VwGH vom 18.10.2012, 2012/22/0110
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des A, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 158.578/2-III/4/12, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom , mit dem sein Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG (in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009) zurückgewiesen worden war, gemäß §§ 43 Abs. 3 und 44b Abs. 1 Z 1 NAG (in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 - FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38) ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am illegal in Österreich eingereist und habe am einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag sei vom Bundesasylamt in erster Instanz mit Bescheid vom "negativ entschieden" und gleichzeitig eine Ausweisung ausgesprochen worden. Die dagegen eingebrachte Beschwerde sei vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom abgewiesen und damit auch die gegen den Beschwerdeführer erlassene Ausweisung bestätigt worden. Dabei habe der Asylgerichtshof unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Informationen die Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK für verhältnismäßig erachtet. Das Erkenntnis des Asylgerichtshofes sei mit in Rechtskraft erwachsen.
Der am gemäß § 44 Abs. 3 NAG eingebrachte Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" sei nach Inkrafttreten des FrÄG 2011 mit als Antrag gemäß § 43 Abs. 3 NAG zu werten.
Der Beschwerdeführer habe im erstinstanzlichen Verfahren angegeben, dass er seit März 2010 vollzeitbeschäftigt sei und EUR 1.000 netto verdiene. Er habe sehr gut Deutsch sprechen gelernt und die Deutschprüfung auf Niveau A2 bestanden. 2005 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet, von der er 2007 wieder geschieden worden sei. Er habe sich ein schutzwürdiges Privatleben aufgebaut und sei im Hinblick auf seinen Heimatstaat in familiärer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht entwurzelt. Am habe er in einer Stellungnahme ergänzt, dass er mit kurzen Unterbrechungen einer Beschäftigung nachgehe. Er sei stetig bemüht, sich in die Gesellschaft zu integrieren, sei selbsterhaltungsfähig und strafrechtlich unbescholten.
Alle im Niederlassungsverfahren vorgebrachten Gründe (z.B. Inlandsaufenthalt seit dem Jahr 2005, Berufstätigkeit etc.) seien bereits im Verfahren vor dem Asylgerichtshof berücksichtigt worden. Aus den Ausführungen des Beschwerdeführers sei somit nicht erkennbar, dass im Zeitraum zwischen der seit rechtskräftigen Ausweisung und der Entscheidung der erstinstanzlichen "NAG-Behörde" am ein maßgeblich geänderter Sachverhalt gemäß § 44b Abs. 1 NAG eingetreten wäre. Der Antrag sei daher keiner Neubewertung nach Art. 8 EMRK zugänglich, sondern zurückzuweisen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im vorliegenden Beschwerdefall kommt das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2011 zur Anwendung.
Nach § 44b Abs. 1 Z 1 NAG sind Anträge gemäß §§ 41a Abs. 9 oder 43 Abs. 3 NAG dann, wenn kein Fall des § 44a Abs. 1 NAG vorliegt, als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 NAG ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
Die belangte Behörde gelangte zu dem Ergebnis, dass in der seit der rechtskräftigen Ausweisungsentscheidung des Asylgerichtshofes bis zur Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung der Niederlassungsbehörde verstrichenen Zeit - rund 6 Monate - keine maßgeblichen Sachverhaltsänderungen eingetreten seien, die eine neuerliche Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätten.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen diese Auffassung und weist neuerlich auf die zu seinen Gunsten sprechenden integrationsbegründenden Umstände (Sprachkenntnisse und andauernde Beschäftigung) hin, welche von der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden seien. Allerdings wird selbst in der Beschwerde nicht behauptet, dass es sich dabei um Umstände gehandelt hätte, die nicht schon im Zuge der Erlassung der Ausweisung Berücksichtigung gefunden hätten. Aus den Beschwerdebehauptungen ist in keiner Weise ersichtlich, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer im Verfahren zur Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels geltend gemachten Umständen um solche gehandelt hätte, die dazu geführt hätten, dass ein seit der rechtskräftigen Erlassung der Ausweisung maßgeblich geänderter Sachverhalt, der die Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätte, anzunehmen gewesen wäre (vgl. zu den diesbezüglichen Voraussetzungen ausführlich das zum inhaltlich gleichlautenden § 44b Abs. 1 Z 1 NAG idF des FrÄG 2009 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2011/22/0035 bis 0039, auf das insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird). Die Beschwerde weist zu ihrem Vorbringen, eine Neubeurteilung sei unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK erforderlich gewesen, auf "zahlreiche" der Behörde vorgelegte Urkunden hin, von denen sie aber nur das "Deutschzeugnis auf Niveau A2" konkret benennt, sowie auf die Beschäftigung des Beschwerdeführers. Da der Beschwerdeführer aber schon im Zeitpunkt der rechtskräftigen Ausweisung voll beschäftigt war, durfte die Behörde insgesamt eine relevante Sachverhaltsänderung verneinen.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass entgegen der Beschwerdeauffassung die seit der Ausweisungsentscheidung vom bis zur Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung vom vergangene Zeit für sich allein eine maßgebliche Sachverhaltsänderung jedenfalls nicht bewirken kann.
Der in der Beschwerde schließlich erhobene Vorwurf, die belangte Behörde hätte angesichts der abgelegten Deutschprüfung auf Niveau A2 jedenfalls den gegenständlichen Antrag als einen solchen auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot Karte plus ansehen müssen, widerspricht der im § 19 Abs. 2 NAG festgelegten strengen Antragsbindung, nach der eine amtswegige Umdeutung eines Antrags nach den Bestimmungen des NAG grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2007/21/0476).
Vor diesem Hintergrund begegnet die Auffassung der belangten Behörde, der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag sei gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 NAG zurückzuweisen, keinen Bedenken.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-77169