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VwGH vom 09.11.2010, 2008/09/0212

VwGH vom 09.11.2010, 2008/09/0212

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der MA in I, vertreten durch Mag. Laszlo Szabo, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Claudiaplatz 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2007/18/3355- 4, betreffend Bestrafung nach dem Tiroler Landes-Polizeigesetz (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom wurde die Beschwerdeführerin wie folgt für schuldig erkannt (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Sie haben wie am auf der (dazu angeführten Internetseite) festgestellt wurde, als eine gewisse 'M.' mit eindeutigem Text 'Callgirl M., Sex schnell und unkompliziert. Diskreter Service für Herrn. Ruf mich an (unter Nennung einer Kontakttelefonnummer)' Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle angebahnt und konnte dies auch am um 19.20 Uhr im Zuge eines Telefonanrufes in I. (an einer näher bezeichneten Adresse) festgestellt werden, da Sie dem Anrufer anboten, sogleich noch bei Ihnen vorbeikommen zu können, um Ihre Dienste in Anspruch nehmen zu können."

Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 14 lit. b iVm § 19 Abs. 1 des Tiroler Landespolizeigesetzes (TLPG) verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 11 Tagen) verhängt.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom abgewiesen und den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses mit der Maßgabe einer Berichtigung/Modifikation des zweiten Buchstaben in der angeführten Internetseite (somit "http: ..." anstelle von "hhtp: ..." ) bestätigt.

In ihrer Bescheidbegründung erachtete es die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges auf Grund der durchgeführten Berufungsverhandlung, wie insbesondere der Einvernahmen des Meldungslegers B. und der Beschwerdeführerin, als erwiesen, dass am im Zuge von Internetrecherchen festgestellt worden sei, dass - wie in der vom Meldungsleger stammenden Anzeige des Stadtpolizeikommandos Innsbruck vom ausgeführt - die amtsbekannte und dem Meldungsleger B. persönlich von Amtshandlungen her bekannte Beschwerdeführerin auf der Internetseite "http:(mit der näheren Bezeichnung wie im erstinstanzlichen Straferkenntnis) in I. in der Zeit von Mo. - Fr., 11.00 - 20.00 Uhr, unter M. und der (angeführten Kontakttelefonnummer) (angeblich) ohne finanzielles Interesse mit dem Text 'Hast du Lust auf ein stressfreies Date, ein erotisches Erlebnis. Nicht nur von mir träumen, sondern mich erleben'" die verbotene Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle betreibe. Die Beschwerdeführerin weise im gegenständlichen Inserat auch noch auf ihre persönliche Homepage hin. Weiters habe die Beschwerdeführerin bei einer telefonischen Kontaktaufnahme am selben Tag um 19.20 Uhr bestätigt, dass der Meldungsleger sogleich noch bei ihr vorbeikommen könne, wobei als Kontaktadresse die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannte Adresse angegeben worden sei. Die Beschwerdeführerin habe unter Vorhalt der gegenständlichen Interneteinschaltung eingeräumt, dass es sich bei jener Person, die dort abgebildet ist, um sie handle. Sie habe sich im Jahr 2005 an ihren Bekannten K. aus Z. gewandt, damit diese Internet-Anzeige ins Internet gestellt werde. Sie habe dabei von ihrer Wohnung in I. auf das Handy von K. angerufen. Die gegenständliche Seite sei bereits seit September 2005 im Internet.

Nach Darlegung ihrer beweiswürdigenden Überlegungen und Zitierung der von ihr in Anwendung gebrachten gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. (gemeint wohl:) 2005/09/0181, ausgesprochen worden sei, dass durch das bloße Verfassen einer Einschaltung, welche in der Folge keine Verbreitung erfahre, der strafbare Tatbestand nach § 14 lit. b TLPG noch nicht hergestellt werde. Es sei vielmehr zur Strafbarkeit zusätzlich erforderlich, dass diese Abbildungen bzw. dieser Text einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde. Zum Tatbild der Anbahnung gehöre dabei jede Tathandlung, welche auf die Veröffentlichung des inkriminierten Textes im Internet abziele. Der Tatort des Deliktes sei daher dann in Tirol gelegen, wenn in der Reihe der gesetzten tatbildlichen körperlichen Handlungen auch nur eine in Tirol gesetzt worden ist. Nach dieser Entscheidung sei zu erheben, welche konkreten tatbildlichen Handlungen an welchem Ort gesetzt worden sind, um das gegenständliche Internet-Inserat erscheinen zu lassen, wo also z. B. die Initialhandlung, das heißt jene Handlung der Beschuldigten, die der Freischaltung ihres Textes vorangegangen ist, erfolgt sei.

