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VwGH vom 17.06.2013, 2010/11/0161

VwGH vom 17.06.2013, 2010/11/0161

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der ES in S, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Hamerlingplatz 7/14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom , Zl. UVS-6/10278/22-2010, betreffend Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), zu Recht erkannt:

Spruch

^ Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid, soweit hier wesentlich, wies die belangte Behörde (im Folgenden auch UVS) die von der namentlich genannten Patientenanwältin gemäß § 14 Abs. 1 Unterbringungsgesetz (UbG) in Vertretung der Beschwerdeführerin eingebrachte Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (betreffend die Verbringung der Beschwerdeführerin in eine näher angeführte Krankenanstalt am ) gemäß (u.a.) § 67a Z 2 und § 67c Abs. 3 AVG "mangels vorliegender Vollmacht der Sachwalterin der Beschwerdeführerin" als unzulässig zurück.

In der Begründung führte der UVS aus, die Patientenanwältin habe mit Schriftsatz vom die Maßnahmenbeschwerde "namens der Beschwerdeführerin" eingebracht. Der Inhalt der Maßnahmenbeschwerde wird im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegeben; in dieser hatte die Beschwerdeführerin beantragt, der UVS möge erkennen, dass die Beschwerdeführerin am durch die Verbringung in eine näher genannte Krankenanstalt im verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden sei.

Als maßgebenden Sachverhalt stellte die belangte Behörde sodann fest, die Beschwerdeführerin sei am durch Organe der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau von ihrer Wohngemeinschaft in B. in die genannte Krankenanstalt verbracht worden. Die im Verfahren vor dem UVS belangte Behörde habe diese Verbringung auf § 8 UbG gestützt.

Die Beschwerdeführerin sei mit Beschluss des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau vom gemäß § 268 Abs. 1 und 3 Z 2 ABGB besachwaltet worden und zwar u.a. für die Vertretung vor Behörden und Gerichten und für medizinische Heilbehandlungen. Eine Vollmacht der Sachwalterin für die Patientenanwältin zur Erhebung der gegenständlichen Beschwerde liege nicht vor. Sowohl die Sachwalterin wie auch die Patientenanwältin seien der Ansicht, dass das unmittelbare Einschreiten der Patientenanwältin beim UVS im Grunde des § 14 Abs. 1 UbG habe erfolgen können. Die gegenständliche Beschwerdeerhebung sei von der Sachwalterin "befürwortet" worden.

Der UVS habe gemäß § 13 Abs. 3 AVG den Verbesserungsauftrag erteilt, eine mit der Unterschrift der Sachwalterin versehene Unterlage vorzulegen, aus der hervorgehe, dass die Patientenanwältin von der Sachwalterin bereits zum Zeitpunkt der Erhebung der Maßnahmenbeschwerde dazu bevollmächtigt gewesen sei. Dazu habe die Patientenanwältin (zusammengefasst) ausgeführt, dass der Patientenanwalt gemäß § 14 Abs. 1 UbG kraft Gesetzes mit der Aufnahme eines ohne Verlangen unterbrachten Kranken dessen Vertreter für das im UbG vorgesehene gerichtliche Verfahren "sowie zur Wahrung der insbesondere in den §§ 33 bis 39 UbG verankerten Rechte" werde. Die Vertretungsbefugnis bedürfe nach Ansicht der Patientenanwältin keines besonderen individuellen Bestellungsaktes, sondern entstehe durch die Aufnahme ohne Verlangen ex lege. Zum genannten Verlangen des UVS habe die Patientenanwältin keine Mitteilung erstattet, dass eine Vollmacht bereits zum Zeitpunkt der Einbringung der Maßnahmenbeschwerde vorgelegen sei.

