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VwGH vom 25.02.2010, 2008/09/0257

VwGH vom 25.02.2010, 2008/09/0257

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des E A in I, vertreten durch Univ. Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer und Dr. Johannes Hibler, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2007/14/2676-2, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien:

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.211,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Arbeitgeber - Inhaber eines Einzelunternehmens - mit Betriebssitz in I. am einen näher bezeichneten rumänischen Staatsangehörigen im Rahmen seines Gewerbebetriebes in I. als Hilfskraft (Paketzusteller) beschäftigt, obwohl für den Ausländer keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen) verhängt.

Ihre Begründung des angefochtenen Bescheides stützte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges auf folgende Erwägungen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof;

Schreibfehler im Original):

"Am waren M. mit Herrn N. und Herrn A. auf Ausländerbeschäftigungsgesetzkontrolle in I. in der Altstadt unterwegs. Die Beamten nahmen war, dass ein Kleintransporter in der M.-Straße vor der Spitalskirche um 09.45 Uhr abgestellt war. Sie sahen wie eine Person, welche vom X.-Geschäft kam, zum Fahrzeug einen Sackroller hinschob und auf die Ladefläche des Fahrzeuges verstaute. Diese Person setzte sich dann auf den Beifahrersitz. Kurze Zeit später kam eine weitere Person, welche der Fahrer des Fahrzeuges war. Die Beamten führten eine Beschäftigungskontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz durch und konnten feststellen, dass es sich bei der Person, die sich auf den Beifahrersitz gesetzt hat, um den rumänischen Staatsangehörigen G. handelte. Fahrer war K. Dieser erklärte, dass es sich bei dem rumänischen Staatsagengehörigen um seinen Schwager handeln würde, der auf Besuch bei ihm sei und auch wohne. Er sei am angekommen und würde ihn nur begleiten, da er zu Hause nichts zu tun habe und er die Arbeit seines Schwagers kennen lernen wollte. Er bat die Beamte 'ein Auge zuzudrücken'.

Herr K. war zu diesem Zeitpunkt bei(m Beschwerdeführer) als Fahrer beschäftigt. Er war mit seinem Fahrzeug mit dem Kennzeichen

... unterwegs. Zu diesem Fahrzeug (gemeint wohl: Zeitpunkt)

verfügte der (Beschwerdeführer) über zwei Fahrzeuge und waren zwei Personen für ihn tätig.

Am wurde K. im Y.-Sportgeschäft, ..., in I. kontrolliert und konnte festgestellt werden, dass K. mit seinem Schwager G. einen Kleintransporter der Firma Z. entlud.

Der rumänische Staatsangehörige G. verfügte über keinerlei Berechtigungen für Arbeiten in Österreich nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz."

Die belangte Behörde setzte nach Zitierung von § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a und Abs. 7 AuslBG fort (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Im vorliegenden Fall wurde der rumänische Staatsangehörige auf dem Beifahrersitz des dem (Beschwerdeführer) gehörigen Fahrzeuges angetroffen. Die Beamten des Finanzamtes konnten auch wahrnehmen, dass der rumänische Staatsangehörige einen Sackroller vom X.-Geschäft zum Fahrzeug gebracht hat und ist somit auch der rumänische Staatsangehörige für den (Beschwerdeführer) 'tätig' gewesen.

Hinzu kommt noch, dass nach der Kontrolle am von Beamten des Finanzamtes wahrgenommen wurde, dass der rumänische Staatsangehörige am neuerlich Tätigkeiten im Y.-Geschäft durchgeführt hat. Dies trotz der Kontrolle vom .

Aufgrund der Umstände konnte vom (Beschwerdeführer) nicht glaubhaft gemacht werden, dass keine Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vorliegt."

Im Weiteren legte die belangte Behörde - unter Zugrundelegung dessen, dass der Beschwerdeführer die inkriminierte Verwaltungsübertretung fahrlässig begangen habe - ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unstrittig ist, dass der näher bezeichnete rumänische Staatsangehörige zum Tatzeitpunkt Beifahrer im Fahrzeug des Beschwerdeführers gewesen ist und die festgestellte, von den genannten KIAB-Mitarbeitern beobachtete Tätigkeit verrichtet hat.

Gemäß § 28 Abs. 7 AuslBG ist dann, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne Weiteres anzunehmen, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliege.

Glaubhaftmachen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer eine plausible Erklärung dafür anzubieten und diese durch Beweismittel zu unterlegen hat, dass das Verhalten, bei dem der ausländische Staatsangehörige beobachtet worden ist, in rechtlicher Beurteilung keine Beschäftigung im Sinne des AuslBG darstellt.

