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VwGH vom 25.04.2018, Ra 2018/03/0005

VwGH vom 25.04.2018, Ra 2018/03/0005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache der Landeshauptfrau von Niederösterreich, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-1209/001-2017, betreffend Genehmigung einer Dienstvorschrift nach § 21a des Eisenbahngesetzes 1957 (mitbeteiligte Parteien: 1. Ngesellschaft m.b.H. in S;

2. Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, Verkehrs-Arbeitsinspektorat), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 I. Gegenstand

2 A. Mit dem in Revision gezogenen Beschluss hob das Verwaltungsgericht, gestützt insbesondere auf § 28 Abs. 3 VwGVG, den Bescheid der Revisionswerberin vom hinsichtlich dessen Spruchteils I, soweit damit die Anlage 9 "Fachausbildung TriebfahrzeugführerIn Dampf" zur Dienstvorschrift über die Aus- und Weiterbildung von Betriebsbediensteten der Erstmitbeteiligten genehmigt wurde, sowie hinsichtlich des Spruchteiles II (Verwaltungsabgaben) auf, und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Revisionswerberin zurück (Spruchpunkt I.). Ferner wurde die Revision gegen diese Entscheidung als nicht zulässig erachtet (Spruchpunkt II.).

3 Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten:

Mit Anbringen vom habe die erstmitbeteiligte Partei die Genehmigung der genannten Anlagen zur Dienstvorschrift nach § 21a des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG) beantragt. Mit Schreiben vom selben Tag habe die Revisionswerberin die zweitmitbeteiligte Partei um Stellungnahme sowie ihren Amtssachverständigen für Verkehrstechnik zur Abgabe eines Gutachtens zur Frage ersucht, ob diese Ergänzung der Dienstvorschrift in eisenbahntechnischer und eisenbahnbetrieblicher Hinsicht genehmigt werden könne. Mit Schreiben vom habe der Amtssachverständige die Auffassung vertreten, dass eine Überprüfung der beantragten Ergänzungen ergeben habe, dass diese unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und der Anlagenverhältnisse auf den Bahnstrecken der erstmitbeteiligten Partei aus eisenbahntechnischer und eisenbahnbetrieblicher Hinsicht den gesetzlichen Voraussetzungen entspreche. Ihren daraufhin erlassenen Bescheid habe die revisionswerbende Landeshauptfrau insbesondere damit begründet, dass im Rahmen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens keine Umstände hervorgekommen seien, die darauf schließen ließen, dass durch die vorgelegten Anlagen öffentliche Verkehrsinteressen, insbesondere die Sicherheit und Ordnung des Eisenbahnbetriebes und Eisenbahnverkehrs, negativ berührt würden. Die zweitmitbeteiligte Partei hätte bislang keine abschließende Stellungnahme abgegeben und nicht vorgebracht, dass der Genehmigung Rechtsvorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer entgegenstünden.

4 In rechtlicher Hinsicht hielt es das Verwaltungsgericht für evident, dass Regelungen betreffend die Ausbildung von Eisenbahnpersonal die von der vor dem Verwaltungsgericht beschwerdeführenden zweitmitbeteiligten Partei gemäß § 12 Abs. 1 ArbIG wahrzunehmenden Interessen berührten. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Revisionswerberin hätte gemäß § 21a Abs. 3 EisbG zu prüfen gehabt, ob öffentliche Verkehrsinteressen der Genehmigung der in Aussicht genommenen Regelung des erstmitbeteiligten Eisenbahnunternehmens betreffend die Ausbildung seiner Bediensteten entgegenstehen würden. Dabei sei zu beachten, dass derartige Anordnungen im Interesse der Sicherheit und Ordnung des Betriebs der Eisenbahn, des Betriebs von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn und des Verkehrs auf Eisenbahnen gelegen sein müssten. Derart werde die Verwaltungsbehörde nicht ihrer Verpflichtung enthoben, von sich aus im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens eine Überprüfung der betrieblichen Regelung hinsichtlich deren Übereinstimmung mit den öffentlichen Verkehrsinteressen vorzunehmen.

