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VwGH vom 08.08.2008, 2008/09/0140

VwGH vom 08.08.2008, 2008/09/0140

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des Disziplinaranwaltes beim Bundesministerium für Finanzen, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 103/8-DOK/07, betreffend Einstellung eines Disziplinarverfahrens (mitbeteiligte Partei: F K in G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof verweist zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf das in gegenständlicher Sache ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0147.

Die Disziplinaroberkommission gab daraufhin der Berufung des Mitbeteiligten in der Weise Folge, dass das Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen wurde.

Im zweiten Rechtsgang erkannte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen den Mitbeteiligten schuldig, er habe vorsätzlich in der Zeit zwischen dem und dem während der Dienstzeit, jedoch ohne dienstliche Veranlassung, fortgesetzt auf ihm zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben zugängliche Daten des Abgabeninformationssystems zugegriffen, die die Abgabepflichtigen JG, GP, GoR, R GmbH, GeR, CR und JR, FH, AH, MH und MT betroffen hätten, für die er dienstlich nicht zuständig gewesen sei, gegen den Erlass des Bundesministers für Finanzen vom , GZ. 66 1009/30-VI/6/00, durch den die Eingabe oder Abfrage von Daten im AIS oder im DB7A bzw. DB7B ohne Vorliegen einer dienstlichen Veranlassung untersagt sei, verstoßen und damit Dienstpflichtverletzungen gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 begangen.

Es wurde gemäß § 115 BDG 1979 von der Verhängung einer Strafe abgesehen.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung des Mitbeteiligten wurde er mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom von diesem Vorwurf gemäß § 126 Abs. 2 iVm § 118 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 freigesprochen.

Die wesentliche Begründung dieses Bescheides lautet:

"Mit seinem im vorliegenden Disziplinarverfahren ergangenen Erkenntnis vom , 2005/09/0147 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, die vom Beschuldigten unbestritten gebliebenen, die im Spruch genannten konkreten Steuerpflichtigen betroffen habenden Abfragen aus dem Abgabeninformationssystem stellten sich jeweils als Verstoß gegen die im Erlass des Bundesministers für Finanzen vom , GZ. 66 1009/30-VI/6/00 enthaltene Weisung dar.

Zufolge Bindung an diese höchstgerichtliche Rechtsansicht war im fortgesetzten Verfahren daher nunmehr zu prüfen, ob das vom Beschuldigten durch die von ihm getätigten Datenzugriffe gesetzte objektiv rechtswidrige Fehlverhalten gemäß § 44 Abs. 1 BDG, diesem in subjektiver Hinsicht auch iSd § 91 BDG vorwerfbar ist und ob in diesem Fall allenfalls die Anwendung des § 118 Abs. 1 Z 4 BDG in Frage kommt.

Im Hinblick auf die bereits im hier in Rede stehenden Zeitraum allseits - auch medial - propagierte, u.a. auch im Finanzressort von den Beamten geforderte 'Bürgernähe der Verwaltung', 'Kunden- und Serviceorientierung des öffentlichen Dienstes' bzw. 'Abkehr von der Betrachtung des Bürgers als eines 'Rechtsunterworfenen'' kann diesem im Zweifel jedenfalls ein über lediglich geringes Verschulden (culpa levis, culpa levissima) im Sinne leichter Fahrlässigkeit hinausgehender Schuldvorwurf nicht zu Recht gemacht werden, wenn er im jeweiligen Anlassfall den genannten Erlass des Bundesministers für Finanzen vom , der für die Normadressaten angesichts dieses Spannungsverhältnisses dienstlicher Pflichten keinesfalls eindeutig und unmissverständlich klar formuliert war, den Intentionen des Weisungsgebers zuwider auslegte und damit objektiv gegen diese dienstinterne Vorschrift verstieß.

...

