VwGH vom 26.04.2013, 2010/11/0089
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des Dr. W Z in K, vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6-8/47, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom , Zl. WFF/BA/2009/31521, betreffend Feststellung von einbezahlten Wohlfahrtsfondsbeiträgen (weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten 2. und 3. wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Die Ärztekammer für Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer den Antrag,
"der NÖ Ärztekammer/Wohlfahrtsfonds wolle durch das Organ Verwaltungsausschuss feststellen:
1. Den Betrag der Summe der Einzahlungen des (Beschwerdeführers) auf die Beitragszusatzleistung und
2. den Betrag der Summe der Einzahlungen des (Beschwerdeführers) auf die Grund- und Ergänzungsleistung des Wohlfahrtsfonds."
Diesen Antrag begründete der Beschwerdeführer damit, dass vom Beschwerdeführer geleistete Beiträge für die Zusatzleistung seitens des Wohlfahrtsfonds nicht als Zusatzleistung angerechnet würden, sondern auf die Grund- und Ergänzungsleistungen. Der Verwaltungsausschuss der NÖ Ärztekammer gehe offenbar davon aus, er könne die Beiträge des Beschwerdeführers nach freiem Ermessen dem einen oder anderen Konto des Beschwerdeführers zuschreiben. Nach Auffassung des Beschwerdeführers komme es jedoch auf die Widmung der Zahlungen an. Nach Ansicht des Beschwerdeführers könne die vorliegende Frage nur durch einen "Bescheid, mit dem der jeweilige Kontostand festgelegt wird", geklärt werden. Daher sei zur Klärung der auf dieser unterschiedlichen Rechtsauffassung "beruhenden Tatsachen und Rechtslage" die Erlassung des gegenständlichen Feststellungsbescheides notwendig.
Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde, weil der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich über den genannten Antrag seit mehr als sechs Monaten nicht durch Bescheid abgesprochen habe.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet wie folgt:
"1. Dem Devolutionsantrag wird gemäß § 73 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl 1991/51, idgF, Folge gegeben .
Die Zuständigkeit geht auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, sohin gemäß § 113 Abs. 4 Ärztegesetz den Beschwerdeausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich über.
2. Die Summe der einbezahlten Beiträge, die der
Grundrente zugeordnet sind, beträgt unter Berücksichtigung von
Zahlungseingängen bis zum EUR 16.862,25 .
3. Die Summe der einbezahlten Beiträge, die der
Zusatzleistung zugeordnet sind, beträgt unter Berücksichtigung von Zahlungseingängen bis zum EUR 43.106,99 .
Rechtsgrundlage: Beitrags- und Umlagenordnungen der Jahre 2003 bis 2009; § 69 Abs. 1 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, idgF; § 54 und § 17a Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich in den von bis geltenden Fassungen"
In der Begründung verwies die belangte Behörde auf den genannten Antrag und traf - ins Detail gehende - Feststellungen u. a. zu der (durch mehrfache Unterbrechungen gekennzeichneten) Mitgliedschaft des Beschwerdeführers zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich und zu seinen Zahlungen an den Wohlfahrtsfonds, Beitragsrückständen, Ermäßigungen und dgl. im Zeitraum 1980 bis 2009.
In ihren rechtlichen Erwägungen führte die belangte Behörde aus, Feststellungsbescheide seien mangels gesetzlicher Regelung nach der Judikatur der Höchstgerichte dann zulässig, wenn die bescheidmäßige Feststellung im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gelegen sei. Im vorliegenden Fall bestehe ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers unter Bedachtnahme auf seine zukünftig zu erwartenden Pensionsleistungen, die insbesondere von der Höhe der zur jeweiligen Leistungssparte einbezahlten Beiträge abhängig seien.
Dem Devolutionsantrag des Beschwerdeführers sei stattzugeben gewesen, weil die Verzögerung der Erledigung auf ein überwiegendes Verschulden der Erstbehörde zurückzuführen sei.
