VwGH vom 26.04.2013, 2010/11/0152
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des H B in G, vertreten durch Dr. Anton Cuber, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Glacisstraße 53, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses bei der Ärztekammer für Steiermark vom , Zl. BA 07/09, betreffend Refundierung von Beiträgen zur Grund- und Ergänzungsleistung zum Wohlfahrtsfonds (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Ärztekammer für Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Österreichischen Zahnärztekammer vom war gemäß § 43 Abs. 1a Zahnärztegesetz festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer seine Berufsausübung in Österreich tatsächlich eingestellt und trotz dreimaliger Aufforderung keine entsprechende Mitteilung an die österreichische Zahnärztekammer gemacht hat.
Mit Bescheid vom gab der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark (UVS) der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung keine Folge.
Daraufhin erging seitens des Verwaltungsausschusses bei der Ärztekammer für Steiermark gegenüber dem Beschwerdeführer folgender Bescheid vom :
"Gemäß § 115 Abs. 1 Ärztegesetz sowie § 16 Abs. 1 der Satzungen des Wohlfahrtsfonds und § 22 der Wohlfahrtsfondsbeitragsordnung werden die bis zum entrichteten Beiträge zum Fonds der Grund- und Ergänzungsleistung im Ausmaß von 50 % und zur Erweiterten Zusatzleistung im Ausmaß von 100 % refundiert.
Insgesamt wurden im Zeitraum vom bis Beiträge entsprechend der folgenden Aufstellung entrichtet.
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Jahr | Grund und Ergänzungsleistung (EUR) | Zusatzleistung (EUR) | erweiterten Zusatzleistung (EUR) |
1988 | 187,35 | 0,00 | 0,00 |
1989 | 1.593,28 | 0,00 | 0,00 |
1990 | 381,46 | 0,00 | 0,00 |
1991 | 698,46 | 0,00 | 0,00 |
1992 | 695,77 | 0,00 | 0,00 |
1993 | 181,67 | 0,00 | 0,00 |
1994 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1995 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1996 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1997 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1998 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1999 | 1.792,62 | 0,00 | 0,00 |
2000 | 564,16 | 0,00 | 120,93 |
2001 | 3.372,02 | 0,00 | 123,54 |
2002 | 0,00 | 0,00 | 127,04 |
2003 | 913,24 | 0,00 | 129,52 |
2004 | 2.982,64 | 0,00 | 131,04 |
2005 | 7.884,00 | 0,00 | 133,68 |
2006 | 0,00 | 0,00 | 22,86 |
2007 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
2008 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Gesamt | 21.246,61 | 0,00 | 788,61 |
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Die Rückvergütung der Beiträge zur Grund und Ergänzungsleistung erfolgt im Ausmaß von 50%, das sind | 10.623,31 |
Beiträge zur Zusatzleistung wurden von Ihnen nicht geleistet.
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Die Rückvergütung der Beiträge zur erweiterten Zusatzleistung erfolgt im Ausmaß von 100%, das sind | 788,61" |
Begründend führte die erstinstanzliche Behörde Folgendes aus:
§ 22 der Beitragsordnung zum Wohlfahrtsfonds sehe vor, dass
die vom Kammerangehörigen zur Grundversorgung der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung entrichteten Beiträge zur Hälfte, die von ihm zur Zusatz- und erweiterten Zusatzleistung entrichteten Beiträge zur Gänze zurückzuzahlen seien, wenn keine Überweisung von Beitragsanteilen im Sinne des § 115 Abs. 1 und 2 ÄrzteG 1998 zu erfolgen habe, der Kammerangehörige also aus der Ärzte- bzw. Zahnärzteliste gestrichen werde, ohne eine Altersversorgung oder eine Versorgung aus dem Wohlfahrtsfonds zu erhalten. Etwaige Beitragsrückstände seien in Abzug zu bringen.
Der Beschwerdeführer habe seine ärztliche Tätigkeit mit eingestellt und seither keine ärztliche Tätigkeit mehr aufgenommen. Es sei daher die Frist für die Refundierung von Beiträgen gemäß § 22 der Beitragsordnung ab zu rechnen gewesen. Beiträge zur Zusatzleistung habe er nicht geleistet. Der Refundierungsbetrag werde "mit den offenen Beiträgen aus den Jahren 2001 bis 2004 gegenverrechnet".
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Beschwerdeausschusses bei der Ärztekammer für Steiermark vom wurde der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Folge gegeben.
Nach einer Wiedergabe des Inhalts der angefochtenen Entscheidung und der Anträge des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, sie trete der Begründung des Verwaltungsausschusses vollinhaltlich bei. Hinsichtlich der Gegenverrechnung werde "auf die einschlägigen Bestimmungen des § 110a Abs. 2 Ärztegesetz und des § 21 Abs. 2 der Satzungen des Wohlfahrtsfonds verwiesen".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer "in seinen sich aus dem Ärztegesetz und den Satzungen des Wohlfahrtsfonds ergebenden Rechten, insbesondere jene betreffend die Regelung von Gegenverrechnungen bei der Refundierung von EUR 11.411,96 sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung und die Bescheidbegründung "als verletzt erachtet.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde erstattet:
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Gemäß § 110a Abs. 1 ÄrzteG 1998 können rückständige Wohlfahrtsfondsbeiträge nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 eingebracht werden. Für Beitragsrückstände zum Wohlfahrtsfonds kann die Wohlfahrtsfondsbeitragsordnung Verzugszinsen vorsehen, die bis zu 8 vH p.a. betragen können.
