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VwGH vom 28.10.2009, 2005/15/0019

VwGH vom 28.10.2009, 2005/15/0019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des MK in L, vertreten durch Mag. Franz Hansi, Beeid. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 1210 Wien, Donaufelder Straße 2/1/38, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2066-W/03, betreffend Einkommensteuer 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Der Beschwerdeführer bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb. In der Beilage zur Einkommensteuererklärung 2002 bezifferte er die Einnahmen mit EUR 55.310,35. Im Formblatt "Beilage zur Einkommensteuererklärung nicht buchführender Land- und Fortwirte für 2002" gab er den Einheitswert der selbstbewirtschafteten Flächen mit EUR 59.484,24 an. Die Berechnung der Einkünfte von EUR 11.169,38 nahm er in der Weise vor, dass er dem 30 % der erklärten Einnahmen entsprechenden Betrag die vereinnahmten Pachtzinse hinzuzählte und von dieser Summe die bezahlten Pachtzinse, die Ausgedingslasten und die Sozialversicherungsbeiträge in Abzug brachte.

2. Mit Bescheid vom veranlagte das Finanzamt den Beschwerdeführer zur Einkommensteuer für das Streitjahr, wobei die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit EUR 21.344,17 ermittelt wurden.

3. Mit Schreiben vom - vom Finanzamt als Berufung gewertet - beantragte der Beschwerdeführer die Besteuerung auf Basis der "Teilpauschalierung". Er führte aus, der Steuerbescheid entspreche dem Konzept der Steuererklärungen auf Basis der "Vollpauschalierung". Er gehe davon aus, dass irrtümlich falsche Steuererklärungen eingereicht worden seien und bringe daher berichtigte Erklärungen ein.

4. Das Finanzamt wies mit Bescheid vom diesen Antrag ab. Die Einkünfte aus der Landwirtschaft seien nach den Bestimmungen über die Vollpauschalierung ermittelt worden. Die Inanspruchnahme der Teilpauschalierung sei nur im Zusammenhang mit einer sozialversicherungsrechtlichen Optionserklärung möglich, welche jedoch nicht ausgeübt worden sei.

5. Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer die Berufung vom der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen. § 4 Abs. 3 EStG 1988 sei die für die Gewinnermittlung maßgebliche Vorschrift, weil keine Verpflichtung zur Gewinnermittlung nach dem Betriebsvermögensvergleich bestehe. Nach § 2 der Verordnung (über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft, BGBl. II 2001/54, LuF PauschVO 2001) könne der Gewinn mittels eines Durchschnittssatzes vom maßgeblichen Einheitswert ermittelt werden. Im § 8 dieser VO heiße es wiederum, über einem Einheitswert von EUR 65.500,-- habe die Gewinnermittlung stets durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu erfolgen, was vollinhaltlich dem § 4 Abs. 3 EStG 1988 entspreche. Diese Formulierung schließe somit nicht aus, dass auch in anderen Fällen eine Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erfolgen könne. Nach § 8 Abs. 2 LuF PauschVO 2001 reiche es aus, dass lediglich die Betriebseinnahmen aufgezeichnet werden, die Betriebsausgaben könnten dann mit einem Pauschalbetrag von 70 % der Betriebseinnahmen angesetzt werden. Aus der Kann-Bestimmung des § 2 dieser VO ergebe sich, dass der Steuerpflichtige auch bei einem Einheitswert von unter EUR 65.500,-- das Wahlrecht habe, die Vollpauschalierung in Anspruch zu nehmen oder gesetzeskonform die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu wählen und dann die Ausgabenpauschalierung im Sinn des § 8 Abs. 2 LuF PauschVO 2001 in Anspruch zu nehmen. Im Sinne dieser Rechtsgrundlage sei er von der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit Teilpauschalierung der Ausgaben ausgegangen. Er habe auf die Gewinnermittlung durch Vollpauschalierung (Kann-Bestimmung) verzichtet.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führte aus, unstrittig sei, dass der Beschwerdeführer einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einem maßgebenden Einheitswert im Sinne des § 1 Abs. 2 der genannten Verordnung in Höhe von EUR 59.484,24 bewirtschafte und keine sozialversicherungsrechtliche Beitragsgrundlagenoption gemäß § 23 Abs. 1a BSVG ausgeübt habe. Der Beschwerdeführer habe seine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 nicht in der vom Gesetzgeber vorgesehenen Form, nämlich durch Gegenüberstellung der gesamten Einnahmen und der gesamten tatsächlichen Ausgaben ermittelt.

Nach einheitlicher Lehre sei der LuF PauschVO 2001 das Verständnis beizulegen, dass bei einem maßgebenden Einheitswert bis einschließlich EUR 65.500,-- nur die Vollpauschalierung in Betracht komme, bei einem Einheitswert von mehr als EUR 65.500,-- nur die Teilpauschalierung. Eine Teilpauschalierung bei einem Einheitswert unter EUR 65.500,-- komme nur in den Fällen in Betracht, in denen die BSVG-Option ausgeübt worden sei. Auch nach der Verwaltungspraxis komme die Teilpauschalierung nur bei Ermittlung der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlage gemäß § 23 Abs. 1a BSVG oder einem land- und forstwirtschaftlichen Einheitswert zwischen EUR 65.500,-- und EUR 150.000,-- in Betracht.

