VwGH vom 05.11.2010, 2008/09/0235
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der Disziplinaranwältin für den Bereich der Österreichischen Post AG in W, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 12/9-DOK/08, betreffend Disziplinarstrafe nach dem BDG 1979 (mitbeteiligte Partei: HS in B, vertreten durch Dr. Günter Gsellmann, Rechtsanwalt in 8041 Graz, Raiffeisenstraße 138 A), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Österreichische Post AG hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom wurde der Mitbeteiligte, der als Oberoffizial im Verteilzentrum Z der Österreichischen Post AG tätig war, wie folgt für schuldig erkannt und bestraft:
"'Der Mitbeteiligte ist schuldig,
1.) im Zeitraum Dezember 2005 bis Ende Jänner 2006 7 Handys und 2 Ladegeräte und seit Anfang Dezember 2006 10 Handys und 4 Ladegeräte aus den so genannten 'Wundertüten' der Weihnachtsaktion Licht ins Dunkel herausgenommen und sich rechtswidrig zugeeignet zu haben und
2.) Diebstähle von Kollegen wie AH, GS und RH dadurch
unterstützt zu haben, indem er »Schmiere gestanden sei«.
Durch sein Verhalten hat der Mitbeteiligte nicht nur gegen strafrechtliche Bestimmungen und gegen die Bestimmungen des § 43 Abs. 1 BDG 1979, wonach der Beamte verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen hat, sowie gegen die Bestimmungen des § 43 Abs. 2 BDG 1979, wonach der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, verstoßen und sich dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldig gemacht.
Es wird deshalb über ihn gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung
verhängt.
Hingegen wird der Mitbeteiligte von den Anschuldigungen, Diebstähle vom Kollegen HT dadurch unterstützt zu haben, indem er »Schmiere gestanden sei«, gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen und von den Anschuldigungen
1.) seit Anfang Dezember 2005 weitere 10 Handys und 4 Ladegeräte im Zeitraum Dezember 2005 bis Ende Jänner 2006 aus den so genannten 'Wundertüten' der Weihnachtsaktion Licht ins Dunkel herausgenommen und sich rechtswidrig zugeeignet zu haben;
2.) im Jahre 2005 einen Kugelschreiber aus einem
Briefbehälter herausgenommen und sich rechtswidrig zugeeignet zu haben;
3.) in der mit ihm am aufgenommen Niederschrift des Erhebungsdienstes der Unternehmensrevision, den Angestellten HT fälschlicherweise bezichtigt, dass er ihn persönlich beobachtet habe, wie er aus den so genannten 'Wundertüten' Handys entnommen und sich angeeignet zu haben und
4.) durch seine oben angeführte unwahre Aussage in der
niederschriftlichen Einvernahme des Erhebungsdienstes der Unternehmensrevision vom seinen Dienstgeber ein Verfahren zur Entlassung des Bediensteten HT einzuleiten veranlasst zu haben, welches dieser vor dem zuständigen Arbeits- und Sozialgericht X zu 41 Cga 30/07 g erfolgreich bekämpfte und wodurch der Österreichischen Post AG Prozesskosten und Kosten des nachzuzahlenden Entgeltes ohne Gegenleistung (Dienstleistung) entstanden sind,
gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 im Zweifel freigesprochen."
( Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof )
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Mitbeteiligten insoferne Folge gegeben, als der Mitbeteiligte von dem ihm im Spruchpunkt 2.) des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses angelasteten Verhalten im Dienst freigesprochen wurde, die Disziplinarstrafe wegen des verbleibenden Schuldspruchs zu Spruchpunkt 1.) wurde mit einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 8.500,-- bemessen.
Dies wurde nach Darstellung des Verfahrensganges wie folgt begründet:
"Vorauszuschicken ist, dass sich die Berufung wegen Schuld ausschließlich gegen den Schuldspruch zu Spruchpunkt 2.) des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses richtet.
Der Schuldspruch zu Spruchpunkt 1.) des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses ist somit in Rechtskraft erwachsen und einer Überprüfung durch die Disziplinaroberkommission als Berufungsbehörde daher entzogen.
Mit dem bekämpften Schuldspruch (Spruchpunkt 2.) des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses) wurde der Mitbeteiligte für schuldig erkannt, 'Diebstähle von Kollegen wie AH, GS und RH dadurch unterstützt zu haben, indem er 'Schmiere gestanden' sei'.
Dieser Schuldspruch enthält keine Präzisierung dahingehend, hinsichtlich welcher konkreter Straftaten welcher Kollegen der Beschuldigte zu welchen Zeitpunkten 'Schmiere gestanden' sei. Auch die Begründung des angefochtenen Bescheides lässt nähere Angaben dazu vermissen, sodass es sich bei dem hier in Rede stehenden Vorwurf lediglich um die Beschreibung eines Pauschalverdachtes handelt.
Diese Fassung des Schuldspruches gründet sich bereits auf den Einleitungsbeschluss vom , in dem als Punkt 3.) angeführt ist, dem Beschuldigten werde zur Last gelegt, 'Diebstähle von Kollegen wie AH, GS, RH und HT dadurch unterstützt zu haben, indem er 'Schmiere gestanden' sei und geschaut habe, ob die Luft rein sei'.
