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VwGH vom 29.04.2011, 2008/09/0248

VwGH vom 29.04.2011, 2008/09/0248

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des BR in K, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 19/I, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 1,2/11 - DOK/08, betreffend Entscheidung in einer Disziplinarrechtsangelegenheit nach dem BDG 1979 (weitere Parteien: Bundeskanzler, Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde den Beschwerdeführer betreffend gemäß § 115 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) eine Entscheidung in einer Disziplinarrechtsangelegenheit getroffen. Die belangte Behörde entschied dabei über eine Berufung gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Inneres vom .

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Mit Erkenntnis vom , V 88, 89/10, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Verordnung "Zusammensetzung der Senate und Geschäftsverteilung, gültig für das Jahr 2007 ab " der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres gesetzwidrig war. Diese Entscheidung beruht auf der darin näher dargelegten Auffassung, dass diese Verordnung keinen Hinweis darauf enthält, dass sie vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres erlassen worden sei. Die Verordnung sei damit auf gesetzwidrige Weise kundgemacht. Dieser während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof hervorgekommene Umstand wurde den Parteien im Hinblick auf § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG zur Kenntnis gebracht und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Die belangte Behörde erstattete keine Stellungnahme, der Beschwerdeführer schloss sich der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes an.

Gemäß Art. 89 Abs. 1 B-VG sind Gerichte, einschließlich des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Art. 135 Abs. 4 B-VG), an nicht gehörig kundgemachte Verordnungen nicht gebunden und zwar unabhängig davon, ob diese vom Verfassungsgerichtshof aus diesem Grund aufgehoben wurden oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/12/0076).

§ 101 Abs. 4 BDG 1979, BGBl. Nr. 333 idF BGBl. Nr. 287/1988, lautet:

"(4) Der Vorsitzende jeder Kommission hat jeweils bis zum Jahresschluß für das folgende Kalenderjahr die Senate zu bilden und die Geschäfte unter diese zu verteilen. Gleichzeitig ist die Reihenfolge zu bestimmen, in der die weiteren Kommissionsmitglieder bei der Verhinderung eines Senatsmitgliedes als Ersatzmitglieder in die Senate eintreten. Die Zusammensetzung der Senate darf nur im Falle unbedingten Bedarfes abgeändert werden."

Kein Zweifel kann daran bestehen, dass die Geschäftseinteilung gemäß § 101 Abs. 4 BDG 1979 als Verordnung gehörig kundzumachen ist (Art. 89 Abs. 1 B-VG). Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes an, dass die angeführte Geschäftseinteilung nicht gehörig kundgemacht wurde. Die Verordnung ist daher vom Verwaltungsgerichtshof nicht anzuwenden. Es wurde auch von den Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgebracht und ist nicht zu ersehen, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Behörde erster Instanz eine gültige Geschäftseinteilung bestanden hätte.

Das Fehlen einer wirksamen, die Zusammensetzung und die Zuständigkeit eines Kollegialorgans regelnden - vom Gesetz, hier von § 101 Abs. 4 BDG 1979 verlangten - Norm im Zeitpunkt der Beschlussfassung hat dessen Unzuständigkeit zur Folge (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/12/0104, und vom , Zl. 2005/09/0009, mwN). Die Berufungsbehörde hat eine solche Unzuständigkeit durch Aufhebung des unterinstanzlichen Bescheides aufzugreifen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 89/17/0031, 0032, vom , Zl. 94/09/0305, und vom , Zl. 2005/09/0009, mwN). Indem die belangte Behörde dies unterließ, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht - im Rahmen des Begehrens - auf § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-76914