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VwGH vom 20.06.2011, 2008/09/0205

VwGH vom 20.06.2011, 2008/09/0205

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des MT in W, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-07/A/57/1009/2008-8, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Ausspruch über die Strafe sowie in seinem Kostenausspruch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: eine Woche, vier Tage, fünf Stunden) gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a zweiter Strafsatz des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der T. GmbH (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz in W. am auf einer Baustelle in W., L.Gasse, den näher bezeichneten ausländischen Staatsbürger J.B. beschäftigt habe, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien, er habe somit § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes übertreten. Dem Beschwerdeführer wurden die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt.

Der Sachverhalt wurde - nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens - wie folgt festgestellt:

Der Berufungswerber sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der T. GmbH und somit als zur Vertretung nach außen Berufener gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Der polnische Staatsangehörige J.B. sei am bei der T. GmbH auf der Baustelle in W., L.Gasse beschäftigt worden, obwohl für ihn keine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung vorgelegen sei.

Der Beschwerdeführer habe bei seiner Einvernahme im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung selbst angegeben, dass J.B. auf der gegenständlichen Baustelle Reinigungsarbeiten in seinem Auftrag durchgeführt habe. Er habe J.B. auch die Anweisungen gegeben, was zu tun sei. J.B. habe das Handwerkszeug selbst beigestellt, die Mulde, in die er den Schutt zu werfen gehabt habe, sei vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellt und von diesem auch entleert worden. Die Arbeitszeiten seien grundsätzlich von 7.00 Uhr bis 16.30 Uhr, lediglich wenn eine Arbeit fertig zu machen gewesen sei, seien diese Arbeitszeiten überschritten worden.

Nach den Angaben von J.B. in dem anlässlich der Kontrolle ausgefüllten Personenblatt habe dieser für den Beschwerdeführer gearbeitet; vereinbart sei ein Stundenlohn von EUR 15,-- gewesen; der Beschwerdeführer habe ihm die Arbeitsanweisungen erteilt; er habe am 13. und 14. Juni gearbeitet; die Arbeitszeiten seien von 7.00 bis 16.00 Uhr gewesen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass J.B. unter ähnlichen Bedingungen verwendet wurde wie Arbeitnehmer. Es liege daher ein Fall des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG vor.

Die belangte Behörde bejahte das Vorliegen eines schuldhaften, nämlich fahrlässigen Verhaltens und hielt fest, dass bei der Strafbemessung davon auszugehen gewesen sei, dass der Beschwerdeführer eine zum Tatzeitpunkt rechtskräftige einschlägige Vorstrafe aufweise, sodass der zweite Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG zur Anwendung komme. Zu berücksichtigen sei gewesen, dass sich der Beschwerdeführer in keiner Weise schuldeinsichtig gezeigt habe. Vielmehr habe der Berufungswerber ausgeführt, über einen "Pool" von vier bis fünf Arbeitern (darunter J.B.) zu verfügen, die er bei Bedarf anrufen könne. Weiters sei der kurze Tatzeitraum zu berücksichtigen gewesen. Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen habe der Beschwerdeführer keine gemacht, es seien daher durchschnittliche Verhältnisse anzunehmen gewesen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde und machte den Vorlageaufwand geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes -

AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der im Beschwerdefall

anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 101/2005, gilt als Beschäftigung

die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

Nach Abs. 4 erster Satz dieser Bestimmung ist für die

Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt,

der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere

Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 99/2006 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2005 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" (§ 8 Abs. 2 Z. 3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis zu 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis zu 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis zu 50 000 Euro.

Unbestritten blieben die Feststellungen der belangten Behörde, dass J.B. am 13. Juni und auf der gegenständlichen Baustelle im Auftrag des Beschwerdeführers Reinigungsarbeiten durchgeführt hat.

Insoweit der Beschwerdeführer moniert, dass J.B. eine entsprechende Gewerbeberechtigung erteilt worden sei, es sei ihm daher rechtlich zulässigerweise möglich, in Ausübung seines Gewerberechtes gewerblich tätig zu sein ohne dadurch in den Anwendungsbereich des AuslBG zu fallen, ist ihm zu entgegnen, dass der bloß formale Umstand, dass ein Ausländer im Besitz einer (gleichgültig ob österreichischen oder sonstigen) Gewerbeberechtigung ist, für die Beurteilung seiner sachverhaltsmäßig festgestellten Tätigkeit dahingehend, ob eine Beschäftigung nach dem AuslBG vorliegt oder nicht, nicht maßgeblich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0167).

Der Beschwerdeführer rügt, dass auch die Gewichtung der Kriterien zur Abgrenzungsfrage des Beschäftigungsbegriffes nach § 2 Abs. 2 AuslBG bei Anwendung der Gesamtbetrachtung von der Berufungsbehörde unrichtig vorgenommen worden sei.

Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem aber auch eine kurzfristige Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, so ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Ein Abhängigkeitsverhältnis ist dort anzunehmen, wo keine unternehmerische Eigeninitiative und kein unternehmerisches Erfolgsrisiko getragen wird. Die Tätigkeiten des angetroffenen ausländischen Staatsangehörigen (Reinigungsarbeiten auf einer Baustelle) waren Arbeitsleistungen, die ihrer Natur nach typischerweise in einem Abhängigkeitsverhältnis erbracht werden. Sie erfolgten auch nicht aus eigener Initiative oder zu eigenem Nutzen des Ausländers, sondern waren gekennzeichnet durch den fremdbestimmten Charakter des durch die wirtschaftliche Unselbständigkeit determinierten Verhältnisses zu dem vom Beschwerdeführer vertretenen Unternehmen, war es doch dieses, zu dessen Vorteil J.B. im Ergebnis tätig wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/09/0150).

Ebenso kann der Beschwerdeführer die schlüssige Argumentation der belangten Behörde nicht erschüttern, wenn diese in ihrer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der relevanten Umstände, wie insbesondere auf Grund der planmäßigen Eingliederung des Ausländers - für diesen galten dieselben Arbeitszeiten wie für die Dienstnehmer der T. GmbH - in die auf der Baustelle durchzuführenden einfachsten manuellen Tätigkeiten (Durchführung von Reinigungsarbeiten), sowie dem direkten Weisungsrecht des Beschwerdeführers, der vorgesehenen Entlohnung nach Stunden, der vom Beschwerdeführer bereitgestellten Mulde, welche auch von diesem entsorgt wurde, das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit verneint. Angesichts dessen kommt dem Einwand, dass der Ausländer eigenes Kleinwerkzeug verwendet hätte, keine Bedeutung zu, da für die Durchführung von Reinigungsarbeiten lediglich Handwerkzeug von untergeordnetem Wert erforderlich ist, wie auch die Argumente, der Ausländer sei nicht verpflichtet gewesen, die Arbeiten selbst durchzuführen bzw. es habe keine Berichterstattungspflicht bestanden - der Beschwerdeführer war nach Angaben des E.S. ohnehin täglich auf der Baustelle - nicht verfangen.

Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen ausgesprochen, dass derartige einfache Hilfsarbeiten wie die hier vorliegenden Reinigungsarbeiten, die dem Ausländer auf der Baustelle vom Beschwerdeführer zugewiesen wurden und die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf erbracht werden mussten, kein selbständiges Werk darstellen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/09/0183, mwN).

Dass der Ausländer nur gelegentlich für den Beschwerdeführer tätig geworden sei, ändert ebenfalls nicht am Charakter dieser Tätigkeit als Beschäftigung im Sinne des § 2 AuslBG. Auch kurzfristige Arbeitsleistungen unterliegen nämlich grundsätzlich als Beschäftigung dem AuslBG und der Bewilligungspflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0267).

Der angefochtene Bescheid ist aber im Umfang der Strafbemessung als rechtswidrig zu erkennen. Gemäß § 16 Abs. 2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe nämlich das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG sieht weder eine Freiheitsstrafe vor, noch ist für die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von § 16 Abs. 2 VStG Abweichendes vorgesehen. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde somit bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von einer Woche, vier Tagen und fünf Stunden verhängt. Dies steht sowohl in einem auffallenden Missverhältnis zur Höhe der von der belangen Behörde festgesetzten Geldstrafe, die im unteren Bereich des von EUR 2 000 bis zu EUR 20 000 reichenden Strafrahmens des zweiten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG angesetzt wurde. Auch ist der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe begründungslos geblieben. Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid insofern mit Rechtswidrigkeit behaftet, weil dann, wenn zwischen der Höhe der verhängten Geldstrafe (15,75 % der Höchststrafe) und der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe (80,07 % der Höchststrafe) ein erheblicher, nach dem Verhältnis zur Höchststrafe zu bemessender Unterschied besteht, dafür zumindest eine Begründung erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/09/0104). Eine solche ist im angefochtenen Bescheid aber nicht zu ersehen.

Daher war der angefochtene Bescheid in seinem Ausspruch über die Strafe sowie in seinem Kostenausspruch wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG und die Beschwerde im Übrigen - hinsichtlich des Schuldspruches - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Im fortzusetzenden Verfahren wird die belangte Behörde gemäß § 19 VStG iVm § 34 Abs. 2 StGB sowie im Hinblick auf Art. 6 EMRK auch die Verfahrensgesamtdauer als mildernd zu berücksichtigen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 BGBl. II Nr. 455.

Wien, am