Auch der Verhandlungsbeschluss vom entbehrt einer konkreteren Umschreibung des disziplinären Vorwurfes, weil dem Beschuldigten darin ebenfalls lediglich pauschal zum Vorwurf gemacht wird, 'Diebstähle von Kollegen wie AH, GS, RH und HT dadurch unterstützt zu haben, indem er 'Schmiere gestanden' sei.'
Die schriftliche Ausfertigung eines Disziplinarerkenntnisses (§ 126 Abs. 3 BDG) hat - neben einer vollständigen Begründung - auch noch jene Angaben zu enthalten, die § 18 Abs. 4 iVm § 56 Abs. 3 AVG für schriftliche Bescheidausfertigungen vorsieht:
Behörde, Datum und Unterschrift des Genehmigenden.
Insgesamt hat die schriftliche Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses somit folgende Bestandteile aufzuweisen:
1. Bezeichnung der Behörde (§ 58 Abs. 3 iVm § 18 Abs. 4 AVG), d. h. die erkennende Disziplinarkommission;
2. Datum der Fällung des Disziplinarerkenntnisses (§ 58 Abs. 3 iVm § 18 Abs. 4 AVG);
3. Bezeichnung als Bescheid (§ 58 Abs. 1 AVG), wobei jedoch die spezifischere Bezeichnung 'Disziplinarerkenntnis' zulässig ist;
4. Spruch in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung (§§ 58 Abs. 1 und 59 AVG). Der Spruch hat den Verfahrensgegenstand ('Disziplinarsache') zu erledigen und dabei auf Schuldspruch oder Freispruch zu lauten (§ 126 Abs. 2 BDG); da ein Schuld- oder Freispruch immer auf bestimmte Anschuldigungspunkte und auf einen bestimmten Täter bezogen sein muss, sind auch diese anzuführen.
In jedem Fall sind das dem Beamten zur Last gelegte, als erwiesen angenommene Verhalten in ausreichender Konkretisierung sowie die angewendeten Gesetzesbestimmungen, insbesondere die verletzte Dienstpflicht ('Disziplinartatbestand'), anzuführen (§ 59 Abs. 1 AVG).
Der Verwaltungsgerichtshof beruft sich bei den Kriterien für eine ausreichende Konkretisierung der Tat allgemein auf § 44a VStG. Dieser Vorschrift sei entsprochen, wenn die Tat im Spruch so konkretisiert werde, dass der Beschuldigte in der Lage ist, darauf bezogene Beweise zur Widerlegung des Vorwurfs anzubieten; überdies müsse der Beschuldigte durch möglichst unzweifelhafte Formulierungen rechtlich davor geschützt werden, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Insbesondere wird - wenn auch in unterschiedlicher Strenge - auf die Umschreibung der konkreten Tathandlung, Ort, Zeit sowie der Folgen der Tat Wert gelegt (vgl. KUCSKO-STADLMAYER, Das Disziplinarrecht der Beamten, 3. Aufl., S. 452 ff).
Diesen von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen hinsichtlich der Konkretisierung des Spruches wird der hier in Rede stehende Schuldspruch schon im Hinblick auf das Erfordernis der zeitlichen Determinierung nicht gerecht.
Die Umschreibung der hier als erwiesen angenommen Tat schützt den beschuldigten Beamten infolge fehlender Präzisierung vielmehr nicht davor, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Mangels ausreichend präziser Angaben im Spruch des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses, zu welchen konkreten Zeitpunkten, zugunsten jeweils welcher Kollegen, wegen welcher strafbarer Handlungen (Verfehlungen) der Beschuldigte jeweils an welchem Ort 'Schmiere gestanden' sei - ein Mangel, den bereits der Einleitungsbeschluss vom aufwies -, war hinsichtlich des Spruchpunktes 2.) des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses infolge Eintrittes von Verfolgungsverjährung daher mit Freispruch gemäß §§ 126 Abs. 2 iVm 94 Abs. 1 Z 1, 118 Abs. 1 Z 3 BDG vorzugehen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein näheres Eingehen auf das den gegenständlichen Schuldspruch bekämpfende Berufungsvorbringen.
2.) Zur Berufung wegen Strafe :
§ 93 Abs. 1 erster Satz BDG legt die Schwere der Dienstpflichtverletzung als 'Maß für die Höhe der Strafe' fest. Nach dem zweiten Satz der Bestimmung ist 'jedoch' darauf 'Rücksicht' zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichten abzuhalten.
Dies lässt sich nur dahingehend verstehen, dass es - dem Ausmaß des spezialpräventiven Bedürfnisses entsprechend - geboten sein kann, eine geringere als die nach dem primär festgelegten Maß 'beabsichtigte' Strafe zu verhängen.
Eine strengere als die spezialpräventiv erforderliche Strafe darf 'innerhalb des Schuldrahmens' nicht verhängt werden.
Die dem Beschuldigten in Spruchpunkt 1.) des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses rechtskräftig angelastete Dienstpflichtverletzung weist einen hohen Unrechtsgehalt auf.