Bei § 118 Abs. 1 Z 4 BDG handelt es sich um eine dem § 42 StGB ('mangelnde Strafwürdigkeit der Tat') nachgebildete Bestimmung, die in bestimmten, nicht gravierenden Fällen ein Absehen von der Bestrafung wegen einer begangenen Pflichtwidrigkeit des Beschuldigten vorsieht.

Bei der Beurteilung der disziplinarrechtlichen Relevanz des Fehlverhaltens des Beschuldigten ist u.a. zu prüfen, ob eine disziplinäre Ahndung des dem Beschuldigten angelasteten Fehlverhaltens aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen geboten ist.

In diesem Zusammenhang ist zugunsten des Beschuldigten zu berücksichtigen, dass er die der bereits wiederholt genannten Erlasslage objektiv widerstreitenden Datenabfragen nicht aus schädlicher Neugierde oder sonstigen unlauteren Motiven, sondern mit dem Einverständnis der oa. Steuerpflichtigen getätigt bzw. auf die im AIS gespeicherten Daten auf deren ausdrückliches Ersuchen zugegriffen hat.

Hinter seiner Abfrage- und Unterstützungstätigkeit in Bezug auf verschiedene Abgabepflichtige lag keine andere Motivation als die Orientierung an Anliegen von Kunden und das Service zugunsten der Rat und fachlichen Beistand suchenden Bevölkerung.

Dem hier inkriminierten Verhalten des Beschuldigten ist insofern ein entsprechend geringerer Unrechts- und Schuldgehalt zuzubilligen.

Zudem ist im vorliegenden Fall durch das dem Berufungswerber angelastete Abfrageverhalten eine Verletzung schutzwürdiger Interessen weder der Parteien noch Dritter noch des Dienstes erfolgt; auf die Tätigkeiten (Erledigungen) der Abgabenbehörde hatten die verfahrensgegenständlichen Vorgangsweisen des Beschuldigten auch keinerlei negativen Einfluss. Weder ist durch seine verfahrensgegenständliche dienstliche Vorgangsweise eine Verletzung bestehender Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten in irgendeinem Fall erfolgt noch ist dadurch die Unparteilichkeit der Amtsführung des beschuldigten Beamten in Frage gestellt worden.

Dem Beschuldigten ist darüber hinaus zugute zu halten, dass er sich seit nunmehr über vier Jahren wohlverhalten hat, wobei ihm auch eine gute Zukunftsprognose zuzubilligen ist; eine disziplinäre Ahndung des hier abzuvotierenden Fehlverhaltens erscheint demnach nicht erforderlich, um den Beschuldigten von weiteren Verfehlungen abzuhalten.

In Anbetracht des gegen den beschuldigten Beamten seit nunmehr als drei Jahren anhängigen (der Einleitungsbeschluss wurde am gefasst) Disziplinarverfahrens mit ungewissem Sachausgang in zwei Instanzen sowie des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof aufgrund einer Beschwerde des Disziplinaranwaltes ist davon auszugehen, dass bereits die bloße Durchführung des gegenständlichen Disziplinarverfahrens eine hinlänglich abschreckende Wirkung auch auf andere Beamte bzw. potentielle Täter entfaltet hat und dass es aus generalpräventiven Erwägungen somit keines Schuldspruches mehr bedarf, weil diesen bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen wurde (, zur Bestimmung des § 42 StGB, der § 118 Abs. 1 Z 4 BDG nachgebildet ist).

Insgesamt war daher vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 Z 4 BDG auszugehen und der Beschuldigte unter Anwendung dieser Bestimmung iVm § 126 Abs. 2 leg. cit. vom nunmehr verbliebenen verfahrensgegenständlichen Tatvorwurf freizusprechen (sinngemäß dazu ; vgl. i.Ü.

