VwGH vom 20.09.2006, 2005/14/0104
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der B GmbH in I, vertreten durch Mag. Wolfgang Reitschuler, Beeideter Wirtschaftsprüfer in 6020 Innsbruck, Neuhauserstraße 7/1, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom , Zl. I-Rm-06314e/2000, betreffend Kommunalsteuer inklusive Säumniszuschlag für den Zeitraum der Jahre 1995 bis 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0015, (im Folgenden: Vorerkenntnis) verwiesen, mit welchem der damals angefochtene Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden war.
In den Entscheidungsgründen hatte der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass der angefochtene Bescheid den Anforderungen an eine Bescheidbegründung nicht entspreche. Hinsichtlich des der Entscheidung zu Grunde gelegten Sachverhaltes sei darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde davon ausgegangen sei, dass von den sechzehn im Firmenbuch ausgewiesenen Gesellschaftern im Berufungszeitraum fünf Gesellschafter Bezüge bekommen hätten. Von diesen fünf Gesellschaftern hätten laut Firmenbuchauszug zwei die Agenden von handelsrechtlichen Geschäftsführern innegehabt. Mit einem dieser Gesellschafter-Geschäftsführer sowie einem "reinen" Gesellschafter seien die aus ihrer Tätigkeit in der Gesellschaft erwachsenden Rechte und Pflichten in einem sogenannten "Geschäftsführer-Werkvertrag" geregelt worden. Mit dem zweiten Gesellschafter-Geschäftsführer sowie den beiden "restlichen reinen " Gesellschaftern seien lediglich mündliche "Geschäftsführer-Werkverträge", jedoch mit gleichem Inhalt wie die schriftlichen Verträge, abgeschlossen worden. In der Folge werde von der belangten Behörde aber weder dargestellt, worin der konkrete Inhalt (einschließlich der jeweiligen Entgeltvereinbarungen) dieser schriftlichen und entsprechenden mündlichen Vereinbarungen bestehe, noch insbesondere darauf Bezug genommen, dass mit allen fünf Gesellschaftern "Geschäftsführer-Werkverträge" abgeschlossen worden sein sollen, obwohl nach den dargestellten Sachverhaltsannahmen nur zwei dieser Gesellschafter tatsächlich Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gewesen seien. Sachverhaltsbezogen habe die belangte Behörde aber auch nicht dargestellt, welche - wohl unterschiedlichen - Rechte und/oder Pflichten sie hinsichtlich der Gesellschafter einerseits und der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin andererseits als erwiesen angenommen und welche Gründe sie hiefür als ausschlaggebend erachtet habe.
Hinsichtlich der Subsumtion dieses - verfahrensrechtlich schon aus den angeführten Gründen mangelhaften - Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand gehe die belangte Behörde erkennbar davon aus, dass im Beschwerdefall hinsichtlich der Gesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1988 vorlägen, somit unter anderem auch die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehle. Dass der Gesellschaftsvertrag im Beschwerdefall eine entsprechende Sonderbestimmung enthalte und wie diese konkret formuliert sei, sei nicht dargetan worden, obwohl auch dieses Sachverhaltselement für die abschließende Beurteilung, ob und aus welchen Gründen die entsprechenden Honorare allenfalls der Kommunalsteuer unterlägen, von Bedeutung sei (vgl. auch Sedlacek, Keine Dienstgeberbeitrags- und Kommunalsteuerpflicht bei Weisungsbindung?, SWK 2005, 305ff).
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren die Berufung abermals ab.
Zum Sachverhalt gab die belangte Behörde im Verhältnis zu dem mit dem Vorerkenntnis aufgehobenen Bescheid ergänzend allgemeine (nicht auf konkrete Personen bezogene und kein konkretes Entgelt enthaltende) Vertragsbestimmungen wieder, bei welchen es sich um die laut Auskunft der steuerlichen Vertretung "den gleichen Wortlaut" aufweisenden "Geschäftsführer-Werkverträge" handle.
In der Folge führte die belangte Behörde aus, dass nach den Angaben der Beschwerdeführerin, an der ausschließlich Fachärzte beteiligt seien, den "Gesellschafter-Geschäftsführern und den Gesellschaftern für die Durchführung der Knochendichtemessungen ein monatlicher, im 'Werkvertrag' geregelter Pauschalbetrag ausbezahlt" worden sei. Bei diesem Pauschalbetrag handle es sich um den in "§ 6 Entgelt" des "Geschäftsführer-Werkvertrags" geregelten monatlichen, je nach Vertragspartner divergierenden Betrag. Auf Grund der "eindeutigen Formulierung in §§ 4 und 5 des Geschäftsführer-Werkvertrages würde dieser Betrag für die Führung der Gesellschaft zustehen". Verbucht worden sei dieser Betrag im "buchhalterischen Konto" mit der Bezeichnung "Aufwand Geschäftsführung" und dies, obwohl das Entgelt nach Aussage der Beschwerdeführerin für eine Tätigkeit im operativen Bereich (Knochendichtemessung) der Gesellschaft gewährt worden sei.