Die Verwaltungsbehörde habe zu prüfen, inwiefern die öffentlichen Verkehrsinteressen durch die in Rede stehende Tätigkeit berührt würden, auf welche Weise diese Schutzinteressen bei der Ausübung zu wahren seien und ob dies durch die konkreten Regelungen in ausreichendem Maß sichergestellt werde. Dabei habe die Verwaltungsbehörde gemäß § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen vorzugehen und sich eines Sachverständigen zu bedienen. Aus der von der Verwaltungsbehörde eingeholten Äußerung eines Amtssachverständigen ließen sich aber die entscheidungswesentlichen Feststellungen betreffend § 21a Abs. 3 EisbG nicht gewinnen. Aber nur das Vorliegen eines mängelfreien Gutachtens erlaube es der Verwaltungsbehörde, die Aussagen eines Sachverständigen ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Dabei habe jedes Gutachten einen Befund zu enthalten, der die tatsächlichen Grundlagen und die Art ihrer Beschaffung beinhalte, und die auf Grund der besonderen Sachkunde und Erfahrungen des Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen (Gutachten im engeren Sinn). Ein Gutachten, das sich in der Abgabe eines Urteils erschöpfe, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründe, noch die Art, wie sie beschaffen worden seien, erkennen lasse, sei mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar. Eine Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde lege, werde ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht gerecht. Überdies sei die "Genehmigungsfähigkeit" der in Rede stehenden Anträge eine Rechtsfrage, deren Beurteilung der Verwaltungsbehörde obliege. Die dafür erforderlichen bzw. entscheidenden Tatsachensubstrate ließen sich der Äußerung des Amtssachverständigen überhaupt nicht entnehmen, was auch daran gelegen sein möge, dass es die Verwaltungsbehörde unterlassen habe, dem Sachverständigen ein entsprechendes Beweisthema zu stellen. Die Verwaltungsbehörde hätte nicht nur auf eine nachvollziehbare Darstellung im Falle einer negativen Beurteilung des Sachverständigen zu achten, vielmehr müsse auch ein positives (im Sinn des Antragstellers) Gutachten nachvollziehbar sein, was im vorliegenden Fall nicht gegeben sei.

5 Angesichts der unzulänglichen Sachverhaltsfeststellungen seitens der Verwaltungsbehörde habe das Verwaltungsgericht zu prüfen, ob es die erforderlichen Ermittlungen des Sachverhalts selbst durchzuführen habe oder ob eine Aufhebung des Bescheides und die Zurückverweisung zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung erfolgen solle. Schon im Hinblick auf die Nähe der Verwaltungsbehörde zur Sache und ihre Vorkenntnisse aus den vorangegangenen Verfahren gebe es keinen Grund zur Annahme, dass die notwendige Ermittlung des Sachverhalts durch die Verwaltungsbehörde mit höheren Kosten oder mit einer längeren Verfahrensdauer verbunden wäre, als wenn das Gericht dies selbst durchführte. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG für eine obligatorische Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtes seien daher nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht könne daher von der durch § 28 Abs. 2 zweiter Satz VwGVG eingeräumten Zuständigkeit zur Zurückverweisung Gebrauch machen. Dies auf dem Boden der Rechtsprechung deshalb, weil die von der Verwaltungsbehörde vorgenommene Ermittlungstätigkeit bestenfalls als ansatzweise bezeichnet werden könne. Konkret nachvollziehbare Feststellungen im Lichte des § 21a EisbG habe die Verwaltungsbehörde nicht getroffen. Es müsste daher gleichsam das gesamte Ermittlungsverfahren nachgeholt werden. Dies stelle jedenfalls eine gravierende Ermittlungslücke dar, welche ein Vorgehen des Verwaltungsgerichts nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG rechtfertige. Schließlich seien die Verwaltungsgerichte zur Kontrolle der Verwaltungsbehörden eingerichtet, nicht jedoch dazu, deren Ermittlungstätigkeit vollständig zu übernehmen, sodass der entscheidungswesentliche Sachverhalt praktisch zur Gänze erstmals im gerichtlichen Verfahren festgestellt würde. Die Verwaltungsbehörde werde in dem von ihr fortgesetzten Verwaltungsverfahren durch Einholung eines dem § 52 AVG entsprechenden Sachverständigengutachtens den maßgeblichen Sachverhalt im Sinn der angeführten Erwägungen zu ermitteln haben. Erst dann könne beurteilt werden, ob das Beschwerdevorbringen der zweitmitbeteiligten Partei in der Sache berechtigt sei. Deshalb sei auch eine Anhörung der erstmitbeteiligten Partei zu diesem Vorbringen im Rahmen des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht von vornherein nicht zielführend gewesen. Eine Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erübrige sich damit ebenfalls.