Bei der gegenständlichen rechtswidrigen Aneignung von ihm dienstlich anvertrauten fremden Gütern zwecks Verwendung für ausschließlich persönliche Belange (als Geschenke an Freunde und Verwandte sowie für den persönlichen Gebrauch) durch den beschuldigten Beamten handelt es sich ohne Zweifel um die Begehung einer schwer wiegenden, keinesfalls zu bagatellisierenden Dienstpflichtverletzung, die den Kernbereich seiner Dienstpflichten, zu denen der Respekt vor fremden Vermögenswerten zählt, betrifft und die daher zu den grundlegendsten Pflichten jedes Bediensteten der Österreichischen Post AG in klarem Widerspruch steht.
Durch das Vergreifen an ihm dienstlich zugänglichen bzw. anvertrauten Gütern oder Vermögenswerten hat der beschuldigte Beamte gerade eines jener Rechtsgüter (das Eigentumsrecht) verletzt, zu deren Achtung er als im Bereich der der Österreichischen Post AG beschäftigter Bediensteter besonders verpflichtet ist.
Ein Postbeamter, der sich unter Ausnützung seiner dienstlichen Möglichkeiten und während seines Dienstes - so wie der Beschuldigte - wiederholte Male an fremden Vermögenswerten vergreift und die von ihm veruntreuten Sendungsinhalte (Handys und Akkus) für seine privaten Zwecke (als Geschenke bzw. zum eigenen Gebrauch) verwendet, verstößt im innersten Kernbereich seiner dienstlichen Aufgaben gegen die mit seinem Amt verbundenen elementarsten Grundsätze und Pflichten und setzt - unabhängig vom tatsächlichen Verkehrswert der konkret betroffenen Gegenstände - eine Dienstpflichtverletzung von grundsätzlich besonders schwerem Gewicht und außerordentlicher Tragweite für das Vertrauen der Bevölkerung in die absolute persönliche Integrität und Zuverlässigkeit der im Bereich des Unternehmens Österreichische Post AG beschäftigten Mitarbeiter.
Die Respektierung fremden Eigentums durch die im Bereich der Österreichischen Post AG beschäftigten Bediensteten, welche in sämtlichen Bereichen ihrer Tätigkeit mit fremden Vermögenswerten in Berührung kommen bzw. solche ihnen anvertraut werden, ist oberstes Gebot zur Aufrechterhaltung des Betriebes.
Der Beschuldigte hat sich durch die hier inkriminierten wiederholten Zugriffe auf der Österreichischen Post AG zur Beförderung anvertraute Sendungsinhalte (fremdes Vermögen) - gebrauchte Handys und Akkus, die sich einerseits in so genannten 'Wundertüten' und andererseits lose in Kisten befanden - somit einer schwer wiegenden Dienstpflichtverletzung schuldig gemacht.
Das zur Schwere der Dienstpflichtverletzung (Tatschuld) erstattete Berufungsvorbringen, der Beschuldigte habe sich durch die von ihm zu verantwortenden Zugriffe auf für die 'Aktion Licht ins Dunkel' bestimmt gewesene gebrauchte Handys und Akkus (Entnahme aus den so genannten 'Wundertüten') nicht bereichern wollen, Bereicherungsvorsatz des Beschuldigten sei weder durch die Staatsanwaltschaft Graz noch im Disziplinarverfahren erster Instanz festgestellt worden, ist jedenfalls durch den Umstand zu relativieren, dass es sich bei dem von ihm (zumindest) im Zeitraum des Verfahrens erster Instanz privat verwendeten Handy laut seiner eigenen Aussage um ein solches aus einer der Aktionen 'Licht ins Dunkel' handelte (vgl. S. 5 unten, S. 6 oben des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses).
Wenn der Beschuldigte geltend macht, er habe eine Kurzschlusstat aus Unbesonnenheit begangen, er habe sich aus 'Blödheit' und Neugierde zu den verfahrensgegenständlichen Handlungen hinreißen lassen, ist er daran zu erinnern, dass es sich im vorliegenden Fall um zahlreiche Zugriffe (mehrfache Tatwiederholung) auf fremdes Vermögen während zweier mehrmonatiger Tatzeiträume handelte. Der Milderungsgrund einer unbedachten Augenblickstat kann ihm daher nicht zugute kommen, sondern waren die mehrfache Tatwiederholung und der beachtliche Tatzeitraum vielmehr als erschwerend zu werten.
In der Berufung wird weiters zugunsten des Beschuldigten ins Treffen geführt, er habe den gesamten materiellen Schaden durch Rückgabe der von ihm entwendeten Handys gutgemacht, sodass weder der Österreichischen Post AG noch deren Kunden oder der 'Aktion Licht ins Dunkel' irgendein Schaden erwachsen sei.
Abgesehen davon, dass mit dienstlichem Fehlverhalten wie dem verfahrensgegenständlichen neben dem materiellen stets auch ein immaterieller (Vertrauens )Schaden verursacht wird, hat der Beschuldigte der Aktenlage nach auch den materiellen Schaden nicht vollständig durch Retournierung tatsächlich sämtlicher von ihm den 'Wundertüten' entnommenen Mobiltelefone und Akkus gutgemacht (AS. 379: Eigene Aussage des Beschuldigten vor dem Kriminalreferat Fachbereich 2 des Stadtpolizeikommissariates X vom ; AS. 313). Auch dieser Strafmilderungsgrund kann daher nur bedingt zum Tragen kommen.
