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VwGH vom 07.06.2005, 2005/14/0021

VwGH vom 07.06.2005, 2005/14/0021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der E-GmbH in V, vertreten durch Czepl & Partner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 4560 Kirchdorf, Jörgerstraße 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. RV/0986-L/02, betreffend Haftung des Arbeitgebers nach § 82 EStG 1988, sowie Vorschreibung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1997 bis 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der beschwerdeführenden GmbH, die eine Diskothek betreibt, fand für den Zeitraum der Jahre 1997 bis 1999 eine Lohnsteuerprüfung statt. Eingangs des Prüfungsberichtes vom wird festgehalten, dass anhand beschlagnahmter Unterlagen und der Aussagen einiger Dienstnehmer hervorgekommen sei, dass die in den Lohnkonten aufscheinenden Beträge mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmten. Alle Lohnzahlungen seien in bar und persönlich durch Karl-Heinz W. erfolgt. Im Einzelnen finden sich sodann folgende Feststellungen:

"1. Taxitänzer":

Im Zeitraum vom bis seien insgesamt 27.360 S an Personen ausbezahlt worden, die sich über Auftrag der Beschwerdeführerin den Gästen für Tänze zur Verfügung gestellt hätten. Lohnkonten existierten nicht. Es sei davon auszugehen, dass auch in den Jahren 1997 (ab November) bis 1999 "Taxitänzer" beschäftigt worden seien. Die für drei Monate festgestellten Zahlungen seien daher entsprechend "hochzurechnen". Diese Feststellung führte zu Lohnsteuernachforderungen von insgesamt 66.880 S, sowie zu Nachforderungen an Dienstgeberbeitrag von 16.847 S und eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag von 1.797 S.

"2. regelmäßig beschäftigte Dienstnehmer":

Die Beschwerdeführerin habe für technische oder sonstige Dienstleistungen (an in den Unterlagen nur mit Vor- oder Spitznamen bezeichnete Personen) wöchentlich rund 3.500 S verausgabt. Umgelegt auf die Wochen des Prüfungszeitraumes ergäben sich daraus Nachforderungen an Lohnsteuer von insgesamt 112.538 S, sowie an Dienstgeberbeitrag von 28.349 S und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag von 3.024 S.

"3. Erhöhung der Lohnaufwendungen lt. Betriebsprüfung":

Die verbuchten Lohnaufwendungen seien um (einen Sicherheitszuschlag von) 25 % zu erhöhen. Daraus ergaben sich für den gesamten Prüfungszeitraum Nachforderungen an Lohnsteuer von

341.644 S, an Dienstgeberbeitrag von 100.804 S und an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag von 10.752 S.

"4. B. Walter":

Walter B. sei laut Lohnkonto als Oberkellner, tatsächlich aber als Manager der Diskothek beschäftigt gewesen. Laut Lohnkonto habe er einen Nettolohn von 17.810 S bezogen. Aus beschlagnahmten Belegen und Girokontoauszügen würde jedoch eindeutig hervorgehen, dass seine monatlichen Bezüge bei 40.000 S gelegen seien. Aus dieser Feststellungen folgten insgesamt Nachforderungen an Lohnsteuer von 414.812 S, an Dienstgeberbeitrag von 56.236 S und an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag von 5.998 S.

"5. Discjockey's":

Aus den beschlagnahmten Unterlagen gehe in Übereinstimmung mit vorgefundenen Vermittlungsaufträgen hervor, dass die "DJ's" pro Abend etwa 2.500 S bar ausbezahlt erhalten hätten, während sie laut Lohnkonto zu niedrigeren Bezügen angemeldet gewesen seien. Nach der im Prüfungsbericht näher dargestellten Berechnung ergaben sich aus dieser Feststellung insgesamt Nachforderungen an Lohnsteuer von 1,150.480 S, an Dienstgeberbeitrag von 119.837 S und an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag von 12.783 S.

"6. Geschäftsführerbezüge":

Die festgestellten Geschäftsführerbezüge von 2 Mio. S 1998) bzw. 1 Mio. S 1999) seien gemäß § 41 FLAG "DB+DZ-pflichtig".

Insgesamt ergaben sich daraus Nachforderungen an Dienstgeberbeitrag von 135.000 S und an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag von 14.400 S.

"7. Einkommensteuer für ausländische Künstler gem. § 99 EStG":

In den Jahren 1998 und 1999 seien Honorare an ausländische Künstler in Höhe von 65.950 S 1998) bzw. 70.300 S 1999) bezahlt worden. Daraus ergebe sich ein nachzufordernder Betrag an Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 von insgesamt 34.062 S.

Gegen den diesen Prüfungsfeststellungen folgenden Haftungs- und Abgabenbescheid des Finanzamtes vom erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die sie wie folgt begründete:

"Die vorgeschriebenen Abgaben an Lohnsteuer von S 2.087.197,-- , Dienstgeberbeitrag von S 460.467,--, Dienstgeberbeitragszuschlag von S 49.116,-- und BE gem. § 99 EStG von S 34.062,-- beruhen nur auf Schätzungen und entsprechen keinesfalls den Tatsachen.