DOK , 75/11-DOK/05; , 139/16-DOK/05)."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde

des Disziplinaranwaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des

Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift. Der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.) Zur behaupteten Verjährung:

Die belangte Behörde wies anlässlich der Aktenvorlage darauf hin, dass der Einleitungsbeschluss vom an die mitbeteiligte Partei nachweislich am zugestellt worden sei. Das Verfahren sei im ersten Rechtsgang vor dem Verwaltungsgerichtshof vom bis zum Entscheidungsdatum - die Zustellung des Erkenntnisses an die belangte Behörde sei am erfolgt - anhängig gewesen. Es lägen keine Hemmungstatbestände gemäß § 94 Abs. 2 oder 3 BDG 1979 vor, weshalb die in § 94 Abs. 1a BDG 1979 normierte absolute Verjährungsfrist abgelaufen sei.

§ 94 BDG 1979, BGBl. Nr. 333/1979 idF BGBl. I Nr. 123/1998, lautet:

"(1) Der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht

1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder

2. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§ 123 Abs. 1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z 1 genannte Frist um sechs Monate.

(1a) Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.

(2) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird - sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - gehemmt

1. für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof,

..."

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Bestimmungen wird die Frist des § 94 Abs. 1a BDG 1979 für die Dauer des in dieser Sache vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahrens gehemmt. Während der Zeit der Anhängigkeit des gegenständlichen Verfahrens im ersten Rechtsgang vor dem Verwaltungsgerichtshof, die mit dem Tag des Einlangens der Beschwerde des Disziplinaranwaltes im Verfahren zur Zl. 2005/09/0147 begann (das war der ) und mit dem Tag der Zustellung der Entscheidung an die belangte Behörde endete (das war der ), trat diese Hemmung entgegen der Ansicht der belangten Behörde ein. Der Ablauf der Frist ist daher um fünf Monate und 11 Tage gehemmt.

Ohne diese Hemmung hätte die Verjährungsfrist mit Ablauf des geendet, durch die Hemmung aber erst mit Ablauf des . Die Frist des § 94 Abs. 1a BDG 1979 war daher sowohl zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides als auch zum Zeitpunkt des Einlangens der gegenständlichen Beschwerde des Disziplinaranwaltes (sie langte am beim Verwaltungsgerichtshof ein) offen. Ab dem letztgenannten Zeitpunkt ist der Ablauf der Frist neuerlich gehemmt, sodass die belangte Behörde im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht an der Erlassung eines verurteilenden Bescheides gehindert wäre.

2.) In der Sache selbst:

§ 118 BDG 1979 in der Stammfassung betreffend die Einstellung des Disziplinarverfahrens lautet:

"(1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn

1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,

2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt,


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3.
Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder
4.
die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.
..."
Der von der belangten Behörde vergleichsweise herangezogene § 42 StGB, BGBl. Nr. 60/1974 idF BGBl. Nr. 605/1987, betreffend die mangelnde Strafwürdigkeit der Tat, lautet:

"§ 42. Ist die von Amts wegen zu verfolgende Tat nur mit Geldstrafe, mit nicht mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit einer solchen Freiheitsstrafe und Geldstrafe bedroht, so ist die Tat nicht strafbar, wenn


