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VwGH vom 14.06.2012, 2012/21/0079

VwGH vom 14.06.2012, 2012/21/0079

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des S, zuletzt in W, vertreten durch Dr. George Hacket, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franziskanerplatz 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-01/49/39/2012- 3, betreffend Schubhaft (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am in das Bundesgebiet ein. Er stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom gemäß § 5 AsylG 2005 - unter gleichzeitiger Ausweisung des Beschwerdeführers nach § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in die Schweiz - zurückgewiesen wurde. Einer dagegen erhobenen Beschwerde erkannte der Asylgerichtshof zunächst die aufschiebende Wirkung zu, wies sie dann aber mit Erkenntnis vom gemäß §§ 5 und 10 AsylG 2005 ab. Laut Eintragung im Asylwerberinformationssystem (AIS) erwuchs diese Entscheidung am in Rechtskraft.

Am wurde der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr behördlich gemeldete Beschwerdeführer im Rahmen einer fremdenrechtlichen Kontrolle aufgegriffen. In der Folge verhängte die Bundespolizeidirektion Wien noch am selben Tag gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm § 53 FPG und zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers Schubhaft.

Der Beschwerdeführer erhob Schubhaftbeschwerde. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde) dieser Beschwerde gemäß § 83 Abs. 1, 2 und 4 FPG keine Folge und stellte fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer hatte in seiner Administrativbeschwerde und in einer dazu erstatteten Ergänzung zentral geltend gemacht, dass er nach wie vor Asylwerber sei; die Entscheidung des Asylgerichtshofes vom sei ihm gegenüber niemals wirksam erlassen worden, insbesondere sei eine Zustellung an den ausgewiesenen Vertreter im Asylverfahren unterblieben.

Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde nicht näher auseinandergesetzt. Sie beschränkte sich vielmehr auf die Feststellung, dass das "Asylbeschwerdeverfahren" des Beschwerdeführers lt. Mitteilung des Asylgerichtshofes vom mit einer durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung "betreffend den Staat Schweiz" abgeschlossen worden sei, und führte im Rahmen der rechtlichen Begründung nur aus, warum im gegenständlichen Fall mit der Anwendung des gelinderen Mittels nicht das Auslangen gefunden werden könne.

Demgegenüber wäre ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Administrativbeschwerde auf die Frage der Zustellung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom einzugehen gewesen. Die im bekämpften Bescheid allein angesprochene Mitteilung des Asylgerichtshofes vom machte das ebenso wenig entbehrlich wie der Umstand, dass im AIS eine rechtskräftige Erledigung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers eingetragen war (vgl. ähnlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0046). Hätte sich bei den nach dem Gesagten gebotenen Ermittlungen im Sinn des Vorbringens des Beschwerdeführers ergeben, dass eine rechtswirksame Zustellung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom an den Beschwerdeführer (noch) nicht stattgefunden hatte, so hätte die Schubhaft nicht auf § 76 Abs. 1 FPG - auf dieser Bestimmung beruht insbesondere erkennbar auch der Fortsetzungsausspruch der belangten Behörde - gestützt werden dürfen.

Der bekämpfte Bescheid ist daher mit einem wesentlichen Verfahrensfehler belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
IAAAE-76732