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VwGH vom 16.12.2009, 2005/15/0132

VwGH vom 16.12.2009, 2005/15/0132

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des M F in T, vertreten durch die Rechtsanwälte Weissborn & Wojnar Kommandit-Partnerschaft in 1020 Wien, Praterstraße 68, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1986-W/2003, betreffend Einkommensteuer 2000 und 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erklärte für die Streitjahre neben nichtselbständigen Einkünften Verluste aus selbständiger Arbeit.

Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass den erklärten Einnahmen aus selbständiger Arbeit "EU-Gelder" in Höhe von 59.856,59 S 2000) und 41.082 S 2001) hinzuzurechnen seien. Die Anwendung des § 3 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 sei ausgeschlossen, weil die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Trainer im Rahmen eines sogenannten "Leonardovertrages" nicht unmittelbar der Wissenschaft und Forschung gedient habe. Da aus dem vorgelegten Projektvertrag nicht ersichtlich sei, dass das Stundenhonorar - wie vom Beschwerdeführer behauptet - lediglich für "Auslandsstunden" bezahlt worden sei, seien die Einnahmen auch nicht der Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 zu subsumieren.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen, nahm das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2000 wieder auf und setzte die Einkommensteuer für dieses Jahr und das Jahr 2001 unter Hinzurechnung der "EU-Gelder" zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit fest.

In der gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 eingebrachten Berufung wurde unter Hinweis auf die bereits im Betriebsprüfungsverfahren vorgelegten Projektunterlagen und Förderungszusagen der Europäischen Kommission ergänzend vorgebracht, dass die EU-Förderung dazu gedient habe, "Wissen und Systeme für die Erstausbildung junger Erwachsener" zu entwickeln ("Beispiel: TCEU - Vereinheitlichung von Analysemethoden und Darstellung eines chemischen Vokabulars anhand dieser Methoden in Deutsch, Englisch, Portugiesisch, Niederländisch, Finnisch, Tschechisch, Slowakisch und Ungarisch"). Die Ergebnisse der geförderten Programme würden jeweils bei Auslandsmeetings vorgetragen. Eigentlich habe der Beschwerdeführer nur die im Ausland verbrachten Stunden gegenüber der EU-Förderbehörde abgerechnet, während er die inländischen Arbeitsstunden unentgeltlich erbracht habe. Die Sachkosten (Materialien, Reisen, Unteraufträge) seien direkt vom Projektkoordinator abgerechnet worden.

In einem ergänzenden Schreiben trat der Beschwerdeführer zudem der Prüferfeststellung entgegen, dass er die Tätigkeit eines "Trainers" ausgeübt habe. Der Beschwerdeführer sei "faktisch" Projektleiter für Österreich gewesen. Er sei daher nicht für eine konkrete Leistung, sondern für die Projektdurchführung bezahlt worden.

Über Vorhalt der belangten Behörde, dass Vertragspartner der Europäischen Kommission nicht der Beschwerdeführer selbst, sondern das Kuratorium einer näher bezeichneten Lehranstalt gewesen sei, überreichte der Beschwerdeführer einen Aktenordner mit zahlreichen Unterlagen, denen zur Zielsetzung des Projekts und zum Beitrag des Beschwerdeführers dazu Folgendes zu entnehmen ist:

"TÄTIGKEITSBERICHT

TEACHING CHEMISTRY IN THE EU

...

Teaching Chemistry in die EU(TCEU) ist ein LEONARDO-DA VINCI-Pilotprojekt, das vom Kuratorium der ... (Lehranstalt) koordiniert wird und mit Partnern in den Niederlanden, Großbritannien, Portugal und Finnland durchgeführt wird. ...

Die vorrangige Zielsetzung des Projekts ist es gewesen, eine CD-ROM herzustellen, die eine Einführung in die Arbeit eines Chemikers im Labor gibt. Es sollte also die Funktion einfacher Geräte erklärt und Grundoperationen im Labor dargestellt werden. Für den Berichtszeitraum sollte die CD-ROM auf Englisch erstellt werden. Diese Zielsetzung konnte nach Abschluss der beiden Projektjahre erreicht werden.

