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VwGH vom 20.12.2013, 2012/21/0118

VwGH vom 20.12.2013, 2012/21/0118

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde der M E in K, vertreten durch Dr. Stefan Joachimsthaler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Kandlgasse 32/10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats für Kärnten vom , Zl. KUVS- 2167/15/2010, betreffend Festnahme und Abschiebung (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm die Administrativbeschwerde gegen die Abschiebung abgewiesen wurde, sowie im Kostenpunkt wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine georgische Staatsangehörige, reiste am nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Dieser wurde vom Bundesasylamt am abgewiesen; zugleich wurde gemäß § 8 Asylgesetz 1997 ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat zulässig sei, und sie wurde aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom (der Beschwerdeführerin zugestellt am ) ab.

Mit Schreiben vom informierte die Bezirkshauptmannschaft V. (im Folgenden: BH) die Beschwerdeführerin über ihre Ausreiseverpflichtung. Am stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG.

Am 4. August erschien sie auf Grund einer Ladung bei der BH. Sie lehnte es ab, an der Erlangung eines Heimreisezertifikats mitzuwirken.

Am wurde sie auf Grund eines gemäß § 74 Abs. 2 Z 2 und 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ergangenen Festnahmeauftrags festgenommen. Nach der Festnahme wurde sie von der bevorstehenden Abschiebung informiert. Am selben Tag stellte sie einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am wurde sie nach Georgien abgeschoben.

Mit Mandatsbescheid vom stellte das Bundesasylamt gemäß § 12a Abs. 4 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005 fest, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs. 4 Z 2 AsylG 2005 nicht vorlägen und der Beschwerdeführerin kein faktischer Abschiebeschutz zuerkannt werde.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen die Festnahme und die Abschiebung Beschwerde an die belangte Behörde. Sie brachte vor, dass sowohl ihre Antragstellung nach § 44 Abs. 3 NAG als auch ihr Status als Asylwerberin der Zulässigkeit der Abschiebung entgegen stünden. Die Voraussetzung des § 12a Abs. 3 Z 2 AsylG 2005 für den Verlust des faktischen Abschiebeschutzes sei nicht erfüllt, weil sie nicht ehestmöglich vom festgelegten Abschiebetermin informiert worden sei. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 12a Abs. 3 Z 2 AsylG 2005 hätte aber die Entscheidung des Bundesasylamtes über die ausnahmsweise Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes abgewartet werden müssen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde kostenpflichtig als unbegründet ab.

Nach Darstellung des Sachverhalts und (auszugsweiser) Wiedergabe der §§ 46, 74, 82 und 83 FPG sowie der §§ 11, 44 und und 44b NAG führte sie im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin gegenüber der BH klar zum Ausdruck gebracht habe, nicht bereit zu sein, freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen. Sie sei daher davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die Behörde ohne ihre Mitwirkung bei der georgischen Botschaft ein Heimreisezertifikat beantragen werde. Hinsichtlich des Antrags gemäß § 44 Abs. 3 NAG sei die Beschwerdeführerin davon in Kenntnis gesetzt worden, dass dieser Antrag kein Aufenthalts- und Bleiberecht bewirke. Da die BH davon ausgehen habe müssen, dass die Beschwerdeführerin ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht nachkommen werde, und eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung vorgelegen sei, sei zu Recht ein auf "§ 74 Abs. 2 Z 1 und 2 FPG" gestützter Festnahmeauftrag erlassen worden. Am , somit einen Tag vor dem festgelegten Abschiebetermin, habe die Beschwerdeführerin einen "Folgeantrag gemäß § 12a Abs. 3 Asylgesetz 2005" eingebracht. Mit Bescheid vom habe das Bundesasylamt festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs. 4 Z 2 AsylG 2005 nicht vorlägen und dass der Beschwerdeführerin kein faktischer Abschiebeschutz zuerkannt werde. Diese Entscheidung sei in Rechtskraft erwachsen.

Weiters sei zu berücksichtigen, dass die BH noch am selben Tag, an dem der Asylfolgeantrag gestellt worden sei, mit dem Bundesasylamt in Kontakt getreten sei; das Bundesasylamt habe die BH davon informiert, dass "diesem Antrag" im Hinblick auf den bereits festgelegten Abschiebetermin kein faktischer Abschiebeschutz zukomme, wobei diese Auffassung auch dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin im Zuge eines Telefonats mitgeteilt worden sei.

