VwGH vom 15.05.2019, Ra 2018/02/0333
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der T in S, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW- 001/076/3861/2017-41, betreffend Übertretungen des Tierschutzgesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Kostenersatz wird abgewiesen.
Begründung
1 Gegen die Revisionswerberin wurde nach der Aktenlage aufgrund einer Anzeige vom (Tatzeit ) sowohl von der Magistratsabteilung 58 des Magistrats der Stadt Wien als auch dem Magistratischen Bezirksamt für den 13./14. Bezirk jeweils ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des TSchG eingeleitet.
2 Am erließ das Magistratische Bezirksamt für den 13./14. Bezirk wegen der angezeigten Tat gegen die Revisionswerberin eine Strafverfügung.
3 Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung 58) vom wurde die Revisionswerberin schuldig erkannt, sie habe am um 21:50 Uhr in Wien 1) einen Rottweiler, weiblich, ca. 4 Monate,
2) einen Rottweiler, weiblich, ca. 4 Monate, 3) einen Leonberger, weiblich, geb. , 4) einen Leonberger, männlich, geb. , 5) einen Leonberger, männlich, geb. , 6) einen Leonberger, männlich, geb. , öffentlich feilgeboten, obwohl gemäß § 8a Abs. 1 TSchG das Feilbieten und Verkaufen von Tieren auf öffentlich zugänglichen Plätzen, soweit dies nicht im Rahmen einer Veranstaltung gemäß § 28 TSchG erfolge, sowie das Feilbieten von Tieren im Umherziehen, verboten seien. Die Revisionswerberin habe dadurch sechsmal § 8a Abs. 1 iVm § 37 Abs. 2a TSchG verletzt. Wegen der Verwaltungsübertretungen wurde über die Revisionswerberin jeweils eine Geldstrafe von EUR 600,--, somit insgesamt EUR 3.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils ein Tag und zwölf Stunden), verhängt. Ferner habe die Revisionswerberin sechsmal gemäß § 64 VStG EUR 60,-- (Gesamtsumme: EUR 360,--) als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren zu zahlen.
4 Mit Schreiben vom hat das Magistratische Bezirksamt für den 13./14. Bezirk dem anwaltlichen Vertreter der Revisionswerberin mitgeteilt, dass das gegen sie eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des TSchG (Tatzeit ) am selben Tag gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt wurde.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die gegen das Straferkenntnis vom erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
6 Nach der Begründung liege keine unzulässige Doppelbestrafung vor, zumal das parallel und irrtümlich eingeleitete Verfahren gegen die Revisionswerberin von der belangten Behörde - nach Bekanntwerden des Umstandes - sofort eingestellt worden sei. Begründet habe das Magistratische Bezirksamt für den 13./14. Bezirk die Einstellung in einem Aktenvermerk vom damit, dass das Verfahren irrtümlicherweise eingeleitet worden sei, weiters sei auf das hier angefochtene Straferkenntnis vom verwiesen worden. Da zwei Strafverfahren hinsichtlich derselben Verwaltungsübertretungen eingeleitet worden seien, wäre sohin jenes des Magistratischen Bezirksamtes einzustellen gewesen. In der Sache sei die Festsetzung einer Verwaltungsstrafe von sechsmal EUR 600,-- in spezialpräventiver Hinsicht durchaus als schuld- und tatangemessen und keinesfalls als überhöht anzusehen.
7 Mit Beschluss vom , E 2549/2018-5, lehnte der Verfassungsgerichthof die Behandlung der gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab. Die Beschwerde wurde aufgrund des nachträglich gestellten Antrages im Sinne des § 87 Abs. 3 VfGG mit Beschluss vom , E 2549/2018- 7, vom Verfassungsgerichthof gemäß § 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. 8 In weiterer Folge erhob die Revisionswerberin vorliegende Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis aufheben. 9 Die belangte Behörde erstatte eine Revisionsbeantwortung, auf die die Revisionswerberin replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Als zulässig erachtet die Revisionswerberin die Revision zunächst, weil die Verfahrenseinstellung vom eine Sperrwirkung entfaltet habe und die weitere Verfolgung derselben Tat eine unzulässige Doppelverfolgung und -bestrafung darstelle. Die Einstellung des Verfahrens vom durch das Magistratische Bezirksamt für den 13./14. Bezirk erfolgte aus einem formalen Grund, nämlich weil gleichzeitig eine andere Behörde ein Verfahren in derselben Sache geführt hat. Eine Beurteilung der Fakten erfolgte dadurch nicht, weshalb die Einstellung auch keine Sperrwirkung entfalten konnte (vgl. zum Erfordernis der Beurteilung der wesentlichen Elemente des Sachverhaltes bei der Verfahrenseinstellung , mwN).
10 In der Zulässigkeitsbegründung bringt die Revisionswerberin weiter vor, in § 8a TSchG werde das Feilbieten und Verkaufen "von Tieren" sanktioniert. Der Gesetzgeber habe bewusst den Plural des Substantivs "Tier" verwendet. Daraus ergebe sich, dass die der Revisionswerberin zur Last gelegten Taten (sechs Hundewelpen auf einem öffentlich zugänglichen Platz feilgeboten zu haben), bereits nach dem Wortlaut nicht als mehrere selbständige Verwaltungsübertretungen angesehen werden könnten, sondern eine einzige Übertretung darstelle (Hinweis auf ).