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1.
die Schuld des Täters gering ist,
2.
die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat oder, sofern sich der Täter zumindest ernstlich darum bemüht hat, die Folgen der Tat im wesentlichen beseitigt, gutgemacht oder sonst ausgeglichen worden sind und
3. eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Täter von strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken."
Die belangte Behörde nimmt "culpa levis, culpa levissima" deshalb an, weil "allseits - auch medial - ... u.a. auch im Finanzressort von den Beamten 'Bürgernähe der Verwaltung', 'Kunden- und Serviceorientierung des öffentlichen Dienstes' bzw. 'Abkehr von der Betrachtung des Bürgers als eines 'Rechtsunterworfenen''" gefordert werde.
Damit zielt die belangte Behörde in Richtung einer rechtfertigenden Pflichtenkollision. Sie trifft aber keine Feststellungen, worauf die von ihr angenommenen Pflichten der "Bürgernähe etc." beruhen. Wesentlich ist jedenfalls, dass keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass derartige "Pflichten" sich auch auf Angelegenheiten beziehen könnten, die nicht in den dienstlichen Aufgabenbereich (§ 36 BDG 1979) eines Beamten fallen. Dem Hinweis auf "mediale" Forderungen zur "Bürgernähe" kommt für die Beurteilung des Verhaltens des Mitbeteiligten keine Bedeutung zu. Schon auf Grund dieser Überlegungen kann von einer Pflichtenkollision keine Rede sein.
Im Übrigen hält der Beschwerdeführer der Begründung der belangten Behörde zur "Bürgernähe" zu Recht entgegen, dass von der Öffentlichkeit gleichwohl auch ein sensibler Umgang mit personenbezogenen Daten erwartet wird.
Dass die belangte Behörde den gegenständlichen Erlass vom als "für die Normadressaten angesichts dieses Spannungsverhältnisses dienstlicher Pflichten keinesfalls eindeutig und unmissverständlich klar formuliert" erachtet, ist schon deshalb rechtswidrig, weil diese Ansicht der durch das in gegenständlicher Sache ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0147, entstandenen Bindungswirkung widerspricht. Der Verwaltungsgerichtshof hat dort ua. ausgeführt:
"Die Wortfolge 'dienstlich veranlasst' im Erlass vom ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht anders aufzufassen, als dass damit 'im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben' im eben dargestellten Sinn gemeint ist."
Damit hat der Verwaltungsgerichtshof - bindend für die belangte Behörde - ausgesprochen, dass dem Inhalt des Erlasses, der "nach allgemeinem Sprachgebrauch" verständlich war, eine leicht erkennbare Bedeutung (vgl. § 9 StGB) in dem im zitierten Erkenntnis vom näher ausgeführten Sinn zukam. Selbst wenn der Inhalt des Erlasses vom nicht so klar wäre, bliebe der Vorwurf an den Mitbeteiligten, dass er keine verlässliche Auskunft einer fachkundigen Stelle eingeholt hat (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, 2003, S 42f).
§ 44 BDG 1979 knüpft an keine bestimmte Verschuldensform an, weshalb fahrlässige Tatbegehung genügt. Das Verhalten des Mitbeteiligten blieb jedenfalls nicht hinter dem in § 44 BDG 1979 normierten typischen Schuldgehalt zurück, den jeweiligen Abfragen des Mitbeteiligten lag wenigstens bedingter Vorsatz zu Grunde. "Geringes Verschulden" im Sinne des § 118 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 liegt nicht vor.
Dass der Mitbeteiligte "nicht aus schädlicher Neugierde oder sonstigen unlauteren Motiven" gehandelt hat, ist allenfalls bei der Strafbemessung im Sinne eines Milderungsgrundes (§ 34 Abs. 1 Z. 3 StGB, "achtenswerte Beweggründe") zu berücksichtigen.
