VwGH vom 14.07.2011, 2010/10/0217
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der MH in H, vertreten durch Dr. Stefan Lirk, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Franz-Huemer-Straße 16, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20301-SHB/56/3-2010, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom hat die Salzburger Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Sozialhilfe gemäß §§ 6 und 8 des Salzburger Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 19/1975 (SSHG), abgewiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin einer unbelasteten Liegenschaft in W. mit einem unbewohnten Einfamilienhaus sei. Sie versuche schon seit längerer Zeit, diese Liegenschaft zu verkaufen. Die bisherigen Angebote hätten jedoch nicht ihren Vorstellungen entsprochen. Nach den Feststellungen der Behörde erster Instanz habe die Beschwerdeführerin zuletzt ein Kaufangebot im Betrag von EUR 30.000,-- ausgeschlagen.
In der Berufung habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass im Sommer 2009 tatsächlich ein Kaufangebot über EUR 30.000,-- gestellt worden sei. Sie wäre mit dem Angebot durchaus einverstanden gewesen, es sei jedoch der Käufer vor Abschluss des verbücherungsfähigen Vertrages vom Angebot zurückgetreten. Die Wände des Hauses seien feucht und rissig. Die Reparatur der defekten Heizkörper würde EUR 1.341,60 kosten. Der notwendige neue "Zentralheizungskochherd" koste EUR 8.200,--. Überdies hätten die früheren Mieter Schäden in der Höhe von EUR 3.791,80 verursacht. Die Liegenschaft sei auch deshalb nicht verwertbar, weil sie an einer stark frequentierten Straße liege. Die bisherige Schaltung von Annoncen in Zeitungen habe nichts genützt. Die Beschwerdeführerin sei daher nicht mehr bereit, weitere Inserate aufzugeben.
Die belangte Behörde führte weiters aus, dass die Beschwerdeführerin eine Invaliditätspension beziehe und in einer geförderten Mietwohnung lebe, für die sie auch Wohnbeihilfe bekomme. Das gegenständliche Haus habe sie im Jahr 1991 von ihren Eltern geerbt. Es sei bis Jänner 2010 vermietet gewesen und stehe nun leer. Die anstehenden Reparaturarbeiten könne sie sich derzeit nicht leisten. Am habe die Beschwerdeführerin gegenüber der Behörde angegeben, ein Kaufangebot von EUR 30.000,-- ausgeschlagen zu haben, weil sie zuvor größere Summen in das Haus investiert habe.
Wäre kein verwertbares Vermögen vorhanden, hätte die Beschwerdeführerin einen Sozialhilfeanspruch von EUR 20,36 je Monat.
Nach telefonischer Auskunft einer Mitarbeiterin des von der Beschwerdeführerin beauftragten Immobilienmaklerbüros habe das leerstehende Haus der Beschwerdeführerin Mängel, die den Wert minderten. Eine zusätzliche Wertminderung werde durch den Umstand bewirkt, dass rund um das Gebäude kaum Grundflächen vorhanden seien. Ungeachtet dessen sei das Haus aber insgesamt "nicht schlecht" und keineswegs unverkäuflich oder unverwertbar.
Die lastenfreie und unbewohnte Liegenschaft der Beschwerdeführerin sei als verwertbares Vermögen im Sinn von § 8 Abs. 1 SSHG anzusehen. Dieses Vermögen sei daher vor Inanspruchnahme von Leistungen aus der Sozialhilfe einzusetzen. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Schäden des Hauses führten nicht zu einer Unverwertbarkeit der Liegenschaft, sondern zu einer Minderung des erzielbaren Verkaufserlöses. Da die Liegenschaft der Beschwerdeführerin nicht zur Befriedigung eines Wohnbedürfnisses diene, sei die Verwertung jedenfalls zumutbar. Dass eine Verwertung auch möglich sei, ergebe sich schon daraus, dass ein Maklervertrag mit einem Immobilienmaklerbüro abgeschlossen worden sei und es aus Sicht des Maklers keinen Grund gebe, weshalb die Liegenschaft nicht verkäuflich bzw. verwertbar (z.B. in Form einer Vermietung) sein solle. Dies beweise überdies das tatsächlich gestellte Kaufangebot zu einem Preis von EUR 30.000,--. Da die Beschwerdeführerin in ihren Inseraten den Kaufpreis mit EUR 69.000,-- bzw. EUR 72.000,-- angesetzt habe, erscheine es der Behörde glaubwürdig, dass die Beschwerdeführerin dieses Angebot - wie sie gegenüber der Behörde telefonisch mitgeteilt habe - ausgeschlagen habe, weil es ihr zu niedrig gewesen sei. Angesichts des möglichen zu erzielenden Kaufpreises bzw. möglicher Mieteinnahmen aus dem verwertbaren Einfamilienhaus liege keine Hilfsbedürftigkeit der Beschwerdeführerin vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Sozialhilfegesetzes, LGBL. Nr. 19/1975 (SSHG), haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes
Anspruch
§ 6
(1) Ein Hilfesuchender, der sich im Lande Salzburg aufhält, hat Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes, wenn er den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.