In rechtlicher Hinsicht verwies der UVS auf § 14 Abs. 1 UbG und führte aus, dass die Vertretungsbefugnis des Patientenanwaltes nach dieser Bestimmung zunächst zeitlich eingeschränkt sei, weil diese mit der Aufnahme der untergebrachten Person beginne. § 14 Abs. 1 UbG beschränke die Vertretungsbefugnis aber auch inhaltlich, nämlich einerseits auf das in diesem Bundesgesetz vorgesehene gerichtliche Verfahren und andererseits zur Wahrung der "insbesondere in den §§ 33 bis 39 verankerten Rechte". Im gegenständlichen Fall gehe es nicht um ein gerichtliches Verfahren zur Überprüfung der erfolgten Unterbringung im Sinne der §§ 18 ff UbG, sondern um ein Rechtsmittel gegen die (der Unterbringung vorangegangene) Verbringung in die Krankenanstalt. Entscheidend sei daher, ob sich die Befugnis der Patientenanwältin, die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren betreffend die Maßnahmenbeschwerde zur Überprüfung der Verbringung in die Krankenanstalt zu vertreten, aus der demonstrativen Aufzählung "zur Wahrnehmung der insbesondere in den §§ 33 bis 39 verankerten Rechte" ableiten lasse. Dies sei nach Ansicht des UVS einerseits deshalb zu verneinen, weil die Vertretungsbefugnis des Patientenanwaltes, wie dargelegt, erst mit der Aufnahme eines Untergebrachten in die Anstalt beginne. Andererseits sei aus der demonstrativen Aufzählung der §§ 33 bis 39 auch abzuleiten, dass der Gesetzgeber dabei Beschränkungen der persönlichen Freiheit "in der Krankenanstalt" vor Augen gehabt habe, nicht aber Beschränkungen vor der Unterbringung. Aus diesen Gründen sei den in der Beschwerde zitierten Literaturmeinungen, die zum gegenteiligen Ergebnis gelangten, nicht zu folgen. Auch eine Auseinandersetzung mit den Gesetzesmaterialien zu § 14 Abs. 1 UbG könne nach Ansicht der belangten Behörde unterbleiben, weil die Materialien nur für die Auslegung unklarer Gesetzesbestimmungen herangezogen werden könnten. § 14 Abs. 1 UbG in der zum Unterbringungszeitpunkt geltenden Fassung sei aber "insoweit eindeutig formuliert", als diese Bestimmung die gesetzliche Vertretungsbefugnis für den Patientenanwalt erst "mit der Aufnahme" in die Anstalt entstehen lasse, somit noch nicht für das unmittelbar vorangehende ("weit weniger eingreifende") Verfahren der Verbringung in die Anstalt. Abgesehen davon würden die Gesetzesmaterialien die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin nicht stützen.

Da somit eine Bevollmächtigung der Patientenanwältin zur Einbringung der gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde nicht vorgelegen sei und dem Verbesserungsauftrag des UVS nicht entsprochen worden sei, sei die Maßnahmenbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gegen die Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bringt der UVS in der Gegenschrift vor, mit dem angefochtenen Bescheid sei "die Beschwerde der Patientenanwältin" mangels vorliegender Vollmacht zurückgewiesen worden, sodass nur diese, nicht aber die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof beschwerdelegitimiert sei.

Dieses Vorbringen entspricht nicht der Aktenlage, weil die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde vom ausdrücklich von der Beschwerdeführerin "vertreten durch … (die) Patientenanwältin gem. § 14 Abs. 1 UbG" erhoben wurde. Auch der angefochtene Bescheid spricht über die "in Vertretung" der Beschwerdeführerin eingebrachte Maßnahmenbeschwerde ab, nach der Zustellverfügung wurde er (abgesehen von der Patientenanwältin) auch an die Sachwalterin der Beschwerdeführerin zugestellt.

Vor diesem Hintergrund ist der genannte Einwand des UVS gegen die Legitimation der Beschwerdeführerin zur Einbringung der gegenständlichen Bescheidbeschwerde nicht berechtigt.

2. In den Beschwerdegründen führt die Beschwerdeführerin aus, dass die Vertretungsbefugnis des Patientenanwaltes gemäß § 14 Abs. 1 UbG ex lege durch die sog. Aufnahme ohne Verlangen, also durch die Unterbringung des Patienten in einer Anstalt im Sinne des UbG, eintrete. Das Vertretungsverhältnis entstehe unabhängig davon, ob der Patient einen gesetzlichen Vertreter wie z.B. einen Sachwalter habe.

Aus der Formulierung des § 14 Abs. 1 UbG, konkret aus dem Wort "insbesondere", ergebe sich, dass der Patientenanwalt nicht nur auf die Wahrnehmung der in den §§ 33 bis 39 UbG verankerten Rechte beschränkt sei. Vielmehr komme ihm auch die Wahrnehmung jener Rechte zu, die mit der Unterbringung in einem unmittelbaren und typischen Zusammenhang stünden. Der Patientenanwalt sei auch nicht auf die Anrufung bestimmter Rechtschutzeinrichtungen beschränkt (Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Der Patientenanwalt sei daher auch berechtigt, den Patienten vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu vertreten (Hinweis auf Kopetzki , Grundriss des Unterbringungsrechts).

