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VwGH vom 15.09.2011, 2008/09/0310

VwGH vom 15.09.2011, 2008/09/0310

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der

1. D GesmbH und 2. des K, beide vertreten durch Mag. Karl Kocher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 11, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom , Zl. 3/08114/292 9516, betreffend Versagung der Zulassung als Schlüsselkraft nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde auf Grund eines Antrages des Zweitbeschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Kirgistan, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung für: Schlüsselkraftunselbständig" gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 und § 2 Abs. 5 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) seine Zulassung als unselbständige Schlüsselkraft abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Zweitbeschwerdeführer laut Arbeitgebererklärung der erstbeschwerdeführenden Partei als Exportsachbearbeiter für die Betreuung von russischen Staatsbürgern in Wien zur Geschäftsanbahnung mit deutschen, kirgisischen, russischen und englischen Sprachkenntnissen sowie Kultur- und Landeskenntnissen bei einem monatlichen Bruttolohn von EUR 2.500,-- beschäftigt werden solle. Im Geschäftszweig des Sekundärrohstoffhandels, Brennstoffhandels, Transporte sowie des KFZ-Handels und des Elektrohandels beschäftige die erstbeschwerdeführende Partei zwölf Dienstnehmer, deren Mehrzahl durchwegs bereits länger als zehn Jahre. Das Unternehmen sei bereits seit Jahrzehnten in der Branche tätig und auf Grund rückläufiger Geschäfte veranlasst, wirtschaftlich neue Wege zu beschreiten. Dabei sollten neue Märkte erschlossen und neue Geschäftspartner bzw. Kunden akquiriert werden, diese insbesondere auf internationaler Ebene hinsichtlich Im- und Export, wobei der Fokus auf der Erschließung des östlichen Marktes gelenkt sei. Der Zweitbeschwerdeführer sei vor zehn Jahren nach Österreich gekommen, wo er als ordentlicher Hörer im Fach Germanistik ein Studium absolviert und mit dem akademischen Grad Dr. phil. abgeschlossen habe. Er beherrsche in Wort und Schrift die Sprachen Deutsch, Russisch, Englisch und Kirgisisch und habe vorgebracht, noch aus seiner Zeit in Kirgistan zahlreiche Verbindungen zu Bekannten, Freunden bzw. ortsansässigen Unternehmen zu besitzen. Die Beschwerdeführer hätten vorgebracht, dass der Zweitbeschwerdeführer als Handelsvertreter für die erstbeschwerdeführende Partei tätig werden solle. Auf Grund seiner multilinguistischen Fähigkeiten sowie auf Grund seines Studiums und den damit einhergehenden Fähigkeiten betreffend Kommunikationspsychologie sowie anhand der umfassenden Kenntnisse des Zweitbeschwerdeführers über die kulturellen Gepflogenheiten habe er eine besondere Eignung für wirtschaftliche Kontakte. Durch die erwartete Umsatzsteigerung im Unternehmen der erstbeschwerdeführenden Partei sei davon auszugehen, dass die beabsichtigte Beschäftigung zur Schaffung weiterer Arbeitsplätze sowie zur Sicherung der bestehenden Arbeitsplätze im Sinne des § 2 Abs. 5 Z. 2 AuslBG geeignet sei. Ein maßgeblicher Einfluss auf die Führung des Betriebes liege insoweit vor, als der Zweitbeschwerdeführer im Weiteren damit betraut wäre, die Bonität bzw. Seriosität ausländischer Unternehmen unter Konsultation der im Ausland befindlichen öffentlichen Stellen zu überprüfen und dementsprechend die Entscheidungen der Geschäftsführung vorwegzunehmen. § 2 Abs. 5 Z. 5 AuslBG sei dahingehend erfüllt, als der Zweitbeschwerdeführer ein Hochschulstudium abgeschlossen habe.

