zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 21.12.2005, 2005/14/0109

VwGH vom 21.12.2005, 2005/14/0109

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des M G in I, vertreten durch Mag. Michael Goller jun., Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Edith-Stein-Weg 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom , GZ. RV/0594-I/04, betreffend unter anderem Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 1994 bis 1999 sowie Umsatz- und Einkommensteuer 1994 bis 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde unter anderem die Berufung gegen die oben angeführten Bescheide als verspätet zurück.

Begründend führte sie aus, das Finanzamt habe am unter begründendem Verweis auf die Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung entsprechende erstinstanzliche Bescheide erlassen.

Am habe der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers ein Schreiben folgenden Inhaltes beim Finanzamt eingebracht:

"An das Finzanzamt Innsbruck


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Referat A
Betrifft:
St. Nr. 902/yyyy, (Name des Beschwerdeführers)
Ansuchen um Fristverlängerung gem. § 245 Abs. 3 BAO vom ,
Richtigstellung der Steuernummer und des Berufungswerbers Vollmacht erteilt

Für meinen o.a. Klienten wurde am beiliegendes Fristverlängerungsansuchen eingebracht, wobei durch ein Versehen des Sekretariats unter Verwendung eines Musterschreibens als Berufungswerber Herr XX und die Steuernummer 018/xxxx bzw. das Referat B angegeben wurde.

Aus den im Text angeführten Ziffern und Daten geht jedoch eindeutig hervor, dass es sich um die Berufung gegen die an meinen Klienten, Herrn (Name des Beschwerdeführers) am bzw. mit BP-Bericht am ergangenen Bescheide handelt. Ich ersuche die Behörde höflich das Versehen zu entschuldigen, und die Berufung bzw. den Stundungsantrag vom meinem Klienten (Name des Beschwerdeführers), St.Nr. 902/xxxx, zuzuordnen. Mit freundlichen Grüßen

e. h. Unterschrift des steuerlichen Vertreters"

Das "beiliegende Fristverlängerungsansuchen" habe aus einer unveränderten und einer "korrigierten" Ausfertigung einer Eingabe vom bestanden, wobei sich die unveränderte von der korrigierten Ausfertigung insofern unterschieden habe, als in der unveränderten das Referat A und unter Betrifft die Steuernummer 018/xxxx sowie der Name des XX, in der "korrigierten" Ausfertigung aber das Referat B und unter Betrifft die Steuernummer 902/yyyy sowie der Name des Beschwerdeführers aufgeschienen sei.

Gleichzeitig habe der Beschwerdeführer ein Ansuchen eingereicht, die Berufungsfrist bis zu verlängern.

Mit Schriftsatz vom sei schließlich ein Rechtsmittel gegen die oben angeführten erstinstanzlichen Bescheide erhoben worden.

In der Folge vertrat die belangte Behörde mit ausführlicher Begründung die Ansicht, dass der Schriftsatz vom nicht dem Beschwerdeführer zugerechnet werden könne. Für die Beurteilung von Parteianträgen komme es zwar nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufällige verbale Formen an, sondern auf den Inhalt, auf das erkennbare und zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Allerdings könne auch bei rechtsschutzfreundlicher Interpretation von Parteierklärungen nicht die Befugnis oder Pflicht der Behörde abgeleitet werden, von der Partei tatsächlich nicht die erstattete Erklärungen als erstattet zu fingieren. Voraussetzung dafür, dass überhaupt im Sinne des Rechtsschutzgedankens Interpretationen oder klarstellenden Erhebungen nahe getreten werden könne, sei das Vorhandensein einer Eingabe, welche einen zweifelhaften Inhalt aufweise. Dies sei gegenständlich aber hinsichtlich des Ansuchens vom nicht der Fall gewesen. Zwar stehe das Vorbringen in diesem Fristverlängerungsantrag mit der "Aktenlage, nämlich jener des Beschwerdeführers" nicht in Einklang, allerdings sei nicht maßgeblich, ob sich Unklarheiten in Bezug auf den Inhalt des Schriftstückes im Bereich des XX ergäben, sondern ob das Schriftstück so gefasst gewesen sei, dass die Behörde in die Lage versetzt worden wäre, zu erkennen, ob und in wessen Steuerakt einer anderen Person als der genannten sie hätte Einsicht nehmen sollen. Hiefür hätten sich aber keine Anhaltspunkte geboten. Zur Gewährleistung des Rechtsschutzes seien zwar die erkennbaren Inhalte und Ziele der Parteischritte entscheidend, darin sei aber nicht eine unrichtige Bezeichnung der Partei impliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