Demgegenüber gehe die belangte Behörde unzutreffend davon aus, dass es auf die genannten Gesetzesmaterialien bzw. Literaturmeinungen nicht ankomme, weil § 14 Abs. 1 UbG einen eindeutigen Wortlaut aufweise. Dies sei unrichtig, weil die Wortfolge "insbesondere in den §§ 33 bis 39 UbG verankerten Rechte" interpretationsbedürftig und daher im Sinne der genannten Gesetzesmaterialien bzw. Literaturmeinung auszulegen sei. Im systematischen Kontext mit den §§ 8 und 9 UbG erstrecke sich die Vertretungsbefugnis des Patientenanwaltes daher auch auf die zwangsweise Verbringung in die Anstalt. Zu diesem Ergebnis gelange man auch aus Überlegungen zum Rechtschutzbedürfnis der Patienten, weil dessen umfassender Rechtschutz nur dann gewährleistet werden könne, wenn dieser sich auf alle Akte erstrecke, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterbringung stünden.

3. Im Beschwerdefall geht es um die Frage der Zulässigkeit einer Verfahrenshandlung, namentlich um die Befugnis des Patientenanwaltes, die Maßnahmenbeschwerde vom im Namen der Beschwerdeführerin einzubringen. Maßgebend dafür ist die Rechtslage, die zum Zeitpunkt dieser Verfahrenshandlung gegolten hat, somit (zufolge § 42 Abs. 3 UbG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 18/2010) das UbG in der Fassung BGBl. I Nr. 12/1997, das auszugsweise wie folgt lautet:

"Geltungsbereich

§ 2. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten für Krankenanstalten und Abteilungen für Psychiatrie (im folgenden Anstalt), in denen Personen in einem geschlossenen Bereich angehalten oder sonst Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen werden (im folgenden Unterbringung).

Voraussetzungen der Unterbringung

§ 3. In einer Anstalt darf nur untergebracht werden, wer

1. an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und

2. nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer Anstalt, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.

Unterbringung auf Verlangen

§ 4. (1) Eine Person, bei der die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen, darf auf eigenes Verlangen untergebracht werden, wenn sie den Grund und die Bedeutung der Unterbringung einzusehen und ihren Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen vermag.

….

Unterbringung ohne Verlangen

§ 8. Eine Person darf gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine Anstalt gebracht werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt, daß die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen. In der Bescheinigung sind im einzelnen die Gründe anzuführen, aus denen der Arzt die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachtet.

Vertretung des Kranken

§ 13. (1) Der Vorsteher des Bezirksgerichts hat für die Kranken einer Anstalt aus dem Kreis der von einem geeigneten Verein namhaft gemachten Personen im voraus einen, erforderlichenfalls auch mehrere Patientenanwälte zu bestellen. Werden mehrere Patientenanwälte bestellt, so ist auch deren Zuordnung zu den Kranken allgemein zu regeln.

(2) Der Vorsteher hat die Bestellung dem Patientenanwalt, dem Verein, der diesen namhaft gemacht hat, dem ärztlichen Leiter der Anstalt und dem Amt der Landesregierung zur Kenntnis zu bringen sowie durch Anschlag an der Gerichtstafel kundzumachen.

§ 14. (1) Der Patientenanwalt wird mit der Aufnahme eines ohne Verlangen untergebrachten Kranken kraft Gesetzes dessen Vertreter für das in diesem Bundesgesetz vorgesehene gerichtliche Verfahren und zur Wahrnehmung der insbesondere in den §§ 33 bis 39 verankerten Rechte. Dadurch werden die Geschäftsfähigkeit des Kranken und die Vertretungsbefugnis eines sonstigen Vertreters nicht beschränkt.

(2) Der Abteilungsleiter hat dafür zu sorgen, daß der Kranke Auskunft darüber erhält, wer sein Patientenanwalt ist, und daß er sich mit diesem besprechen kann. Die Auskunft ist auf Verlangen des Kranken auch dessen Angehörigen zu erteilen.

