VwGH vom 26.06.2012, 2010/11/0208
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der AS in G, vertreten durch Dr. Peter Semlitsch und Dr. Wolfgang Klobassa, Rechtsanwälte in 8570 Voitsberg, Conrad-von-Hötzendorf-Straße 15, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom , Zl. FA8A-97 A2/2009-17, betreffend Anrechnung von ärztlichen Ausbildungszeiten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Anrechnung von ärztlichen Ausbildungszeiten für die Ausbildung zur Fachärztin für Innere Medizin für den Zeitraum 16. Juli bis gemäß § 8 Abs. 1 und § 14 ÄrzteG 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2009 abgewiesen.
In der Begründung stellte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der maßgebenden Rechtsvorschriften fest, unstrittig habe die Beschwerdeführerin nicht nur im genannten Zeitraum, sondern schon beginnend mit in der Abteilung für Innere Medizin des Landeskrankenhauses L (im dort neu gegründeten Department für Hämato-Onkologie) die dem Tätigkeitsprofil einer Assistenzärztin entsprechende ärztliche Tätigkeit ausgeübt. Die Ausbildung der Beschwerdeführerin sei aber nur bis zum auf einer "genehmigten" Ausbildungsstelle erfolgt, die man danach mit einer anderen Ärztin besetzt habe. Grund dafür sei gewesen, dass es im genannten Krankenhaus im fraglichen Zeitraum für zwei auszubildende Fachärzte nur eine genehmigte Ausbildungsstelle für Innere Medizin geben habe, weil für die Genehmigung der zweiten ausgeschriebenen Ausbildungsstelle nicht genügend Fachärzte für Innere Medizin (als ausbildende Ärzte) zur Verfügung gestanden seien. Die Beschwerdeführerin habe daher ihre Tätigkeit in dem im Spruch genannten Zeitraum nicht auf einer genehmigten Ausbildungsstelle ausgeübt.
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Anrechnung der vom bis absolvierten Ausbildungszeiten sei nach der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage, somit nach dem ÄrzteG 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2009, zu beurteilen. Auf den von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten § 14a ÄrzteG 1998, der nicht mehr in Geltung stehe, komme es nicht an.
Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 in der Fassung der genannten Novelle seien im Rahmen der Ausbildung u.a. zum Facharzt unter der Voraussetzung der Gleichwertigkeit nur die gemäß den §§ 7 bis 13 absolvierten Ausbildungszeiten anzurechnen. Da gemäß § 8 ÄrzteG 1998 die Ausbildung zum Facharzt auf einer "genehmigten" Ausbildungsstelle zu erfolgen habe und dies somit unabdingbare Voraussetzung für die Anrechnung der Ausbildungszeiten gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 sei, sei der Antrag der Beschwerdeführerin abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung mit Beschluss vom , B 531/10-6, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Die Beschwerdeführerin hat ihre Beschwerde ergänzt, die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides stand bereits die mit in Kraft getretene
13. Ärztegesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 144/2009, in Geltung.
Nach der Übergangsvorschrift des § 229 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. sind die Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 62/2009 für Entscheidungen in erst- und zweitinstanzlichen Verfahren gemäß u.a. § 14 Abs. 6 und 7, die mit Ablauf des anhängig sind, anzuwenden. Im vorliegenden Beschwerdefall war das Berufungsverfahren am anhängig.
Das ÄrzteG 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2009 lautete auszugsweise (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Erfordernisse zur Berufsausübung
§ 4. (1) Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es, unbeschadet der §§ 32 bis 35, 36, 36a und 37, des Nachweises der Erfüllung der nachfolgend angeführten allgemeinen und besonderen Erfordernisse sowie der Eintragung in die Ärzteliste.