Bei Beurteilung, ob in einem konkreten Fall ein dem Reglement des AuslBG unterliegender Gefälligkeitsdienst anzunehmen ist, hat die Behörde eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0020, und das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0153). Dabei fallen Gefälligkeitsdienste dann nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG, wenn sie nicht nur kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich, sondern auch auf Grund spezifischer Bindungen zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Insgesamt ist auch im Zusammenhang mit der Behauptung bloßer Gefälligkeitsdienste gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG vom wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht von der äußeren Erscheinungsform auszugehen. Bei Beurteilung der Frage, ob im jeweils konkreten Fall ein derartiger Gefälligkeitsdienst anzunehmen ist, trifft die Partei - unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes - eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei dem zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, erforderlichen Umständen um solchen handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne Weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist daher in diesem Fall hauptsächlich Sache der Partei, entsprechend konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0089).

Der Beschwerdeführer hat sich im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen damit verantwortet, dass K. am seinen Schwager ohne Wissen und ohne Zustimmung des Beschwerdeführers bei der Paketzustellung mitgenommen habe. Weiters sei weder eine Vereinbarung über eine Beschäftigung noch ein Entgelt mit dem Rumänen geschlossen gewesen, der auch kein Entgelt erhalten habe; außerdem sei eine Beschäftigung auch deshalb nicht in Frage gekommen, weil sich der Beschwerdeführer die Beschäftigung zweier Dienstnehmer im Zusammenhang mit einem Auslieferungsfahrzeug gar nicht leisten habe können.

Diese Verantwortung des Beschwerdeführers steht nicht im Widerspruch mit dem Sachverhalt, der vom einvernommenen Meldungsleger - und zwar im Zuge einer kurzen Zeitspanne und nicht einer längeren Observierung - beobachtet worden war. Insbesondere vor dem Hintergrund der Darstellung von K. wäre sie grundsätzlich auch geeignet, die beobachtete Tätigkeit als bloßen Gefälligkeitsdienst und somit als solche darzustellen, die rechtlich nicht als Beschäftigung im Sinne des AuslBG zu werten wäre. Daran vermag auch der Umstand, dass der rumänische Staatsangehörige wenige Tage danach bei einer - nicht in Bezug zum Beschwerdeführer stehenden - weiteren Tätigkeit mit K. am (Entladung eines Kleintransporters) angetroffen worden sei, nichts zu ändern.

Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht:

Im gegenständlichen Fall liegen auf Grund des behaupteten Naheverhältnisses zwischen K. und dem rumänischen Staatsangehörigen sowie angesichts dessen, dass einerseits der einvernommene Meldungsleger angegeben hat, dass üblicherweise bei solchen Transporten nur eine Person unterwegs sei, und andererseits die belangte Behörde nach ihren Feststellungen offenkundig davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer für jedes der beiden von ihm eingesetzten Fahrzeuge bereits einen Dienstnehmer beschäftigt habe (- sodass sich mangels weiterer Anhaltspunkte keinerlei Notwendigkeit für eine zusätzliche Verwendung des Rumänen ergibt -), konkrete Hinweise für atypische Umstände im Hinblick auf das allfällige Vorliegen eines Gefälligkeitsdienstes vor, die der gesetzlichen Vermutung des § 28 Abs. 7 AuslBG ohne nähere Untersuchung entgegenstünden.

Die belangte Behörde hat sich jedoch in ihrer - oben in den wesentlichen Passagen wörtlich wiedergegebenen - Bescheidbegründung mit den für das Vorliegen eines Gefälligkeitsdienstes und somit für die Darstellung des Beschwerdeführers sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt und die für eine diesbezügliche rechtliche Beurteilung notwendigen Feststellungen (wie insbesondere zum behaupteten Naheverhältnis zwischen K. und dem Ausländer) unterlassen. Im Fall, dass die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers und die dieses Vorbringen stützenden Beweisergebnisse als unglaubwürdig einstuft, hätte sie im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Beweiswürdigung darlegen müssen, aus welchen Erwägungen, allenfalls unter Mitberücksichtigung anderer Verfahrensergebnisse, sie zu diesem Schluss gekommen ist. Auch die Bestimmung des § 28 Abs. 7 AuslBG macht eine Auseinandersetzung mit Beweisergebnissen nicht überflüssig, die grundsätzlich geeignet wären, die in dieser Bestimmung normierte gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Beweiswürdigende Überlegungen dieser Art fehlen im angefochtenen Bescheid zur Gänze, sodass eine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht möglich ist.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am