VwGH vom 28.08.2012, 2012/21/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom , Zl. III-1053581/FrB/12, betreffend Ladung in einer Angelegenheit nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, zwecks Mitwirkung an der Angelegenheit "Identitätsprüfung" für den zur belangten Behörde geladen. Für den Fall der unentschuldigten Nichtbefolgung der Ladung wurde ein Festnahmeauftrag gemäß § 74 Abs. 2 Z 4 FPG angedroht. Als weitere Rechtsgrundlagen wurden § 19 AVG und § 77 Abs. 4 FPG genannt.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde räumt der Beschwerdeführer ein, dass sein Asylantrag vom mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom rechtskräftig abgewiesen und die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom abgelehnt worden sei. Mit am zugestelltem, im Instanzenzug ergangenem Bescheid habe die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien gegen ihn wegen zwei Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Anfang 2006 habe er sich in Italien niedergelassen. Am habe er dort eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet, die in Italien erwerbstätig gewesen sei. Ende 2008 seien sie gemeinsam nach Österreich zurückgekehrt, am sei ihr gemeinsamer Sohn zur Welt gekommen. Am habe er einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gestellt, weil er als begünstigter Drittstaatsangehöriger nicht die vom Gesetz verlangte schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle und durch seinen Aufenthalt auch keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr entstehe, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren könnte. Außerdem seien die Rechte seines österreichischen Kindes zu berücksichtigen. Dieser Antrag sei mit Bescheid der belangten Behörde vom abgewiesen worden, gleichzeitig sei das Aufenthaltsverbot gemäß § 65a FPG in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 "auf die Dauer von zehn Jahren abgeändert" worden. Gegen diesen Bescheid habe er am Berufung erhoben.
Der angefochtene Ladungsbescheid vom sei zum einen deswegen rechtswidrig, weil die Feststellung seiner Identität nicht notwendig sei; bereits im Jahr 2010 sei nämlich von den nigerianischen Behörden ein Heimreisezertifikat für ihn ausgestellt worden. Die Ladung sei zum anderen auch deswegen nicht notwendig, weil seine Abschiebung auf Grund seiner Ehe mit einer freizügigkeitsberechtigten österreichischen Staatsbürgerin derzeit unzulässig sei.
Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Soweit die Beschwerde geltend macht, die Ladung sei deswegen unzulässig gewesen, weil der Beschwerdeführer derzeit nicht abgeschoben werden dürfe, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2012/21/0081, verwiesen. Auch im Beschwerdefall war es der belangten Behörde nicht verwehrt - unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - trotz der Ehe des Beschwerdeführers mit einer (hier - zufolge dem Beschwerdevorbringen -: freizügigkeitsberechtigten) österreichischen Staatsbürgerin auf Grund der zum Bescheiderlassungszeitpunkt noch dem Rechtsbestand angehörenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme (hier: eines Aufenthaltsverbotes) Schritte zur Vorbereitung der Ausreise bzw. Abschiebung zu setzen.
Der Beschwerdeführer ist aber mit seinem Vorbringen im Recht, die Ladung sei nicht notwendig im Sinn des § 19 Abs. 1 AVG und daher rechtswidrig gewesen, weil die nigerianischen Behörden bereits im Jahr 2010 ein Heimreisezertifikat ausgestellt hätten. In den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich die Kopie eines auf den Namen des Beschwerdeführers ausgestellten Heimreisezertifikats vom . Eine Befristung ist diesem Dokument nicht zu entnehmen. Jedenfalls aber belegt es, dass die Identität des Beschwerdeführers im Jahr 2010 offenkundig auch für die nigerianischen Behörden geklärt war. Aus welchen Gründen dennoch die gegenständliche Ladung zum Zweck der "Identitätsprüfung" erforderlich war, ist nicht ersichtlich und wurde von der belangten Behörde - die keine Gegenschrift erstattet hat - auch nicht dargelegt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am