…
(3) Besondere Erfordernisse im Sinne des Abs. 1 sind
1. hinsichtlich der Grundausbildung:
…
2. hinsichtlich der Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt:
a) ein von der Österreichischen Ärztekammer gemäß § 15 Abs. 1 ausgestelltes Diplom über die besondere Ausbildung in der Allgemeinmedizin oder Facharztdiplom, wobei im Fall einer angestrebten Berufsberechtigung als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie das Erfordernis gemäß Z 1 lit. b längstens zum Zeitpunkt des Antritts zur Facharztprüfung erfüllt sein muss, oder
b) eine gemäß § 14 als gleichwertig anerkannte entsprechende praktische Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder Facharzt und eine gemäß § 14 als gleichwertig anerkannte oder zusätzlich absolvierte Prüfung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder Facharztprüfung;
3. anstelle der entsprechenden Nachweise gemäß Z 1 und 2 eine entsprechende Berufsqualifikation gemäß § 5 oder § 5a.
…
Ausbildung zum Facharzt
§ 8. (1) Personen, die die Erfordernisse für die unselbständige Ausübung des ärztlichen Berufes als Turnusarzt erfüllen und beabsichtigen, sich einem Teilgebiet der Medizin als Sonderfach zur selbständigen Betätigung als Facharzt zuzuwenden, haben sich
1. sofern die Verordnung gemäß § 24 Abs. 1 nicht anderes bestimmt, einer mindestens sechsjährigen praktischen Ausbildung zum Facharzt (Turnus zum Facharzt) in anerkannten Ausbildungsstätten, Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen und Lehrambulatorien im Rahmen von Arbeitsverhältnissen sowie
2. der Facharztprüfung
zu unterziehen und den Erfolg der Ausbildung und Prüfung nachzuweisen (§ 26). Die Ausbildung ist , soweit Abs. 2 nicht anderes bestimmt, in den für das jeweilige Sonderfach anerkannten Ausbildungsstätten und im Hauptfach auf einer genehmigten Ausbildungsstelle , insbesondere in Standardkrankenanstalten sowie in Schwerpunkt- oder Zentralkrankenanstalten, zu absolvieren . …
…
§ 14. (1) Sofern § 5a nicht zur Anwendung kommt, sind unter der Voraussetzung der Gleichwertigkeit
1. im Rahmen der Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt oder in einem Additivfach gemäß den §§ 7 bis 13 absolvierte Ausbildungszeiten ,
…
auf die jeweils für die Ausbildung zum approbierten Arzt, Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt oder für die Ausbildung in einem Additivfach vorgesehene Dauer anzurechnen.
...
(5) Ein Antrag gemäß Abs. 1 oder 2 ist im Wege der Landesärztekammer jenes Bundeslandes einzubringen, in dem der Hauptwohnsitz oder, ….
(6) Die Österreichische Ärztekammer hat mit Bescheid innerhalb einer Frist von vier Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller den Antrag einschließlich der vollständigen Unterlagen einreicht, zu entscheiden.
(7) Gegen Bescheide der Österreichischen Ärztekammer gemäß Abs. 6 steht die Berufung an den Landeshauptmann offen, in dessen Bereich der Hauptwohnsitz oder, … ."
2.1. Unstrittig ist die Feststellung der belangten Behörde, dass die Ausbildung der Beschwerdeführerin zur Fachärztin für Innere Medizin in der Abteilung für Innere Medizin des Landeskrankenhauses L (somit die Ausbildung im Hauptfach des Sonderfaches Innere Medizin) im Zeitraum bis auf einer nicht genehmigten Ausbildungsstelle erfolgte. Die Beschwerdeführerin, die eine Anrechnung dieser Ausbildungszeit auf ihre Facharztausbildung beantragt hat, bringt in ihrer Beschwerde vor, sie habe darauf vertraut, dass die Ausbildung auch im genannten Zeitraum auf einer rechtlich anerkannten Ausbildungsstelle erfolgt sei. Der Umstand, dass eine der beiden "Ausbildnerstellen" (gemeint: die zweite Facharztstelle) nachträglich (gemeint: trotz Ausschreibung) nicht habe besetzt werden können und die Ausbildungsstelle daher nicht genehmigt worden sei, könne nicht dazu führen, dass die Tätigkeit der Beschwerdeführerin im genannten Zeitraum, obwohl es sich dabei um die gleiche Tätigkeit wie auf einer genehmigten Ausbildungsstelle gehandelt habe, nicht auf die Ausbildungszeit angerechnet werde.