Die "aufgezeigten Unstimmigkeiten" seien für das Abgabenverfahren jedoch ohne weitere Bedeutung. Die Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG beschreibe das steuerliche Dienstverhältnis mit zwei Merkmalen, nämlich der Weisungsgebundenheit einerseits und die Eingliederung in den gesellschaftlichen Organismus des Arbeitgebers andererseits. Wenn nun das in "§ 47 Abs. 2 enthaltene Tatbestandselement der Weisungsgebundenheit, wie in § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b leg. cit. normiert, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmungen fehlt, dann könne sich der Passus 'sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisender Beschäftigung' in derselben, auf die gesetzliche Definition des steuerrechtlichen Dienstverhältnis in § 47 Abs. 2 EStG 1988 verweisenden Vorschrift nur auf das verbleibende gesetzliche Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes des Arbeitgebers beziehen". Für die Frage der Eingliederung in den Organismus der Gesellschaft sei es unerheblich, ob die auf Dauer angelegte Tätigkeit, mit welcher der Unternehmenszweck der Gesellschaft verwirklicht werde, durch "ihre Führung" oder durch operatives Wirken auf ihrem Betätigungsfeld erfolge.
Auf Grund der in "§ 3 allgemeine Rechtsstellung des Auftragnehmers" getroffenen Regelung seien die "Gesellschafter-Geschäftsführer" und Gesellschafter weisungsungebunden. Es stehe somit (unter Berücksichtigung zuvor angeführter Tätigkeitszeiten) fest, dass die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer sowie drei Gesellschafter der beschwerdeführenden Gesellschaft, an welcher diese mit jeweils 6,25 % beteiligt seien, ihre entgeltliche, weisungsungebundene Tätigkeit jeweils über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren ausgeübt hätten. Daher sei das Merkmal der Eingliederung der Gesellschafter-Geschäftsführer sowie der Gesellschafter in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft zweifelsfrei gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Mit ihrer im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachten Ansicht, im Beschwerdefall genüge es, dass die in Rede stehenden, zum Teil auch die Funktion der Geschäftsführung ausübenden Gesellschafter, in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin eingegliedert gewesen seien, übersieht die belangte Behörde insbesondere, dass bei den unbestrittenen Beteiligungen dieser Gesellschafter (jeweils 6,25 %) keine Rede von wesentlichen Beteiligungen im Sinne des § 22 Z. 2 zweiter Teilstrich EStG sein kann und eine Kommunalsteuerpflicht dementsprechend auch nicht auf diese gesetzliche Bestimmung und deren Auslegung gestützt werden kann.
Soweit sich die belangte Behörde aber auf eine (fehlende) "Weisungsgebundenheit, wie sie im § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b leg.cit. normiert ist" stützt, ist, wie schon im Vorerkenntnis ausgeführt wurde, darauf hinzuweisen, dass danach die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehlen muss. Ebenso wie in dem mit dem Vorerkenntnis aufgehobenen Bescheid hat sich die belangte Behörde auch im Beschwerdefall mit der Frage, ob es eine solche im Beschwerdefall gab (allenfalls für welche Gesellschafter), nicht auseinandergesetzt. Im Beschwerdefall verweist die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage vielmehr darauf, dass die Gesellschafter auf Grund der in "§ 3 allgemeine Rechtsstellung des Auftragnehmers" enthaltenen Vereinbarungen der zum Teil schriftlich, zum Teil mündlich abgeschlossenen Werkverträge weisungsungebunden gewesen seien. Diese Vereinbarungen stellen aber zweifellos keine gesellschaftsvertragliche Sonderbestimmung dar.
Wie die jeweiligen "Geschäftsführer- Werkverträge" mit dem Umstand zu vereinbaren sind, dass von den fünf Personen, mit denen solche Verträge behaupteterweise abgeschlossen worden sind, tatsächlich nur zwei Geschäftsführer der Beschwerdeführerin waren, blieb auch im angefochtenen Bescheid ungeklärt.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am