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VwGH vom 27.05.2020, Ra 2018/04/0133

VwGH vom 27.05.2020, Ra 2018/04/0133

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der Datenschutzbehörde in 1030 Wien, Barichgasse 40-42, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W211 2171666-1/7E, betreffend Beschwerde nach dem Datenschutzgesetz 2000 (mitbeteiligte Parteien: 1.) G W in D, vertreten durch die Thurnher, Wittwer, Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Messestraße 11; 2.) B GmbH, vertreten durch Mag. Martin Dohnal, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Begründung

11. Der Erstmitbeteiligte erhob am Beschwerde gemäß § 31 Abs. 1 DSG 2000 wegen der Verletzung der Auskunftspflicht durch die Zweitmitbeteiligte.

2Mit dem bekämpften Bescheid stellte die Datenschutzbehörde (und nunmehrige Revisionswerberin) fest, dass die Zweitmitbeteiligte den Erstmitbeteiligten in seinem Auskunftsrecht dadurch verletzt habe, dass sie Negativauskünfte zur Person des Erstmitbeteiligten gelöscht habe (Spruchpunkt 1.). Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen (Spruchpunkt 2.).

32. Mit dem angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts hob dieses infolge der gegen Spruchpunkt 2. gerichteten Beschwerde des Erstmitbeteiligten den bekämpften Bescheid - ohne Unterscheidung zwischen den beiden Spruchpunkten - auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Bescheiderlassung an die Revisionswerberin zurück. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.

4Nach Feststellung des Verfahrensverlaufs führte das Bundesverwaltungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung zusammengefasst aus, es würden krasse Ermittlungsmängel im Sinne der Rechtsprechung zu § 28 Abs. 3 VwGVG vorliegen. Der Erstmitbeteiligte habe Auskunft über die Dienstleister der Zweitmitbeteiligten im Sinne des § 10 DSG 2000 erlangen wollen. Die Revisionswerberin habe hierzu ihrer Entscheidung ungeprüft den Inhalt der Stellungnahme der Zweitmitbeteiligten zugrunde gelegt, obwohl von vornherein klar gewesen sein müsse, dass mit der bekanntgegebenen Person nicht jene Person gemeint gewesen sein könne, die für die Zweitmitbeteiligte Daten verwendet habe. Die Revisionswerberin habe jegliche weiteren Ermittlungsschritte, insbesondere auch eine Erörterung des Begriffes des Dienstleister im Sinne des § 10 DSG 2000 unterlassen.

53. Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision.

6Der mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.

74. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 gebildeten Senat erwogen:

84.1. Die Revisionswerberin bringt vor, das Verwaltungsgericht habe die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu der Bestimmung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG unrichtig angewendet. Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung - insbesondere ein krasser Ermittlungsmangel - liege verfahrensgegenständlich nicht vor.

94.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ro 2014/03/0063, ausgesprochen, dass sich die Anwendbarkeit der Zurückverweisungsbestimmung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG nicht auf die von § 28 Abs. 2 VwGVG erfassten Fälle erstreckt. Eine Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Verwaltungsbehörde kommt erst dann in Betracht, wenn die in § 28 Abs. 2 VwGVG normierten Voraussetzungen, die eine Pflicht des Verwaltungsgerichtes zur „Entscheidung in der Sache selbst“ nach sich ziehen, nicht vorliegen. § 28 VwGVG, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlange, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. , mwN).

104.3. Es ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar, dass es sich bei den vom Verwaltungsgericht angenommenen Mängeln um krasse bzw. besonders gravierende Ermittlungslücken der Behörde im obigen Sinn handelt. Die Behörde hat weder jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen noch ist davon auszugehen, dass die Klärung der vom Verwaltungsgericht als offen angesehenen Fragen, die in erster Linie die Zuständigkeit und das anzuwendende Verfahrensregime betreffen, besonders schwierige und umfangreiche Ermittlungen erfordert.

11Insofern das Verwaltungsgericht vermeint, die Zurückverweisung sei gerechtfertigt, weil die Behörde aufgrund des festgestellten Inhalts der Stellungnahmen und darin enthaltenen Auskünfte nicht davon habe ausgehen dürfen, dass die Beschwerdegegnerin der nachträglichen Auskunftserteilung nachgekommen sei, ist dem zu entgegnen, dass die abweichende rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts eine Behebung und Zurückverweisung nicht rechtfertigen kann (vgl. ).

12Indem das Verwaltungsgericht dem oben Gesagten zuwider den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit an die Revisionswerberin zurückverwiesen hat, hat es seine Entscheidung mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet. Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

134.4. Der Vollständigkeit halber ist für das fortgesetzte Verfahren vor dem Verwaltungsgericht festzuhalten, dass der Rechtskraftumfang des angefochtenen Bescheides zu beachten ist, was gegebenenfalls auch im Spruch seinen Ausdruck zu finden hat.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018040133.L00

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