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VwGH vom 13.11.2018, Ra 2018/03/0099

VwGH vom 13.11.2018, Ra 2018/03/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des G L in I, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG-2017/12/1997-6, betreffend Entziehung der Waffenbesitzkarte (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 I. Gegenstand

2 A. Mit dem angefochtenen Erkenntnis entzog das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 VwGVG gemäß § 25 Abs. 2 und 3 iVm § 8 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) die ihm von der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde im Jahr 2006 ausgestellte Waffenbesitzkarte mit der Nr. A-0 (Spruchpunkt 1.). Eine ordentliche Revision gegen diese Entscheidung wurde nicht zugelassen (Spruchpunkt 2.).

3 B.a. Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde (BH) habe ihren Entziehungsbescheid vom im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Revisionswerber aktives Mitglied einer staatsfeindlichen Verbindung bzw. souveränen Bewegung, konkret des "O (O)", sei und sich als solches nicht an die staatliche Hoheitsgewalt und die gesetzlichen Bestimmungen gebunden fühlte. Die Mitgliedschaft in einer "souveränen Bewegung" verbunden mit der Gutheißung deren Ziele und aktiver Betätigung durch die nach Außen bekundete Verweigerung der Anerkennung der staatlichen Hoheitsgewalt und Rechtsordnung stelle eine Tatsache dar, die die Verlässlichkeit nach § 8 WaffG ausschließe.

4 In der dagegen gerichteten Beschwerde sei insbesondere geltend gemacht worden, die BH habe keine Feststellungen dahingehend getroffen, welche Verhaltensweisen der Revisionswerber an den Tag gelegt habe, die auf einen Missbrauch der Waffen und eine leichtfertige Verwendung oder derartiges schließen ließen. Der Revisionswerber sei ein äußerst friedfertiger Mensch, der lediglich die Behörde gebeten habe, ihn nicht in seiner Privatsphäre zu stören. Eine derartige Bitte könnte kein Indikator dafür sein, dass er eine Waffe missbräuchlich oder leichtfertig verwenden würde. Gegen den Revisionswerber würde auch "kein entsprechendes Strafverfahren" geführt, ein gegen andere Personen gefälltes Straferkenntnis könne kein Indikator für eine missbräuchliche oder leichtfertige Verwendung seitens des Revisionswerbers sein. Die BH habe keine Feststellungen getroffen, aus denen bei denklogischer Betrachtungsweise eine für ihn negative Prognoseentscheidung iSd § 8 WaffG getroffen werden könnte.

5 Mit Eingabe vom habe der Revisionswerber ein "Bekenntnis zur freien demokratischen Grundordnung (Loyalitätserklärung)" abgegeben und jene Teile des B-VG sowie weitere Gesetze angegeben, die er insbesondere anerkennen würde. Weiters habe der Revisionswerber versichert, "keine nationalsozialistischen Gesetze, Verordnungen oder solches Gedankengut in seiner täglichen Arbeit und Freizeit anzuwenden", er habe "öffentlich seine Entnazifizierung" bekundet. In der am eingebrachten "vorbereitenden Äußerung" habe der Revisionswerber nochmals darauf hingewiesen, dass die BH keine maßgebenden Feststellungen getroffen hätte. Auch habe der Revisionswerber seit Erlassung des Bescheides der BH keine Verhaltensweisen gezeigt, die eine für ihn im Ergebnis ungünstige Prognoseentscheidung rechtfertigen würde.

6 Am habe vor dem Landesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung stattgefunden, bei welcher der Revisionswerber als Partei einvernommen worden sei.

7 B.b. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht stellte das Verwaltungsgericht fest, es sei bekannt, dass "souveräne Bewegungen", wie Anhänger des "S", des "A", der "F", der "B", der "T", der "R", der "E" oder der "V" bzw. des "O (O)" und dergleichen, Gruppierungen darstellten, welche die Legitimation des Staates leugneten, ihre Ablehnung des in Österreich bestehenden Gesellschafts- und Rechtssystems auf die Verweigerung des positiven Rechts stützten und ausschließlich "Common Law bzw. Universal- oder Naturrecht" als Regelwerk heranzögen.

