteiligten) um eine Beamtin handelt, die auf eine langjährige erfolgreiche Laufbahn in der Finanzverwaltung zurückblicken kann, in der sie ihren (grundsätzlich fehleranfälligen, da permanent mit Zahlen befassten) Dienst bisher offenbar fehlerlos verrichtet hat. Im Übrigen ist sie dienstrechtlich unbescholten und es beträgt der durch ihr nunmehriges erstmalig fehlerhaftes Vorgehen verursachte Schaden lediglich EUR 65,23 (auf § 217 Abs. 10 BAO wird abermals verwiesen).

Im Hinblick auf diese Ausführungen ist nunmehr die Anwendbarkeit des § 118 Abs. 1 Z 4 BDG zu prüfen. …

Im gegenständlichen Fall ist der (Mitbeteiligten) zuzubilligen, dass ihre Schuld ebenso gering ist (d(ie belangte Behörde) geht von der Verschuldensform der leichten Fahrlässigkeit aus) wie der daraus resultierende Schaden. Da es sich bei der (Mitbeteiligten) (deren Arbeitsumfeld - wie aus dem erstinstanzlichen Bescheid herauszulesen ist - kein leichtes ist) um eine dienstrechtlich unbescholtene Finanzbeamtin handelt, deren Dienstverrichtung bisher keinerlei Anlass für Kritik geboten hat, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Bestrafung geboten ist, um die (Mitbeteiligte) von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, sodass nicht vom Vorliegen der spezialpräventiven Notwendigkeit, eine Strafe auszusprechen, ausgegangen werden kann. Und letztendlich kann d(ie belangte Behörde) durchaus davon ausgehen, dass das abgeführte Disziplinarverfahren an sich bereits ausreicht, der (Mitbeteiligten) und anderen Bediensteten, so sie vom Disziplinarverfahren erfahren haben, die Bedeutung der Prüfung von Anspruchsvoraussetzungen vor Augen zu führen, sodass eine negative Vorbildwirkung dieses Vorgehens der Beschuldigten (soweit es allenfalls bekannt geworden ist) tatsächlich nicht zu befürchten ist, und es daher auch der Bestrafung nicht bedarf, um der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.

Es ist daher der (Mitbeteiligten), die vor und nach Begehung der ihr angelasteten Pflichtwidrigkeit tadellos ihren Dienst verrichtet hat, jedenfalls ein entsprechend geringer Unrechtsgehalt der ihr angelasteten Verfehlung/Unterlassung zuzubilligen. Zur subjektiven Tatseite ist der (Mitbeteiligten) lediglich leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen, da sie nicht mit auffallender Sorglosigkeit gegen ihre obliegenden Pflichten verstoßen hat. Der (Mitbeteiligten) ist daher ein entsprechend geringer Verschuldensgrad zuzubilligen. In Ansehung des Wohlverhaltens der (Mitbeteiligten) seit Begehung der ihr angelasteten Verfehlung und deren geringem Unrechtsgehalt ermangelt es auch - wie dargestellt - spezialpräventiver und generalpräventiver Gründe, sie eines disziplinär relevanten Verhaltens schuldig zu sprechen. Die Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 Z 4 BDG sind daher nach Auffassung de(r belangten Behörde) jedenfalls gegeben.

In Anbetracht des gegen die (Mitbeteiligte) durchgeführten Disziplinarverfahrens mit ungewissem Sachausgang in zwei Instanzen, der der (Mitbeteiligten) zuzubilligenden positiven Zukunftsprognose und ihrer, wie ausgeführt, ansonsten tadellosen Dienstverrichtung ist davon auszugehen, dass bereits die bloße Durchführung des Disziplinarverfahrens eine hinlänglich prohibitive (auch generalpräventive) Wirkung entfaltet hat und dass es keiner Verurteilung mehr bedarf, weil bereits mit der Durchführung des Disziplinarverfahrens spezial- und generalpräventiven Erwägungen hinreichend Rechnung getragen wurde (, zu § 42 StGB, der § 118 Abs. 1 Z 4 BDG nachgebildet ist). Insgesamt war daher vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 Z 4 BDG auszugehen und die (Mitbeteiligte) unter Anwendung dieser Bestimmung iVm § 126 Abs. 2 BDG freizusprechen."

II.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift seitens der Mitbeteiligten erwogen:

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihn zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenen zu besorgen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Gemäß § 47 Abs. 1 BDG 1979 hat sich der Beamte der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen.

Nach § 118 Abs. 1 Z. 2 Fall 1 BDG 1979 ist das Disziplinarverfahren mit Bescheid einzustellen, wenn die den Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann. Nach Abs. 1 Z. 4 dieses Paragraphen ist das Disziplinarverfahren mit Bescheid einzustellen, wenn die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegen zu wirken.