(3) Auch einem auf Verlangen untergebrachten Kranken ist auf sein Ersuchen die Möglichkeit zu geben, sich mit dem Patientenanwalt zu besprechen. Hegt der Patientenanwalt Zweifel an der Wirksamkeit des Verlangens nach Unterbringung, so hat er dies dem Abteilungsleiter mitzuteilen. Mit Zustimmung des Kranken vertritt er diesen bei der Wahrnehmung der in den §§ 33 bis 39 verankerten Rechte; Abs. 1 zweiter Satz gilt sinngemäß.

Gegenstand des Verfahrens

§ 18. Über die Zulässigkeit der Unterbringung des Kranken in den Fällen der §§ 10 und 11 hat das Gericht nach Prüfung der Voraussetzungen der Unterbringung zu entscheiden.

…"

3.1. Nach den unstrittigen (insoweit mit der Aktenlage übereinstimmenden) Feststellungen der belangten Behörde wurde für die Beschwerdeführerin mit Beschluss des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau vom gemäß § 268 ABGB ein Sachwalter bestellt, der gemäß § 268 Abs. 1 und 3 Z 2 ABGB u.a. mit der Vertretung der Beschwerdeführerin vor Behörden und Gerichten und mit der Besorgung von Angelegenheiten der medizinischen Heilbehandlung betraut wurde.

Unstrittig ist weiters, dass die Beschwerdeführerin am von Organen der Bezirkshauptmannschaft, gestützt auf § 8 UbG, in eine Anstalt iSd § 2 UbG gebracht wurde.

In rechtlicher Hinsicht strittig ist, ob die Patientenanwältin ex lege, nämlich gemäß § 14 Abs. 1 UbG, befugt war, gegen diese Verbringung der Beschwerdeführerin in die Anstalt im Namen der Beschwerdeführerin Maßnahmenbeschwerde beim UVS gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z 2 AVG zu erheben.

Der UVS verneint dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass sich der Umfang der ex lege Vertretungsbefugnis des § 14 Abs. 1 UbG nicht darauf erstrecke, im Namen des Betroffenen Rechtsmittel gegen die Verbringung in die Anstalt zu erheben, weil diese Vertretungsbefugnis nach der zuletzt genannten Bestimmung erst im Anschluss an die Verbringung in die Anstalt (nämlich mit der Aufnahme des untergebrachten Kranken in die Anstalt) entstehe.

3.2. Voranzustellen ist, dass nach ständiger hg. Rechtsprechung die Überprüfung der sog. "Verbringung" des Kranken in die Anstalt (§ 8 UbG) und die damit allenfalls im Zusammenhang stehende Vorführung zum Amtsarzt (§ 9 UbG) als Maßnahmen der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt der Kontrolle durch den unabhängigen Verwaltungssenat unterliegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/11/0340, mwN), wohingegen die Überprüfung der Aufnahme in die Anstalt (§ 10 UbG) und der Zulässigkeit der Anhaltung gemäß § 18 UbG dem Gericht obliegt (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 99/11/0345, mwN).

Richtig ist zunächst, dass der Patientenanwalt gemäß § 14 Abs. 1 UbG kraft Gesetzes erst zu jenem Zeitpunkt Vertreter des (ohne Verlangen untergebrachten) Kranken wird, in dem dieser in die Anstalt aufgenommen wird. Daraus folgt aber noch nicht zwingend, dass sich die Vertretungsbefugnis des Patientenanwaltes inhaltlich nur auf solche Verfahren und Rechte bezieht, die erst nach der Aufnahme des Betreffenden eingeleitet werden bzw. entstehen. § 14 Abs. 1 UbG umschreibt nämlich den Umfang der Vertretungsbefugnis des Patientenanwaltes einerseits mit dem gerichtlichen Verfahren nach dem UbG (vgl. die §§ 18 ff UbG) und andererseits mit der "Wahrnehmung der insbesondere in den §§ 33 bis 39 verankerten Rechte".

An dieser Vertretungsbefugnis des Patientenanwaltes ändert, wie sich aus dem letzten Satz des § 14 Abs. 1 UbG (und aus dem nachstehend auszugsweise wiedergegebenen Ausschussbericht) ableiten lässt, die bestehende Vertretungsbefugnis eines "sonstigen Vertreters" (also etwa eines Sachwalters) nichts.

Im vorliegenden Fall wurde die Patientenanwältin mit der gegen den Willen der Beschwerdeführerin erfolgten Aufnahme in die Anstalt am und der damit erfolgten Unterbringung iSd § 2 UbG zur Vertreterin der Beschwerdeführerin, und zwar einerseits im (gegenständlich nicht maßgebenden) gerichtlichen Verfahren nach dem UbG und andererseits bezüglich der Wahrnehmung der "insbesondere" in den §§ 33 bis 39 UbG verankerten Rechte der Beschwerdeführerin.

