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VwGH vom 27.09.2011, 2010/12/0006

VwGH vom 27.09.2011, 2010/12/0006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde der EP in J, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom , Zl. BMUKK- 1186.090650/0004-III/13/2009, betreffend Überstundenvergütung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war auf Grund ihrer Bewerbung vom der belangten Behörde (Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur) zur Dienstleistung zugewiesen und von dieser als Beauftragte für Bildungskooperation nach Serbien (Belgrad) entsendet worden. Dort war sie als Mitglied des technischen Personals der Österreichischen Botschaft tätig.

Am stellte sie an die belangte Behörde einen Antrag auf Überstundenvergütung betreffend den genannten Zeitraum. Sie habe wöchentlich mindestens 60 Stunden gearbeitet und wolle daher (wie im angefochtenen Bescheid näher dargestellt) "Überstunden-Nachzahlungen als Pauschale geltend machen". Falls ihrem Anliegen nicht stattgegeben werde, ersuche sie um "bescheidmäßige Ablehnung".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag u.a. gestützt auf § 49 Abs. 1 BDG 1979 ab.

Begründend führte sie nach Darstellung der Rechtslage aus, die Beschwerdeführerin habe in ihrem Schreiben vom "Überstunden-Nachzahlungen in der Höhe von zehn MDL pro Woche auf der Berechnungsbasis einer Lehrverpflichtung von 23 Stunden jeweils für zehn Monate pro Schuljahr als Pauschale für die Schuljahre 2004/05, 2005/06 und 2006/07" begehrt und darauf verwiesen, dass "ihre Tätigkeiten und durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit in den Monats- und Halbjahresberichten detailliert angeführt" seien. Nach Ablehnung einer Überstundennachzahlung habe die Beschwerdeführerin am "die bescheidmäßige Anerkennung der erbrachten Mehrdienstleistungen als Überstunden und Festlegung der bezugsrechtlichen Liquidierung" beantragt.

Dazu werde festgestellt, dass die Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Bildungsbeauftragte von Anfang an feststehende Aufgaben umfasst habe, für deren Erfüllung die Leistung von Überstunden nicht notwendig gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sei auch nicht angewiesen worden, über das durchschnittliche Maß hinaus Leistungen zu erbringen. Obwohl die von der Beschwerdeführerin an den Verein Kulturkontakt Austria (KKA) übermittelten Jahres- und Monatsberichte entgegen ihrem Vorbringen keine detaillierten Angaben enthielten, sei es sicherlich richtig, dass sie "als Bildungsbeauftragte Mehrstunden geleistet" habe. Laut Auskunft des genannten Vereines sei das Projektvolumen, das die Beschwerdeführerin in ihrem Tätigkeitszeitraum in Serbien umgesetzt habe, im Vergleich mit anderen Standorten von Bildungsbeauftragten jedoch im Mittelfeld gelegen.

Allein der Umfang der einem Beamten übertragenen dienstlichen Aufgaben - so argumentierte die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung - rechtfertige (nach näher dargestellter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) nicht die Annahme, in der Übertragung dieser Aufgaben sei bereits eine (generelle) konkludente Anordnung von Überstunden zu sehen. "Mehrstunden" seien zu keiner Zeit gemäß § 49 Abs. 1 BDG 1979 angeordnet worden. Vielmehr sei es von vornherein geklärt gewesen, dass es zu keiner Auszahlung von Mehrdienstleistungen kommen werde. Für Seminare, die am Wochenende stattgefunden haben, sei allen Bildungsbeauftragten Zeitausgleich gewährt worden, den auch die Beschwerdeführerin vielfach in Anspruch genommen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin, die sich in ihrem Recht auf Überstundenabgeltung gemäß § 16 GehG iVm § 49 BDG 1979 verletzt erachtet, macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Rechtslage:

§ 49 Abs. 1 bis 4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979) in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, lautet:

"Mehrdienstleistung

§ 49. (1) Der Beamte hat auf Anordnung über die im Dienstplan

vorgeschriebenen Dienststunden hinaus Dienst zu versehen

(Mehrdienstleistung). Den auf Anordnung erbrachten

Mehrdienstleistungen sind Mehrdienstleistungen gleichzuhalten, wenn

1. der Beamte einen zur Anordnung der

Mehrdienstleistung Befugten nicht erreichen konnte,

2. die Mehrdienstleistung zur Abwehr eines Schadens

unverzüglich notwendig war,

3. die Notwendigkeit der Mehrdienstleistung nicht auf

Umstände zurückgeht, die von dem Beamten, der die

Mehrdienstleistung erbracht hat, hätten vermieden werden können, und

4. der Beamte diese Mehrdienstleistung spätestens

innerhalb einer Woche nach der Erbringung schriftlich meldet; ist der Beamte durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, so verlängert sie sich um die Dauer der Verhinderung.

