VwGH vom 14.01.2010, 2008/09/0339
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des G G in W, vertreten durch Dr. Peter Weidisch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-11/10883/7-2008, betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der G. GmbH als Arbeitgeber mit Sitz in S. zu verantworten, dass von dieser ein näher bezeichneter pakistanischer Staatsangehöriger seit November 2006 bis zumindest als Pizzazusteller in der weiteren Betriebsstätte in S. (Lokal P.) beschäftigt worden sei, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 erster Strafsatz leg. cit. eine Geldstrafe in Höhe von EUR 2.000,--
(Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.
Ihre Begründung des angefochtenen Bescheides stützte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen auf folgende Erwägungen (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):
"Der (Beschwerdeführer) ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der G. GmbH mit Sitz in S., ..., welche das Lokal 'P.' am Standort S., ..., betreibt.
Der pakistanische Asylwerber F., geb. ..., wurde in Betrieb der Pizzeria 'P.' in S., ..., im Zeitraum November 2006 bis als Pizzazusteller beschäftigt, ohne dass die hierfür erforderliche arbeitsmarktrechtliche Genehmigung vorgelegen hat.
Dieser Sachverhalt war auf Grund der Aussage des Herrn F. in Verbindung mit jener des kontrollierenden KIAB Beamten und der unbestrittenen Aktenlage als erwiesen anzusehen. Der Ausländer hat in der Berufungsverhandlung im Wesentlichen seine damals gemachten Angaben bestätigt. Er hat seine Aussage lediglich dahin geändert, dass seine Bezahlung nicht nach Arbeitsstunden erfolge, sondern dass er je Zustellauftrag entlohnt worden sei (EUR 2,70 je Zustellung). Nur im Fall, dass keine Zustellungen angefallen seien, habe er für die Anwesenheit während der Mittagszeit eine Pauschalentlohnung von EUR 8,-- bekommen.
...
Im vorliegenden Fall ergibt sich zwar, dass zwischen der G. GmbH und dem (Beschwerdeführer) ein Vertrag über die Zurverfügungstellung von Zustelldiensten abgeschlossen wurde - vorgelegt wurde dieser der Behörde bislang nicht. Wesensgehalt dieses Vertrages war aber nicht die Erbringung einer bestimmten Frachtleistung, sondern dass der Ausländer während bestimmter Zeiten als Ausfahrer für den Pizzaservice des (Beschwerdeführers) zur Verfügung stand. Es handelt sich um eine einfache Tätigkeit, die - mit Ausnahme einer Lenkberechtigung für den Pkw - keine besonderen Qualifikationen erfordert, und die üblicherweise in einem Beschäftigungsverhältnis geleistet wird. Während der Zeiten, in denen der Ausländer eingeteilt war (es gab einen Dienstplan), hatte dieser im Lokal zu warten und gegebenenfalls einlangende Zustellaufträge durchzuführen. Die Zustellung wurde mit dem eigenen PKW des Ausländers durchgeführt.
Die Angaben des Ausländers in der Berufungsverhandlung zu seiner Entlohnung haben sich mit jenen bei der Kontrolle widersprochen. Dessen Behauptung, er habe das Kontrollorgan bei seiner damaligen Einvernahme nicht ausreichend verstanden, erscheint in Anbetracht seines Verhaltens in der Berufungsverhandlung nicht glaubwürdig (zu Beginn der Einvernahme gab dieser an, Deutsch kaum zu verstehen, er war aber gegen Ende offensichtlich in der Lage, den Ausführungen des Verhandlungsleiters ohne Dolmetsch zu folgen). Es wird daher der Angabe des Herrn F. bei der damaligen Einvernahme, er habe als Entgelt EUR 8,-- in der Stunde bekommen, mehr Glaubwürdigkeit beigemessen, als jener in der Berufungsverhandlung von EUR 2,70 pro Zustellung oder einer ersatzweisen Abgeltung von EUR 8,--, im Fall dass keine diesen Betrag übersteigenden Zustellungen erfolgten. Die ursprüngliche Aussage entspricht eher der wirtschaftlichen Realität und wurde zu einem Zeitpunkt gemacht, wo der Ausländer höchstwahrscheinlich noch nicht (insbesondere von seinem Chef) beeinflusst war. Letztlich war es vorliegend unwesentlich, ob die Bezahlung des Ausländers auf Stundenbasis oder nach Zustellaufträgen erfolgte, nachdem die Verpflichtung des Ausländers im Wesentlichen darin bestand, während der Zeiten, für die er im 'Dienstplan' eingetragen war, für Zustellungen zur Verfügung zu stehen - also seine Arbeitskraft bereit zu halten. Damit war jedenfalls ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis im Sinne des § 2 Abs 2 lit b AuslBG anzunehmen (vgl auch 2002/ 09/ 0187, ...)."