Die genannte Verordnung kenne keine Bestimmung, die es ermöglichen würde, bei einem Einheitswert unter EUR 65.500,-- ohne sozialversicherungsrechtliche Beitragsgrundlagenoption die Betriebsausgaben mit einem Pauschalsatz in Höhe von 70 % der Betriebseinnahmen anzusetzen. Seien die Voraussetzungen des § 8 LuF PauschVO 2001 nicht gegeben, habe der Landwirt nur die Möglichkeit, die Vollpauschalierung nach § 2 LuF PauschVO 2001 in Anspruch zu nehmen oder seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 durch vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder durch freiwillige Buchführung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu ermitteln.

Beantrage der Beschwerdeführer die Anwendung der land- und forstwirtschaftlichen Pauschalierung, so habe er im gegenständlichen Fall seinen Gewinn durch Vollpauschalierung zu ermitteln.

7. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift über die Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, es sei rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Möglichkeit verneine, bei einem Einheitswert unter EUR 65.500,-- ohne sozialversicherungsrechtliche Beitragsgrundlagenoption die Einkünfteermittlung im Wege der Teilpauschalierung in Anspruch zu nehmen. Die weitere Auffassung der belangten Behörde, im vorliegenden Fall bestehe nur die Möglichkeit der Vollpauschalierung oder der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 durch vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, stehe im Widerspruch zu § 184 BAO. Bei Vorlage unzureichender Unterlagen - es sei nur eine vollständige Einnahmen-Zusammenstellung, aber keine Ausgaben-Zusammenstellung eingereicht worden - seien die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen. Es sprächen alle Umstände dafür, die Ausgabenschätzung im Sinne des § 8 LuF PauschVO 2001 vorzunehmen, um eine Ungleichbehandlung mit anderen Steuerpflichtigen hintanzuhalten.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

§ 17 Abs. 4 und 5 EStG 1988 lauten auszugsweise:

"(4) Für die Ermittlung des Gewinnes können weiters mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen Durchschnittssätze für Gruppen von Steuerpflichtigen aufgestellt werden. Die Durchschnittssätze sind auf Grund von Erfahrungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der jeweiligen Gruppe von Steuerpflichtigen festzusetzen. Solche Durchschnittssätze sind nur für Fälle aufzustellen, in denen weder eine Buchführungspflicht besteht noch ordnungsgemäße Bücher oder Aufzeichnungen geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 ermöglichen.

(5) In der Verordnung werden bestimmt:

1. Die Gruppen von Betrieben, für die Durchschnittssätze anzuwenden sind.

2. Die für die Einstufung jeweils maßgeblichen Betriebsmerkmale. Als solche kommen insbesondere in Betracht:

a) Bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben die Betriebsart und der Einheitswert.

b) ...

3. Die Art der Gewinnermittlung für die einzelnen Gruppen von Betrieben durch Aufstellung von Reingewinnsätzen und Reingewinnprozentsätzen vom Einheitswert oder vom Umsatz oder von anderen, für einen Rückschluss auf den Umsatz und Gewinn geeigneten äußeren Betriebsmerkmalen. In der Verordnung kann bestimmt werden, dass für die Gewinnermittlung nur die Betriebsausgaben oder Betriebsausgabenteile nach Durchschnittssätzen ermittelt werden.

4. Der Veranlagungszeitraum, für den die Durchschnittssätze anzuwenden sind.

5. Der Umfang, in den jenen Steuerpflichtigen, die den Gewinn nach Durchschnittssätzen ermitteln, Erleichterungen in der Führung von Aufzeichnungen gewährt werden.

6. ..."

Die für das Streitjahr anzuwendende LuF PauschVO 2001, i.d.F. BGBl. II Nr. 416/2001, lautet auszugsweise:

"I. Anwendung und maßgebender Einheitswert

§ 1. (1) Der Gewinn eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, dessen Inhaber hinsichtlich dieses Betriebes weder zur Buchführung verpflichtet ist noch freiwillig Bücher führt, kann nach den Bestimmungen dieser Verordnung ermittelt werden. Es ist dabei nur die Anwendung der Verordnung auf einen gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zum Zwecke einer Berechnung der Einkommensteuer gemäß § 33 Einkommensteuergesetz 1988 zulässig. Eine Anwendung bloß auf einzelne Betriebszweige oder einzelne betriebliche Teiltätigkeiten ist unzulässig.

(2) Als maßgebender Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gilt der Einheitswert des während des Veranlagungsjahres bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Vermögens zuzüglich der Einheitswertanteile der während des Veranlagungsjahres bewirtschafteten Zupachtungen und abzüglich der Einheitswertanteile der während des Veranlagungsjahres nicht selbst bewirtschafteten Verpachtungen. ...