Gemäß § 110a Abs. 2 ÄrzteG 1998 kann die Wohlfahrtsfondsbeitragsordnung bestimmen, dass fällige Beiträge von den beanspruchten und gewährten Leistungen abgezogen werden, unabhängig davon, wem oder aus welchem Titel diese Leistung zusteht.
1.2. § 21 der Satzungen des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Steiermark lautet (auszugsweise):
"§ 21 Leistungsanspruch, Beitragsschuld, Verminderung der Leistung
(1) Aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds sind den Anspruchsberechtigten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Versorgungs- und Unterstützungsleistungen zu gewähren.
(2) Für den Fall, dass der beitragspflichtige Kammerangehörige mit der Entrichtung der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds in Verzug geraten ist, kann die fällige Beitragsschuld von den beanspruchten und gewährten Leistungen abgezogen werden, wem oder aus welchem Titel diese Leistungen zustehen. Auch Überbezüge von Leistungen durch Leistungsbezieher können mit beanspruchten und gewährten Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds gegenverrechnet werden, unabhängig davon, wem oder aus welchem Titel diese Leistungen zustehen.
…"
2. Die Beschwerde macht - in Ausführung des dargestellten Beschwerdepunkts - Folgendes geltend: Im angefochtenen Bescheid fehlten Feststellungen darüber, "ob, aus welchen Gründen und in welcher Höhe Beiträge des Beschwerdeführers aus den Jahren 2001 bis 2004 offen sind, ob diese Beiträge vorgeschrieben wurden oder diese mangels Vorschreibung und/oder Betreibung bereits verjährt sind."
Refundierung und allfällige Gegenverrechnung folgten den Vorschriften der Satzung, die - ebenso wenig wie das ÄrzteG 1998 - spezielle Aufrechnungsvorschriften enthalte, weshalb die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften Gültigkeit hätten. Daher habe der Aufrechnende seine Gegenforderung zu konkretisieren und zu erklären, dass er mit seiner Forderung in der konkreten Höhe gegen die Forderung des Aufrechnungsgegners aufrechne. An einer solchen - auch mit Blick auf die Verjährungsregelungen wesentlichen - Konkretisierung fehle es, weshalb eine rechtskonforme Aufrechnung nicht erfolgt sei.
3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend:
3.1. Im Spruch des mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Bescheids des Verwaltungsausschusses der Ärztekammer für Steiermark vom werden die vom Beschwerdeführer in den Jahren 1988 bis 2008 geleisteten Beiträge zu Grund- und Ergänzungsleistung, Zusatzleistung und erweiterter Zusatzleistung im Einzelnen aufgelistet. Hinsichtlich der Beiträge zur Grund- und Ergänzungsleistung im Gesamtbetrag von Euro 21.246,61 erfolge die Rückvergütung zu 50 %, also mit Euro 10.623,31, hinsichtlich der Beiträge zur erweiterten Zusatzleistung im Gesamtbetrag von Euro 788,61 zu 100 %, also mit Euro 788,61.
Ausführungen über eine Gegenverrechnung mit offenen Beitragsrückständen enthält der Spruch nicht.
Erst am Ende der Begründung findet sich der Passus "Der Refundierungsbetrag wird mit den offenen Beiträgen aus den Jahren 2001 bis 2004 gegenverrechnet."
3.2. § 21 Abs. 2 der Satzung sieht keinen "automatischen" Abzug einer fälligen Beitragsschuld von einem Kammerangehörigen zustehenden Leistungen vor, sondern ermöglicht die Geltendmachung einer Aufrechnung ("kann … abgezogen werden") und steht insofern im Einklang mit dem Verständnis von § 1438 ABGB, als nicht schon das gegenseitige Zusammentreffen aufrechenbarer Forderungen die Aufrechnung herbeiführt, dies vielmehr erst durch eine entsprechende Aufrechnungserklärung samt Konkretisierung der Gegenforderung bewirkt wird (vgl. Dullinger in Rummel , ABGB3, Rz 11ff zu § 1438).
3.3. Gerade dieser Hintergrund verbietet es, dem erstinstanzlichen Bescheid - entgegen seinem Spruch - die nun von der Beschwerde unterlegte Deutung (mit ihm sei schon die Aufrechnung erklärt worden) zu geben. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass damit eine Kompensation - noch dazu mit gar nicht näher konkretisierten Beträgen - noch nicht erfolgt ist, vielmehr erst angekündigt wurde.
Durch diesen bloßen Hinweis in der Bescheidbegründung wurde der Beschwerdeführer daher nicht in Rechten verletzt.
Klarzustellen ist lediglich, dass eine Aufrechnungserklärung die Konkretisierung der aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderung, also die Klarstellung, mit welcher eigenen Forderung aufgerechnet wird, erfordert. Zur anzuwendenden Berechnungsmethode bei einer aufrechnungsweise vorzunehmenden Gegenverrechnung mit Beitragsrückständen sei im Übrigen auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/11/0156, mwN, verwiesen.
4. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am