6 Zudem sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im vorliegenden Fall nicht zu lösen gewesen, zumal die eisenbahnrechtliche Rechtslage klar und eindeutig sei, und ferner bezüglich des § 28 Abs. 3 VwGG die vorliegende Entscheidung im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs stehe.

7 B. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Verwaltungsbehörde, in der vor allem geltend gemacht wird, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 3 VwGVG abweiche und in der insbesondere die Aufhebung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes begehrt wird.

8 Die zweitmitbeteiligte Partei trat in ihrer

Revisionsbeantwortung der Revision entgegen.

9 II. Rechtslage

10 Die im angefochtenen Erkenntnis herangezogene Bestimmung des § 21a des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60/1957 idF BGBl. I Nr. 137/2015 (EisbG), lautet:

"Allgemeine Anordnungen an Eisenbahnbedienstete

§ 21a. (1) Das Eisenbahnunternehmen hat jeweils im Rahmen bestehender Rechtsvorschriften das Verhalten einschließlich der Ausbildung der Eisenbahnbediensteten, die Tätigkeiten zur Gewährleistung der Sicherheit des Betriebes einer Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf Eisenbahnen und des Verkehrs auf Eisenbahnen ausführen, durch allgemeine Anordnungen im Interesse der Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn und des Verkehrs auf Eisenbahnen zu regeln.

(2) Abs. 1 gilt nicht für ausschließlich zum Bau und zum Betrieb von sowie zur Erbringung von Eisenbahnverkehrsdiensten auf Anschlussbahnen ohne Eigenbetrieb berechtigte Eisenbahnunternehmen.

(3) Die im Abs. 1 angeführten Anordnungen bedürfen der Genehmigung der Behörde, welche zu erteilen ist, wenn nicht öffentliche Verkehrsinteressen entgegenstehen.

(4) Abs. 3 gilt nicht für ausschließlich zum Bau und zum Betrieb von sowie zur Erbringung von Eisenbahnverkehrsdiensten auf im § 7 Z 2 angeführten Anschlussbahnen mit Eigenbetrieb berechtigte Eisenbahnunternehmen.

(5) Ist Verhalten einschließlich der Ausbildung der im Abs. 1 angeführten Bediensteten bereits durch Bundesgesetz oder in auf Grund von Bundesgesetzen ergangenen Verordnungen geregelt, so bedarf es für ein solches Verhalten einschließlich der Ausbildung keiner Regelung durch allgemeine Anordnungen."

11 III. Erwägungen

12 A. Die Revision erweist sich im Grunde des Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig und berechtigt, weil das Verwaltungsgericht die Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht hinreichend beachtet hat.

13 B. Auf dem Boden des Art. 130 Abs. 4 B-VG und dem daran orientierten § 28 VwGVG kommt die Aufhebung eines Bescheides der Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht jedenfalls erst dann in Betracht, wenn die in § 28 Abs. 2 VwGVG normierten Voraussetzungen, die eine Pflicht des Verwaltungsgerichts zur "Entscheidung in der Sache selbst" nach sich ziehen, nicht vorliegen. § 28 VwGVG normiert vor dem Hintergrund der (verfassungs-)gesetzgeberischen Zielsetzung, einen Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinn der Verfahrensbeschleunigung vorzunehmen, für die überwiegende Anzahl der Fälle die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte, in der Sache selbst zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht hat (entgegen der Stoßrichtung der Begründung der in Revision gezogenen Entscheidung) nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde nach der ständigen Rechtsprechung zu entscheiden war (vgl. - dazu sowie zum Folgenden - aus der ständigen Rechtsprechung (VwSlg. 19.356 A/2016); ferner (VwSlg. 18.886 A/2014); (VwSlg. 18.912 A/2014); (VwSlg. 18.953 A/2014); (VwSlg. 19.004 A/2014); (VwSlg. 19.092 A/2015); ; (VwSlg. 19.189 A/2015); ;

(VwSlg. 19.356 A/2016);

; (VwSlg. 19.385 /2016); ; ; ;

; ;

; ;

; ;

; ).

