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VwGH vom 11.11.2013, 2012/22/0083

VwGH vom 11.11.2013, 2012/22/0083

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des B, vertreten durch Mag. Robert Igali-Igalffy, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 34, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 320.740/2-III/4/11, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines serbischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwecks Familienzusammenführung mit seiner österreichischen Ehefrau gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe den gegenständlichen Antrag damit begründet, dass er die Familienzusammenführung gemäß § 47 Abs. 2 NAG mit seiner Ehefrau anstrebe. Somit sei ein Einkommensnachweis der Ehefrau zu erbringen gewesen. Sie erhalte ein monatliches Einkommen inkl. Sonderzahlungen von EUR 1.535,82. Für ein im gemeinsamen Haushalt lebendes Ehepaar müsse ein Betrag von EUR 1.221,68 zur Verfügung stehen, für ein minderjähriges Kind wäre ein zusätzlicher Betrag von EUR 125,72 erforderlich. Mit Note vom sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, "einen Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes, einen Nachweis des bezahlten Mietzinses sowie die Höhe des Kinderbetreuungsgeldes sowie Familienbeihilfe bekanntzugeben". Weiters sei er um Bekanntgabe ersucht worden, ob es korrekt sei, dass die monatliche Kreditbelastung EUR 413,52 betrage. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Auf die Mitwirkungspflicht gemäß § 29 Abs. 1 NAG werde verwiesen. Eine aktuelle Abfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger habe ergeben, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers zur Zeit Kinderbetreuungsgeld erhalte sowie einer geringfügigen Beschäftigung nachgehe. Es könne somit keine "Prognoseentscheidung" getroffen werden.

Mit Note gleichfalls vom sei dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben worden, Umstände im Sinn des Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom , Rechtssache C-256/11 "Dereci u.a.", vorzubringen, ob also eine österreichische Ankerperson eines drittstaatszugehörigen Antragstellers bei Nichtgewährung des Aufenthaltstitels de facto gezwungen wäre, Österreich und das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen. Der Beschwerdeführer habe kein entsprechendes Vorbringen erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Eingangs ist anzumerken, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides im April 2012 die Bestimmungen des NAG idF BGBl. I Nr. 112/2011 anzuwenden sind.

Die erstinstanzliche Behörde hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Familienzusammenführung mit seiner österreichischen Ehefrau im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass seine Ehefrau zwar monatlich EUR 1.535,82 netto unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen verdiene, der monatliche Mietzins jedoch EUR 351,99 und die laufende Kreditrückzahlung EUR 413,52 betrage. Unter Abzug des Wertes der vollen freien Station müssten Unterhaltsmittel von EUR 1.721,46 zur Verfügung stehen.

Mit Note vom räumte die belangte Behörde im Hinblick auf das Ergebnis der von ihr geführten weiteren Ermittlungen dem Beschwerdeführer Gelegenheit ein, den gesicherten Lebensunterhalt nachzuweisen, insbesondere durch Vorlage von Lohnzetteln, Lohnbestätigungen, Dienstverträgen, arbeitsrechtlichen Vorverträgen, Nachweis eigenen Vermögens in ausreichender Höhe, Bestätigungen über Pensionsrenten oder sonstige Versicherungsleistungen. Außerdem ersuchte die belangte Behörde um Bekanntgabe, wie hoch das Kinderbetreuungsgeld und die Familienbeihilfe seien sowie ob es korrekt sei, dass die monatliche Kreditbelastung EUR 413,52 betrage.

Gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn sein Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass der Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint, wobei insoweit auch die Verpflichtung besteht, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/22/0211).

In der Berufung ist der Beschwerdeführer der - oben dargestellten - Berechnung der erforderlichen Unterhaltsmittel durch die erstinstanzliche Behörde nicht argumentativ entgegengetreten. Darüber hinaus hat er - wie schon erwähnt - die Aufforderung der belangten Behörde zum Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes ignoriert. Da somit zum einen die Berufung keine Argumente gegen die erstinstanzlichen Feststellungen enthält und zum anderen der belangten Behörde inzwischen - unwidersprochen gebliebene - Hinweise dafür vorlagen, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers mittlerweile nur mehr Kinderbetreuungsgeld erhielt, ist es nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde - eine Unschlüssigkeit ihrer Folgerungen ist nicht zu sehen - den Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel als nicht erbracht angesehen hat. Somit ist die Rechtsansicht der belangten Behörde nicht zu beanstanden, dass die Erteilungsvoraussetzung des gesicherten Unterhalts im Sinn des § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG nicht erfüllt sei.

Dennoch ist der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

Die belangte Behörde hat nämlich insofern die Rechtslage verkannt, als sie bei ihrer Beurteilung nach Art. 8 EMRK auch hätte berücksichtigen müssen, dass seit der mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 (FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38) geänderten und auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im April 2012 geltenden Rechtslage infolge § 65b Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Ausweisung eines Ehepartners eines österreichischen Staatsbürgers, selbst wenn Letzterer sein ihm unionsrechtlich zustehendes Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch genommen hat, nur aus den im § 66 FPG genannten Gründen zulässig ist. Insoweit gleicht der vorliegende Fall jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , 2012/22/0111, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird sohin auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Die belangte Behörde hat nicht geprüft, ob die Voraussetzungen des § 66 FPG erfüllt wären, und infolge Verkennung der Rechtslage auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die diese Prüfung ermöglicht hätten.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der separate Ersatz von Barauslagen nur im Fall des § 48 Abs. 1 Z 1 letzter Fall VwGG in Betracht kommt. Die dort genannten Voraussetzungen liegen nicht vor. Ansonsten sind Barauslagen mit dem Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand abgegolten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/07/0114, und dem folgend die hg. Entscheidungen vom , 2008/22/0531, und vom , 2008/18/0750).

Wien, am