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VwGH 26.09.2011, 2010/10/0238

VwGH 26.09.2011, 2010/10/0238

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
NatSchG NÖ 2000 §35 Abs2;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1;
RS 1
Der Umstand, dass sich im Westen der befestigten, im Grünland gelegenen Fläche ein Industriegelände und im Süden mit etwas - unbebautem - Abstand eine Straße und daran angrenzend bebautes Gebiet befinden (während im Norden und Osten landwirtschaftlich genutztes Grünland anschließt) zeigt lediglich, dass die befestigte Fläche an bebautes Gebiet anschließt, was aber nicht bedeutet, dass sie als "innerhalb des Ortsbereiches" iSv § 7 Abs. 1 NÖ NatSchG 2000 gelegen anzusehen ist (vgl. E , 2005/10/0210).
Normen
NatSchG NÖ 2000 §35 Abs2;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1 Z6;
RS 2
Die Bestimmung des "Ortsbereichs" und somit jenes Bereiches, in dem sich Objekte, die auf das Vorliegen eines funktionalen Zusammenhangs zu prüfen sind, befinden, hat ausschließlich an Hand des Zustandes vor der Verwirklichung der Vorhaben zu erfolgen. Die Bewilligungspflicht für Vorhaben "außerhalb des Ortsbereichs" kann nicht dadurch beseitigt werden, dass die Vorhaben (konsenslos) verwirklicht werden und sodann als "innerhalb des Ortsbereiches gelegen" zu qualifizieren wären.

(hier: Das Vorbringen des BF, wonach ein funktionaler Zusammenhang der gegenständlichen Vorhaben mit dem angrenzenden Siedlungsgebiet vorliege, dass der in Rede stehende Carport und Zufahrtsweg der Erschließung des von ihm bewohnten Hauses diene, führt daher nicht zum Erfolg)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2005/10/0210 E RS 2 (hier Lagerplatz für Schotter bzw Abstellplatz für Kraftfahrzeuge)
Normen
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1 Z4;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1 Z6;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1 Z8;
VwRallg;
RS 3
Die Bewilligungspflicht nach § 7 Abs. 1 Z. 6 und Z. 8 NÖ NatSchG 2000 besteht nicht erst für die Verwendung einer befestigten Fläche als Lager- bzw. Abstellplatz, sondern nach dem klaren Gesetzeswortlaut bereits für die Errichtung von Anlagen für diesen Zweck. Wird das Bestehen einer Bewilligungspflicht gemäß § 7 Abs. 1 Z. 6 und Z. 8 legcit zu Recht angenommen, kommt eine Bewilligungspflicht nach der subsidiären Regelung des § 7 Abs. 1 Z. 4 legcit nicht in Betracht.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des RK in P, vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU5-BE-677/001-2010, betreffend naturschutzrechtlicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom hat die Niederösterreichische Landesregierung den Beschwerdeführer gemäß §§ 7 und 35 Abs. 2 NÖ Naturschutzgesetz 2000, LGBl. Nr. 5500-8 (NÖ NSchG 2000), verpflichtet, den konsenslos errichteten Lagerplatz für Schotter bzw. Abstellplatz für Kraftfahrzeuge auf dem Grundstück Nr. 377/2, KG R., zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer auf dem genannten Grundstück ohne naturschutzbehördliche Bewilligung einen Lagerplatz für Schotter bzw. Abstellplatz für Kraftfahrzeuge im Ausmaß von 45 x 30 m im Grünland errichtet habe. Nach den dem Akt angeschlossenen Fotos und dem aktuellen Auszug aus dem Flächenwidmungsplan liege der gegenständliche Lager- bzw. Abstellplatz außerhalb des Ortsbereichs.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 6 NÖ NSchG 2000 sei die Errichtung von Lagerplätzen, gemäß der Z. 8 dieser Bestimmung die Errichtung von Anlagen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen auf einer Fläche von mehr als 500 m2 im Grünland bewilligungspflichtig. Der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, den Lager- bzw. Abstellplatz ohne naturschutzbehördliche Bewilligung errichtet zu haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes 2000, LGBl. Nr. 5500-8 (NÖ NSchG 2000), haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 7 (1) Außerhalb vom Ortsbereich, das ist ein baulich oder funktional zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes (z.B. Wohnsiedlungen, Industrie-oder Gewerbeparks), bedürfen der Bewilligung durch die Behörde:

4. Abgrabungen oder Anschüttungen, die nicht im Zuge anderer nach diesem Gesetz bewilligungspflichtiger Vorhaben stattfinden, sofern sie außer bei Hohlwegen sich auf eine Fläche von mehr als 1.000 m2 erstrecken und durch die eine Änderung des bisherigen Niveaus um mehr als einen Meter erfolgt;

6. die Errichtung oder Erweiterung von Anlagen für die Behandlung von Abfällen sowie von Lagerplätzen aller Art, ausgenommen

o in der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft übliche Lagerungen sowie

o kurzfristige, die Dauer von einer Woche nicht

überschreitende, Lagerungen;

8. die Errichtung oder Erweiterung von Anlagen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen auf einer Fläche von mehr als 500 m2 im Grünland.

§ 35. …

(2) Unabhängig von einer Bestrafung nach § 36 sind Personen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen oder Bescheiden zuwidergehandelt haben, von der Behörde zu verpflichten, den früheren Zustand wieder herzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand den Interessen des Naturschutzes bestentsprechend abzuändern. Zu diesem Zweck kann die Behörde auch die Verpflichtung zur Erstellung eines Sanierungsplanes vorschreiben; dieser Plan ist der Behörde zur Bewilligung vorzulegen.

…"

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die gegenständliche Teilfläche des Grundstückes 377/2 KG R. ohne naturschutzrechtliche Bewilligung befestigt zu haben, bringt aber vor, dass eine solche Bewilligung gar nicht erforderlich gewesen sei.

Dazu macht er zunächst geltend, dass die gegenständliche Anlage nicht außerhalb des Ortsbereiches gelegen sei. Der befestigte Platz liege im Grünland, unmittelbar östlich eines Industriegeländes mit drei Betrieben. Südlich der gegenständlichen Fläche befinde sich mit etwas Abstand eine Straße und daran angrenzend bebautes Gebiet. Die im gegenständlichen Bereich vorhandenen Straßen lägen im Ortsgebiet nach der StVO. Durch die Anbindung der befestigten Fläche an einen der bestehenden Betriebe sei auch ein funktionaler Zusammenhang im Sinn von § 7 Abs. 1 NÖ NSchG 2000 gegeben.

Ausgehend von diesen vorgebrachten - mit den bei den Verwaltungsakten erliegenden Plänen übereinstimmenden - örtlichen Gegebenheiten kann die Auffassung der belangten Behörde, dass sich die vom Beschwerdeführer befestigte Fläche außerhalb des Ortsbereiches befinde, aus folgenden Gründen nicht als rechtswidrig erkannt werden:

Der Umstand, dass sich im Westen der gegenständlichen Fläche ein Industriegelände und im Süden mit etwas - unbebautem - Abstand eine Straße und daran angrenzend bebautes Gebiet befinden (während im Norden und Osten landwirtschaftlich genutztes Grünland anschließt) zeigt lediglich, dass die befestigte Fläche an bebautes Gebiet anschließt, was aber nicht bedeutet, dass sie als "innerhalb des Ortsbereiches" im Sinn von § 7 Abs. 1 NÖ NSchG 2000 gelegen anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/10/0210).

Mit dem zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch klargestellt, dass die Bestimmung des "Ortsbereichs" und somit jenes Bereiches, in dem sich Objekte, die auf das Vorliegen eines funktionalen Zusammenhangs zu prüfen sind, befinden, ausschließlich anhand des Zustandes vor der Verwirklichung des Vorhabens zu erfolgen hat. Die Bewilligungspflicht für Vorhaben "außerhalb des Ortsbereichs" kann nämlich nicht dadurch beseitigt werden, dass das Vorhaben (konsenslos) verwirklicht wird und sodann infolge eines funktionalen Zusammenhangs mit dem Siedlungsgebiet als "innerhalb des Ortsbereiches gelegen" zu qualifizieren wäre. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, dass die gegenständliche Fläche im Grünland vor den Befestigungen in irgendeinem funktionalen Zusammenhang mit den angrenzenden Industriebetrieben gestanden wäre.