Zugunsten des Beschuldigten war jedoch zu berücksichtigen, dass er sich von Anfang an geständig verantwortet hat, dass er sich bisher dienstlich wohlverhalten und seinen Dienst einwandfrei verrichtet hat und dass er demnach eine gute Dienstbeschreibung aufweisen kann. Schließlich war in die Erwägungen zur Strafbemessung auch noch einzubeziehen, dass es sich bei den von der hier abzuvotierenden Dienstpflichtverletzung betroffen gewesenen Handys und Akkus um Gegenstände geringen materiellen Wertes handelte.
Aufgrund dieser mildernden Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte insgesamt das Bild eines mit rechtlichen Werten überhaupt nicht mehr verbundenen Beamten biete und dass er zu einer weiteren Dienstverrichtung untragbar geworden sei.
Das Vertrauen des Dienstgebers, aber auch der Allgemeinheit in die ordnungsgemäße Dienstverrichtung durch den Beschuldigten wurde durch sein Fehlverhalten zwar erschüttert, aber nicht endgültig zerstört.
Im Hinblick auf den für die Strafbemessung primär maßgebenden Gesichtspunkt der Spezialprävention kann - auch angesichts des Umstandes, dass der Beschuldigte von einem der im angefochtenen Disziplinarerkenntnis enthaltenen Anschuldigungspunkte nunmehr freigesprochen wurde - angesichts der genannten berücksichtigungswürdigen Milderungsgründe doch von der begründeten Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden, dass der Beschuldigte in Hinkunft von der Begehung von Dienstpflichtverletzungen vergleichbarer Art Abstand nehmen werde.
Die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung erscheint somit nicht erforderlich, um den Beschuldigten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Dem Fehlverhalten des Beschuldigten kann daher mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG tat- und schuldangemessen entsprochen werden.
Bei der Bemessung der Höhe der Disziplinarstrafe der Geldstrafe wurde auch auf die persönlichen (er ist ledig) und finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten (kein Vermögen, keine Sorgepflichten oder sonstigen Verbindlichkeiten) Rücksicht genommen.
Auf die Möglichkeit der Stellung eines Antrages gemäß § 127 BDG auf Bewilligung der Abstattung der Geldstrafe in Monatsraten bei der Erstinstanz wird hingewiesen."
Über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, mit welcher sich die Beschwerdeführerin "in meinem Recht als Partei und in Vertretung der dienstlichen Interessen des Dienstgebers auf Schuldspruch auch zu Schuldspruch 2.) des erstinstanzlichen Erkenntnisses sowie Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z. 4 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 i.d.g.F. verletzt" erachtet, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch den Mitbeteiligten erwogen:
Gemäß § 43 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 in der Fassung vor der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147 (BDG 1979), ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (Abs. 2 dieser Bestimmung).
Gemäß § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach diesem Abschnitt (das ist der 8. Abschnitt "Disziplinarrecht") zur Verantwortung zu ziehen.
Nach § 92 Abs. 1 BDG 1979 sind Disziplinarstrafen der Verweis (Z. 1), die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezugs unter Ausschluss der Kinderzulage (Z. 2), die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage (Z. 3) und die Entlassung (Z. 4).
Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung BGBl. Nr. 333/1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinn nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist, wenn der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbstständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen hat und über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt wird, nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil der Mitbeteiligte das Vertrauen der Allgemeinheit in die Seriosität des Unternehmens der Österreichischen Post AG zerstört habe. Die Beschwerdeführerin führte wie folgt aus:
"1.) Die belangte Behörde hat den Freispruch von dem Vorwurf, Diebstähle von Kollegen wie AH, GS und RH dadurch unterstützt zu haben, indem er 'Schmiere gestanden sei', im Wesentlichen damit begründet, dass dieser Schuldspruch keine Präzisierung dahingehend, hinsichtlich welcher konkreter Straftaten welcher Kollegen der Beschuldigte zu welchen Zeitpunkten 'Schmiere gestanden' sei, enthalte. Auch die Begründung des angefochtenen Bescheides lasse nähere Angaben dazu vermissen, sodass es sich bei dem hier in Rede stehenden Vorwurf lediglich um die Beschreibung eines Pauschalverdachtes handle.