Auch aus den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2009/21/0293, und vom , Zl. 2009/21/0149, sei für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, zumal die BH zu Recht davon ausgehen habe müssen, dass der von der Beschwerdeführerin gestellte Asylfolgeantrag nur den Zweck verfolgen sollte, die unmittelbar bevorstehende Abschiebung zu verhindern. Dieser Auffassung habe sich auch das Bundesasylamt in seiner "Stellungnahme gemäß § 22 Abs. 1 Asylgesetz angeschlossen und dokumentiert dies auch die Entscheidung des Bundesasylamtes vom ". Ebenso weise nichts darauf hin, dass nach der rechtskräftig gewordenen Ausweisung der Beschwerdeführerin neue Aspekte iSd Art. 8 EMRK, die dazu geeignet gewesen wären, die Abschiebung der Beschwerdeführerin zu verhindern, hervorgekommen seien. Auch aus dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1438/09, sei abzuleiten, dass die Beschwerdeführerin gegenständlich zu Recht festgenommen worden sei, um ihre Abschiebung nach Georgien sicherzustellen. Auch der Umstand, dass zum Zeitpunkt der Abschiebung über ihren Antrag gemäß "§ 44a Z 3 NAG" noch keine Entscheidung vorgelegen sei bzw. dass die Beschwerdeführerin am , somit zwei Tage vor der tatsächlichen Abschiebung, einen Asylfolgeantrag eingebracht und diesen damit begründet habe, dass ihr dies ihr Rechtsvertreter so geraten habe, seien nicht dazu geeignet darzutun, dass die BH gegenständlich rechtswidrig gehandelt habe.

Insbesondere vermöge die belangte Behörde der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, dass die BH für die tatsächliche Abschiebung zumindest bis zur Rechtskraft des Mandatsbescheides hätte zuwarten müssen, nicht anzuschließen, zumal eine solche Vorgangsweise wohl nicht mit dem Interesse an einem ordnungsgemäßen Vollzug der fremdenrechtlichen Bestimmungen zu vereinbaren sei.

Auch wenn man der Beschwerdeführerin darin folge, dass sie zwischenzeitig in Österreich integriert sei, so ändere dies nichts an der Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Abschiebung. Die belangte Behörde sei auf Grund der gegebenen Umstände auch berechtigt gewesen, die Beschwerdeführerin zwecks Sicherung der Abschiebung festzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass ihrer Abschiebung zum einen der Antrag nach § 44 Abs. 3 NAG, zum anderen der faktische Abschiebeschutz auf Grund ihres - wiederholten - Antrags auf internationalen Schutz entgegengestanden seien. § 12a Abs. 3 Z 2 AsylG 2005 sei nicht erfüllt. Ungeachtet der Frage, ob die Mitteilung über den bereits festgelegten Abschiebetermin vor oder nach Stellung des Folgeantrags erfolgt sei, sei dies keinesfalls ehestmöglich geschehen und habe daher nicht den Vorgaben des § 67 Abs. 4 FPG entsprochen. Die wesentliche Bedeutung der "ehestmöglichen" Verständigung ergebe sich aus dem Zusammenhang mit dem ersten Satz des § 12a Abs. 3 AsylG 2005 und der dort festgelegten 18 tägigen Frist. Stünde es der Fremdenpolizeibehörde nämlich völlig frei, wann sie den Fremden vom Abschiebetermin verständige, so stünde es im Belieben der Behörde, die Abschiebung zu organisieren und dann mit der Mitteilung des Abschiebetermins so lange zuzuwarten, bis weniger als 18 Tage verblieben, und damit die "Schutzbestimmung" über den faktischen Abschiebeschutz zu unterlaufen. Selbst im Fall des Vorliegens der Voraussetzungen des § 12a Abs. 3 AsylG 2005 hätte jedoch die ohnehin in Form eines Mandatsbescheides zu erlassende Entscheidung des Bundesasylamtes über die ausnahmsweise Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes abgewartet werden müssen. Da sohin die (geplante) Abschiebung der Beschwerdeführerin unzulässig gewesen sei, treffe dies auch auf die ausschließlich der Abschiebung dienende Festnahme und Anhaltung zu.

2. § 12a Abs. 3 und 4 AsylG 2005 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des FrÄG 2009, BGBl. I Nr. 122 lautet:

"(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß

Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten

Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz

nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine aufrechte Ausweisung besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor

nachweislich informiert worden ist (§ 67 Abs. 4 FPG) und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schubhaft befindet;


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b)
gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder
c)
der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 74 Abs. 2 Z 1 oder 3 FPG iVm § 39 Abs. 2 Z 1 FPG angehalten wird. Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesasylamt dem Fremden den

faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn

der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder

Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der

Fall, wenn

1. der Fremde anlässlich der Befragung oder

Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu

keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive

Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen."

3.1 Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin am Tag vor ihrer Abschiebung neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, der im Hinblick auf ihren bereits rechtskräftig erledigten Antrag vom als Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 zu beurteilen war. Die belangte Behörde hat die Frage, ob der Beschwerdeführerin auf Grund dieses Antrags faktischer Abschiebeschutz zugekommen ist, verneint, zur Begründung im Ergebnis aber nur darauf verwiesen, dass das Bundesasylamt diese Auffassung vertreten habe.