Der Beschwerdeführer weise alle von ihm entsprechend den Vorschreibungen getätigten Zahlungen den Beiträgen zur Grundrente zu, was aber nicht zulässig sei. Da bis zum Jahr 2007 keine Regelung betreffend die Widmung von Beiträgen bestanden habe, seien die bis zu diesem Jahr erfolgten Zahlungen des Beschwerdeführers entsprechend den dazu ergangenen Vorschreibungen den jeweiligen Beitragskategorien zuzuordnen. Seit dem Jahr 2007 sehe die Satzung des Wohlfahrtsfonds in den §§ 54 und 17a Regelungen über die Zuordnung geleisteter Zahlungen vor, wobei die letztgenannte Bestimmung die Möglichkeit der Widmung vorsehe. Von dieser Möglichkeit habe der Beschwerdeführer jedoch nicht Gebrauch gemacht. Im Weiteren setzte sich belangte Behörde mit konkreten Rückständen, Zahlungen und Stornierungen von Vorschreibungen gegenüber dem Beschwerdeführer auseinander und ordnete sodann tabellarisch die vom Beschwerdeführer im Zeitraum 1980 bis 2009 geleisteten Zahlungen den Beiträgen zur Grundrente oder zur Zusatzleistung zu, woraus sich die in den Spruchpunkten 2. und 3. genannten Summen ergeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde des Beschwerdeführers, zu der die belangte Behörde den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat. Der Beschwerdeführer replizierte zur Gegenschrift, die belangte Behörde erstattete eine Gegenreplik, woraufhin der Beschwerdeführer eine Duplik vorlegte, auf die die belangte Behörde neuerlich mit einer Gegenreplik antwortete.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer macht als Beschwerdepunkt die Verletzung seines Rechts auf Feststellung höherer Einzahlungssummen, als in den Spruchpunkten 2. und 3. des angefochtenen Bescheides angeführt, geltend. Es ist daher und mangels sonstiger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass sich die Beschwerde nicht gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides richtet.
In seinen Beschwerdegründen führt der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass von ihm konkret genannte Zahlungen der Grund- und Ergänzungsleistung hätten zugeordnet werden müssen und dass weitere Zahlungen trotz erfolgter Rücküberweisung an ihn (der eine Stornierung der Vorschreibung von Beiträgen vorangegangen sei) den Beiträgen für die Zusatzleistung hätten zugeordnet werden müssen.
2. Gegenstand des Verwaltungsverfahrens vor der belangten Behörde war der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Summen der von ihm geleisteten Einzahlungen zur Grund- und Ergänzungsleistung bzw. zur Zusatzleistung. Dieser Antrag umfasste, da er zeitlich nicht näher eingeschränkt war, sämtliche diesbezügliche Einzahlungen des Beschwerdeführers.
3. Das Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, ordnet in § 69 Abs. 1 (ebenso wie § 41 des davor geltenden Ärztegesetzes 1984, BGBl. Nr. 373/1984) die Verpflichtung aller Kammerangehörigen an, die in der Umlagenordnung und in der Beitragsordnung festgesetzten Umlagen und Wohlfahrtsfondsbeiträge zu leisten.
Die Beitragsordnungen des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich unterscheiden zwischen Beiträgen einerseits für die Grund- und Ergänzungsleistung (seit 2007 als Grundrente bezeichnet) und andererseits für die Zusatzleistung.
Gemäß § 23 Abs. 2 der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich (in der ab gültigen Fassung) setzen sich Versorgungsleistungen (u.a. betreffend die Altersversorgung; Abs. 1 Z. 1 leg. cit.) aus der Grundrente und der Zusatzleistung zusammen. Gemäß § 8 Abs. 5 Z. 1 lit. a dieser Satzung gehört zu den Obliegenheiten des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich die Entscheidung über Leistungsansuchen, wobei § 66 die Erledigung von Leistungsanträgen mit Bescheid vorsieht.