Unberücksichtigt ist dabei geblieben, dass die erstinstanzliche Behörde in ihrer Begründung sehr wohl mehrfach auf Aussagen eingegangen ist, die diesen Tatvorwurf begründen und umschreiben:
a) Es wird auf den Vorhalt des 1. Beisitzers betreffend die Aussage des Beschuldigten selbst hingewiesen (S. 8 des erstinstanzlichen Erkenntnisses). Gemeint war die erste Aussage vor dem Erhebungsdienst/Post vom , bei der der Beschuldigte auf Seite 3 zu Protokoll gab, '...vom Erhebungsdienst weiters gefragt, wer außer mir sonst noch derartige Diebstähle begangen hat, gebe ich an, dass ich meine Arbeitskollegen GS, RH, AH und HT persönlich beobachtet habe, wie sie ebenfalls aus den so genannten 'Wundertüten' Handys entnommen und sich angeeignet haben. Ich möchte noch angeben, dass ich fallweise Diebstähle von anderen Kollegen in der Form unterstützt habe, dass ich 'Schmiere' gestanden bin, d.h. ich habe beim Diebstahl meiner Kollegen geschaut, ob 'die Luft rein' ist.
b) Die niederschriftliche Aussage der Angestellten JF vom vor dem Erhebungsdienst/Post, in welcher sie den Mitbeteiligten als 'engagierten Schmieresteher' - wie auch andere Bedienstete (HT, RH und GN) - beobachtet habe, während GS bzw. AH bestimmte Sendungen geöffnet und sich Handys und andere Inhaltsteile zugeeignet haben wird zitiert (Seite 4 des erstinstanzlichen Erkenntnisses), ebenso
c) die Aussage des Zeugen AH in der mündlichen Verhandlung vom (Seite 14 des erstinstanzlichen Erkenntnisses):
...'Die Frage des Vorsitzenden, ob er wahrgenommen habe, dass der Mitbeteiligte sich Handys angeeignet hat, bejahte der Zeuge und führte aus, sie hätten gegenseitig die Handys bezüglich der (SIM )Karten ausprobiert und auch getauscht.
Zitat: 'Es wurde aufgepasst, ob jemand kommt'.
Auch aus der Aussage des Angestellten AH vor der Polizeiinspektion Y vom , GZ E1/6457/2007, wäre zu ersehen gewesen, um welche Diebstähle es sich in welchen Zeiträumen gehandelt hat, bei denen u.a. der Mitbeteiligte aufgepasst hat: '...Dazu möchte ich angeben, dass ich bei GS, HS und RH mitbekommen habe, dass sie auch Handys genommen haben. Eine Absprache direkt hat es nicht gegeben, es hat jedoch immer einer von uns vier aufgepasst, dass keiner gekommen ist.'
Aus der Niederschrift des Angestellten AH vor dem Erhebungsdienst/Post vom geht auf Seite 3 hervor, dass er sich '... auf diese Weise bei der Aktion 2005 2 Handys und im Jahre 2006 acht Handys für seine privaten Zwecke angeeignet habe. Diese Handybriefsendungen habe er immer auf seinem Arbeitsplatz im ersten Stock des Verteilzentrums aufgerissen. Dabei habe er auch gesehen, dass andere Kollegen solche Handysendungen aufgemacht und den Inhalt an sich genommen haben. Es handelte sich dabei um die Kollegen GS, den Mitbeteiligten und RH. Mit diesen drei Kollegen habe er auch Handys ausgetauscht....Bei der Beraubung der Sendungen haben wir gegenseitig aufgepasst, dass wir nicht erwischt werden.'
Es wäre daher sehr wohl zumindest konkretisierbar gewesen, dass es sich bei den gegenständlichen Diebstählen, bei welchen u. a. der Mitbeteiligte 'Schmiere gestanden ist', um Diebstähle von Handys während der Weihnachtsaktion von Licht ins Dunkel in den Zeiträumen Dezember 2005 bis Jänner 2006 und Dezember 2006 bis zur Aufdeckung der Tat am gehandelt hat. Ebenso wären in diesem Zusammenhang weitere Beweismittel einzuholen gewesen, wie Einsicht in die bezughabenden Disziplinarakten betreffend OKontr GS, Disz.Zahl G 2-DK, insbes. die Aussage des Angestellten AH in der Disziplinarverhandlung vom , und betreffend OKontr RH, Disz.Zahl G 4- DK XIII/07, sowie Ausschöpfung der Möglichkeiten des § 19 Abs 3 AVG (§ 105 BDG 1979) betreffend Nichterscheinen der Zeugin JF. Auch die Möglichkeit der Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung zwecks nochmaliger genauer Befragung des Belastungszeugen AH und Bildung eines persönlichen Eindrucks von ihm und dem Beschuldigten hätte bestanden bzw. wäre diese sogar zwingend vorgesehen gewesen, da die belangte Behörde die angeführten Beweismittel offensichtlich anders beurteilt hat als die Erstinstanz.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig, weil die belangte Behörde verkannte, dass sie diese Mängel des erstinstanzlichen Spruches nicht zum Anlass für einen Freispruch § 126 Abs 2 BDG 1979 hätte nehmen dürfen, sondern entweder im Sinne des auch im Disziplinarverfahren anzuwendenden § 66 Abs 4 AVG (vgl. dazu das Erkenntnis des Zl. 99/09/0126 sowie vom , Zl. 2006/09/0010) selbst nach Ergänzung des Fehlenden im Rahmen einer von ihr durchzuführenden mündlichen Verhandlung hätte präzisieren oder das erstinstanzliche Erkenntnis in diesem Punkt beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen hätte müssen.
