VwGH vom 13.12.2010, 2010/10/0239
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des K S in K, vertreten durch Dr. Martin Wandl und Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. LF1-FO-120/036-2010, betreffend Parteistellung in einem Rodungsverfahren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der Parteistellung im Rodungsverfahren betreffend den Betrieb eines Steinbruchs der Firma T. auf näher bezeichneten Grundstücken zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer leite seine Parteistellung im Rodungsverfahren aus einem dinglichen Wasserbenutzungsrecht an einer Quelle ab, die sich auf einer Waldfläche befinde, die an die zur Rodung beantragte Waldfläche angrenze. Die Quelle sei jedoch ca. 80 m von der Rodefläche entfernt. Auf das Einzugsgebiet der Quelle, das nach den Behauptungen des Beschwerdeführers durch die geplanten Rodungsmaßnahmen bedroht würde, sei nicht abzustellen. Vielmehr bestehe Parteistellung nur dann, wenn "das Eigentum bzw. das dingliche Recht nicht weiter als 40 m von der Rodefläche entfernt" sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 idF BGBl. I Nr. 55/2007, (ForstG 1975) lauten auszugsweise wie folgt:
"Waldbehandlung entlang der Eigentumsgrenze
§ 14. ...
(2) Jeder Waldeigentümer hat Fällungen entlang seiner Eigentumsgrenzen in einer Entfernung von weniger als 40 Metern zu unterlassen, wenn durch die Fällung nachbarlicher Wald einer offenbaren Windgefährdung ausgesetzt würde (Deckungsschutz).
(3) Der Deckungsschutz ist jedem Eigentümer des angrenzenden Waldes sowie den Eigentümern etwaiger an diesen angrenzender Wälder zu gewähren, sofern die jeweilige Entfernung von der Eigentumsgrenze des zum Deckungsschutz Verpflichteten weniger als 40 Meter beträgt; allfällige zwischen den Waldflächen liegende, unter § 1a Abs. 1 nicht fallende Grundflächen von weniger als 10 Meter Breite sind hiebei nicht einzurechnen. ...
Rodung
§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.
....
(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.
(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.
...
Rodungsverfahren
§ 19
...
(4) Parteien im Sinne des § 8 AVG sind:
1. die Antragsberechtigten im Sinn des Abs. 1 im Umfang ihres Antragsrechtes,
2. der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich Berechtigte,
3. der Bergbauberechtigte, soweit er auf der zur Rodung beantragten Waldfläche nach den bergrechtlichen Vorschriften zum Aufsuchen oder Gewinnen bergfreier oder bundeseigener mineralischer Rohstoffe befugt ist,
4. der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist, und
5. das zuständige Militärkommando, wenn sich das Verfahren auf Waldflächen bezieht, die der Sicherung der Verteidigungswirkung von Anlagen der Landesverteidigung dienen. ..."
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die auf ein dingliches Wasserbezugsrecht an einer Quelle, die sich auf einer an die Rodefläche angrenzenden Waldfläche befindet, gestützten subjektiven Rechte des Beschwerdeführers könnten im vorliegenden Rodungsverfahren nicht berührt werden. Es sei daher die Parteistellung des Beschwerdeführers in diesem Verfahren zu verneinen.
Der Beschwerdeführer wendet ein, die Annahme der belangten Behörde, es komme auf die Positionierung der Quellfassung an, sei unzutreffend. Vielmehr hätte bei Betrachtung des dinglichen Rechts das gesamte "Einzugsgebiet bzw. der Grundwasserkörper, aus welchem die Quellfassung ihre Speisung bezieht" berücksichtigt werden müssen. Dabei hätte sich ergeben, dass sich die Rodefläche mit dem Einzugsgebiet des Wasserbenutzungsrechtes überschneide, sodass subjektive Rechte des Beschwerdeführers sehr wohl berührt würden und ihm daher Parteistellung hätte zuerkannt werden müssen.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:
Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/10/0196, und die dort zitierte Vorjudikatur), kommt dem Eigentümer einer an die Rodungsfläche angrenzenden Waldfläche im Rodungsverfahren ein subjektives Recht nur insoweit zu, als es um den Schutz seines Waldes vor nachteiligen Auswirkungen geht, die durch die Rodung hervorgerufen werden. In diesem Sinn kann er im Rodungsverfahren aus dem Titel der mit seinen Interessen verbundenen öffentlichen Interessen im Rahmen der nach § 17 Abs. 3 ForstG 1975 vorzunehmenden Interessenabwägung im Wege von Einwendungen gegen den Rodungsantrag das öffentliche Interesse an der Walderhaltung geltend machen. Es ist ihm aber verwehrt, eine Beeinträchtigung anderer als der an der Erhaltung seines Waldes bestehenden öffentlichen Interessen geltend zu machen.
Nichts Anderes gilt für den an einer der Rodefläche benachbarten Waldfläche dinglich Berechtigten. Er ist unter dem Blickwinkel seines dinglichen Rechts berechtigt, im Rodungsverfahren gemäß § 17 ForstG 1975 die Erhaltung des der Rodefläche benachbarten Waldes bzw. die Abwehr von diesen Waldbestand beeinträchtigenden Maßnahmen geltend zu machen, nicht aber andere (öffentliche) Interesse. Er hat daher in diesem Verfahren auch kein subjektives Recht darauf, dass die Rodung einer benachbarten Waldfläche unterbleibt, wenn dies zu einer Beeinträchtigung der Ergiebigkeit seiner Wasserversorgungsanlage führt.
Mit dem Hinweis auf eine solche Beeinträchtigung seiner Wasserversorgungsanlage bewegt sich der Beschwerdeführer daher außerhalb des Bereiches der ihm forstgesetzlich eingeräumten subjektiven Rechte. Über diesen Einwand hinaus hat er jedoch kein Vorbringen erstattet, demzufolge ihm forstgesetzlich eingeräumte Rechte durch die Rodung der benachbarten Waldfläche berührt werden könnten.
Wenn die belangte Behörde daher die Möglichkeit einer Verletzung des Beschwerdeführers in den ihm forstgesetzlich gewährleisteten Rechten und damit seine Parteistellung verneinte, so ist das - im Ergebnis - nicht rechtswidrig.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
SAAAE-76613