(3) ...

(4) Durch diese Verordnung werden nur die regelmäßig in den Betrieben anfallenden Rechtsgeschäfte und Vorgänge pauschal berücksichtigt, die auch von Artikel 25 der Richtlinie des Rates vom Nr. 77/388/EWG, ABl. Nr. L 145, in der jeweils gültigen Fassung erfasst sind.

(5) ...

II. Gewinnermittlung bis zu einem Einheitswert von 65.500,--Euro Grundbetrag

§ 2. (1) Bei einem Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes bis 65.500,--Euro kann der Gewinn mittels eines Durchschnittssatzes vom maßgebenden Einheitswert (§ 1 Abs. 2) ermittelt werden (Grundbetrag), soweit die §§ 3 bis 6 nichts Gegenteiliges bestimmen oder die sozialversicherungsrechtliche Beitragsgrundlage nicht gemäß § 23 Abs. 1a Bauernsozialversicherungsgesetz ermittelt wird.

Der Durchschnittssatz beträgt, wenn der land- und forstwirtschaftliche Betrieb einen maßgebenden Einheitswert aufweist


Tabelle in neuem Fenster öffnen
bis 15.000,-- Euro
37 %
über 15.000,-- bis 36.500,--Euro
41 %
über 36.500,-- bis 65.500,--Euro
45 %

(2) ...

III. Gewinnermittlung bei Ermittlung der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlage gemäß § 23 Abs. 1a Bauernsozialversicherungsgesetz

oder einem Einheitswert von mehr als 65.500,--Euro Einnahmen-Ausgaben-Rechnung

§ 8. (1) Bei einem Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes von mehr als 65.500,--Euro oder bei Ermittlung der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlage gemäß § 23 Abs. 1a Bauernsozialversicherungsgesetz (Beitragsgrundlagenoption) ist der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft stets durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermitteln.

(2) Die Betriebsausgaben sind, soweit sie nicht in den §§ 9 bis 12 abweichend geregelt sind, mit einem Durchschnittssatz von 70 % der diesen Betriebsausgaben gegenüberstehenden Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) anzusetzen.

..."

Im Beschwerdefall ist nicht strittig, dass der Beschwerdeführer nicht buchführungspflichtig war und nicht freiwillig Bücher geführt hat. § 4 Abs. 3 EStG 1988 eröffnete ihm daher die Möglichkeit, den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben als Gewinn seines landwirtschaftlichen Betriebes anzusetzen. Auf der Grundlage des § 17 Abs. 4 EStG 1988 bestimmte die LuF PauschVO 2001 in ihrem § 1, dass der Gewinn, wenn keine Buchführungspflicht besteht und Bücher nicht freiwillig geführt worden sind, nach den Bestimmungen dieser Verordnung (vereinfacht) ermittelt werden kann. Der Beschwerdeführer konnte somit wählen, ob er den Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 oder durch Pauschalierung unter Anwendung der LuF PauschVO 2001 ermittelt. Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer beantragte, von der Pauschalierung nach der LuF PauschVO 2001 Gebrauch zu machen. In diesem Fall stand es allerdings nicht in seinem Belieben, ob die "Vollpauschalierung" nach §§ 2 ff LuF PauschVO 2001 oder die Teilpauschalierung nach §§ 8 ff LuF PauschVO 2001 zur Anwendung kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2005/15/0004).

Im § 2 Abs. 1 legte die Verordnung fest, dass bei einem Einheitswert bis EUR 65.500,-- der Gewinn mittels Durchschnittssatzes vom maßgebenden Einheitswert ermittelt werden kann, soweit die sozialversicherungsrechtliche Beitragsgrundlage nicht gemäß § 23 Abs. 1a Bauernsozialversicherungsgesetz ermittelt wird (Vollpauschalierung). § 8 der zitierten Verordnung legte die Verpflichtung fest, bei einem Einheitswert von mehr als EUR 65.500,-- oder bei Ermittlung der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlage gemäß § 23 Abs. 1a BSVG den Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermitteln und sah für diesen Fall den Ansatz der Betriebsausgaben mit einem Durchschnittssatz von 70 % der diesen gegenüberstehenden Betriebseinnahmen vor.

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer von der Beitragsgrundlagenoption nach § 23 Abs. 1a BSVG nicht Gebrauch gemacht hat und der Einheitswert seines landwirtschaftlichen Betriebes unter EUR 65.500,-- liegt. Bei dieser Sachlage konnte der Beschwerdeführer bei Anwendung der LuF PauschVO 2001 den Gewinn aus seinem landwirtschaftlichen Betrieb nur durch Vollpauschalierung ermitteln. Seinem Antrag, mit Teilpauschalierung vorzugehen, ist die belangte Behörde zutreffend nicht gefolgt, weil die hiefür vorgesehenen Voraussetzungen des § 8 der genannten Verordnung unstrittig nicht gegeben sind.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am