4. Die belangte Behörde erachtete im angefochtenen Bescheid den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers auf summenmäßige Feststellung der von ihm einbezahlten Beiträge auch ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage als zulässig, weil dem Beschwerdeführer "im Hinblick auf seine zukünftig zu erwartenden Pensionsleistungen, die insbesondere von der Höhe der zur jeweiligen Leistungssparte einbezahlten Beiträge abhängt", ein rechtliches Interesse zukomme.
5. Diese Rechtsansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Gründen nicht geteilt:
5.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden außerhalb ausdrücklicher gesetzlicher Einzelermächtigung berechtigt, Feststellungsbescheide "über Rechte oder Rechtsverhältnisse" zu erlassen, sofern ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass dazu gegeben ist oder ein solcher Feststellungsbescheid im Interesse der Partei liegt, weil er im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist. Gegenstand eines Feststellungsbescheides kann grundsätzlich die Feststellung eines Rechts oder Rechtsverhältnisses, nicht aber die Feststellung von Tatsachen sein (vgl. etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensvorschriften I2 unter E 204 und 227 zu § 56 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Ein Feststellungsbescheid ist aber jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann (Walter/Thienel, aaO, E 211 zu § 56 AVG, sowie zum Ärztegesetz 1998 etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2005/11/0131).
5.2. Gesetz und Satzung sehen einen Feststellungsbescheid über zum Wohlfahrtsfonds geleistete Beiträge und deren Zuordnung nicht vor. Ein solcher Feststellungsbescheid wäre daher nur zulässig, wenn die oben dargelegten Voraussetzungen vorlägen. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer nach dem objektiven Erklärungswert seines Antrages (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2002/10/0120) die bescheidmäßige Feststellung bestimmter Rechte oder Rechtsverhältnisse oder bloß die Feststellung bestimmter Tatsachen (Summen seiner Einzahlungen zum Wohlfahrtsfonds) begehrt hat. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob durch die spruchgemäße Feststellung, wie die vom Beschwerdeführer einbezahlten Beiträge "zugeordnet sind", bloß über Tatsachen abgesprochen wird und ob die belangte Behörde, indem sie die - von ihr vorgenommene - Zuordnung dieser Beiträge feststellt, vom Antragsbegehren abweicht, das auf die Feststellung der einbezahlten Summen, wie sie der Beschwerdeführer vorgenommen hat, abzielt.
5.3. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die Erlassung eines Feststellungsbescheides für zulässig angesehen, weil die vom Beschwerdeführer einbezahlten Beiträge zur Grundrente und zur Zusatzleistung für seine künftig zu erwartenden Pensionsleistungen (offenbar gemeint: Pensionshöhe) von Bedeutung seien und dem Beschwerdeführer daher ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung zukomme.
Dem ist zu entgegnen, dass der Feststellungsbescheid nach dem Gesagten nur ein subsidiärer Rechtsbehelf ist, sodass für einen Feststellungsbescheid dort kein Raum ist, wo ein Leistungsbescheid möglich ist. Eine Frage, die im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zu lösen ist, kann nicht aus diesem Verfahren herausgegriffen und zum Gegenstand eines selbständigen Feststellungsbescheides gemacht werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/11/0011 mwN). Zur Feststellung der dem Beschwerdeführer gebührenden Pensionsleistungen aufgrund der von ihm einbezahlten Beiträge ist jedoch, wie aufgezeigt, in der Satzung ein gesondertes Verfahren aufgrund von Leistungsansuchen, das mit Bescheid zu erledigen ist, vorgesehen. Die Frage der einbezahlten Beiträge ist somit in diesem durch die Satzung vorgezeichneten Verfahren zu lösen, sodass die Erlassung des gegenständlich beantragten Feststellungsbescheides kein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne der zitierten Judikatur darstellt.
Der belangten Behörde kam somit keine Zuständigkeit zu, über den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers meritorisch zu entscheiden; sie hätte daher (hier als Devolutionsbehörde) den Antrag als unzulässig zurückweisen müssen.
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er über diesen Feststellungsantrag inhaltlich abspricht, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am