(2) An Werktagen erbrachte Mehrdienstleistungen (ausgenommen jene nach § 47a Z 2 lit. b) sind nach Möglichkeit im selben Kalendervierteljahr im Verhältnis 1:1 in Freizeit auszugleichen. Mehrdienstleistungen außerhalb der Nachtzeit sind vor Mehrdienstleistungen in der Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) auszugleichen. Mehrdienstleistungen an Sonn- und Feiertagen sind nicht durch Freizeit auszugleichen.

(3) Mehrdienstleistungen an Werktagen, die im betreffenden Kalendervierteljahr nicht durch Freizeit ausgeglichen sind, gelten mit Ablauf des Kalendervierteljahres als Überstunden. Mehrdienstleistungen an Sonn- und Feiertagen gelten in jedem Fall als Überstunden und sind nach besoldungsrechtlichen Vorschriften abzugelten.

(4) Werktagsüberstunden sind je nach Anordnung


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1.
im Verhältnis 1 : 1,5 in Freizeit auszugleichen oder
2.
nach besoldungsrechtlichen Vorschriften abzugelten
oder
3.
im Verhältnis 1 : 1 in Freizeit auszugleichen und zusätzlich nach besoldungsrechtlichen Vorschriften abzugelten."
Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (GehG) in der Fassung der 24. Gehaltsgesetznovelle, BGBl. Nr. 214/1972, zählt die Überstundenvergütung zu den Nebengebühren.
Gemäß § 16 Abs. 1 GehG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000 (Zitate idF BGBl. I Nr. 96/2007), gebührt dem Beamten für Überstunden, die nicht in Freizeit oder die gemäß § 49 Abs. 4 Z. 3 oder Abs. 5 Z. 3 BDG 1979 im Verhältnis 1:1 in Freizeit ausgeglichen werden, eine Überstundenvergütung.
II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen:
Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Rechtsrüge geltend, die Prüfung der Gebührlichkeit einer Überstundenvergütung gegenüber dem Bund hätte die nähere Abklärung der Frage ihrer rechtlichen Stellung als Bildungsbeauftragte im Ausland erfordert. Ebenso sei das Ausmaß ihrer wöchentlichen Normalarbeitszeit offen geblieben. Es sei unzweifelhaft, dass die belangte Behörde während ihrer gesamten Tätigkeit ihre Dienstgeberin gewesen sei. Diese hätte ihre "im Inland gelegene Lehrverpflichtung" erweitert und zusätzliche über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinausgehende Tätigkeiten vorgeschrieben, sodass sie von vornherein hätte wissen müssen, dass die betreffenden Arbeitsstunden somit als Mehrdienstleistung iSd § 49 Abs. 1 BDG 1979 anzusehen seien. Eine Anordnung von Überstunden könne nicht nur dadurch erfolgen, dass ausdrücklich dieses Wort verwendet werde, sondern auch dadurch, dass bezüglich der vom Beamten zu erfüllenden Dienstpflichten eine Situation geschaffen werde, welche die Überstundenleistung zwingend notwendig mache. "In der Schaffung einer solchen Situation (sei) nämlich die Überstundenleistung bereits inkludiert." Sie habe neben ihrer eigentlichen Aufgabe bei der Bildungskooperation die Projektmanagementtätigkeiten für KKA zu erledigen gehabt. Dabei habe sie sämtliche Aufgaben mit der größtmöglichen Sorgfalt und mit Pflichtbewusstsein erfüllt. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass man nicht mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen könne, vor allem dann, wenn die Aufgaben gut und richtig gemacht werden sollten. Zudem sei es nachvollziehbar und logisch, "dass die bildungspolitische Zusammen- und Aufbauarbeit mit einem anderen Land sowie anderen internationalen Organisationen" einen zeitlichen Mehraufwand bedeute, der nicht immer in der Normaldienstzeit zu bewältigen sei.
Bei dieser Argumentation übersieht die Beschwerdeführerin, dass die Gebührlichkeit einer Vergütung von Überstunden gemäß § 49 Abs. 1 BDG 1979 vor allem deren Anordnung durch einen zuständigen Dienstvorgesetzten oder das Vorliegen einer dieser Anordnung - insbesondere nach Z. 1 und 2 der zitierten Gesetzesstelle - gleichzuhaltenden Konstellation erfordert. Derartiges wurde in der vorliegenden Beschwerde jedoch weder behauptet noch sind im Verwaltungsverfahren darauf hinweisende Indizien hervorgekommen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/12/0272).