8 Der Revisionswerber habe veranlasst, dass mit drei Schreiben vom gegen drei Mitarbeiter der BH sowie mit einem weiteren Schreiben vom gegenüber einem der Mitarbeiter der BH in Reaktion auf eine gegenüber dem Revisionswerber ergangenen Strafverfügung nach der StVO 1960 jeweils eine "Obligation" in der Höhe von EUR 6,666.666,--, sofort vollstreckbar, ausgesprochen worden sei, weiters sei in diesem Schreiben für den Revisionswerber als "delegiertem Menschenrechtskommissiar vom A" Immunität beansprucht worden. In diesem Zusammenhang sei ein weiteres Schreiben übermittelt worden, in dem neben dem Nachweis für die Legitimation der Organwalter der BH auch die Vorlage notarieller Beglaubigungen der Gründungsurkunde der Republik Österreich und der Gründungsurkunde des Bundeslandes verlangt und festgehalten worden sei, dass bei Nichtvorlage binnen Frist "unwiderruflich" gefolgert werde, dass diese Organwalter selbst und/oder "ihre Firma nach Firmen- und Vertragsrecht als Unternehmen" handeln und arbeiten würden. Mangels Vertrages mit der "Firma Polizei" sei um keine weitere Störung der Privatsphäre ersucht worden.

9 Bereits aus diesen - für "souveräne Bewegungen" typischen - Verhaltensweisen gehe die Zugehörigkeit des Revisionswerbers zu einer solchen hervor. Auf Grund seines Besuches von Veranstaltungen des "S" und dem Kontakt zum "A" werde angenommen, dass der Revisionswerber ein Anhänger dieser Bewegungen sei. Eine Zugehörigkeit des Revisionswerbers zur Bewegung "O (O)" habe nicht festgestellt werden können.

10 Es werde daher davon ausgegangen, dass der Revisionswerber nach wie vor den Rechtsstaat bzw. legitime staatliche Hoheitsgewalt ablehne bzw. die Rechtsordnung nicht zur Gänze anerkenne.

11 B.c. Zur Beweiswürdigung hielt das Verwaltungsgericht fest, dass die Vorgangsweise bzw. Arbeitsweise sogenannter "souveräner Bewegungen" bekannt sei, und verwies dazu u. a. auf die Parlamentskorrespondenz Nr. 234 vom , Sektenbericht: Verstärkte Aktivitäten der Staatsverweigerer, ferner die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 1621 BlgNR 25. GP, S. 5 f, und schließlich auf ein Schreiben der Landespolizeidirektion Tirol.

12 Nach den im Akt der BH vorhandenen und per E-Mail übermittelten drei Schreiben des "A" vom sei in Reaktion auf eine gegenüber dem Revisionswerber ergangene Strafverfügung der BH wegen einer Verwaltungsübertretung nach der StVO 1960 jeweils gegen namentlich genannte Bedienstete der BH "zur Abwendung von Gefährdungshandlungen und für eine Beendigung seiner/ihrer Drohungen eine Obligation in der Höhe von EUR 6,666,666,--, sofort vollstreckbar" ausgesprochen worden. In diesem Schreiben heiße es weiters: "Hiermit wird bestätigt, dass die j.P. (der Revisionswerber) ..., dem I beigetreten sei und nach § 38 ABGB, von Ihrem Gesetz, Recht, Ordnung u.o.ä. als immun

betrachtet werden muss. ... Um weitere rechtswidrige Handlungen

oder ähnliches von Ihrer Seite zu vermeiden, bitte ich sie meine Dritt- und Direktrechte nach den völkerrechtlichen Verträgen in Art 142 Genfer Konvention IV nicht durch rechtswidrige Handlungen zu verletzen, denn der delegierte Menschenrechtskommissar/in (der

Revisionswerber) ... vom A, genießt für die beste Aufnahme die

Vorrechte der Immunität. Das A ist für den Vollzug des Völkerrechtes zuständig, und Ich bin Vollzugsbeamter im Völkerrecht." Ein inhaltlich gleiches Schreiben vom sei an einen weiteren namentlich genannten Bediensteten der BH ergangen.

13 In einem weiteren in diesem Zusammenhang übermittelten Schreiben sei dazu aufgefordert worden, einen Beweis für die amtliche Legitimation der Mitarbeiter zu erbringen, weiters eine

notarielle Beglaubigung der Gründungsurkunde des Staates und eine

notarielle Beglaubigung der Gründungsurkunde des Bundeslandes. Sollte dies innerhalb einer Frist von 72 Stunden nicht oder nicht vollständig erfolgen, würde damit unwiderruflich bestätigt, dass behördliche Organe privat- sowie vertragsrechtlich und/oder ihre Firma etc. nach Firmen- und Vertragsrecht als Unternehmen (Seerecht/Handelsrecht/UCC/HGB) handelten und arbeiteten, oder für solche im Auftrag handeln würden. Weiters sei ausgeführt worden:

"Da ich mit der Firma Polizei keinen Vertrag geschlossen habe, darf ich sie daher bitten, mich kein weiteres Mal in meiner Privatsphäre zu stören."