Die §§ 25 und 76 der Bundesabgabenordnung (BAO) in der hier maßgeblichen Fassung lauten (auszugweise) wie folgt:

"§ 25. (1) Angehörige im Sinne der Abgabenvorschriften sind


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1.
der Ehegatte;
2.
die Verwandten in gerader Linie und die Verwandten zweiten, dritten und vierten Grades in der Seitenlinie, und zwar auch dann, wenn die Verwandtschaft auf einer unehelichen Geburt beruht;
3.
die Verschwägerten in gerader Linie und die Verschwägerten zweiten Grades in der Seitenlinie, und zwar auch in Fällen unehelicher Verwandtschaft;
4.
die Wahl-(Pflege )Eltern und die Wahl-(Pflege )Kinder;
5.
Personen, die miteinander in Lebensgemeinschaft leben, sowie Kinder und Enkel einer dieser Personen im Verhältnis zur anderen Person.

(2) Die durch eine Ehe begründete Eigenschaft einer Person als Angehöriger bleibt aufrecht, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht.

§ 76. (1) Organe der Abgabenbehörden haben sich der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen,

a) wenn es sich um ihre eigenen Abgabenangelegenheiten oder um jene eines ihrer Angehörigen (§ 25), ihres Mündels oder Pflegebefohlenen handelt;

b) wenn sie als Vertreter einer Partei (§ 78) noch bestellt sind oder bestellt waren;

c) wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

d) im Rechtsmittelverfahren vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz überdies, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 276 Abs. 1 und 5) mitgewirkt oder eine Weisung im betreffenden Verfahren erteilt haben oder wenn eine der in lit. a genannten Personen dem Rechtsmittelverfahren beigetreten ist.

(2) Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein anderes Organ nicht sogleich bewirkt werden kann, auch das befangene Organ die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen. "

II.2. Wenn die Beschwerde in ihrer Rechtsrüge insbesondere zum Freispruch zu Spruchpunkt 1. im Wesentlichen auf § 76 Abs. 1 lit. a BAO verweist, wonach sich Organe der Abgabenbehörden der Ausübung eines Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen hätten, wenn es sich um ihre eigenen Abgabenangelegenheiten oder um jene eines ihrer Angehörigen handle, so kommt ihr Berechtigung zu:

Zur Wahrung der Objektivität der Verwaltungsführung verpflichtet § 76 BAO, wonach sich die Organe der Abgabenbehörden der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen haben, wenn es u.a. sich um ihre eigenen Abgabenangelegenheiten oder um jene ihrer Angehörigen (§ 25) handelt. Die Einhaltung dieser für einen Teil der Hoheitsverwaltung geltenden Bestimmung ist schon auf Grund des § 43 Abs. 1 BDG 1979 (Erfüllung der dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung) eine Dienstpflicht des Beamten. Soweit die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf § 47 BDG 1979 Bezug nehmen, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung eingefügt wurde, um das Ziel der objektiven Verwaltungsführung auch bei der Besorgung von Aufgaben im Rahmen der so genannten Privatwirtschaftsverwaltung sicherzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/09/0315).

Auf Grund des § 43 Abs. 1 BDG 1979 und der klaren Regelung in § 76 Abs. 1 BAO hätte die Mitbeteiligte von sich aus keine Bearbeitung der Abgabekonten vornehmen dürfen. Der Umstand, dass ihr Vorgesetzter ihre Zweifel unter Hinweis auf das Vier-Augen-Prinzip zerstreut habe, kann ihr schon deshalb nicht zu Gute gehalten werden, weil ein solches eine Kontrolle der jeweiligen Handlungen durch ein zweites Organ der Finanzverwaltung begrifflich voraussetzt. Dafür fehlen aber jegliche Feststellungen; vielmehr lassen die getroffenen Feststellungen (im erstinstanzlichen Bescheid, dem die belangte Behörde offenkundig gefolgt ist, wonach die Mitbeteiligte "Buchungen selbstständig und ohne Beachtung des Vier-Augen-Prinzips durchgeführt habe. Was sie selbst erledigen habe können, habe sie selbst erledigt, da auch die Kollegen überfordert gewesen seien...") darauf schließen, dass sie die Buchungen eigenständig und ohne förmliche Befassung anderer Personen vorgenommen hat. Es ergaben sich auch keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen von Gefahr im Verzug, welche die Vornahme von unaufschiebbaren Amtshandlungen durch das befangene Organ selbst rechtfertigen könnte; es wurde darüber hinaus auch nicht die Unaufschiebbarkeit der gegenständlichen Handlungen behauptet (vgl. § 43 Abs. 1 BDG 1979 und § 76 Abs. 2 BAO).