14 Die Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst besteht nicht nur dann, wenn der maßgebliche Sachverhalt (schon) feststeht (§ 28 Abs. 2 Z 1 VwGG), sondern auch dann, wenn dessen Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 28 Abs. 2 Z 2 VwGG), und nach Maßgabe des § 28 Abs. 3 VwGG grundsätzlich auch dann, wenn trotz Fehlens dieser Voraussetzungen die Verwaltungsbehörde dem nicht unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Ferner sieht § 28 Abs. 4 VwGG auch für den Fall der Ermessensübung durch die Verwaltungsbehörde lediglich dann eine bloße Aufhebung des angefochtenen Bescheides samt Zurückverweisung der Angelegenheit an die Verwaltungsbehörde zur Erlassung eines neuen Bescheids vor, wenn die Voraussetzungen der Z 1 oder Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGG nicht vorliegen. Mit der Zuständigkeit und der prinzipiellen Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst ist eine volle Tatsachenkognition der Verwaltungsgerichte verbunden.

15 Demnach ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte festgelegt und sind diesbezügliche Ausnahmen strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden, etwa wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat, oder wenn sie Ermittlungen unterlassen hat, damit diese durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, können die Zurückverweisung nicht rechtfertigen, wenn brauchbare allenfalls in der Verhandlung zu ergänzende Ermittlungsergebnisse vorliegen. Auch die Notwendigkeit der Einholung eines (weiteren) Gutachtens sowie die erforderliche Durchführung von Vernehmungen rechtfertigen im Allgemeinen nicht die Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG.

16 Sind (lediglich) ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit iSd § 28 Abs. 2 Z 2 erster Fall VwGVG, zumal diesbezüglich - entgegen der vorliegenden Entscheidung - nicht lediglich auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist. Ausgehend davon kommt es daher nicht darauf an, ob die Ergänzung des von der Verwaltungsbehörde geführten Verfahrens für sich genommen jeweils vor dem Verwaltungsgericht bzw. vor der Verwaltungsbehörde mit höheren Kosten oder einer längeren Verfahrensdauer verbunden wäre. Nur mit dieser Sichtweise kann ein dem Ausbau des Rechtsschutzes im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung Rechnung tragendes Ergebnis erzielt werden, führt doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszugs gegen die abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein Verwaltungsgericht insgesamt zu einer Verfahrensverlängerung.

17 Was die Befugnis der Verwaltungsgerichte zur Aufhebung und Zurückverweisung anlangt, unterscheiden Art. 130 B-VG und § 28 VwGVG insoweit nicht zwischen Ermessens- und sonstigen Entscheidungen: Hier wie dort hängt die Zulässigkeit einer Zurückverweisung ausschließlich davon ab, ob die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung nach § 28 Abs. 2 VwGVG gegeben sind. Liegen sie vor, hat das Verwaltungsgericht eine Sachentscheidung zu treffen. Liegen sie hingegen nicht vor, ist das Verwaltungsgericht im Fall des § 28 Abs. 4 VwGG (also bei Überprüfung von Ermessensentscheidungen) zur Aufhebung und Zurückverweisung verpflichtet, während im Fall des Abs. 3 diesfalls dem Verwaltungsgericht (sofern die Behörde nicht iSd § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG widersprochen hat) die Sachentscheidung - nach Durchführung der erforderlichen weiteren, allenfalls langwierigen und die Grenze nach § 28 Abs. 2 Z 2 VwGG übersteigenden Ermittlungen - offen steht.

18 Die Zurückverweisungsmöglichkeit iSd § 28 Abs 3 VwGVG stellt somit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Ausgehend von dem wegen ihres Ausnahmecharakters gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte.

19 Im vorliegenden Fall hat die Verwaltungsbehörde ohnehin die sachverständige Beurteilung eines Amtssachverständigen zur Beurteilung der sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen nach § 21a EisbG eingeholt. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidungsbegründung aufgezeigt, auf welchem Wege dieses noch unvollständige Gutachten ergänzt werden kann. Im Übrigen hat auch die zweitmitbeteiligte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung darauf hingewiesen, dass die Äußerung des Amtssachverständigen wegen ihrer Unvollständigkeit als Entscheidungsgrundlage (noch) nicht brauchbar ist. Nach § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in dem von ihm geführten Verfahren die Ergänzung eines unvollständigen Gutachtens selbst zu veranlassen, zumal auch die Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Gutachtens die Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht rechtfertigen könnte.

20 Diese Rechtslage hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall sowohl bezüglich der verfügten Zurückverweisung als auch des Ausschlusses der ordentlichen Revision gegen seine Entscheidung nicht hinreichend beachtet.

21 IV. Ergebnis

22 Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

23 Damit konnte mit Blick auf § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030005.L00
Schlagworte:
Ermessen VwRallg8

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