Als Geschäftsführer des Kuratoriums der (Lehranstalt) ist Dir. DDr. S für die korrekte Abwicklung des Projekts verantwortlich, also für die Überprüfung der Verträge und die Verteilung der Finanzmittel. Weiters übernahm er eine wesentliche Rolle, um die praktische Umsetzung der Projekterfordernisse im Schulalltag zu ermöglichen und die Koordination des Projekts zu erleichtern.

...

Für die Idee des Projekts ist ganz wesentlich (der Beschwerdeführer) verantwortlich. Er leistete einen unverzichtbaren Beitrag für die Einreichung des Projektvorschlages, d.h. bei der Erstellung des Zeitplans für die Umsetzung der Projektideen, bei der Erstellung des Finanzplans, bei der Auswahl der Beiträge für die CD-ROM, bei der vorbereitenden Planung für dessen technische Umsetzung, sowie bei der Beratung der Partner in technischen und organisatorischen Fragen. Im Verlauf der beiden Projektjahre war er bei der Umsetzung dieser Ideen immer entscheidend beteiligt.

Während ohne (den Beschwerdeführer) die Entstehung des Projekts undenkbar wäre, war der korrekte Ablauf ohne die Qualitätskontrolle von DI Dr. M unvorstellbar.

.... (Im Folgenden finden weitere am Projekt beteiligte

Personen namentliche Erwähnung)."

In einem weiteren Tätigkeitsbericht heißt es zum Beitrag des Beschwerdeführers:

"Für die Idee des Projekts war ganz wesentlich (der Beschwerdeführer) verantwortlich. Er leistete einen unverzichtbaren Beitrag für die Entstehung des Projekts. Im Verlauf des dritten Projektjahrs war er bei der Umsetzung dieser Ideen immer entscheidend beteiligt, vor allem für die Entwicklung von Disseminations- und Werbematerial der TCEU."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach ausführlicher Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und eingehender Befassung mit den vorgelegten Unterlagen stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer seit 1995 mehrere Male mit dem Kuratorium einer Lehranstalt Werkverträge abgeschlossen habe, weil es ihn für die Teilnahme an dem EU-Projekt "Teaching Chemistry in the EU" habe gewinnen wollen. Die vom Beschwerdeführer (an das Kuratorium) gelegten Honorarnoten und die zu Grunde liegenden Werkverträge sowie der Inhalt der vom Beschwerdeführer erstellten Overheadfolien ließen das Vorliegen einer wissenschaftlichen Leistung nicht erkennen. Es sei gegenständlich nicht um das Gewinnen wissenschaftlicher Erkenntnisse gegangen, sondern um eine multilinguale Annäherung an die Chemie, somit um die Erweiterung der linguistischen Fähigkeiten des Beschwerdeführers und der teilnehmenden Schüler, weiters um eine europäische Normierung von grundlegenden, bereits erforschten Labormethoden sowie um die graphische Präsentation von Reaktionsmechanismen.

Die Fördergelder der EU seien auch nicht unmittelbar dem Beschwerdeführer, sondern dem Kuratorium zugekommen. Dass das Leonardo-da-Vinci-Projekt nicht kommerziell orientiert sei, wie der Beschwerdeführer argumentiert habe, treffe wohl insofern zu, als das Kuratorium selbst keinen Gewinn habe erzielen sollen. Sicherlich sei aber nicht erwartet worden, dass die Mitarbeiter dieses Kuratoriums "entgeltlos" für das Projekt arbeiteten. Dies erhelle sich auch aus dem Umstand, dass das Kuratorium mit dem Beschwerdeführer (und anderen Personen) Werkverträge abgeschlossen und sie für einen bestimmten Erfolg entlohnt habe.

Bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen des Leonardo-da-Vinci-Programmes sei die fachpraktische Weiter- und Fortbildung aller Teilnehmer und nicht eine wissenschaftliche Betätigung iSd § 3 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 im Vordergrund gestanden. Mangels Wissenschaftlichkeit sei auch der Befreiungstatbestand der lit. d leg.cit nicht erfüllt, sodass die Beurteilung, ob der Beschwerdeführer seine Tätigkeit ganz oder teilweise im Ausland erbracht habe, entfallen könne.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, dass die strittigen Einnahmen sowohl den Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1 Z 3 lit. c als auch jenen der lit. d EStG 1988 erfüllten. Der alleinige Hinweis der belangten Behörde, dass die EU-Zahlungen dem Beschwerdeführer nicht direkt, sondern mittelbar über das Kuratorium zugekommen seien, sei weder ausreichend noch überzeugend, das Tatbestandsmerkmal der "Unmittelbarkeit" zu verneinen. So habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis VwSlg. 7.268 F/1998 ausdrücklich dargelegt, dass Subventionen und Förderungen auch beim empfangenden Dritten diesen Charakter beibehielten, wenn die zweckmäßige Verwendung durch den unmittelbaren Empfänger genau diese Weiterleitung an den Empfänger vorsehe und der unmittelbare Empfänger, dem die Bezüge und Subventionen aus öffentlichen Mitteln Gewährenden, lediglich die Zuteilung und den Zahlungsverkehr abnehme. Im vorliegenden Fall habe die Europäische Kommission ein eingereichtes Projekt gefördert, wobei sie den Zahlungsverkehr auch selbst abwickeln und die entsprechenden Förderzahlungen an den Beschwerdeführer hätten leisten können, weil ohnehin sämtliche Leistungsnachweise der EU-Behörde zu übermitteln gewesen seien. Aus "nachvollziehbaren offensichtlichen Gründen" habe die Generaldirektion der Europäischen Kommission diese Aufgabe dem Kuratorium übertragen. Damit sei das Kriterium der Unmittelbarkeit iSd § 3 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 aber gegeben.

Von der Einkommensteuer sind gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. c und lit. d EStG 1988 idF vor dem StRefG 2009 befreit:

"Bezüge oder Beihilfen

...

c) aus öffentlichen Mitteln, aus Mitteln einer

öffentlichen Stiftung oder einer Privatstiftung oder aus Mitteln einer in § 4 Abs. 4 Z 5 genannten Institution zur unmittelbaren Förderung von Wissenschaft und Forschung (Abgeltung von Aufwendungen oder Ausgaben)

d) aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln eines

Fonds im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 5 lit. b für eine Tätigkeit im Ausland, die der Kunst, der Wissenschaft oder Forschung dient"

Eine "unmittelbare" Förderung von Wissenschaft und Forschung iSd lit. c leg.cit. liegt vor, wenn durch die Förderung die sachlichen Voraussetzungen für eine wissenschaftliche oder Forschungstätigkeit geschaffen werden, z.B. im Falle der Verwendung der Mittel zur Anschaffung von wissenschaftlichen Büchern, notwendigen Rohstoffen oder Apparaten, Bezahlung von Hilfskräften und der Miete für die erforderlichen Räume (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 3 Tz. 7.1). Dieses Verständnis der "Unmittelbarkeit" wird durch die ab dem geltende Fassung der gegenständlichen Bestimmung durch die Einfügung des Klammerausdruckes "Abgeltung von Ausgaben oder Aufwendungen" verdeutlicht (vgl. Art. 5 Z. 1 Privatstiftungsgesetz, BGBl. Nr. 694/1993). Aber schon vor Einfügung dieses Hinweises entsprach es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Bezüge oder Beihilfen, die als Entgelt für eine Tätigkeit bzw. als Gegenleistung für eine Leistung des Beihilfen- (Bezugs-)Empfängers gewährt werden, keine Zuwendungen zwecks unmittelbarer Förderung von Wissenschaft oder Kunst im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 darstellen (vgl. mit weiteren Nachweisen das hg. Erkenntnis vom , 95/13/0009).