Im Übrigen ist zu beachten, dass bei dem Schutzgut der Objektivität der Verwaltung keine "Einwilligung des Verletzten in Betracht kommt. Daher kann auch ein Vorgesetzter einem nachgeordneten Beamten niemals "erlauben", trotz Befangenheit eine Amtshandlung vorzunehmen (vgl. auch hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/09/0315).

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb dieser insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

II.3. Im Einleitungs(Verhandlungs-)beschluss wurde der Mitbeteiligten vorgeworfen, bei den Abgabenkonten ihres Ehemannes und ihres Schwiegervaters Bearbeitungen vorgenommen und dabei auch entgegen gesetzlicher Bestimmungen bzw. interner Weisungen Bescheide erlassen und Buchungen durchgeführt zu haben, "und zwar im Einzelnen wie folgt" (es folgt eine Aufzählung von vier Punkten). Mit Bescheid der Behörde erster Instanz wurde sie für schuldig befunden, vorsätzlich bei den Abgabenkonten ihrer genannten Angehörigen Bearbeitungen vorgenommen zu haben und dadurch gegen die Dienstpflicht des § 47 BDG 1979 verstoßen zu haben, wonach sich der Beamte der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen hat, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (Pkt. 1.); weiters wurde sie zu Pkt. 2 (entspricht Pkt. 1 des Einleitungs(Verhandlungs-)beschlusses) und Pkt. 3 (entspricht Pkt. 2 des Einleitungs(Verhandlungs-)beschlusses) schuldig erkannt, auf den genannten Abgabenkonten ihrer Angehörigen unrechtmäßig die Abschreibung je eines Säumniszuschlages veranlasst zu haben und dadurch gegen die Dienstpflichten des § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 verstoßen zu haben. Nach der Begründung wurde ihr eine fehlerhafte Anwendung der §§ 293 und 293a BAO vorgeworfen.

Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des die Mitbeteiligte in allen Punkten freisprechenden Disziplinarerkenntnisses im Wesentlichen damit, dass die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides zutreffend sei. Er geht - wie die Behörde erster Instanz - davon aus, dass den Punkten 2. und 3. des angefochtenen Bescheides ein selbständiger, vorwerfbarer Pflichtenverstoß, nämlich eine fehlerhafte Anwendung der §§ 293 und 293a BAO zugrunde liegt.

Die Verpflichtung zur "Beachtung der geltenden Rechtsordnung" bei Erfüllung der dienstlichen Aufgaben bedeutet in erster Linie, dass der Beamte die von ihm als Organ zu vollziehenden Verwaltungsvorschiften zu beachten hat. Dies bedeutet, dass der Beamte bei Wahrnehmung der ihm zukommenden dienstlichen Aufgaben jedenfalls gerichtlich strafbare Handlungen sowie Verwaltungsübertretungen zu unterlassen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/09/0013).

Gemäß § 91 BDG 1979 ist nur disziplinär zur Verantwortung zu ziehen, wer schuldhaft handelt. Zur Feststellung einer Dienstpflichtverletzung gehört daher der Nachweis, der Beamte habe mit Wissen, pflichtwidrig zu handeln, oder unter Außerachtlassung der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt, gegen seine ihm auferlegten Pflichten verstoßen, weil die Feststellung der Schuldform vor allem für die Schwere der Dienstpflichtverletzung und damit für die Bemessung der Strafe entscheidend ist. Soweit der Mitbeteiligten eine fehlerhafte Anwendung der §§ 293 und 293a BAO vorgeworfen wird, ist zu beachten: Nicht jede Rechtsunkenntnis oder jeder Rechtsirrtum ist als Sorgfaltsverletzung oder gar als Fahrlässigkeit zu beurteilen. Wenn es um die unrichtige Beurteilung einer Rechtsfrage geht, ist Verschulden daher nur dann grundsätzlich zu bejahen, wenn der Entscheidung eine nach den Umständen unvertretbare Rechtsauffassung zugrunde liegt. Ob dies der Fall ist, ist stets nach der konkreten Besonderheit des Einzelfalles zu beurteilen. Ausführungen dazu enthält die Beschwerde nicht, obwohl die Berufungsbehörde eine andere Rechtsauffassung vertritt als die Behörde erster Instanz; sie ist daher hinsichtlich der Freisprüche zu den Spruchpunkten 2. und 3. als unbegründet abzuweisen.

II.4. Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Freispruches zu Spruchpunkt 1. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, im Übrigen (also hinsichtlich der Freisprüche zu den Spruchpunkten 2. und 3.) war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 48 Abs. 3 iVm § 49 Abs. 1 zweiter Satz VwGG.

Wien, am