Die Beschwerdeführerin habe im Jahr 2005 von ihrer Anschrift in I. durch Anruf auf das Handy des K. diesen um Einschaltung ihres Textes auf seine Internetseite ersucht, wodurch der Tatort I. gegeben gewesen sei. Auch der Umstand, dass diese Tathandlung, mithin dieser Anruf, schon im Jahr 2005 erfolgt sei, bedeute nicht, dass allenfalls Verfolgungsverjährung eingetreten sei, zumal es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei einer Übertretung nach § 14 lit. b des Tiroler Landes-Polizeigesetzes um ein fortgesetztes Delikt handle. Da nach Aussage der Beschwerdeführerin die gegenständliche Internetseite bis dato im Internet befindlich sei, sei die gegenständliche Verwaltungsübertretung noch immer gegeben, sodass die Verfolgungsverjährungsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen habe. Dass die Hingabe gewerbsmäßig erfolgt sei, werde auch darin deutlich, dass die Beschwerdeführerin selbst angegeben habe, dass sich das Inserat bereits seit September 2005 im Internet befinde und nach wie vor dort abrufbar sei.

Davon ausgehend kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin den Tatbestand der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen erfüllt habe und legte im Weiteren ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 14 lit. a des Tiroler Landes-Polizeigesetzes, LGBl. Nr. 60/1976 idF LGBl. Nr. 10/2006, ist die gewerbsmäßige Hingabe des eigenen Körpers an andere Personen zu deren sexueller Befriedigung (Prostitution) außerhalb behördlich bewilligter Bordelle (§ 15 leg. cit.) verboten.

Nach lit. b dieser Bestimmung ist weiters die außerhalb behördlich bewilligter Bordelle erfolgende Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution verboten.

Unter "Anbahnung" der Prostitution im Sinne von § 14 lit. b TLPG ist jedes erkennbare Sich-Anbieten zur Hingabe des eigenen Körpers an andere Personen zu deren sexueller Befriedigung in der Absicht, sich hierdurch fortlaufend eine Einnahme zu verschaffen, zu verstehen (siehe dazu auch die Erläuternden Bemerkungen zum Entwurf des Landes-Polizeigesetzes, LGBl. Nr. 60/1976). In den erwähnten Erläuterungen stellte der Landesgesetzgeber auch fest, dass sich das Verbot der Prostitution auch auf die Tathandlung der Anbahnung erstrecken solle, um auch bloße, noch nicht als Versuch zu qualifizierende Vorbereitungshandlungen zu erfassen. Damit sollte die Bestimmung des § 14 Abs. 1 TLPG nicht nur sämtliche Versuchshandlungen im Sinn des § 8 VStG miteinschließen, sondern darüber hinaus auch das Anwerben von Kunden durch Ansprechen sowie durch konkludente Handlungen erfassen. Die Subsumtion eines konkreten Verhaltens unter dem Begriff der "Anbahnung" setzt aber jedenfalls voraus, dass das jeweilige Verhalten die Absicht, sich gegen Entgelt fremden Personen hinzugeben, allgemein erkennbar zum Ausdruck bringt.

Vorauszuschicken ist, dass es sich bei der im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Modifikation der erwähnten Wortfolge in der Internetadresse um eine zulässige Berichtigung und - entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdeeinwand - nicht um eine Änderung des dem erstinstanzlichen Verfahren zugrunde liegenden Tatbestandes handelte. Das Vorliegen eines offenbaren, der Berichtigung zugänglichen Schreibfehlers im erstinstanzlichen Bescheid erhellt schon daraus, dass auch in der Anzeige vom die richtige Wortfolge angeführt ist.