Wir ersuchen daher um Festsetzung der Lohnabgaben aufgrund der betrieblichen Lohnverrechnung.

Weiters ersuchen wir um Aussetzung der Einhebung .... bis zur Entscheidung über die Berufung, weil dieser mit Sicherheit stattgegeben wird."

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung mit der Begründung abgewiesen, dass die Beschwerdeführerin gegen die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung keine konkreten Einwendungen erhoben habe.

Ihren daraufhin eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz begründete die Beschwerdeführerin wie folgt:

"Die vorgeschriebenen Lohnabgaben für den Prüfungszeitraum bis wurden aufgrund von Zuschätzungen des Umsatzes ermittelt. Vom Finanzamt Vöcklabruck wurden diese Umsatzzuschätzungen bereits ausgesetzt, womit ersichtlich ist, dass die Berufung gegen diese Umsatzzuschätzungen sehr wohl erfolgsversprechend ist. Werden die Umsatzzuschätzungen durch die Berufung zurückgenommen, fallen auch die vorgeschriebenen Lohnabgaben weg.

Daher ersuchen wir nochmals um Aussetzung der Einhebung ..... bis zur Entscheidung über die Berufung, weil dieser mit Sicherheit stattgegeben wird und die vorgeschriebenen Beträge lt. BP auch ausgesetzt wurden."

Nach Vorlage der Berufung an die belangte Behörde nahm diese - wie einem entsprechenden Aktenvermerk zu entnehmen ist - zunächst mit dem steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin telefonischen Kontakt auf. Im schriftlichen Vorhalt vom bezog sich die belangte Behörde sodann auf dieses am geführte Telefongespräch, bei dem der Vertreter der Beschwerdeführerin ersucht worden sei, zu den einzelnen Punkten des ihm mittels FAX nochmals übermittelten Prüfungsberichtes Stellung zu nehmen. Da bisher keine Stellungnahme eingelangt sei, werde ersucht, eine solche nunmehr innerhalb von vier Wochen ab der Zustellung dieses Schreibens nachzuholen.

Der am nachweislich zugestellte Vorhalt der belangten Behörde blieb unbeantwortet.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der Bestimmung des § 184 BAO aus, dass nach den Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung sämtliche im Betrieb zur Erfassung der Einnahmen, der Arbeitsplanung und Kontrolle der Mitarbeiter geführten Grundaufzeichnungen für den Zeitraum der Jahre 1997 bis 2000 vernichtet worden seien. Die bei der Hausdurchsuchung vorgefundenen Aufzeichnungen würden nicht mit den Angaben auf den Lohnkonten übereinstimmen, sodass die Lohnabgaben zu Recht im Schätzungswege ermittelt worden seien. Die Lohnabgaben seien auf Grund der bei der Hausdurchsuchung aufgefundenen Unterlagen über Schwarzlöhne vorgeschrieben worden. Ein Zusammenhang mit der von der Betriebsprüfung durchgeführten Umsatzzuschätzung sei nicht gegeben, weil letztere auf nachgewiesene Erlösverkürzungen durch Schwarzeinkäufe von Bier, Wein und sonstigen Erlösverkürzungen beruhen würde und damit keine Auswirkung auf die Vorschreibung der Lohnabgaben gegeben sei. Dass die Abgaben zu Recht nachgefordert worden seien, gehe auch daraus hervor, dass gegen die Vorschreibungen und den Bescheid der Gebietskrankenkasse, welche ebenfalls die in diesem Verfahren strittigen Lohnzahlungen zum Gegenstand gehabt hätten, kein Rechtsmittel eingebracht worden sei.

Zu den Geschäftsführerbezügen wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass sich die Berufung auf diesen Punkt konkret nicht beziehe und die Vorschreibung im Hinblick auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, in dem der Verwaltungsgerichtshof nur mehr dem Umstand der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft entscheidende Bedeutung beigemessen habe, jedenfalls zu Recht erfolgt sei, weil beide Gesellschafter-Geschäftsführer ihre Geschäftsführerfunktion seit April 1996 ausübten und damit von einer Eingliederung auszugehen sei.

Was die Vorschreibung von Abzugssteuer gemäß § 99 EStG 1988 anlange, sei festzustellen, dass sich die Berufungsausführungen selbst bei "weitester Auslegung" nicht auf diesen Punkt des Prüfungsberichtes beziehen ließen und die Vorschreibung im Übrigen dem Gesetz entspreche.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Besteuerung der Geschäftsführerbezüge 1999 mit dem Hinweis auf ihre Zahlungsunfähigkeit, die es ihren Geschäftsführern nicht erlaubt habe, über die ihnen gutgeschriebenen Geschäftsführerentlohnungen tatsächlich zu verfügen. Mangels Zuflusses der Geschäftsführerbezüge seien der Beschwerdeführerin für dieses Jahr zu Unrecht Lohnabgaben aus diesem Titel vorgeschrieben worden.

