VwGH vom 02.09.2009, 2005/15/0101
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der C W in N, vertreten durch Mag. Dr. Markus Christian Weinl, LL.M., Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntnerring 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0010-F/05, betreffend Einkommensteuer 2003, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin bezog im Streitjahr neben Einkünften aus einem Dienstverhältnis eine Versehrtenrente in Höhe von 7.194 EUR.
Mit Einkommensteuerbescheid 2003 vom beurteilte das Finanzamt diese Versehrtenrente als steuerpflichtigen Bezug.
In der dagegen erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes
vom , G 85/02, mit dem die Einbeziehung der Versehrtenrente in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer für die Jahre 2001 und 2002 aus Gründen des Vertrauensschutzes als verfassungswidrig aufgehoben worden sei. Infolge einer vom Verfassungsgerichtshof gewährten Frist bis zum habe der Gesetzgeber die Besteuerung der Versehrtenrente ab abgeschafft. Die Besteuerung von Versehrtenrenten sei auch für das Jahr 2003 nicht gerechtfertigt, weil sie auf einer "gleichheitswidrigen Auslegung des Gesetzes bzw. auf einer gleichheitswidrigen gesetzlichen Bestimmung" beruhe. Soweit die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen im Budgetbegleitgesetz 2001 vom Verfassungsgerichtshof bisher nicht aufgehoben worden seien, liege ebenfalls eine Verfassungswidrigkeit vor. Eine Rechtfertigung für die Besteuerung von Leistungen aus dem Unfallversicherungsfonds sei nicht gegeben und verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag, in dem sie ihr Vorbringen wiederholte und ergänzend darauf hinwies, dass sie auf Grund eines Arbeitsunfalls eine Versehrtenrente nach § 203 ASVG beziehe, während die mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 eingeführte Einkommensteuerpflicht lediglich Unfallrenten beträfe. Das Finanzamt habe die gesetzlichen Bestimmungen zu Unrecht auch auf Versehrtenrenten nach § 203 ASVG angewendet und somit gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach einer Darstellung der einschlägigen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Rechtslage kam die belangte Behörde zum Schluss, dass zwar umgangsprachlich im Zusammenhang mit Geldleistungen aus der Unfallversicherung der Begriff "Unfallrente" verwendet werde, aus § 173 Z. 1 ASVG aber klar hervorgehe, dass im Bereich der gesetzlichen Unfallversorgung dieser Begriff nicht als gesetzlicher Terminus benutzt werde. Mit dem verwendeten Begriff "Unfallrente" sei nichts anderes gemeint als die in § 173 Z. 1 ASVG genannte Versehrtenrente (§ 203 ASVG).
Ungeachtet der Bezeichnung der gegenständlichen Leistung als Versehrtenrente oder Unfallrente, sei diese - als laufende Leistung aus einer gesetzlichen Unfallversorgung - auf Grund der durch das Budgetbegleitgesetz 2001 gestalteten Rechtslage jedenfalls nicht mehr als steuerfrei zu behandeln. Im Übrigen verwende die vom Gesetzgeber aufgehobene Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG 1988 nicht die Bezeichnung "Unfallrente" oder "Versehrtenrente", sondern die Wortfolge "Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung". Die Argumentation, wonach die (aufgehobene) Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 weiterhin für "Unfallrenten" gültig wäre, sei daher nicht nachvollziehbar.
Sodann befasste sich die belangte Behörde mit den Rechtswirkungen von aufhebenden Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes im Allgemeinen und im speziellen Fall des Erkenntnisses vom , G 85/02. Sie kam dabei zum Schluss, dass das als verfassungswidrig erkannte Gesetz gemäß Art 140 Abs. 7 B-VG auf die bis zum Ablauf der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist () verwirklichten Tatbestände anzuwenden und die von der Beschwerdeführerin im Jahr 2003 bezogene Versehrtenrente daher steuerpflichtig sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. In seinem Ablehnungsbeschluss vom , B 375/05-3, wies der Verfassungsgerichtshof die Beschwerdeführerin u.a. darauf hin, dass ein unter Fristsetzung aufgehobenes Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Sachverhalte mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden sei (Art. 140 Abs. 7 letzter Satz B-VG) und eine als verfassungswidrig erkannte Gesetzesstelle nicht neuerlich Gegenstand eines Gesetzesprüfungsverfahrens sein könne (Hinweis auf VfSlg. 5.185/1965, 6.442/1971, 12.633/1991).
Über nachträglichen Antrag der Beschwerdeführerin wurde die Beschwerde mit Beschluss vom , B 375/05-5, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 gewährleisteten Recht auf Befreiung der im Jahr 2003 gewährten Versehrtenrente von der Einkommensbesteuerung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdefall gleicht mit seinem entscheidungswesentlichen Sachverhalt und der zu beantwortenden Rechtsfrage, ob Versehrtenrenten im Jahr 2003 der Steuerpflicht unterlagen, jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2006/14/0102, entschieden hat.
Aus den Gründen des genannten Erkenntnisses, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist auch im Beschwerdefall nicht zu erkennen, dass die von der Beschwerdeführerin bezogene Versehrtenrente zu Unrecht einer Besteuerung unterzogen worden wäre.
Dass Versehrtenrenten dem § 25 EStG 1988 zu subsumieren sind, ergibt sich aus Abs. 1 Z. 1 lit. c leg.cit., wonach Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen.
Soweit die Beschwerdeführerin auch vor dem Verwaltungsgerichtshof diverse Verfassungswidrigkeiten des angefochtenen Bescheides geltend macht und ihr bereits an den Verfassungsgerichtshof gerichtetes Vorbringen wiederholt, dass die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , G 85/02, mehrere Unrichtigkeiten aufwiesen und die Begründung des Erkenntnisses nicht stichhaltig sei, verkennt sie die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder dazu berufen, über die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte zu erkennen noch dazu, Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes einer Überprüfung zu unterziehen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am