Richtigerweise wäre zu prüfen gewesen, ob die Voraussetzungen des § 12a Abs. 3 AsylG 2005 erfüllt waren. Dass dies der Fall war, ergibt sich hinsichtlich des Vorliegens einer aufrechten Ausweisung (Z 1) und der Anhaltung nach einer Festnahme gemäß § 74 Abs. 2 Z 1 oder 3 FPG iVm § 39 Abs. 2 Z 1 FPG (Z 3 lit. c) zweifelsfrei aus den Verwaltungsakten und wird von der Beschwerdeführerin insoweit auch nicht in Abrede gestellt (zur Rechtmäßigkeit der Festnahme siehe unten Punkt 4.). Strittig ist aber die Frage, ob die Beschwerdeführerin im Sinn des § 12a Abs. 3 Z 2 AsylG 2005 vor der Antragstellung über den Abschiebetermin informiert worden ist. Dazu hätte die belangte Behörde feststellen müssen, ob der Antrag auf internationalen Schutz vor oder nach der Bekanntgabe des Abschiebetermins (am um 9:30 Uhr) gestellt worden ist. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin war hingegen nicht entscheidend, ob die Information über den Abschiebetermin bereits früher erteilt werden hätte können. Es entspricht nämlich nicht der ratio legis des § 12a Abs. 3 Z 2 AsylG 2005 iVm § 67 Abs. 4 FPG (idF des FrÄG 2009), dem Fremden rechtzeitig vor dem Abschiebetermin eine faktischen Abschiebeschutz begründende Asylantragstellung zu ermöglichen; vielmehr sollen durch das Abstellen auf nach der Mitteilung des Abschiebetermins gestellte Folgeanträge jene potentiellen Missbrauchsfälle erfasst werden, in denen der Antrag gerade im Hinblick auf den bekannten, unmittelbar bevorstehenden Abschiebetermin gestellt wird. Darauf, ob der Abschiebetermin "ehestmöglich" im Sinn des § 67 Abs. 4 FPG (jetzt: § 58 Abs. 2 FPG) mitgeteilt wurde, kommt es dabei nicht an.

3.2 Sollte der Beschwerdeführerin gemäß § 12a Abs. 3 AsylG 2005 tatsächlich kein faktischer Abschiebeschutz zugekommen sein, erwiese sich ihre Abschiebung dennoch als rechtswidrig, weil nicht die Entscheidung des Bundesasylamtes über die Zuerkennung faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 abgewartet wurde.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (330 BlgNR 24. GP, 15) wird zu § 12a Abs. 4 AsylG 2005 unter anderem Folgendes ausgeführt:

"Weiters normiert Abs. 4, dass über das Vorliegen der Voraussetzungen zur Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes (Z 1 und 2) mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden ist. Das Bundesasylamt hat demnach jedenfalls, auch wenn der ex lege nicht vorhandene Abschiebeschutz nicht zuerkannt wird, über die dabei geprüften Kriterien der Z 1 und 2 abzusprechen. Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 oder 2 vor, so ist in Einem auszusprechen, dass dem Fremden der faktische Abschiebeschutz zuerkannt wird. Bei einem Folgeantrag, der binnen zwei Tagen vor der Abschiebung gestellt wird, umfasst die Prüfung im Rahmen der Erlassung des Mandatsbescheides nur mehr die Voraussetzung der Z 2 (siehe oben). In der hier normierten Verpflichtung des Bundesasylamts, über die Voraussetzungen für die Zuerkennung des faktischen Abschiebschutzes bescheidmäßig abzusprechen, manifestiert sich der subjektive Rechtsschutz des Fremden (vgl. Art. 13 EMRK) und soll die ohnehin von Gesetzes wegen bestehende Prüfverpflichtung auch in einem, vom Fremden bekämpfbaren, normativen Rechtsakt nach außen treten lassen. Für die hier vorliegenden Sachverhalte ist die Form des, spezifischen verfahrensrechtlichen Normen unterliegenden, Mandatsbescheides zu wählen. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass eine Abschiebung des Fremden zeitlich determiniert bevorsteht, insofern aus Sicht des Fremden 'Gefahr im Verzug' vorliegt und der Mandatsbescheid eine rasche und effiziente Erledigung der gesetzlich vorgesehenen Prüfung ermöglicht. Wiewohl Prüfung und Bescheiderlassung bereits ex lege zu erfolgen haben, ist nach allgemeinen Verwaltungsverfahrensvorschriften auch ein auf die bescheidmäßige Erledigung gerichteter Antrag zulässig. Diesem kommt naturgemäß keine aufschiebende Wirkung zu. Gleiches gilt für die gegen einen negativen Bescheid erhobene Vorstellung (§ 57 Abs. 2 AVG) und eine gegen einen darauf folgenden Bescheid erhobene Beschwerde. § 36 Abs. 2 ist darauf naturgemäß nicht anzuwenden. Dies auch deshalb, weil dem Verfahren kein aufzuschiebendes Recht zugrunde liegt. In der Praxis wird das Bundesasylamt auf ein ausreichend individualisiertes Bescheidformblatt zurückgreifen können. Der Mandatsbescheid wird unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles tunlichst vor Durchführung der Abschiebung zu ergehen haben. Sollte nach Prüfung der Zuerkennungsvoraussetzungen die formale Bescheiderlassung aus faktischen Gründen nicht mehr möglich sein, hindert dies den Abbruch oder die Durchführung der Abschiebung naturgemäß nicht. Siehe in diesem Zusammenhang insbesondere auch §§ 19 Abs. 1 und 2 und 23 Abs. 8 und 9."

