VwGH vom 03.10.2013, 2012/22/0067
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des L, vertreten durch Dr. Thomas Krankl, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 120/2/28, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 318.233/12-III/4/11, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zum bisherigen Verfahrensgang wird auf das hg. Erkenntnis vom , 2009/21/0191, verwiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid wies die belangte Behörde den auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" gerichteten Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 iVm § 32 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) erneut ab.
Nach Darlegung des bisherigen Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtslage führte die belangte Behörde - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, der Beschwerdeführer beabsichtige, ein italienisches Restaurant mit Zustellservice zu führen, das bis Dezember 2009 in Form einer Personengesellschaft (Offenen Gesellschaft - OG; § 105 UGB) betrieben worden sei. Mit sei das Unternehmen in ein Einzelunternehmen des Beschwerdeführers umgewandelt worden. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers könne entnommen werden, dass zu seinen Zielen neben der Erweiterung des bestehenden Lokals und dem Ausbau des Kundenstocks auch die Eröffnung einer weiteren Filiale zählte, wodurch neue Kunden gewonnen und neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Der Beschwerdeführer wäre bereit, dafür EUR 150.000,-- zu investieren. Er wäre in seiner Heimat als Pizzakoch tätig gewesen.
Eine nunmehrige Beurteilung erfolge ausschließlich auf Basis der vom Beschwerdeführer gegründeten Einzelunternehmerschaft. Er habe zwar wiederholt seine Bereitschaft bekundet, für die Erweiterung des bestehenden Lokals und die Eröffnung einer weiteren Filiale EUR 150.000,-- investieren zu wollen, und habe Bestätigungen über Kontostände vorgelegt. Bei einer namentlich genannten Bank in M habe der Beschwerdeführer zum EUR 30.000,-- eingezahlt und diesen Betrag am wieder behoben. Somit sei der Beschwerdeführer zwar im Besitz eines "gewissen Privatvermögens". Er habe aber in keiner Weise nachweisen können, dass mit der beabsichtigten Erwerbstätigkeit ein nachhaltiger Transfer von Investitionskapital nach Österreich verbunden sei. Weitere Investitionen seien in Aussicht gestellt, jedoch zu keiner Zeit nachgewiesen worden. Auch im Businessplan seien keine Nachweise für die darin behaupteten Ziele erbracht worden. Es seien auch keine Investitionen in die Produktions- und Dienstleistungsinfrastruktur sowie Arbeitsmittel für den laufenden Betrieb nachgewiesen worden. Ein konkretes betriebliches Konzept bzw. ein konkreter Finanzplan sei nicht ersichtlich.
Gemäß dem Hauptbuch der Sozialversicherung seien zwei Arbeitnehmer beschäftigt, nämlich der vormalige Geschäftsführer der Personengesellschaft (Schwager des Beschwerdeführers) und ein slowakischer Staatsangehöriger, der schon bei der vormaligen Personengesellschaft tätig gewesen sei. Anstelle der bisherigen drei Mitarbeiter sei somit neben dem vormaligen Gesellschafter und nunmehrigen Geschäftsführer lediglich ein weiterer Dienstnehmer beschäftigt. Somit könne eine nachhaltige Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen nicht nachgewiesen werden. Der Beschwerdeführer habe zwar die Kopie einer Barauszahlungsliste vorgelegt, aus der neben dem Geschäftsführer drei Beschäftigte ersichtlich wären. Auf Grund der Höhe der ausbezahlten Beträge dürfte es sich um geringfügige Beschäftigungen handeln. Weiters seien die weiteren zwei Dienstnehmer nicht für das Unternehmen des Beschwerdeführers bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse angemeldet.
Zusammenfassend könne ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen im Sinne des § 24 AuslBG nicht erkannt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen:
Eingangs ist festzuhalten, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides im März 2012 die Bestimmungen des NAG idF BGBl. I Nr. 112/2011 anzuwenden sind.
Gemäß § 41 Abs. 2 NAG kann Drittstaatsangehörigen, wenn sie die Voraussetzungen des ersten Teiles des NAG erfüllen, u.a. dann ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" erteilt werden, wenn ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 24 AuslBG vorliegt. Dieses Gutachten ist über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich des damit verbundenen Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung von Arbeitsplätzen zu erstellen. Der Gesetzgeber stellt darauf ab, ob ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0309)
Im vorliegenden Gutachten vom führte die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich im Wesentlichen aus, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers als "Scheinselbständigkeit" zu qualifizieren sei, weil die Geschäftsanteile bzw. das Vermögen der OG immer nur im Ausmaß symbolischer Beträge übernommen worden sei, ein nennenswerter Transfer von Gesellschafts- oder Investitionskapital weder behauptet noch nachgewiesen worden sei und trotz einer formalen Gesellschafterfunktion seit September 2007 bzw. einer Alleininhaberfunktion seit Jänner 2010 weder Teilnahmen an Gesellschafterversammlungen und -beschlüssen noch Geschäftsführer- oder Eigentümerhandlungen nachgewiesen hätten werden können. Weiters wird in diesem Gutachten ausgeführt, dass, selbst wenn von einer "formal selbständigen Erwerbstätigkeit" auszugehen wäre, dieser kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen beigemessen werden könnte. Es sei bisher weder Investitionskapital nach Österreich transferiert worden noch könne die Tätigkeit des Schwagers als Betriebsleiter und die eines einzigen weiteren Teilzeitbeschäftigten als Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen qualifiziert und dem Beschwerdeführer zugerechnet werden.
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Ansicht der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich sowie der belangten Behörde über eine angebliche Scheinselbständigkeit wendet, kann dies dahinstehen.
Die belangte Behörde zitierte im angefochtenen Bescheid aus dem Antrag des Beschwerdeführers vom , dass die OG damals drei Arbeitnehmer im Angestelltenverhältnis gehabt habe und der Schwager des Beschwerdeführers auf selbständiger Basis in dieser OG tätig gewesen sei.
In der Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer die behördliche Feststellung, dass das Unternehmen nun nur mehr zwei Mitarbeiter beschäftigte. Die Relevanz der diesbezüglichen Verfahrensrüge ist jedoch nicht gegeben. Selbst wenn nämlich das Unternehmen des Beschwerdeführers nicht zwei, sondern vier Mitarbeiter beschäftigt, übersteigt die Zahl der Mitarbeiter nicht jene im Unternehmen der vormaligen OG. Von daher durfte die belangte Behörde zu Recht der Versagung des Aufenthaltstitels zu Grunde legen, dass mit der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers keine Schaffung von Arbeitsplätzen verbunden sei.
Betreffend den Transfer von Investitionskapital ist der Beschwerdeführer darin im Recht, dass eine Prognose für die Zukunft zu erstellen ist und aus der Unterlassung von Geldüberweisungen bzw. der Rückübertragung zum jetzigen Zeitpunkt nicht geschlossen werden darf, dass kein Transfer von Investitionskapital mit der Führung des Unternehmens verbunden ist.
Dennoch führt auch dieses Beschwerdevorbringen nicht zum Erfolg. Im vorgelegten Businessplan wird lediglich ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bereit sei, EUR 150.000,-- zu investieren, die ihm laut Bankbestätigung sofort zur Verfügung stünden. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Ergebnis den durch keine weiteren konkretisierenden Angaben untermauerten beabsichtigten Transfer von Investitionskapital verneint hat.
Davon ausgehend durfte in einer Gesamtbetrachtung ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers verneint werden.
Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am