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung vom erläutert, dass die "Sachkosten (Materialien, Reisen, Unteraufträge)" vom Projektkoordinator direkt abgerechnet worden seien. Dass dem Beschwerdeführer Aufwendungen im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Projekt verblieben wären, die aus den von ihm vereinnahmten Beträgen hätten getragen werden müssen, kam im Verwaltungsverfahren nicht hervor und wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Bei dieser Sachlage konnten die Abgabenbehörden aber im Ergebnis zu Recht das Vorliegen einer "unmittelbaren" Förderung iSd lit. c leg.cit. verneinen.

Zum Tatbestandsmerkmal der "Wissenschaftlichkeit" bringt der Beschwerdeführer vor, dass bei der von der EU vermittelten Partnerschaft nicht - wie die belangte Behörde meine - die fachpraktische Weiter- und Fortbildung aller Teilnehmer im Vordergrund gestanden sei, sondern vielmehr das Ausarbeiten grenz- und sprachübergreifender Unterrichtsmethoden im Fachbereich Chemie, wobei dies selbstverständlich die Evaluierung des Istzustandes in den einzelnen Ländern ebenso umfasst habe wie die praktische Erprobung und Umsetzung. Es sei nicht um "die Ausarbeitung von vereinheitlichten Standardmethoden nicht einzelner bereits bekannter chemischer Vorgänge" gegangen, sondern um das Erarbeiten einer bisher unbekannten länder- und sprachübergreifenden Unterrichtsmethode für den Fachbereich Chemie.

Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer aufgefordert, Vertragskopien des streitgegenständlichen Projekts sowie sämtliche für diese Jahre erstellten Honorarnoten vorzulegen, weiters genau zu beschreiben, was der Inhalt der im Rahmen des Projekts "Teaching Chemistry in the EU" durchgeführten Veranstaltungen war, und anzugeben, welcher Gruppe die Teilnehmer dieser Veranstaltungen angehörten. Schließlich enthielt der Vorhalt auch Fragen zu den ins Treffen geführten Auslandsmeetings und die Aufforderung, Belege oder Bestätigungen über diese Auslandsaufenthalte vorzulegen und anzugeben, an welchen Tagen diese Auslandsaufenthalte stattgefunden haben. In der Folge hat die belangte Behörde die Zielsetzung des Projektes und den vom Beschwerdeführer dazu geleisteten Beitrag an Hand der vom ihm beigebrachten Unterlagen erhoben. Sie hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer für Tätigkeiten wie die Abhaltung eines Kurses in englischer Sprache, die wissenschaftliche Beratung bei Übersetzungen, Konferenzen, Schüleraustausch, das Erarbeiten eines Werbekonzepts sowie für seine technische und allgemein fachliche Beratung entlohnt worden sei, und ist zum Schluss gekommen, die vorgelegten Unterlagen ließen nicht erkennen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen des Projekts eine Tätigkeit mit dem Ziele des Erringens neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ausgeübt hätte.

Dass der belangten Behörde bei diesen Feststellungen ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Verfahrensfehler unterlaufen wäre, oder sich die vom Beschwerdeführer vermissten Feststellungen aus den von ihm vorgelegten Unterlagen ergeben hätten, zeigt der Beschwerdeführer mit den wiedergegebenen Ausführungen nicht auf.

Auf der Basis des festgestellten Sachverhaltes begegnet aber auch die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, bei der Betätigung des Beschwerdeführers im Rahmen des Schulprojektes habe es sich um keine wissenschaftliche Tätigkeit gehandelt, keinen Bedenken des Gerichtshofes. Diente die Tätigkeit nicht wissenschaftlichen Zwecken, dann kam auch eine Steuerbefreiung der Einnahmen nach der lit. d des § 3 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 von vornherein nicht in Betracht.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am