Entscheidungsrelevant ist somit, ob die Einbringung der in Rede stehenden Maßnahmenbeschwerde zur Wahrnehmung der "insbesondere in den §§ 33 bis 39 verankerten Rechte" zählt.

Die §§ 33 bis 37 UbG regeln die (im Anschluss an die Unterbringung in der Anstalt mögliche) Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Kranken, dessen Verkehr mit der Außenwelt und den Schutz vor zwangsweiser ärztlicher Behandlung, wobei über eine Beschränkung dieser Rechte jeweils das Gericht zu entscheiden hat (vgl. dazu auch § 38 UbG). In § 39 UbG ist das dem Kranken und seinem Vertreter (gegenüber der Anstalt) zustehende Recht auf Einsicht in die Krankengeschichte normiert.

Gemeinsam ist den §§ 33 bis 39 UbG somit, dass sie zum einen Rechte des Kranken im Anschluss an die Unterbringung in der Anstalt betreffen, die zum anderen im gerichtlichen Verfahren durchsetzbar sind. Dies spricht dagegen, auch die Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde gegen die Verbringung in die Anstalt unter die demonstrative Aufzählung des § 14 Abs. 1 UbG ("insbesondere in den §§ 33 bis 39 verankerten Rechten") zu subsumieren, weil die genannte Maßnahmenbeschwerde weder Rechte im Anschluss an die Unterbringung noch im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Rechte betrifft.

Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien ableiten:

Die Regierungsvorlage (RV 464 BlgNR XVII.GP, S. 25) zur Stammfassung des UbG, BGBl. Nr. 155/1990, lautet auszugsweise (Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Vertretung des Kranken

§ 11.

(4) Der Patientensachwalter wird mit der Aufnahme eines Kranken in den geschlossenen Bereich kraft Gesetzes Vertreter· des Kranken für das in diesem Bundesgesetz vorgesehene gerichtliche Verfahren und zur Wahrnehmung der insbesondere in den §§ 21 bis 24 verankerten Rechte gegenüber der Krankenanstalt und dem Gericht . Dadurch wird der Kranke in seiner Geschäftsfähigkeit nicht beschränkt.

…"

In den Erläuterungen dieser Regierungsvorlage wird zu den Aufgaben des Patientenanwaltes (in der RV noch als "Patientensachwalter" bezeichnet) ausgeführt (Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Eine wesentliche Neuerung des Gesetzentwurfs ist, daß jeder Kranke, der sich nicht auf Grund eigenen Verlangens im geschlossenen Bereich befindet, zur Wahrnehmung seiner Belange im gerichtlichen Verfahren und gegenüber der Krankenanstalt einen Vertreter haben soll. Dabei läßt sich der Entwurf vor allem von zwei Zielsetzungen leiten: Da erfahrungsgemäß der Kranke gerade in der ersten Zeit seines Aufenthalts im geschlossenen Bereich besonders einer Hilfe bedarf, soll der Vertreter möglichst ab dem ersten Augenblick des Aufenthalts dem Kranken zur Seite stehen; die Besonderheiten der Aufgaben des Vertreters erfordern auch, daß dieser entsprechend geschult ist, die Verhältnisse in der Krankenanstalt kennt und Erfahrung im Umgang mit psychiatrischen Patienten hat. Diesen Zielsetzungen soll durch die Einrichtung der Patientensachwalterschaft Rechnung getragen werden.

… Die Aufgabe des Patientensachwalters soll eine zweifache sein: Zum einen hat er den Kranken im gerichtlichen Verfahren über die Zulässigkeit des Verbleibes im geschlossenen Bereich zu vertreten; zum andern hat er auch die Interessen des Kranken im Zusammenhang mit einer allfälligen Beschränkung seiner Rechte (s. §§ 21 bis 24) wahrzunehmen. Mit dem Wort "insbesondere" wird klargestellt, daß der Patientensachwalter auch bei der Beeinträchtigung anderer Rechte des Kranken (zB auf würdige Behandlung) einzuschreiten hat; als Mittel wird in der Regel die Beschwerde an den Abteilungsleiter in Betracht kommen. Bei Verstößen gegen das Strafgesetzbuch (zB bei Diebstahl) wird der Patientensachwalter auch eine Anzeige an die Strafverfolgungsbehörde erstatten können. …"