Die belangte Behörde führte aus, dass angesichts dieses Vorbringens die Voraussetzung des § 2 Abs. 5 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) im Beschwerdefall nicht als erfüllt anzusehen seien. Um der generellen Bedingung des Einleitungssatzes des § 2 Abs. 5 AuslBG "einer besonderen, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragten Ausbildung" gerecht zu werden, müsse einerseits eine schulische, universitäre oder berufliche Bildung erworben worden sein, die über das normale Maß hinaus als ausgezeichnet zu qualifizieren sei und andererseits gleichzeitig eine entsprechende Nachfrage im Inland nach solchen Personen bestehen. Diese Voraussetzung sei im Beschwerdefall nicht erfüllt, weil nach den getroffenen Erhebungen für die beabsichtigte Tätigkeit österreichweit keine einzige dementsprechende Arbeitskräftebedarfsmeldung vorliege. Der Zweitbeschwerdeführer verfüge durch den Abschluss seines Philosophiestudiums an der Universität Wien und durch den ihm verliehenen akademischen Grad Doktor der Philosophie über keine hochqualifizierte Ausbildung im Sinn des § 2 Abs. 5 AuslBG. Eine absolvierte Hochschulausbildung könne im Zulassungsverfahren für eine Schlüsselkraft nur dann Berücksichtigung finden, wenn diese auf einem Gebiet erfolge, welches im Zusammenhang mit der vorgesehenen Tätigkeit stehe. Die vom Zweitbeschwerdeführer erlangte Befähigung stehe jedoch in keinen Konnex zu seiner in Aussicht genommenen Verwendung als Exportsachbearbeiter bzw. als Handelsvertreter.

Der Zweitbeschwerdeführer halte sich seit 1998, somit seit seinem 24. Lebensjahr in Österreich auf und betreibe ab diesem Zeitpunkt ausschließlich sein Studium. Eine Beschäftigung als Kundenbetreuer bei Versicherungsunternehmen sei nicht nachvollziehbar, zumal er hiefür eine Arbeitsberechtigung benötigt hätte, er jedoch nie zum inländischen Arbeitsmarkt zugelassen gewesen sei. Ein diesbezüglicher Nachweis sei auch vom Zweitbeschwerdeführer nicht erbracht worden. Auch durch die vom Zweitbeschwerdeführer vorgebrachte Tätigkeit in Kirgisien als Vortragender an der Amerikanischen Universität für Kunstgeschichte sowie Deutsch habe sich der Zweitbeschwerdeführer keine beruflichen Erfahrungswerte angeeignet, die über das übliche Maß hinausgingen sowie auf spezifisch hochwertigem Können basierten und zudem für seine beabsichtigte Verwendung Bedeutung besäßen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Das Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, lautet auszugsweise:

"§ 2. ...

...

(5) Als Schlüsselkräfte gelten Ausländer, die über eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügen und für die beabsichtigte Beschäftigung eine monatliche Bruttoentlohnung erhalten, die durchwegs mindestens 60 vH der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zuzüglich Sonderzahlungen zu betragen hat. Überdies muss mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1. die beabsichtigte Beschäftigung hat eine besondere,

über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für

die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt oder

2. die beabsichtigte Beschäftigung trägt zur Schaffung

neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze

bei oder

3. der Ausländer übt einen maßgeblichen Einfluss auf

die Führung des Betriebes (Führungskraft) aus oder

4. die beabsichtigte Beschäftigung hat einen Transfer

von Investitionskapital nach Österreich zur Folge oder

5. der Ausländer verfügt über einen Abschluss einer

Hochschul- oder Fachhochschulausbildung oder einer sonstigen fachlich besonders anerkannten Ausbildung."

Die beschwerdeführenden Parteien weisen in ihrer Beschwerde auf die Qualifikation des Zweitbeschwerdeführers, insbesondere seine Hochschulausbildung hin und erachten es als unerfindlich, weshalb die belangte Behörde die Verbindung zwischen der vom Zweitbeschwerdeführer erlangten Befähigung zu seiner in Aussicht genommenen Verwendung als Exportsachbearbeiter bzw. Handelsvertreter nicht erkenne. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der weitreichenden Fähigkeiten des Zweitbeschwerdeführers, die er sich insbesondere durch das Studium der Germanistik angeeignet habe, in Verbindung mit seinen einwandfreien Kenntnissen seiner Muttersprache samt der Kenntnis der kulturellen Gepflogenheiten in seinem Heimatland, wodurch er gerade prädestiniert sei, das Geschäft der Erstbeschwerdeführerin anzukurbeln, und durch sein feinsinniges Fachwissen und sein Erkennen und Verstehen der Wechselwirkung von sprachlichen und gesellschaftlichen Prozessen und mit seinen Sprachkenntnissen gleichsam eine Drehscheibe im Umgang mit Kunden unterschiedlichster Herkunft darzustellen.