14 Anlässlich der mündlichen Verhandlung habe sich der Revisionswerber damit verantwortet, dass er vor 14 bis 15 Monaten Veranstaltungen des "S" besucht habe, sich als "Mensch" irgendwo angemeldet und die Strafverfügung - wie es ihm bei einer solchen Veranstaltung erklärt worden sei - an eine ihm jetzt nicht mehr bekannte Adresse in der Steiermark geschickt habe. Der Inhalt der Schreiben, wie sie an die Organwalter der BH geschickt worden seien, sei ihm nicht bekannt gewesen. Er habe nicht gewusst, "wie das in der Steiermark gehandhabt worden" sei.

15 Diese Verantwortung habe das Verwaltungsgericht nicht zu überzeugen vermocht. Zum einen sei es nicht nachvollziehbar und widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass der Revisionswerber eine an ihn ergangene Strafverfügung zur weiteren Behandlung einfach weiterschicke, ohne zu wissen, welche weiteren konkreten Schritte in diesem Zusammenhang erfolgten. Zudem seien die konkreten Vorgangsweisen (Geldforderungen an Beamte, Inanspruchnahme von Immunität, Nichtanerkennung des Staates, der Staatsgewalten etc.) von sogenannten "souveränen Bewegungen" durch Medienberichte ohnehin allgemein bekannt gewesen, und es sei daher unglaubwürdig, dass der Revisionswerber nichts davon gewusst haben wolle, dass eine solche Vorgangsweise auch in seinem Fall der gegen ihn ergangenen Strafverfügung erfolgt sei. Die Aussage des Revisionswerbers, nicht mehr zu wissen, an welche Adresse er die Strafverfügung geschickt habe, verunmögliche zudem jegliche weitere Ermittlungen, um die Aussage des Revisionswerbers auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Es könne zwar nicht abschließend geklärt werden, ob der Revisionswerber die Schreiben selbst verfasst habe, oder ob diese in seinem Wissen und in Vertretung für ihn durch eine dritte Person verfasst worden seien, aber jedenfalls sei ihr Inhalt dem Revisionswerber zuzurechnen. Anlässlich der mündlichen Verhandlung habe der Revisionswerber ausgesagt, dass er Veranstaltungen des "S" besucht und sich als "Mensch" registriert habe. Auf Grund der angeführten Schreiben, in denen der Revisionswerber als Vertreter des "A" ausdrücklich aufscheine, werde angenommen, dass der Revisionswerber ein Anhänger dieser Bewegungen sei. Nicht festgestellt habe werden können, dass der Revisionswerber der Bewegung "O (O)" angehöre, zumal das im Bescheid der BH angeführte E-Mail an den Bundesminister für Justiz im Akt nicht aufscheine und auch über Nachfrage nicht habe beigeschafft werden können, und vom Revisionswerber schließlich eine Mitgliedschaft bei der "O" vehement bestritten worden sei. Bei einer Zusammenschau ergebe sich aus den schriftlich begründeten "Obligationen", welche eindeutig eine "souveräne Bewegungen" kennzeichnende Vorgangsweise und Formulierung dokumentierten, aus der Aufforderung zur Legitimation und zur Vorlage von Gründungsurkunden des Staates bzw. Bundeslandes, aus der Beanspruchung von Immunität, und aus dem Nichtanerkennen der Polizei als staatlich legitimiertes Exekutivorgan, dass der Revisionswerber den Rechtsstaat bzw. legitime staatliche Hoheitsgewalt ablehne bzw. die Rechtsordnung nicht zur Gänze anerkenne.