Der Ausschussbericht (AB 1202 BlgNR XVII.GP, S. 7) führt zum Patientenanwalt aus:

"… Hauptaufgabe des Patientenanwalts ist die Vertretung des Kranken im Unterbringungsverfahren und bei der Wahrnehmung seiner sonstigen Rechte. Die unterschiedlichen Aufgabenbereiche eines Vertreters nach dem Sachwalterrecht und eines Vertreters nach dem Unterbringungsrecht sollten auch durch eine unterschiedliche Bezeichnung zum Ausdruck gebracht werden. Dem rechtlichen Schwergewicht der Tätigkeit des Vertreters nach dem Unterbringungsgesetz entspricht am besten der Begriff "Patientenanwalt".

Der Wirkungsbereich des Sachwalters im Sinn des § 273 ABGB und der Aufgabenkreis des Patientenanwalts sind - wie erwähnt - verschieden. Dennoch wird es in der Praxis immer wieder zu Situationen kommen, in denen die reibungslose Zusammenarbeit beider Vertreter des Kranken vonnöten ist. Der Justizausschuß geht davon aus, daß Sachwalter und Patientenanwalt in derartigen Fällen aus eigenem Antrieb die notwendigen Maßnahmen ergreifen und miteinander Verbindung aufnehmen werden; Insbesondere dann, wenn beide Vertreter vom selben Verein namhaft gemacht werden, wird die notwendige Kooperation voraussichtlich keine Probleme bereiten. Es ist daher nicht erforderlich, das Verhältnis dieser gesetzlichen Vertreter gesetzlich näher zu regeln.

Nach dem zweiten Satz des Abs. 1 werden der Kranke in seiner Geschäftsfähigkeit und ein sonstiger Vertreter des Kranken in seiner Vertretungsbefugnis durch den Patientenanwalt nicht beeinträchtigt. Der Ausschuß hält zu dieser Bestimung fest, daß umgekehrt allfällige Verfahrenshandlungen des Kranken und seines Vertreters (etwa ein Rechtsmittelverzicht) die Stellung des Patientenanwalts, dem die Wahrung der Rechte des Kranken obliegt, als Beteiligten (vgl. § 9 AußStrG) grundsätzlich nicht beeinflussen. Als "sonstige" Vertreter des Kranken werden selbstgewählte Vertreter (§ 16), aber auch andere gesetzliche Vertreter (Vormund, Sachwalter nach § 273 ABGB oder Obsorgeberechtigter) in Betracht kommen.

…"

Aus dem dargestellten Gesetzwerdungsprozess ergibt sich, dass der Patientenanwalt ("Patientensachwalter") sowohl nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 4 der Regierungsvorlage zum Stammgesetz des UbG als auch nach den zugehörigen Erläuterungen Vertreter des Kranken für das in diesem Bundesgesetz vorgesehene gerichtliche Verfahren und zur Wahrnehmung der insbesondere in den §§ 21 bis 24 verankerten Rechte ausdrücklich "gegenüber der Krankenanstalt und dem Gericht" werden sollte.

Aus dem bloßen Fehlen dieser Wortfolge "gegenüber der Krankenanstalt und dem Gericht" in der entsprechenden Bestimmung des Ausschussberichtes (nunmehr als § 14 bezeichnet) und im Gesetzeswortlaut des § 14 UbG (sowohl in der Stammfassung BGBl. Nr. 155/1990 als auch in der Fassung der gegenständlich anzuwendenden Novelle BGBl. I Nr. 12/1997) ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aber - mangels entsprechender Ausführungen im Ausschussbericht - nicht abzuleiten, dass der Gesetzgeber (im Unterschied zur Regierungsvorlage) eine Erweiterung der Vertretungsbefugnis des Patientenanwaltes auch gegenüber Behörden herbeiführen oder die Vertretungsbefugnis auf Rechte, die dem Kranken abseits der Unterbringung iSd UbG zukommen, ausdehnen wollte (anders Kopetzki , Grundriss des Unterbringungsrechts, 2. Auflage (2005), Rz 484).

Zusammenfassend ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die gemäß § 14 Abs. 1 UbG ex lege bestehende Vertretungsbefugnis des Patientenanwaltes die Einbringung der gegenständlichen (die Verbringung in die Anstalt betreffende) Maßnahmenbeschwerde nicht umfasste.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am