2.) Umwandlung der Disziplinarstrafe der Entlassung in eine Geldstrafe:
Der Mitbeteiligte wurde im Verteilzentrum 8000 Graz im fachlichen Hilfsdienst Logistik verwendet. Zu den zentralen Aufgaben auf seinem Arbeitsplatz zählte insbesonders die Manipulation mit Briefsendungen, also die Abholung der mittels LKW zugelieferten und mit gefüllten Briefbehältern beladenen Rollbehälter im Erdgeschoss und deren Bereitstellung zur weiteren Bearbeitung im Nahebereich des Förderbandes sowie die sukzessive Entnahme der gefüllten Briefbehälter aus diesen Rollbehältern, um sie auf das Förderband zum Transport in den 1. Stock zu legen (in diesem Arbeitsbereich im Erdgeschoss hatte weder eine Sortierung stattzufinden, noch waren einzelne Sendungen aus anderen Gründen aus den Briefbehältern herauszunehmen) und teilweise im 1. Stock die Grob-Sortierung von sogenannten Verwurfstücken (= große Briefsendungen bzw. kleinere Pakete, die als Brief versendet werden und nicht mit der automatischen Verteilmaschine verteilt werden). Diese Tätigkeiten wurden im Turnusdienst in teilweise wechselnder Zusammensetzung der Mitarbeiter, je nach Dienstabschnitt, verrichtet.
Dabei hat der Mitbeteiligte vielfältige Gelegenheiten vorgefunden und auch schamlos ausgenützt, um sich im Zeitraum Dezember 2005 bis Ende Jänner 2006 sowie seit Anfang Dezember 2006 insgesamt 17 Handys und 6 Ladegeräte, welche für die Aktion 'Licht ins Dunkel' eingesandt worden waren, widerrechtlich anzueignen. Auch das Mitwissen der Kollegen RH und GS, mit denen er eine Fahrgemeinschaft von B nach G und retour bildete, sowie des Kollegen AH hat ihn nicht davon abgehalten, die Tathandlungen zu begehen. Da diese drei Kollegen sich ebenfalls Handys widerrechtlich aneigneten, wovon er selbst widerum Kenntnis hatte, hat er offensichtlich darauf vertraut, nicht verraten zu werden. Auch er selbst verriet seine Kollegen nicht. Teilweise wurden Handys auch untereinander ausgetauscht. Dadurch fühlte er sich offenbar so sicher, dass er bei seinen widerrechtlichen Zugriffen bzw. beim Aufreißen von Handysendungen sogar in Kauf nahm, von weiteren Bediensteten (BT, Niederschrift vor dem Erhebungsdienst/Post vom ; JF, Niederschriften vor dem Erhebungsdienst/Post vom 22. Jänner und ) beobachtet werden zu können.
Nicht unerwähnt sollte dabei bleiben, dass im Zuge der gegenständlichen Ermittlungen auch noch andere Diebstähle von anderen Bediensteten festgestellt worden sind (siehe Polizeiprotokolle der Stadtpolizei X zu B1/19698/07/SPK), sodass davon auszugehen ist, dass insbesondere jene Zeuginnen, die letztendlich über ihre Beobachtungen von Diebstählen aussagten, keinen leichten Stand hatten. Es bedarf sicherlich einiger Überwindung, gleich gegen eine Mehrzahl von Kollegen, mit denen man möglicherweise weiter zusammenarbeiten muss, auszusagen, noch dazu, wenn Aussage gegen Aussage steht und zu erwarten ist, dass die Belasteten sich gegenseitig decken und noch dazu, wenn bereits früher dem Vorgesetzten mitgeteilte Beobachtungen zu keinen Konsequenzen führten (Niederschriften vor dem Erhebungsdienst/Post von CS und BT vom sowie von JF vom und ).
Diese gegenständlichen Dienstpflichtverletzungen sind daher objektiv besonders schwerwiegend. Treffen sie doch den Kernbereich der Dienstpflichten und sind in höchstem Maße geeignet, nicht nur das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben sondern auch das Vertrauen in die redliche, getreue und gewissenhafte Aufgabenerfüllung zu zerstören und das Betriebsklima dauerhaft und schwerstwiegend zu belasten.
Vor allem im Umgang mit fremden Gütern müssen Dienstgeber und Kunden darauf vertrauen können, dass diese Tätigkeiten vom Mitarbeiter ordnungsgemäß und zuverlässig erbracht werden.
Ein Mitarbeiter, der wiederholt und über einen längeren Zeitraum fremde Güter aus Postsendungen entnimmt und sich aneignet, wird diesem Vertrauen in keiner Weise gerecht. Der dadurch drohende Imageschaden für die Österreichische Post AG ist enorm.
In einem privatrechtlichen Dienstverhältnis wäre und war dies auch bei den betretenen Angestellten Anlass genug, das Dienstverhältnis zu beenden.
Seitens der belangten Behörde wurde daher bereits die objektive Schwere der vorsätzlich begangenen Dienstpflichtverletzungen unzureichend gewichtet. Auch wurden das disziplinäre Zusammenwirken mit anderen Kollegen, die unzweifelhaft vorhandenen negativen Folgen für das Betriebsklima und die negative Beispielwirkung auf die Kollegenschaft nicht erschwerend gewertet.