16 An dieser Beurteilung ändere das - unter anderem mit einem Fingerabdruck versehene - Schreiben des Revisionswerbers vom an das Verwaltungsgericht mit einem "Bekenntnis zur freien demokratischen Grundordnung (Loyalitätserklärung)" nichts. Darin bekenne sich der Revisionswerber "zur freien, demokratischen Grundordnung des Bundesverfassungsgesetzes (B-VG) für die Republik Österreich" und führe dann weiters aus, welche Rechte er insbesondere anerkenne (nämlich "das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen; die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an das Gesetz und das Recht; das Recht auf Bildung und Ausbildung einer parlamentarischen Opposition; die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortung gegenüber der Volksvertretung; die Unabhängigkeit der Gerichte, der Ausschluss jeder Gewalt und Willkürherrschaft; die im allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch konkretisierten Menschenrechte und Personenrechte, die im allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch konkretisierten Grundrechte, welche unverhandelbar und unveräußerlich seien; die Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms (Konvention zum Schutze der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, die Charta der UN)"). Weiters habe der Revisionswerber erklärt, keine Bestrebungen zu verfolgen oder zu unterstützen, die gegen die freie demokratische Grundordnung oder den Bestand und die Sicherheit der öffentlichen Ordnung gerichtet seien und eine gesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane der öffentlichen Ordnung zum Ziel hätten oder durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichteten Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Republik Österreich gefährdeten. Zudem habe er unter anderem öffentlich seine "Entnazifizierung" beurkundet.

17 Aus diesem Schreiben gehe nicht hervor, dass sich der Revisionswerber selbst an alle Gesetze und Verordnungen der Republik Österreich gebunden erachte, vielmehr sei das Anerkennen nur einer "Grundordnung der Bundesverfassung" im Zusammenhang mit den Verweisen auf bestimmte Verfassungsprinzipien, das ABGB und völkerrechtlich gewährleistete Grundrechte geradezu bezeichnend für eine nur partielle Anerkennung der Rechtsordnung, wie sie für sogenannte "souveräne Bewegungen" typisch sei. Soweit der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht behauptet habe, nichts mit "solchen Sachen" zu tun zu haben, habe er nicht zu überzeugen vermocht, gehe doch beispielsweise aus seiner in der Verhandlung getätigten Äußerung, die Polizei wäre eine Firma, hervor, dass sich der Revisionswerber - trotz gegenteiliger Behauptung - nach wie vor nicht ausreichend vom Gedankengut der "souveränen Bewegung" distanziert habe.

18 B.d. In rechtlicher Hinsicht führt das Verwaltungsgericht ausgehend von § 25 Abs. 2 und § 8 Abs. 1 WaffG aus, im vorliegenden Fall bestünden berechtigte Zweifel, dass sich der Revisionswerber, der sich mit dem Inhalt der angeführten Schreiben erkennbar auf die Ideologie einer "souveränen Bewegung" stütze und das Verwaltungsgericht nicht habe davon überzeugen können, dass er sich von diesem Gedankengut bereits vollständig distanziert habe, an die gesamte österreichische Rechtsordnung gebunden fühle.

19 Dies ergebe sich insbesondere aus den gegen die Organwalter der BH ausgesprochenen "Obligationen" und die Inanspruchnahme von Immunität für den Revisionswerber als Vertreter des "A" sowie aus der dem E-Mail vom beiliegenden "Aufforderung zur Legitimation", in der die Zuständigkeiten der staatlichen Behörde in Frage gestellt, die Polizei als Firma bezeichnet und dieser damit ihre hoheitlichen Befugnisse abgesprochen würden. Dieses Verhalten des Revisionswerbers gehe weit über bloße Sympathiebekundungen in Bezug auf eine "souveräne Bewegung" hinaus. Die Aussagen des Revisionswerbers in seinem Schreiben an das Verwaltungsgericht vom sowie seine Aussagen vor dem Verwaltungsgericht seien - wie ausgeführt - nicht geeignet, die aufgezeigten durchgreifenden Zweifel an der Verlässlichkeit des Revisionswerbers zu zerstreuen. Da der Revisionswerber durch diese Geisteshaltung, die sich bereits in einem außenwirksamen Handeln dokumentiert habe, die Legitimation des Staates und seine Einrichtungen abstreite und die bundes- oder landesgesetzlichen Bestimmungen nicht zur Gänze für sich als verbindlich anerkenne, gebe er Anlass zur Befürchtung, dass er auch die Regelungen des WaffG und seiner Durchführungsverordnungen nicht strikt befolge. Damit sei aber nicht gewährleistet, dass der Revisionswerber von Waffen keinen missbräuchlichen oder leichtfertigen Gebrauch machen werde. Die vom WaffG geforderte Verlässlichkeit des Revisionswerbers nach § 8 WaffG sei sohin nicht gewährleistet. Deshalb sei dem Revisionswerber gemäß § 25 Abs. 2 und 3 WaffG die waffenrechtliche Urkunde zu entziehen.