2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom , Zl. 2010/11/0004, mit den Voraussetzungen der Anrechnung der im Rahmen der Ausbildung zum Facharzt absolvierten Ausbildungszeiten auseinander gesetzt und in diesem Erkenntnis zusammengefasst ausgesprochen, dass § 14 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2009 für die Anrechnung von Ausbildungszeiten, abgesehen von der Gleichwertigkeit, voraussetzt, dass diese Ausbildungszeiten gemäß den §§ 7 bis 13 ÄrzteG 1998 absolviert wurden, daher insbesondere auch dem § 8 Abs. 1 zweiter Satz entsprechen, nach welchem die Ausbildung im Hauptfach auf einer genehmigten Ausbildungsstelle erfolgen müsse. Nach dem zitierten Erkenntnis (vgl. dort Pkt. 2.2.3. und 2.2.7.) soll damit die hohe Qualität der Facharztausbildung gesichert werden.
Da nach dem Gesagten auch im vorliegenden Beschwerdefall das ÄrzteG 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2009 maßgebend ist, kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen werden. Ausgehend davon ist der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht entgegen zu treten, wenn sie jene Ausbildungszeiten der Beschwerdeführerin, die diese nicht auf einer genehmigten Ausbildungsstelle absolviert hat, gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 nicht angerechnet hat. Auf die in der Beschwerde vorgebrachten Umstände, die Beschwerdeführerin habe darauf vertraut, dass ihre Ausbildungsstelle auch im gegenständlichen Zeitraum genehmigt gewesen sei, und auf die Gründe, aus denen die Genehmigung der gegenständlichen Ausbildungsstelle gefehlt hat, kommt es nicht an.
2.3. Weiters meint die Beschwerde, im vorliegenden Fall hätte die Anrechnung der Ausbildungszeiten nicht nach § 14 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2009, sondern gemäß dem im Zeitraum der in Rede stehenden Ausbildung der Beschwerdeführerin geltenden § 14a ÄrzteG (in der Fassung der 5. Ärztegesetz-Novelle BGBl. I Nr. 140/2003) beurteilt werden müssen. Dazu ist der Beschwerdeführerin zu entgegnen, dass es dahingestellt bleiben kann, nach welchen der beiden genannten Rechtsvorschriften im vorliegenden Fall die Anrechnung der Ausbildungszeiten der Beschwerdeführerin zu beurteilen ist, weil beide Rechtsvorschriften zum selben, nämlich dem im hg. Erkenntnis Zl. 2010/11/0004 dargestellten Ergebnis führen:
Auch gemäß § 14a ÄrzteG 1998 in der Fassung der 5. Ärztegesetz-Novelle BGBl. I Nr. 140/2003 waren nämlich nur "nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes absolvierte ärztliche Ausbildungszeiten" anzurechnen, wobei auch gemäß § 8 Abs. 1 ÄrzteG 1998 in der Fassung der zuletzt genannten Novelle die Ausbildung von Fachärzten im Hauptfach auf einer "genehmigten" Ausbildungsstelle zu erfolgen hatte (vgl. ebenso Pkt. 2.2.1. des zitierten hg. Erkenntnisses Zl. 2010/11/0004).
2.4. Schließlich bringt die Beschwerde vor, die einschränkende Bestimmung des ÄrzteG 1998, die für die Anrechnung von Ausbildungszeiten neben der Gleichwertigkeit auch eine "genehmigte Ausbildungsstelle" verlangt, führe zu einer nicht nachvollziehbaren Schlechterstellung einer im Inland absolvierten Ausbildung gegenüber einer in der Europäischen Union zugebrachten gleichwertigen Ausbildung. Auch mit diesem Vorbringen kann die Beschwerdeführerin, zumal sie sich auf keine in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Diplome oder in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübte Tätigkeit als Ärztin oder Fachärztin berufen kann und somit ein grenzüberschreitender Sachverhalt fehlt, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das zitierte Erkenntnis vom , Zl. 2010/11/0004 (vgl. dort Pkt. 2.2.6. und 2.2.7.), verwiesen werden.
3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
ZAAAE-77010