Bei den angeführten Milderungsgründen ist auch nicht nachvollziehbar, inwieferne eine positive Zukunftsprognose vorhanden sein soll. Der Beschuldigte hat die disziplinären Handlungen nicht aus eigenem beendet, sondern infolge deren Aufdeckung. Er hat sogar versucht, mittels Einholung eines Sachverständigengutachtens seine erste und wohl auch noch inhaltlich vollständigste und der Wahrheit am meisten nahe kommende Aussage vor dem Erhebungsdienst/Post zu nivellieren, da er wohl irgendwann erkannte, dass diese zu detailliert ist, als dass sie alleine auf Missverständnissen der Erhebungsbeamten beruhen könnte. Dies lässt nicht gerade auf ernsthafte Schuldeinsicht schliessen.
Die Beweiswürdigung sowie die Überlegungen zur Strafbemessung seitens der Disziplinaroberkommission sind daher unvollständig und zumindest teilweise nicht nachvollziehbar. Bei Zugrundelegung des Verschuldensgrades, der objektiven Schwere der Dienstpflichtverletzungen und aller Erschwerungsgründe hätte die belangte Behörde zu dem Schluss kommen müssen, dass die angeführten Milderungsgründe dies nicht aufwiegen können und daher die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen gewesen wäre."
Zunächst hält die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde den Mitbeteiligten wegen des zu Spruchpunkt 2.) des erstinstanzlichen Bescheides mit der Begründung freigesprochen habe, dass der in dieser Hinsicht erhobene Vorwurf zu unbestimmt sei. Demgegenüber hätte die belangte Behörde vielmehr diesen Vorwurf nach Durchführung entsprechender Verfahrensschritte präzisieren müssen.
Dieser Vorwurf trifft zwar grundsätzlich zu, weil die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt als Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Sache selbst zu entscheiden hat und daher erforderlichenfalls auch notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens vornehmen hätte müssen.
Im vorliegenden Fall ist eine Rechtswidrigkeit des mit dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes 2.) des erstinstanzlichen Bescheides aber deswegen nicht zu erkennen, weil bereits im Einleitungs- und Unterbrechungsbeschluss vom und im Nachtragseinleitungs- und Verhandlungsbeschluss vom die diesbezüglichen Vorwürfe gegen den Mitbeteiligten auf gleichartige und in zeitlicher Hinsicht völlig unbestimmte Weise formuliert gewesen sind. Bei dieser Sachlage konnte im Hinblick auf diese Vorwürfe mangels Einleitung des Disziplinarverfahrens eine wirksame Einleitung des Disziplinarverfahrens, durch welche eine Unterbrechung der Verjährungsfrist des § 94 Abs. 1 BDG 1979 bewirkt worden wäre, nicht erfolgen. Nach dieser Bestimmung darf der Beamte wegen einer Dienstpflichtverletzung nämlich nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist (Z. 1), oder innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung (Z. 2) eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/09/0053 = VwSlg. 13.983/A).
Zur Bemessung der für die in Spruchpunkt 1.) bezeichnete Tat ausgesprochenen Disziplinarstrafe ist auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0012, hinzuweisen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof zu den Strafbemessungsregeln der §§ 93 ff BDG 1979 in der Fassung vor Inkrafttreten der Dienstrechts-Novelle 2008 ausgeführt hat:
"Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 2005/09/0115, wurde von dem in der früheren Judikatur entwickelten 'Untragbarkeitsgrundsatz' abgegangen und betont, dass § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 die Schwere der Dienstpflichtverletzung als 'Maß für die Höhe der Strafe' festlegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der 'Strafbemessungsschuld' des Strafrechtes. Für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR
14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der 'Unrechtsgehalt') wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt. Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0021). An dieser Auffassung hat sich auch durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 2005/09/0115, nichts Grundsätzliches geändert. Hinsichtlich des Grades des Verschuldens ist nach dem gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen können.
Für die Strafbemessung im engeren Sinn ist weiters zu prüfen, inwieweit eine Disziplinarstrafe erforderlich ist, um den Täter von der weiteren Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten; ferner sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer - insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat - so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten. Soweit es um eine Entlassung geht, ist die spezialpräventive Erforderlichkeit einer solchen (der disziplinarrechtlichen Tatschuld angemessenen) schweren Disziplinarstrafe nicht erst dann anzunehmen, wenn sich die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen - bei Beschränkung auf eine mildere Strafe - in einer vagen Hoffnung erschöpfen, und wird umgekehrt nicht nur bei besonderer Gewähr dafür zu verneinen sein. Abzustellen ist auf einen dazwischen liegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit. Dabei ist freilich eine Entlassung schon nach der ersten schweren Dienstpflichtverletzung nicht ausgeschlossen, wenn auf Grund ihrer Eigenart und der Persönlichkeit des Täters die Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser im Falle einer geringeren Sanktion weitere Dienstpflichtverletzungen begehen werde.