11 Die Revision ist aus diesem Grund zulässig und auch
berechtigt.
12 § 8 TSchG lautet:
"Verkaufsverbot von Tieren
§ 8a. (1) Das Feilbieten und das Verkaufen von Tieren auf öffentlich zugänglichen Plätzen, soweit dies nicht im Rahmen einer Veranstaltung gemäß § 28 erfolgt, sowie das Feilbieten von Tieren im Umherziehen sind verboten.
(2) Das öffentliche Feilbieten von Tieren ist nur im Rahmen einer gemäß § 31 Abs. 1 genehmigten gewerblichen Haltung oder durch gemäß § 31 Abs. 4 gemeldete Züchter gestattet."
13 In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (ErläutRV 291 BlgNR 23. GP, S. 4) wird dazu Folgendes ausgeführt:
"Das Verbot des § 8a Abs. 1 soll den unkontrollierbaren Handel mit Tieren aus dem Kofferraum insofern unterbinden, als derartige Verkäufe häufig auf Parkplätzen stattfinden. Durch ein generelles Verbot des Feilbietens und Verkaufens von Tieren auf öffentlich (frei und allgemein) zugänglichen Plätzen (wie insbesondere auf Parkplätzen, Straßen, Gehsteigen, öffentlichen Plätzen) und das Feilbieten von Tieren im Umherziehen sollen verbunden mit den (neuen) Bestimmungen des § 31 Abs. 5 TSchG, welcher neue Regelungen betreffend den Verkauf von Hunden und Katzen über Zoofachgeschäfte beinhaltet, der Tierhandel in kontrollierbare, gesetzlich geregelte Bahnen gelenkt werden. Es wird damit kein generelles Verkaufsverbot ausgesprochen, lediglich die Verkaufsmodalitäten sollen den Anforderungen des Tierschutzes angepasst werden.
Mit den Bestimmungen des Abs. 2 wird klargestellt, dass das Feilbieten von Tieren auch im Internet nur gewerblichen Tierhandlungen bzw. Züchtern vorbehalten ist. Nicht betroffen von dieser Regelungen sind Internetseiten, die zum Zwecke der unentgeldlichen Vermittlung von Tieren von Tierschutzvereinen, Veterinärmedizinischen Einrichtungen oder Tierheimen eingerichtet wurden."
14 Ein Verstoß gegen das Verkaufsverbot von Tieren ist gemäß § 38 Abs. 3 TSchG unter Strafe gestellt und von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu EUR 3.750,--, im Wiederholungsfall bis zu EUR 7.500,-- zu bestrafen.
15 Im vorliegenden Fall ging das Verwaltungsgericht davon aus, die Revisionswerberin habe sechs Hunde an einem öffentlich zugänglichen Platz zum Verkauf angeboten und dadurch sechs Mal gegen das Verbot, Tiere auf öffentlich zugänglichen Plätzen zu verkaufen, verstoßen und somit sechsmal den Tatbestand des § 8a TSchG erfüllt.
16 Nach der Rechtsprechung zu § 5 TSchG (Tierquälerei) werden dann, wenn eine Person durch eine Handlung und Unterlassung in gleicher Weise mehrere Tiere quält, im Sinne der Bestimmungen des Gesetzes nicht mehrere selbstständige Verwaltungsübertretungen (Idealkonkurrenz) begangen, sondern es liegt vielmehr nur eine einmalige Verwirklichung desselben Deliktstypus und somit eine selbstständige Tat vor ( mwN). 17 Diese Überlegungen gelten auch auf für § 8a TSchG, zumal auch schon der Wortlaut der Bestimmung ("Feilbieten und das Verkaufen von Tieren") in die Richtung weist, dass die inkriminierte Handlung im Feilbieten und Verkaufen besteht, unabhängig von der dabei angebotene Anzahl von Tieren. 18 Das bedeutet für den konkreten Fall, dass es nicht auf die Anzahl der zum Verkauf angebotene Hunde ankommt, sondern die Missachtung des Verbotes des Feilbietens und des Verkaufens als solche unter Strafe gestellt ist, weshalb sich die Bestrafung der Revisionswerberin wegen mehrerer Verstöße gegen § 8a TSchG als rechtswidrig erweist.
19 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
20 Gemäß § 47 Abs. 5 VwGG ist der zu leistende Aufwandersatz von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat. Die Vollziehung des TSchG ist gemäß Art. 11 Abs. 1 Z 8 B-VG Landessache. Kostenersatzpflichtiger Rechtsträger im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG wäre daher im vorliegenden Fall das Land Wien. Da daneben keine Kostenersatzpflicht eines anderen Rechtsträgers vorgesehen ist, war der auf die Inanspruchnahme des "Bundes" gerichtete Antrag der revisionswerbenden Partei abzuweisen (vgl. ).
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018020333.L00 |
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