Unter Zugrundelegung dessen erachtete die belangte Behörde den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tatbestand auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen und legte im Weiteren ihre Strafbemessungsgründe dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, worin sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer tritt dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht in konkreter Weise entgegen. Er beruft sich zusammengefasst (in Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes) darauf, dass kein bewilligungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen sei. Als Verfahrensmangel macht er geltend, die belangte Behörde hätte den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht vollständig ermittelt, sondern sich als Ergebnis einer unrichtigen Beweiswürdigung bloß auf eine Scheinbegründung gestützt.
Soweit der Beschwerdeführer dazu einwendet, dass seinem Antrag auf Unterbrechung des gegenständlichen Verfahrens im Hinblick auf ein beim Bundesminister für Arbeit und Soziales anhängiges Verfahren zur Frage, ob das Vertragsverhältnis zwischen der G. GmbH und dem genannten Ausländer ein arbeitnehmer- oder arbeitnehmerähnliches Verhältnis darstelle, und vermeint, dass die Klärung der Frage der Arbeitnehmereigenschaft in jenem Verfahren Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmung des AuslBG auf das gegenständliche Vertragsverhältnis sei, ist ihm zu entgegnen, dass hier einerseits kein subjektiv-öffentliches Recht auf Unterbrechung des Verfahrens besteht und andererseits der Beschwerdeführer auch nicht darzutun vermag, dass die belangte Behörde dadurch zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt wäre.
Mit dem gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde ins Treffen geführten Einwand, dass der Zeuge F. im erstinstanzlichen Verfahren ohne Dolmetscher einvernommen worden sei, kann der Beschwerdeführer die nachvollziehbare Argumentation der belangten Behörde nicht erschüttern: Zum Einen blendet er dabei aus, dass sich die belangte Behörde hinsichtlich der Feststellungen zum gegenständlichen Beschäftigungsverhältnis nicht nur auf die Angaben des einvernommenen Ausländers sondern insbesondere auch auf die als glaubwürdig qualifizierten Angaben des die Kontrolle durchführenden KIAB-Mitarbeiters stützt. Zum Anderen hat der Zeuge F. in der Berufungsverhandlung unter Beiziehung eines Dolmetschers seine erstinstanzlichen Angaben im Wesentlichen bestätigt; bezüglich der einzigen Divergenz in seinen Angaben (nämlich zur Entlohnung) hat die belangte Behörde schlüssig dargelegt, warum sie hiezu den unmittelbar nach der Betretung gemachten Angaben des Zeugen F. gefolgt ist und dessen Deutschkenntnisse dafür als ausreichend erachtete.
Auch die im Weiteren behauptete Aktenwidrigkeit vermag mangels Darlegung, worin diese bestünde, der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Außerdem bringt der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht vor, welche anderen Feststellungen er begehrt und inwieweit diese zu einem anderen rechtlichen Ergebnis führen würden, weshalb dem Vorbringen schon deshalb die Relevanz fehlt. Die Frage aber, ob ein wie hier vorliegender, durch Zeugenaussagen belegter Sachverhalt als unselbständige Beschäftigung zu qualifizieren ist, stellt eine reine Rechtsfrage dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0281).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0190, mwN).
Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", indem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/09/0187).
Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0003, mwN).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde neben ihren Erwägungen zur Beweiswürdigung auch die für eine rechtliche Beurteilung wesentlichen und auf Grundlage des Vorbringens ausreichenden Sachverhaltselemente angeführt und in ihrer klaren rechtlichen Subsumtion das Vorliegen des inkriminierten Tatbestandes bejaht, sodass die Begründung des angefochtenen Bescheides einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof standhält (vgl. zu den Erfordernissen etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/07/0184, und vom , Zl. 2002/08/0106).
Ebenso bestehen keine Bedenken gegen das aus den getroffenen Feststellungen zur Tätigkeit des genannten Ausländers (nämlich, dass es sich um eine einfache Tätigkeit handelte, die keine besonderen Qualifikationen - mit Ausnahme einer Lenkberechtigung für den Pkw - erfordert, und üblicherweise in einem Beschäftigungsverhältnis geleistet werde, es einen Dienstplan gegeben habe und der Ausländer im Lokal auf Zustellaufträge warten musste sowie die Entlohnung pro Stunde erfolgte) erzielte rechtliche Ergebnis der belangten Behörde, welches im Einklang mit der ständigen hg. Judikatur steht, wonach einfache Hilfsarbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf im Zusammenwirken mit anderen Arbeitern (hier: andere Pizzazusteller nach einem festen Dienstplan) erbracht werden müssten, kein selbständiges Werk darstellen können (vgl. etwa zu Verspachtelungsarbeiten das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/09/0183, mwN).
Gegen die Strafbemessung wurde vom Beschwerdeführer nichts vorgebracht; beim Verwaltungsgerichtshof sind keine Bedenken bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit entstanden.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am