Der belangten Behörde ist auch nicht zu folgen, dass die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Unter dem Begriff der unbedeutenden Folgen wollte der Gesetzgeber des BDG 1979, der in § 118 Abs. 1 BDG 1979 die selben Worte verwendet, ganz allgemein "alle Auswirkungen" der Tat, nicht nur die "unmittelbaren Tatfolgen" (500 Blg NR 14. GP, S 88, vgl. auch § 42 StGB und § 21 VStG), die bei den Ungehorsamsdelikten des BDG 1979, wie hier des § 44 BDG 1979, gar nicht in Betracht kommen, verstanden wissen. "Alle Auswirkungen" bedeutet aber auch, dass es auf die abstrakt möglichen Auswirkungen ankommt und nicht auf konkret eingetretene Folgen. Die Bedeutsamkeit ist am Ausmaß der Beeinträchtigung der dienstlichen Interessen (Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes, Ansehen des Beamtentums (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/09/0174)) zu bewerten.
Diesbezüglich bringt der Beschwerdeführer vor, durch das Verhalten des Mitbeteiligten könne der Eindruck entstehen, dass ein Beamter, der sich auf Grund von Naheverhältnissen entgegen bestehender Weisungen und daher in unberechtigter Weise zu "Hilfestellungen" verleiten lasse, auch in seinem Arbeitsbereich nicht korrekt verhalte. Dieses Vorbringen zeigt zu Recht auf, dass in diesem Bereich von einem Beamten erwartet wird, dass er sich nicht in fremde Zuständigkeitsbereiche einmischt, weil das den Anschein von "Interventionen" (sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten von Parteien) erweckt. Ein solcher "Anschein" der Parteilichkeit als negative Folge gilt es zu vermeiden, selbst wenn konkret die Unparteilichkeit nicht "in Frage gestellt" wurde, wie die belangte Behörde begründet. Dass durch die Vorgangsweise des Mitbeteiligten keine bestehende Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten verletzt wurden, hat auf die Folge des "Anscheins" der Beeinflussbarkeit keinen Einfluss. Zur Vermeidung von Missverständnissen sei darauf hingewiesen, dass dieser "Anschein" nicht notwendigerweise in die Nähe einer Verletzung von Dienstpflichten im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG 1979 rückt (vgl. dazu die Begründung zu Punkt b) im zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0147).
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, das Verhalten des Mitbeteiligten könne auch "Spannungsverhältnisse" mit Arbeitskollegen erzeugen, weil er in Zuständigkeitsbereiche von Kollegen eingreife. Es stehe im Widerspruch mit schützenswerten dienstlichen Interessen an der korrekten Führung der Verwaltung, am Funktionieren des Dienstbetriebes und am Ansehen in der Bevölkerung. Auch dieses Vorbringen ist im Hinblick auf die oben ausgeführten Grundsätze nicht unberechtigt.
Insofern die belangte Behörde sich (im Zusammenhang mit der spezial- und generalpräventiven Wirkung) auf das zu § 42 StGB ergangene , bezieht, muss dieses Urteil im Hinblick darauf, dass die Tatbestandsmerkmale des § 42 StGB wie auch des § 118 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 (a) geringe Schuld, b) keine oder nur unbedeutende Folgen, c) Fehlen der spezial- oder generalpräventiven Notwendigkeit) kumulativ vorliegen müssen, im Zusammenhang mit den darin enthaltenen Aussagen betreffend das "geringe Verschulden" gesehen werden. Denn liegt kein geringes Verschulden vor, käme es auf eine Untersuchung der spezial- und generalpräventiven Auswirkungen überhaupt nicht mehr an.
Dem zitierten Urteil lag eine Anklage wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1, 148 zweiter Fall StGB als Beteiligte nach § 12 StGB zu Grunde. Für die Verwirklichung der Tatbilder ist Bereicherungsvorsatz notwendig. Der OGH attestierte den beiden Angeklagten auf Grund besonderer Umstände (schwerste Körperbehinderung mit geringer Pension der Erstangeklagten, die Lieferungen ins Spital betrafen Spezialnahrung für diese Behinderte, kontingentüberschreitende Fahrten wurden vom Zweitangeklagten zum Teil unentgeltlich durchgeführt, die Behinderte hatte in einem Monat ihr zulässiges Kontingent an Personentransporten nicht ausgeschöpft) keinen manifesten Bereicherungswillen. Daher blieb die Schuld im Vergleich mit dem in den §§ 146 ff StGB normierten typischen Schuldgehalt zurück.