20 Eine ordentliche Revision gegen diese Entscheidung hielt das Verwaltungsgericht für unzulässig, weil keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters sei die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls lägen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die in der vorliegenden Rechtssache zu lösenden Rechtsfragen hätten anhand der von der vorliegenden Entscheidung zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einwandfrei einer Beantwortung zugeführt werden können. Eine außerhalb dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs liegende Rechtsfrage sei für das erkennende Gericht im Gegenstandsfall nicht hervorgekommen.

21 C. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Begehren, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung vom Verfahrensvorschriften aufzuheben.

22 D. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

23 II. Rechtslage

24 Gemäß § 25 Abs. 3 WaffG sind waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass die berechtigte Person nicht mehr verlässlich ist. § 8 Abs. 1 WaffG definiert in Form einer Generalklausel die waffenrechtliche Verlässlichkeit im Sinn einer Prognosebeurteilung (vgl. dazu und zum Folgenden etwa ; , VwSlg. 19.002 A, beide mwH), die auf einem Schluss aus bekannten und beweispflichtigen Tatsachen gründet. Der Beurteilung der Verlässlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde unterliegt eine Prognose voraussichtlicher zukünftiger Verhaltensweisen des zu Beurteilenden zugrunde. In diese Prognose haben die gesamte Geisteshaltung und Sinnesart, konkrete Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften des zu Beurteilenden einzufließen, weil der Begriff der Verlässlichkeit der Ausdruck ihrer Wesenheit, nicht aber ein Werturteil über ihr Tun und Lassen im Einzelfall ist. "Tatsachen" iSd § 8 Abs. 1 WaffG als Ausgangspunkt der Prognoseentscheidung sind somit nicht eingeschränkt. Vielmehr kommt jede Verhaltensweise, jede Charaktereigenschaft der zu beurteilenden Person in Betracht, die nach den Denkgesetzen und der Erfahrung einen Schluss auf zukünftiges Verhalten iSd § 8 Abs. 1 Z 1 bis 3 WaffG zulässt, also erwarten lässt, der Betreffende werde Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden, damit unvorsichtig umgehen oder sie nicht sorgfältig verwahren oder sie Menschen überlassen, die zu deren Besitz nicht berechtigt sind.

25 Bei der Prüfung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit ist angesichts des mit dem Waffenbesitz verbundenen Sicherheitsbedürfnisses ein strenger Maßstab anzulegen. Mit Entziehung ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der in § 8 Abs. 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Die nach der Rechtsvorschrift des § 8 Abs. 1 WaffG vorzunehmende Verhaltensprognose kann daher bereits auf der Grundlage eines einzigen Vorfalls einen Schluss im Sinn ihrer Z 1 bis 3 rechtfertigen. Eine bisherige Unbescholtenheit tritt bei dieser Beurteilung in den Hintergrund.

26 Die Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde nach § 25 Abs. 3 WaffG stellt keine Ermessensentscheidung dar, weil die Behörde bei mangelnder Verlässlichkeit verpflichtet ist, die waffenrechtliche Urkunde zu entziehen. Die Versagung der Ausstellung bzw. die Entziehung waffenrechtlicher Urkunden trägt keinen strafrechtlichen Charakter, sondern stellt eine administrativrechtliche Maßnahme dar, die insbesondere sicherstellen soll, dass eine Person, die über eine waffenrechtliche Urkunde verfügt, die maßgeblichen waffenrechtlichen Rechtsvorschriften sowie die darauf gegründeten Verhaltensweisen beachtet (vgl. in diesem Sinn ; ).

27 III. Erwägungen

28 Zur Zulässigkeit

29 A. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a VwGG ist vom Verwaltungsgericht eine ordentliche Revision gegen seine Entscheidung jedenfalls dann zuzulassen, wenn diese Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, wenn zu den entscheidungswesentlichen Rechtsnormen eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht besteht, oder wenn die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu widersprüchlich ist. In diesen Fällen ist nach den zitierten Rechtsvorschriften jedenfalls eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegeben, die zu beantworten der Verwaltungsgerichtshof zuständig ist, ohne dass es auf zusätzliche Überlegungen ankommt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa , und ). Ausgehend davon erweist sich die vorliegende Revision entgegen dem Verwaltungsgericht als zulässig, weil zur maßgebenden rechtlichen Problematik bislang nicht hinreichend Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs besteht, um den Verwaltungsgerichten die erforderlichen Leitlinien vorzugeben (vgl. idZ etwa ). Entscheidungen der Verwaltungsgerichte vermögen diese nicht zu ersetzen.