Aus diesen Erläuterungen geht hervor, dass die Entscheidung durch das Bundesasylamt gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 über die Zuerkennung faktischen Abschiebeschutzes in den Fällen des § 12a Abs. 3 AsylG 2005 dazu dient, den gemäß Art. 13 EMRK (sowie auf Grund des Rechtsstaatsprinzips) gebotenen Rechtsschutz zu gewährleisten. Dies setzt aber jedenfalls im Hinblick auf eine drohende Verletzung des Art. 3 EMRK voraus, dass bereits ex ante eine Überprüfung erfolgt; die nachträgliche Kontrolle im Rahmen eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist nicht ausreichend (vgl. etwa Wiederin , Aufenthaltsbeendende Maßnahmen im Fremdenpolizeirecht (1993), 43, 156; s. auch Grabenwarter/Pabel , Europäische Menschenrechtskonvention5 (2012) Rz 181). Gerade um - selbst im Fall einer Asylantragstellung innerhalb der letzten beiden Tage vor einem Abschiebetermin - eine förmliche Entscheidung durch das Bundesasylamt noch vor der Abschiebung zu ermöglichen, wurde im Gesetz vorgesehen, dass diese Entscheidung in Form eines Mandatsbescheides zu ergehen hat und die inhaltliche Prüfung - abgesehen vom Fall des § 12a Abs. 4 Z 1 AsylG 2005 bei Antragstellung bis zum dritten Tag vor dem Abschiebetermin - grundsätzlich auf die objektive Situation im Herkunftsstaat beschränkt ist. Aus all dem ist - verfassungskonform - abzuleiten, dass eine Abschiebung nicht vor Erlassung des Bescheides gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 über die Zuerkennung faktischen Abschiebeschutzes durchgeführt werden darf, auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich festgelegt wurde und zufolge den Erläuterungen der Mandatsbescheid nur "tunlichst" vor Durchführung der Abschiebung zu ergehen hat, während in Ausnahmefällen die (im Beschwerdefall allerdings auch nicht dokumentierte) Prüfung der Zuerkennungsvoraussetzungen genügen soll. Da bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abschiebung auf den Zeitpunkt ihres Vollzugs abzustellen ist, konnte die nachträgliche negative Entscheidung über die Zuerkennung des faktischen Abschiebschutzes im vorliegenden Fall nichts mehr an der Rechtswidrigkeit der Abschiebung ändern.

4. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin folgt aus der Unzulässigkeit der Abschiebung aber nicht, dass im Beschwerdefall auch die Festnahme rechtswidrig war. Zum Zeitpunkt der Festnahme hatte die Beschwerdeführerin nämlich unstrittig noch keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 Z 2 und 3 FPG lagen im Hinblick darauf vor, dass die Beschwerdeführerin zum einen ungeachtet der rechtskräftigen Ausweisung ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen war und zum anderen - angesichts der aufrechten Ausweisung zunächst zu Recht - eine Abschiebung geplant war. Daran ändert auch der Antrag nach § 44 Abs. 3 NAG noch nichts (vgl. § 44b Abs. 3 NAG in der Fassung des FrÄG 2009, wonach ein solcher Antrag weder ein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründet noch der Erlassung und Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen entgegensteht; das von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0293, ist noch zur Rechtslage vor dem FrÄG 2009 ergangen). Es ist auch nicht ersichtlich, dass (schon) die Festnahme der Beschwerdeführerin - sei es im Hinblick auf Art. 8 EMRK, sei es im Hinblick auf das Recht auf persönliche Freiheit - unverhältnismäßig war.

5. Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als mit ihm die Administrativbeschwerde gegen die Abschiebung abgewiesen wurde und damit auch im Kostenpunkt gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am