Dass im Gegensatz dazu im Beschwerdefall die Schuld nicht hinter dem normtypischen Schuldgehalt zurückblieb, wurde bereits oben ausgeführt.
Aber auch in der Frage der spezial- und generalpräventiven Notwendigkeit unterscheidet sich dieses Urteil vom gegenständlichen Fall. Denn der OGH wertete im Wesentlichen die zweitägige Hauptverhandlung und die Dauer samt ungewissem Ausgang des Rechtsmittelverfahrens als ausreichende Abschreckungswirkung. Dies ist vor dem Hintergrund des gerichtlichen Verfahrensrechtes, das eine (volks-)öffentliche Hauptverhandlung (§ 12 StPO; bei sonstiger Nichtigkeit - § 228 StGB) und eine ebenso öffentliche Verkündung des Urteils (§ 268 StPO) vorsieht, zu verstehen.
Hingegen ist die Disziplinarverhandlung (in allen Instanzen), in der das Erkenntnis zu verkünden ist (§ 124 Abs. 12 BDG 1979), abgesehen von der Möglichkeit der Beiziehung von drei Vertrauenspersonen, nicht öffentlich (§ 124 Abs. 3 BDG 1979), die Akten sind unter Verschluss zu halten (§ 122 BDG 1979). Die "bloße Durchführung" des gegenständlichen Disziplinarverfahrens ist deshalb - im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde - nicht geeignet, eine "hinlänglich abschreckende Wirkung auch auf andere Beamte bzw. potentielle Täter" zu entfalten. Eine längere Verfahrensdauer ist im Hinblick auf die normierten Verjährungsfristen als unbedeutend in Bezug auf die spezial- und generalpräventive Wirkung einzustufen.
Der Beschwerdeführer tritt dem angefochtenen Bescheid mit dem Vorbringen entgegen, die Verhängung einer Disziplinarstrafe sei aus generalpräventiven Erwägungen geboten. Die Fällung eines Freispruches und damit ein Absehen von der Bestrafung würde den Eindruck erwecken, dass nach zahlreichen Rechtsgängen durch die Instanzen davon ausgegangen werde, dass derartige Weisungsverstöße wie im konkreten Fall ein disziplinär kaum ahndungswürdiges Verhalten darstellten und im Ergebnis kaum Folgen hätten. Durch die Ahndung der Tat sei klarzumachen, dass der leichtfertige Umgang von Finanzbediensteten mit der Abfrage von sensiblen Daten (wenn auch als Hilfestellung auf Grund von Naheverhältnissen (Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes: und mit Einverständnis der Ersuchenden zur Datenbeschaffung)) ein ahndungswürdiges Verhalten darstellten, das verfolgt und bestraft werde.
Da bei der Beurteilung der generalpräventiven Erwägungen darauf abzustellen sein wird, ob die Bestrafung wegen ihrer besonderen Wirkung auf die anderen Beamten zur Erhaltung der "allgemeinen Normtreue" notwendig ist (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, 2003, S 46), sind diese Argumente des Beschwerdeführers nicht von der Hand zu weisen.
Die abschließenden Ausführungen der belangten Behörde zu einem Erlass des Bundesministers für Finanzen vom sind schon deshalb völlig verfehlt, weil dieser Erlass, der nach der Begründung der belangten Behörde Kriterien zur Überprüfung von getätigten Datenabfragen enthält, aber inhaltlich den gegenständlichen Erlass vom hinsichtlich der Zulässigkeit von Abfragen aus dem AIS nicht berührt, erst nach dem hier zu beurteilenden Zeitraum des Weisungsverstoßes des Mitbeteiligten erging. Außerdem kann es wohl keine Bedeutung für die Beurteilung des gegenständlichen weisungswidrigen Verhaltens des Mitbeteiligten bilden, dass ein solches Verhalten auf Grund von Kriterien für eine (Daten-)Nachforschung seitens der Dienstbehörde ab einem nach dem gegenständlichen Tatzeitraum liegenden Stichtag "gar nicht wahrgenommen" würde. Denn aus dem Umstand, dass aus irgendwelchen Gründen eine Tat in der Regel nicht entdeckt würde, darf im Fall ihrer dennoch erfolgten Aufdeckung auf deren mangelnde "disziplinarrechtliche Relevanz" niemals rückgeschlossen werden.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am