30 Zur Sache

31 B. Der Revisionswerber tritt der auf einer schlüssigen Beweiswürdigung gegründeten maßgebenden Feststellung des Verwaltungsgerichts nicht konkret entgegen, dass er bei einer im bekämpften Erkenntnis angesprochenen Veranstaltung des "S" eine ihm gegenüber von der BH erlassene Strafverfügung wegen Übertretung der StVO 1960, wie im Erkenntnis näher dargestellt, an eine (ihm behauptetermaßen jetzt nicht mehr bekannte) Adresse in der Steiermark geschickt habe. Außerdem habe sich der Revisionswerber - ebenfalls unstrittig - dort als "Mensch" erfassen lassen.

32 Angesichts der notorischen fundamentalen Ablehnung österreichischer Hoheitsrechte und derart auch der Beachtung österreichischer Verwaltungsvorschriften seitens des in Rede stehenden "S" (vgl. dazu näher die Ausführungen in den EBRV 1621 BlgNR 25. GP, S. 5 f, zur Strafgesetznovelle 2017, BGBl. I Nr. 117/2017) hat es der Revisionswerber mit der besagten Weiterleitung der Strafverfügung zumindest in Kauf genommen, dass dann vom "S" in der Folge ein Verhalten gegen österreichische Behörden bzw. deren Organwaltern gesetzt wurde, wie dies in der angefochtenen Entscheidung näher beschrieben wird. Dieses ablehnende Verhalten des "S", das sich unter anderem darin zeigt, die hoheitlichen Befugnisse von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes rundweg in Abrede zu stellen ("Firma Polizei"), kann dem Revisionswerber schon bei der von ihm besuchten Veranstaltung im Übrigen nicht verborgen geblieben sein. In diese Richtung weist der Umstand, dass er sich dann vor dem Verwaltungsgericht zur Abgabe einer "Loyalitätserklärung" veranlasst sah, wie sie im bekämpften Erkenntnis beschrieben wird.

33 Ausgehend davon kann die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass dieses weitere Verhalten nach der Weiterleitung letztlich dem Revisionswerber zuzurechnen sei, nicht als rechtswidrig qualifiziert werden. Damit ist für den Revisionswerber mit seinem ausführlichen Vorbringen, dass er die im angefochtenen Erkenntnis dargestellte weitere Vorgangsweise gegenüber den Organwaltern der BH nicht (u.a. iSd § 871 ABGB) veranlasst habe, nichts zu gewinnen. Gleiches gilt für seine Kritik an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach nicht abschließend habe geklärt werden können, ob die dargestellten Schreiben an die Organwalter von einer dritten Person oder (doch) vom Revisionswerber selbst verfasst wurden. Ebenso fehl geht auch sein Vorbringen, dass er auf dem Boden der Strafverfügung die Verwaltungsstrafe ohne weiteres Verfahren bezahlt habe, zumal sich die dargestellten Aktivitäten des "S" infolge der Weiterleitung der Strafverfügung als davon unabhängig darstellen.

34 Auf dieser Basis entspricht die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass der Revisionswerber nicht mehr die waffenrechtliche Verlässlichkeit iSd § 8 Abs. 1 WaffG aufweist, weshalb seine Waffenbesitzkarte auf dem Boden des § 25 WaffG zu entziehen war, der Rechtslage. Die geschilderte Weiterleitung im Zug des Besuchs der Veranstaltung des "S" lässt angesichts des vom WaffG verlangten strengen Beurteilungsmaßstabes den begründeten Schluss zu, dass der Revisionswerber Waffen entgegen dem WaffG und den darauf gegründeten Rechtsvorschriften und Verhaltensweisen und somit missbräuchlich oder leichtfertig verwenden könnte. Das Verhalten des Revisionswerbers lässt insbesondere erkennen, dass er nicht bereit ist, die maßgeblichen waffenrechtlichen Rechtsvorschriften - zu denen unter anderem die Duldung der (in der Regel von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführte) Überprüfung der Verlässlichkeit nach § 25 WaffG zählt - einzuhalten.

35 Damit erscheint ein Eingehen auf das weitere

Revisionsvorbringen entbehrlich.

36 IV. Ergebnis

37 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als

unbegründet abzuweisen.

38 Ein Aufwandersatz iSd § 47 ff VwGG entfällt schon mangels eines darauf gerichteten Antrages.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030099.L00
Schlagworte:
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

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