…
Einsatz der eigenen Mittel
§ 8
(1) Die Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als der Einsatz des Einkommens und des verwertbaren Vermögens des Hilfesuchenden nicht ausreicht, um den Lebensbedarf (§ 10) zu sichern.
(2) Als nicht verwertbar gelten:
1. Gegenstände, die zur persönlichen Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder zur Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse dienen;
2. Vermögen bis zur Höhe des Zehnfachen des Richtsatzes für Alleinunterstützte (§ 12 Abs 1 Z 1) bei Hilfe Empfängern, die in Anstalten oder Heimen (§ 17) untergebracht sind.
(3) Die Verwertung des Vermögens darf nicht verlangt werden, wenn dadurch die Notlage verschärft oder von einer vorübergehenden zu einer dauernden wird.
(4) Hat ein Hilfesuchender Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist, sind Hilfeleistungen von der Sicherstellung des Ersatzanspruches abhängig zu machen, wenn hiemit nicht nach der Lage des einzelnen Falles für den Hilfesuchenden oder seine Angehörigen eine besondere Härte verbunden wäre. Zu diesem Zweck hat die Behörde bei unbeweglichem Vermögen nach längstens zwölf Monaten ab Gewährung der Hilfe ein Pfandrecht in der Höhe der bis dahin erbrachten Leistungen im Grundbuch einverleiben zu lassen. Bei weiterer Gewährung der Sozialhilfe ist die Vorgangsweise zu wiederholen. Über den Ersatzanspruch ist zu entscheiden, sobald die Verwertung des Vermögens möglich und zumutbar geworden ist.
…"
Die Beschwerdeführerin wiederholt in der Beschwerde im Wesentlichen das bereits in der Berufung erstattete Vorbringen, wonach das Haus auf Grund von Mängeln, insbesondere im Bereich des Heizungssystems, nicht verwertbar sei. Sie wäre mit dem Kaufangebot von EUR 30.000,-- einverstanden gewesen, der Käufer sei jedoch davon zurückgetreten. Die Behörde hätte ihr daher Sozialhilfe, allenfalls unter Sicherstellung des Ersatzanspruches gemäß § 8 Abs. 4 SSHG, zuerkennen müssen.
Die Gewährung von Sozialhilfe unter Sicherstellung des Ersatzanspruches anstelle der Verweigerung der Sozialhilfe im Hinblick auf die Sicherung des Lebensbedarfs durch vorhandenes Vermögen setzt nach § 8 Abs. 4 SSHG voraus, dass dem Antragsteller die Verwertung seines Vermögens vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/10/0013).
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich strittig, ob das unbelastete und unbewohnte Einfamilienhaus der Beschwerdeführerin verwertbar ist. Die belangte Behörde hat dies bejaht und dazu ausgeführt, dass die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Reparaturbedürftigkeit einem Verkauf nicht entgegenstehe, sondern den zu erzielenden Preis mindere. Dies hat sie u.a. auf die Auskunft einer Mitarbeiterin des von der Beschwerdeführerin zur Vermittlung eines Käufers herangezogenen Immobilienmaklerbüros gestützt.
In diesem Zusammenhang hat sie festgestellt, dass der Verkauf bisher nicht an der Unverkäuflichkeit des Hauses, sondern an den überhöhten Preisvorstellungen der Beschwerdeführerin gescheitert sei, die das Haus um EUR 69.000,-- bzw. EUR 72.000,-- inseriert habe und ein Kaufanbot in der Höhe von EUR 30.000,-- ausgeschlagen habe.
Mit der bloßen Wiederholung des Berufungsvorbringens, wonach das Kaufanbot in der Höhe von EUR 30.000,-- nicht von ihr ausgeschlagen, sondern vom Anbieter zurückgezogen worden sei, vermag sie keine Unschlüssigkeit der zu dieser Feststellung führenden Beweiswürdigung aufzuzeigen, zumal sie nicht bestreitet, das Haus um einen wesentlich höheren Betrag inseriert zu haben und selbst telefonisch gegenüber der Behörde angegeben zu haben, ein Angebot von EUR 30.000,-- als zu gering ausgeschlagen zu haben.
Soweit die Beschwerdeführerin rügt, dass sich die belangte Behörde mit den von ihr geltend gemachten Mängeln des Hauses nicht ausreichend auseinandergesetzt habe, gelingt es ihr nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, ist die belangte Behörde doch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin über Art und Ausmaß der Mängel gefolgt und gerade deshalb zum Ergebnis gekommen, dass der von der Beschwerdeführerin inserierte Verkaufspreis zu hoch sei.
Hinzugefügt sei, dass in der Beschwerde gar nicht behauptet wird, der Verkauf um einen von der Behörde offenbar als realistisch angesehenen Verkaufspreis von etwa EUR 30.000,-- sei unzumutbar, weil das Haus einen wesentlich höheren Wert repräsentiere (vgl. dazu Pfeil , Österreichisches Sozialhilferecht (1989), 403).
Die belangte Behörde ist daher zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass die Beschwerdeführerin über verwertbares Vermögen verfügt, das ausreicht, um den durch das Einkommen nicht gedeckten Lebensbedarf in der unstrittigen Höhe von EUR 20,36 je Monat zu sichern.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
XAAAE-76565