Im vorliegenden Fall ist aus dem von der belangten Behörde im Übrigen bestätigten erstinstanzlichen Spruch mit ausreichender Deutlichkeit erkennbar, dass die Erfüllung des Tatbestandes der Anbahnung im Sinn von § 14 Abs. 1 TLPG durch die Beschwerdeführerin darin gesehen wird, dass das gegenständliche Inserat am im Internet abrufbar geschaltet gewesen sei. Dass Text und Aufmachung des in Rede stehenden Inserates geeignet war, auch Uneingeweihten und damit einer Öffentlichkeit verständlich zu machen, dass unter der bekannt gegebenen Telefonnummer Prostitutionshandlungen angeboten würden, steht im konkreten Fall außer Zweifel.

Die Beschwerde tritt der auf den Angaben der Beschwerdeführerin beruhenden Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin durch einen im Jahr 2005 von ihrer Wohnung in I. getätigten Anruf bei K. die Einschaltung des gegenständlichen Inserates in die Wege geleitet (und somit eine Initialhandlung im Sinne der Ausführungen im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0181, im Zuständigkeitsbereich der erstinstanzlichen Behörde gesetzt) hat, nicht entgegen. Ebenso ist unstrittig, dass die besagte Internetseite zum Tatzeitpunkt abrufbar gewesen sei. Damit erübrigen sich aber die in der Beschwerde begehrten weiteren Feststellungen über nähere Umstände, wie es in weiterer Folge zur Einschaltung des Inserates gekommen bzw. wer tatsächlich Domaininhaber der genannten Internetseite gewesen sei. Dem zwischen dem Meldungsleger und der Beschwerdeführerin am Tattag darüber hinaus geführten Telefonat kommt zur Herstellung des tatbildmäßigen Erfolges der durch die Internetschaltung gesetzten Anbahnung nur insoweit Bedeutung zu, als aus den (auch diesbezüglich unbekämpften) Feststellungen abzuleiten ist, dass die Beschwerdeführerin weiterhin zur Ausübung der Prostitution bereit war.

Die belangte Behörde ist daher frei von Rechtsirrtum, wenn sie auf Grundlage des festgestellten Sachverhaltes zum Ergebnis des Vorliegens der inkriminierten Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht gelangt.

Soweit die Beschwerde in dem von ihr als "Anbahnungsgespräch des Polizisten" bezeichneten Telefonat am eine unzulässige Tatprovokation erblickt, wofür im Rahmen der Strafbemessung ein Ausgleich durch Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung zu gewähren sei, wird übersehen, dass - wie zuvor ausgeführt - der tatbildmäßige Erfolg durch die Anbahnung im Internet eingetreten ist. Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Strafbemessung, wenn die belangte Behörde unter Zugrundelegung einer vorsätzlichen Tatbegehung und ausgehend von der dargelegten Einkommenssituation der Beschwerdeführerin angesichts dessen, dass kein Umstand als mildernd, jedoch zwei einschlägige Vorstrafen im Jahr 2004 bzw. 2005 als erschwerend zu berücksichtigen gewesen seien, eine im unteren Drittel des zulässigen Strafrahmens gelegene Geldstrafe verhängt.

Im Übrigen verfängt auch nicht der Beschwerdeeinwand eines Verstoßes der angewendeten Bestimmungen des TLPG gegen das Unionsrecht, zumal die Beschwerdeführerin nach den vorgelegten Verwaltungsakten Österreicherin ist und ihre Tätigkeit in Österreich ausübt; sie hat weder vorgebracht, noch ist aus den Verwaltungsakten ersichtlich, dass ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliege, der in den Anwendungsbereich des Unionsrechtes falle. Vor dem Hintergrund, dass - entgegen der weiteren Argumentation der Beschwerdeführerin - die selbständige Ausübung der Prostitution in Bordellen nicht ausgeschlossen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0310), bestehen beim Verwaltungsgerichtshof aus Anlass des gegenständlichen Falles auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angewendeten gesetzlichen Bestimmungen.

Das Beschwerdevorbringen ist daher insgesamt nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am

Fundstelle(n):
YAAAE-76812