Schließlich kann aus dem vorgebrachten Umstand, dass Straßen im Nahbereich der gegenständlichen Fläche durch das Hinweiszeichen "Ortstafel" gemäß § 53 Z 17a StVO als Ortsgebiet im Sinn dieses Gesetzes gekennzeichnet sind, nicht darauf geschlossen werden, dass die Fläche als innerhalb des Ortsbereiches im Sinn des NÖ NSchG 2000 gelegen anzusehen ist.

Da somit die Beschwerdebehauptungen der behördlichen Annahme, die gegenständliche Fläche liege außerhalb des Ortsbereiches, nicht entgegenstehen, kommt den in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängeln keine Relevanz zu.

Weiters führt der Beschwerdeführer ins Treffen, dass eine Änderung des Niveaus um mehr als 1 m im Sinn von § 7 Abs. 1 Z. 4 NÖ NSchG 2000 nicht erfolgt sei. Eine Bewilligungspflicht nach dieser Bestimmung bestehe daher nicht. Die Bewilligungspflicht gemäß § 7 Abs. 1 Z. 6 und Z. 8 NÖ NSchG 2000 entstehe erst mit der Verwendung der Fläche als Lagerplatz bzw. Abstellplatz. Die belangte Behörde hätte daher nur die Verwendung der Fläche für diese Zwecke untersagen dürfen. Soweit der Bewilligungstatbestand gemäß § 7 Abs. 1 Z. 8 NÖ NSchG 2000 herangezogen worden sei, fehlten überdies Feststellungen, ob die Abstellfläche mehr als 500 m2 groß sei.

Dem ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer nach dem bei den Verwaltungsakten erliegenden Protokoll der Marktgemeinde R. vom selbst bekanntgegeben hat, die befestigte Fläche zur Schotterlagerung (Zwischenlager, Umschlagplatz) und Erdlagerung sowie als Wende- und Abstellplatz für LKW verwenden zu wollen. Einen anderen Verwendungszweck hat er im gesamten Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht. Weiters hat er nie behauptet, dass nur ein 500 m2 nicht übersteigender Teil der Fläche (auch) für das Abstellen von Kraftfahrzeugen verwendet werde, obwohl ihm jedenfalls auf Grund des Inhalts des Bescheides der Behörde erster Instanz klar sein musste, dass es bei Anlagen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen im Grünland auf diese Grenze ankommt. Anders als der Beschwerdeführer meint, besteht die Bewilligungspflicht nach § 7 Abs. 1 Z. 6 und Z. 8 NÖ NSchG 2000 nicht erst für die Verwendung einer befestigten Fläche als Lager- bzw. Abstellplatz, sondern nach dem klaren Gesetzeswortlaut bereits für die Errichtung von Anlagen für diesen Zweck. Da die belangte Behörde somit das Bestehen einer Bewilligungspflicht gemäß § 7 Abs. 1 Z. 6 und Z. 8 NÖ NSchG 2000 zu Recht angenommen hat, kommt eine Bewilligungspflicht nach der subsidiären Regelung des § 7 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. nicht in Betracht, weshalb es unerheblich ist, ob die gegenständliche Anschüttung die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt.

Aus all diesen Gründen ist die belangte Behörde in unbedenklicher Weise zum Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Lager- bzw. Abstellplatz ohne die hiefür erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung errichtet hat. Sie hat ihm daher zu Recht gemäß § 35 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 die Wiederherstellung des früheren Zustandes aufgetragen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
NatSchG NÖ 2000 §35 Abs2;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1 Z4;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1 Z6;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1 Z8;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1;
VwRallg;
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut
des Gesetzes VwRallg3/2/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2010100238.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAE-76608