VwGH vom 23.02.2011, 2010/11/0138
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Dr. R A in L, vertreten durch Siemer Siegl Füreder Partner, Rechtsanwälte, in 1010 Wien, Dominikanerbastei 10, gegen den Bescheid des (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Spitzauer Backhausen Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stock im Eisen-Platz 3, vertreten) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom , Zl. B 6/06, betreffend Fondsbeitrag für das Jahr 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Ärztekammer für Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit "Schätzbescheid" vom setzte der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien den Beitrag des Beschwerdeführers zum Wohlfahrtsfonds für das Jahr 1999 gemäß Abschnitt I iVm. Abschnitt IV Abs. 7 der Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien mit EUR 4.857,42 fest. Darauf seien vom Beschwerdeführer für das Jahr 1999 insgesamt EUR 3.402,02 an vorläufigen Fondsbeiträgen entrichtet worden, woraus sich ein Beitragsrückstand von EUR 1.455,40 ergebe, der um einen Säumniszuschlag in der Höhe von 10 vH., somit EUR 145,54, zu erhöhen sei. Der Beitragsrückstand betrage demnach insgesamt EUR 1.600,94.
Mit Schreiben vom beeinspruchte der (unvertretene) Beschwerdeführer den Schätzbescheid. Begründend wurde ausgeführt, es sei ein zu zahlender Betrag festgesetzt und im gleichen Verfahren ein Säumniszuschlag eingefordert worden. Da es sich um die erste Zahlungsaufforderung handle, könne er noch nichts schuldig geblieben sein, "ergo nichts versäumt haben". Die Forderung eines Säumniszuschlages in dieser Konstellation entbehre nicht einer gewissen kabarettistischen Note.
Der Beschwerdeausschuss des Wohlfahrtsfonds wertete das Schreiben des Beschwerdeführers als (nur) gegen die Festsetzung des Säumniszuschlages gerichtete Beschwerde (=Berufung) iSd. § 113 Abs. 4 des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998), gab dieser mit Bescheid vom jedoch keine Folge und bestätigte den erstbehördlichen Bescheid. Begründend wurde ausgeführt, gemäß Abschnitt IV Abs. 5 der Beitragsordnung seien die ordentlichen Fondsmitglieder verpflichtet, die von der Kammer zugesandte Beitragserklärung über die Bemessungsgrundlage vollständig und wahrheitsgemäß auszufüllen. Werde dieser Verpflichtung nicht zeitgerecht und vollständig entsprochen, erfolge gemäß Abschnitt IV Abs. 7 der Beitragsordnung die Beitragsvorschreibung nach Vornahme einer Schätzung der durch die ärztliche Tätigkeit erzielten Einkünfte des Beitragspflichtigen. Der Beschwerdeführer sei der mit Brief vom erfolgten Aufforderung, die zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage "vorliegenden" Urkunden vorzulegen, nicht nachgekommen. Der Verwaltungsausschuss habe daher den Beitrag zum Wohlfahrtsfonds geschätzt und den offenen Betrag um einen Säumniszuschlag in Höhe von 10 vH. erhöht. Abschnitt IV Abs. 7 der Beitragsordnung sehe für jede Schätzung zwingend die Verrechnung des Säumniszuschlages vor. Es handle sich dabei nicht um eine Folge verspäteter Zahlung, sondern um eine Sanktion wegen des Verstoßes gegen die Melde- und Vorlagepflichten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
1. Hinsichtlich des Antrages des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. A 2009/0048, der Verfassungsgerichtshof wolle feststellen, dass näher bestimmte Teile der Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien gesetzwidrig waren, des diesen Antrag erledigenden Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom , V 1/09-11, V 121/09- 11, sowie der für den Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides maßgebenden Rechtslage genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2010/11/0137, zu verweisen.
2. Die Beschwerde, in der ua. vorgebracht wird, dass der erstbehördliche Bescheid in der Beschwerde (=Berufung) zur Gänze bekämpft wurde, ist begründet.
Mit dem erstbehördlichen Bescheid wurde der Beitrag des Beschwerdeführers zum Wohlfahrtsfonds für das Jahr 1999 festgesetzt und dieser um einen Säumniszuschlag erhöht. Aus der oben wiedergegebenen Formulierung der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung ist keineswegs unmissverständlich zu erkennen, dass der Beschwerdeführer sich ausschließlich gegen die Vorschreibung eines Säumniszuschlages wendete, im Übrigen aber den erstbehördlichen Bescheid - hinsichtlich der Vorschreibung des Fondsbeitrages für das Jahr 1999 - unbekämpft lassen wollte. Ohne dem Beschwerdeführer ihre Auffassung über den Umfang der Berufung vorzuhalten, durfte die belangte Behörde nicht auf der Grundlage ihrer Einschätzung der Berufung ausschließlich über die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung des Säumniszuschlages entscheiden.
Schon aus diesen von der Beschwerde aufgezeigten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als mit einem Verfahrensfehler behaftet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz für Schriftsatzaufwand ein weiterer Kostenersatz, auch für Umsatzsteuer, nicht vorgesehen ist.
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-76906