Das gänzliche Außerachtlassen von Versetzungsmöglichkeiten (oder gar von schon erfolgten Versetzungen) entspricht nach den Gesetzesmaterialien (vgl. die ErläutRV 500 BlgNR 14. GP 83) nicht dem Willen des Gesetzgebers. Sind geeignete Versetzungsmöglichkeiten - bei deren Inanspruchnahme die Begehung gleichartiger Disziplinarvergehen durch den Beamten mit ausreichender Wahrscheinlichkeit verhindert werden kann - offenkundig oder werden sie vom Beamten im Disziplinarverfahren konkret ins Treffen geführt, so kann diese Frage in der Begründung dafür, warum er dessen ungeachtet zu entlassen sei, nicht zur Gänze ausgeklammert bleiben. Das bedeutet freilich keinen Anspruch des Betroffenen auf Versetzung statt Entlassung, sondern verpflichtet die Behörde lediglich dazu, sich in der Begründung ihrer Entscheidung mit einem diesbezüglichen im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten auseinander zu setzen.
Ist nach einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verurteilung ein Schuldspruch zu fällen, ist gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979zu prüfen, ob und inwieweit es - zusätzlich zu den vom Gericht oder der Verwaltungsbehörde verhängten Sanktionen - einer Disziplinarstrafe bedarf, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten (vgl. dazu im Einzelnen das schon erwähnte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 2005/09/0115, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Die Verhängung einer Disziplinarstrafe zusätzlich zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafe ist daher nur zulässig, wenn und soweit dies aus spezialpräventiven Gründen erforderlich ist, oder anders gewendet: Wenn und soweit die gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Strafe für sich alleine nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass der Beamte keine weiteren Dienstpflichtverletzungen begehen wird. Diese Überlegungen gelten insbesondere auch, soweit es um die schwerste Disziplinarstrafe der Entlassung geht: Liegt eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung vor, die sich auf denselben Sachverhalt bezieht, so ist auch für die Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 zu begründen, dass und aus welchen Gründen es ihrer Verhängung bedarf, um den Beamten - mit ausreichender Wahrscheinlichkeit - von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. An die nur teilweise - nämlich in Bezug auf weitere gerichtlich strafbare Handlungen - auf die gleiche Gefahr bezogene Prognose des Strafgerichts ist die Disziplinarbehörde dabei freilich, anders als hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen des Strafgerichts, nicht gebunden, geht es im Disziplinarverfahren doch um die Gefahr der Verletzung der spezifisch die öffentlichrechtlich Bediensteten treffenden aus dem Dienstrecht erfließenden Dienstpflichten." (Wörtlich gleichartige Formulierungen finden sich etwa in den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2006/09/0073, , Zl. 2007/09/0136, , Zl. 2006/09/0242, , Zl. 2006/09/0108, , Zl. 2008/09/0223, , Zl. 2008/09/0360, , Zlen. 2008/09/0004, 2008/09/0005, 2008/09/0332, 2009/09/0003, und im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0209.)
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der gegen den Mitbeteiligten verhängten Strafe ist angesichts des § 93 Abs. 1 BDG 1979 von wesentlicher Bedeutung, ob die verhängte Disziplinarstrafe ausgehend von der Schwere der Dienstpflichtverletzung ausreichte, um den Mitbeteiligten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die belangte Behörde hat dies mit einem Hinweis auf die von ihr herangezogenen Milderungsgründe, dass er sich geständig verantwortet habe, seit der Begehung der Tat wohlverhalten habe, seinen Dienst einwandfrei verrichtet habe, und mit dem geringen Wert der von ihm entwendeten Gegenstände bejaht.
Diese Beurteilung kann der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis nicht als rechtswidrig erachten. Die dem Mitbeteiligten zur Last liegenden Verfehlungen wurden zwar über einen längeren Zeitraum hinweg begangen und von der belangten Behörde zutreffend als schwerwiegend gewertet. Bei der gegen den Mitbeteiligten verhängten Disziplinarstrafe handelt es sich jedoch um eine erstmalige Bestrafung, weshalb die für ein künftiges Wohlverhalten sprechenden Gesichtspunkte nach der anzuwendenden Rechtslage ausreichten, um von der Verhängung der schwersten Disziplinarstrafe der Entlassung Abstand zu nehmen. Der angefochtene Bescheid hält daher den Anforderungen zur Strafbemessung stand, zumal sich die belangte Behörde in ihrer ausführlichen Begründung erkennbar mit den Erschwernis- und Milderungsgründen auseinander gesetzt und nachvollziehbar und schlüssig begründet hat, warum trotz der objektiven Schwere der Tat von einer Entlassung Abstand genommen und mit einer Geldstrafe das Auslangen gefunden werden konnte. Ausgehend von der objektiven Schwere der Tat, die hinter der Schwere etwa der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0320, zu Grunde liegenden Tat zurückbleibt (mit welchem der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde des Disziplinaranwaltes stattgegeben hatte), kann der belangten Behörde auch nicht vorgeworfen werden, sie hätte das ihr hinsichtlich der Strafbemessung im Grunde des § 93 BDG 1979 in der anzuwendenden Fassung eingeräumte Ermessen auf gesetzwidrige Weise geübt (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/09/0108, und vom , Zl. 2009/09/0003).
Angesichts dessen erweist sich die Strafbemessung der belangten Behörde als frei von Rechtsirrtum, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am