In seiner Beschwerde verweist der Beschwerdeführer darauf, dass der Irrtum in der Mandantenbezeichnung im Antrag vom aufgeklärt worden sei, "bevor das Finanzamt den Antrag vom behandelt/erledigt" habe. Werde ein Irrtum vom Erklärenden aufgeklärt, bevor der Erklärungsempfänger disponiere, so gelte nach der Grundregel des § 871 ABGB die irrtumsfreie Erklärung. Nach der Rechtsprechung des OGH gelte die Regel falsa demonstratio non nocet auch im öffentlichen Recht, wie z. B. bei Firmenbuchanträgen (). Eine Anwendung dieser Grundsätze auf Fristverlängerungsanträge sei somit im Weg der Analogie möglich.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.

Nach dem Grundsatz falsa demonstratio non nocet geht ein vom objektiven Erklärungswert abweichender Wille, den der andere Teil erkennt, vor (vgl. Rummel in Rummel, ABGB I3, Rz 6 zu § 871 ABGB). Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die Behörde vor dem erkannt hätte, dass im Fristverlängerungsansuchen des XX vom ein vom objektiven Erklärungswert abweichender Wille, nämlich ein Fristverlängerungsansuchen des Beschwerdeführers zum Ausdruck hätte gebracht werden sollen. Im Beschwerdefall ist daher schon deshalb nicht zu erkennen, dass die für eine Fristverlängerung zu erfüllende Voraussetzung eines vor dem Ablauf der Frist gestellten Ansuchens (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0142) erfüllt ist. Dass der Beschwerdeführer ein in diesem Sinn rechtzeitiges Ansuchen eingebracht hätte, behauptet er auch vor dem Hintergrund des § 871 ABGB und des oben aufgezeigten Grundsatzes nicht. Die Aufklärung des Umstandes, dass nicht XX, sondern der Beschwerdeführer um Fristverlängerung ansuchen wollte, erfolgte mit dem am beim Finanzamt eingereichten Schreiben. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist zur Erhebung einer Berufung unbestritten bereits abgelaufen. Von einer rechtzeitigen Aufklärung des Irrtums kann daher entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht des Beschwerdeführers keine Rede sein.

Im Übrigen teilt der Verwaltungsgerichtshof aber auch die Ansicht des Beschwerdeführers nicht, dass der vor dem Hintergrund des Fristablaufes gestellte "Antrag vom jedenfalls" als tauglicher Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 308 BAO zu betrachten gewesen wäre. Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass dieser "Antrag" die Behörde über den Irrtum in der Mandantenbezeichnung aufklärt und das Begehren auf Fristverlängerung (durch die Vorlage einer korrigierten Ausfertigung des Schreibens vom ) nachholt. Des weiteren enthält der Schriftsatz das Ersuchen, das "Versehen" zu entschuldigen. Dass der Schriftsatz zumindest ansatzweise erkennbar darauf gerichtet gewesen wäre, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (wegen einer unterlaufenen Fristversäumung) anzustreben oder zu erlangen, wird weder in der Beschwerde zum Ausdruck gebracht noch ist dies dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Text des Schriftsatzes vom zu entnehmen. Die alleinige Mitteilung eines Versehens, verbunden mit dem Ersuchen, das Versehen zu entschuldigen und das tatsächlich eingereichte Schreiben einer anderen Partei "zuzuordnen", sowie verbunden mit der Bekanntgabe, wie das eingereichte Schreiben eigentlich hätte lauten sollen, stellt einen als solchen erkennbaren Wiedereinsetzungsantrag, hinsichtlich dessen allenfalls ein Mängelbehebungsverfahren im Sinne des § 309a BAO durchzuführen gewesen wäre, nicht dar.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am