Mit diesen Hinweisen vermag der Beschwerdeführer allerdings keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Zum Begriff "besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung" im Sinne des Einleitungssatzes des § 2 Abs. 5 AuslBG hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass Voraussetzung dafür das Bestehen einer tatsächlichen (befriedigten oder unbefriedigten) Nachfrage nach der angebotenen Qualifikation am inländischen Arbeitsmarkt schlechthin und das Fehlen verfügbarer inländischer Arbeitskräfte ist, und zwar unabhängig davon, ob diese Nachfrage bereits ohne Einschaltung des Arbeitsmarktservice befriedigt wurde oder nicht. Wesentlich ist lediglich, dass die "besondere Ausbildung" am inländischen Arbeitsmarkt an sich nachgefragt wird, die Nachfrage des antragstellenden Unternehmens jedoch nicht durch eine inländische Arbeitskraft abgedeckt werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/09/0129, und vom , Zl. 2008/09/0191). Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde zwar nur ausgeführt, dass bundesweit keine einzige Arbeitskräftebedarfsmeldung für diesen Aufgabenbereich bestehe. Eine besondere Nachfrage nach Arbeitskräften mit kirgisischer Muttersprache und einem universitären Studium der Germanistik haben die Beschwerdeführer jedoch nicht dargelegt. Ein aktueller Bedarf der Erstbeschwerdeführerin nach der beantragten Arbeitskraft ist ebenfalls nicht konkretisiert worden, ihre diesbezüglichen Ausführungen sind im Allgemeinen geblieben. Ein Konnex seiner in Aussicht genommenen Verwendung als Exportsachbearbeiter bzw. als Handelsvertreter mit seinem universitären Studium der Germanistik ist nicht ersichtlich.

Der belangten Behörde kann auch nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie zur Auffassung gelangte, dass im Fall des Zweitbeschwerdeführers keine speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung im Sinne des § 2 Abs. 5 vorlagen. Sie hat nämlich im Rahmen einer schlüssigen Beweiswürdigung festgestellt, dass der Nachweis für das Vorhandensein spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung nicht erbracht wurde.

Der Beurteilung der belangten Behörde kann sohin nicht entgegen getreten werden, dass die beiden alternativen Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 AuslBG, nämlich einmal das Vorliegen einer besonderen, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragten Ausbildung oder zum anderen von speziellen Kenntnissen und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung beim Zweitbeschwerdeführer nicht gegeben waren. Ob daher eine der in den Z. 1 bis 5 des zweiten Satzes des § 2 Abs. 5 AuslBG normierten Voraussetzungen vorlag, musste bei dieser Sachlage nicht mehr geprüft werden, weil das Gesetz zur Erteilung einer Bewilligung für eine Schlüsselkraft das Vorliegen einer der beiden im ersten Satz des § 2 Abs. 5 leg. cit. festgeschriebenen Voraussetzungen und kumulativ dazu das Vorliegen einer der im zweiten Satz verlangten Voraussetzungen verlangt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0214, mwN).

Die in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmängel, insbesondere der Unterlassung der Einvernahme des Zweitbeschwerdeführers sowie einer mangelnden Berücksichtigung einer noch vorzulegenden Bestätigung, die im Übrigen mit der Beschwerde nachgebracht wurde, liegen mangels Relevanz nicht vor, weil nicht zu ersehen ist, inwiefern dies zu einem anderen, für die Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte führen können.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - im Rahmen des Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
TAAAE-77051