Dass der Beschwerdeführerin gegenüber die Erbringung von Mehrleistungen ausdrücklich angeordnet worden wäre, wird nicht geltend gemacht. Ihr ist zwar grundsätzlich darin beizupflichten, dass eine anspruchsbegründende Anordnung von Überstunden nach dem ersten Satz des § 49 Abs. 1 BDG 1979 nicht nur ausdrücklich, etwa unter Verwendung des Wortes "Überstundenanordnung" erfolgen kann, sondern auch eine konkludente Anordnung von Überstunden in Betracht kommt. Ein solcher konkludenter Auftrag liegt etwa dann vor, wenn er auf die Ausführung von Arbeiten eines bestimmten Ausmaßes innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gerichtet war und schon im Zeitpunkt der Erteilung des Auftrages (und nicht erst infolge von Umständen, die nachträglich eingetreten sind und daher bei Erteilung des Auftrages nicht vorhersehbar waren) von vornherein feststand, dass die Erfüllung dieses Auftrages die Leistung von Überstunden unumgänglich notwendig macht.
Bei der Qualifikation eines Verhaltens als konkludenter Auftrag zur Erbringung von Mehrdienstleistungen ist jedoch ein strenger Maßstab anzulegen. Eine solche konkludente Anordnung kann nur dann angenommen werden, wenn ein zur Anordnung von Überstunden befugtes Organ ein Verhalten setzt, bezüglich dessen kein vernünftiger Grund besteht, daran zu zweifeln, dass damit die Anordnung von Überstunden verbunden ist. Daher rechtfertigt allein der Umfang einem Beamten übertragener dienstlicher Aufgaben nicht die Annahme, dass in der Übertragung dieser Aufgaben bereits eine (generelle) konkludente Anordnung von Überstunden zu sehen sei. Reicht die Normalarbeitszeit, deren unterbliebene Abklärung (etwa als Folge neben administrativen Diensten im Ausland zusätzlich zu erbringender Lehrtätigkeiten, insbesondere bei Seminaren) somit fallbezogen ohne Relevanz ist, zur Bewältigung der übertragenen Aufgaben nicht aus, obliegt es zunächst dem Beamten, die ihm vorrangig erscheinenden Aufgaben zu besorgen, ohne dass es ihm zum Vorwurf gereichen könnte, bei bloßer Ausschöpfung seiner Normalarbeitszeit Dienstpflichten zu vernachlässigen. Allein das Beschwerdevorbringen zum großen Umfang des übertragenen Tätigkeitsbereiches und der bei der Arbeitsausführung an den Tag gelegten Sorgfalt kann daher eine konkludente Anordnung von Überstunden im Verständnis des § 49 Abs. 1 BDG 1979 nicht dartun (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/12/0105, mwN aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Soweit die Beschwerdeführerin zudem damit argumentiert, sie hätte neben ihren dargelegten Tätigkeiten in Serbien eine aufrechte Lehrverpflichtung in Österreich zu erfüllen gehabt, ist hierauf schon als unzulässige Neuerung nicht inhaltlich einzugehen.
Die von der Beschwerdeführerin unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vermisste nähere Abklärung von Inhalt und Umfang der von ihr erbrachten Dienstleistungen sowie des Projektvolumens in Serbien angefallener Tätigkeitsbereiche, wobei die jeweiligen Tätigkeitsberichte der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht worden seien, sowie des Einflusses eines Fehlens ausreichender Infrastruktur auf die Arbeitsdauer ist nach dem Gesagten für die von der belangten Behörde verneinte Gebührlichkeit einer Überstundenvergütung ohne Belang.
Darüber hinaus wird in der Beschwerde auch nicht inhaltlich dargestellt, welche Feststellungen zusätzliche Beweisaufnahmen konkret ermöglicht hätten. Es fehlt daher weiters die Darlegung einer Relevanz für den Ausgang des Verfahrens.
Der von der Beschwerdeführerin behauptete (die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung begründende) Anspruch gegen den Bund aus einen öffentlich-rechtlichen Lehrerdienstverhältnis wurde demnach schon aus den dargestellten Gründen zu Recht verneint. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob das von der Beschwerdeführerin geltend gemachte öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zum Bund tatsächlich bestanden hat und es nicht schon auf Grund der Verneinung eines solchen an der ins Treffen geführten Anspruchsgrundlage fehlte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am

Fundstelle(n):
DAAAE-77091