Zu diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin daran zu erinnern, dass sie sich im Verwaltungsverfahren lediglich gegen die im Schätzungswege erfolgte Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen gewandt hat. Dass der Versteuerung der Geschäftsführerbezüge ein Element der Schätzung innewohne, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Das nunmehrige Vorbringen verstößt damit gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu beachtende Neuerungsverbot, das auch für solche Rechtsausführungen gilt, deren Richtigkeit nur auf Grund von Tatsachenfeststellungen überprüft werden kann, die deshalb unterblieben sind, weil im Verwaltungsverfahren diesbezüglich nichts vorgebracht wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/14/0094). Für eine im Jahr 1999 bestehende Zahlungsunfähigkeit der Beschwerdeführerin findet sich entgegen dem Beschwerdevorbringen auch kein Hinweis in der Aktenlage, zumal die Beschwerdeführerin offensichtlich noch im Jahr 2000 das Unternehmen betrieben und laufend Einnahmen erzielt und Ausgaben getätigt hat.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wendet sich die Beschwerde gegen die Vorschreibung von Lohnabgaben im Zusammenhang mit der Beschäftigung von so genannten Taxitänzern. Dieses "Marketinginstrument" sei erst ab dem Jahr 2000 eingesetzt worden, sodass "eine lineare Hochrechnung als Schätzungsmethode" materiell unrichtig sei, was bei "korrekter Sachverhaltsermittlung zu Tage getreten wäre". Gegen die Vorschreibung von Lohnabgaben für "regelmäßig beschäftigte Dienstnehmer" bringt die Beschwerdeführerin vor, dass Reparaturarbeiten verstärkt erst ab dem Jahr 2000 notwendig geworden seien, was bei "korrekter" Sachverhaltsermittlung, etwa ihrer Befragung, gleichfalls hervorgekommen wäre, und eine lineare Hochrechnung verfehlt erscheinen lasse.

Die vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobenen Verfahrensrügen müssen angesichts der der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren wiederholt eingeräumten Gelegenheit, sich zu den einzelnen Punkten des Prüfungsberichtes zu äußern, erfolglos bleiben. Der Beschwerdeführerin war bereits durch die Darstellung im Prüfungsbericht bekannt, dass die Behörde bei ihrer Schätzung davon ausgegangen war, dass die bei der Hausdurchsuchung vorgefundenen Verhältnisse für den gesamten Prüfungszeitraum repräsentativ wären. Soweit daher in der Beschwerde erstmals die Schätzungsmethode selbst bekämpft wird und die Beschwerdeführerin das Vorliegen geänderter Verhältnisse behauptet, liegt auch darin ein Verstoß gegen das Neuerungsverbot (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 556). Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren trotz gebotener Gelegenheit untätig geblieben ist und sie erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung ablegt, kann mit Aussicht auf Erfolg nicht der belangten Behörde zum Vorwurf gemacht werden (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 97/13/0157).

Im Zusammenhang mit der Vorschreibung von Lohnabgaben für die schätzungsweise ermittelten Bezüge des Walter R. rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe die Aussage des Walter B., regelmäßig Spielgewinne erzielt zu haben, zu Unrecht als Schutzbehauptung abgetan. Dieses Vorbringen findet in der Aktenlage keine Deckung und ist schon deshalb nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Hinweise auf behauptete Spielgewinne finden sich weder im Prüfungsbericht noch im Vorbringen der Beschwerdeführerin und waren daher auch nicht Gegenstand behördlicher Beweiswürdigung.

Schließlich wendet sich die Beschwerdeführerin auch gegen die Vorschreibung von Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988. Es sei allgemein anerkannter Grundsatz, dass "sich die belangte Behörde hinsichtlich des Besteuerungsanspruches der öffentlichen Hand sowohl zu Lasten als auch zu Gunsten des Steuerpflichtigen auseinander zu setzen hat". Im Beschwerdefall habe sich die belangte Behörde ausschließlich mit der Frage beschäftigt, wie der Beschwerdeführerin die Abzugsteuer vorzuschreiben sei, nicht jedoch mit der Frage, ob "beim gegenständlichen Sachverhalt eine Befreiungsvorschrift eines Doppelbesteuerungsabkommens zum Tragen kommt oder nicht".

Diese Verfahrensrüge geht schon deshalb ins Leere, weil die Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet, dass im Beschwerdefall ein bestimmtes Doppelbesteuerungsabkommen der Festsetzung von Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger entgegen gestanden wäre. Es fehlt daher bereits an der Darstellung der Relevanz eines allfälligen den Abgabenbehörden unterlaufenen Begründungsmangels.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am