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VwGH vom 28.02.2013, 2010/10/0208

VwGH vom 28.02.2013, 2010/10/0208

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2010/10/0209

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Gemeinde Treglwang, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen die Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung jeweils vom , 1.) Zl. FA7A-472-99/2010-1 (protokolliert zur hg. Zl. 2010/10/0208) und 2.) Zl. FA7A-472-99/2010-2 (protokolliert zur hg. Zl. 2010/10/0209), betreffend

1.) Vorschreibung eines Schulerhaltungsbeitrages für das Jahr 2007 und 2.) Abrechnung gemäß § 37 Abs. 2 Stmk. Pflichtschulerhaltungsgesetz 2004 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Trieben in 8784 Trieben, Triebener Bundesstraße 11), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Trieben vom wurde der beschwerdeführenden Partei ein Schulerhaltungsbeitrag für die Hauptschule Trieben für das Jahr 2007 in der Höhe von EUR 7.268,92 vorgeschrieben.

Einer dagegen von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Berufung gab die Bezirkshauptmannschaft Liezen mit Bescheid vom statt und behob den angeführten Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos, weil darin der Schulsachaufwand für das Kalenderjahr 2007 gemäß § 37 Abs. 2 Stmk. Pflichtschulerhaltungsgesetz 2004 - StPEG 2004 endgültig abgerechnet worden sei, obwohl weder der voraussichtliche Schulsachaufwand zuvor gemäß § 37 Abs. 1 StPEG 2004 vorgeschrieben worden noch der Rechnungsabschluss für das Jahr 2007 vorgelegen sei.

Eine gegen diesen Bescheid von der Stadtgemeinde Trieben erhobene Berufung (vgl. § 93 Abs. 3 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 - GemO) wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom gemäß § 37 Abs. 3 Stmk. Pflichtschulerhaltungsgesetz 2004 - StPEG 2004 iVm § 66 Abs. 4 AVG (ebenfalls) mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, die mit dem erstbehördlichen Bescheid vorgenommene endgültige Abrechnung für das Kalenderjahr 2007 wäre erst bei Vorliegen des Rechnungsabschlusses 2007 möglich gewesen.

In weiterer Folge wurde der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Trieben vom gemäß § 37 Abs. 1 StPEG 2004 mit näherer Begründung ein Schulerhaltungsbeitrag für die Hauptschule Trieben für das Jahr 2007 in der Höhe von EUR 7.268,92 vorgeschrieben. Mit weiterem Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Trieben ebenfalls vom wurden gemäß § 37 Abs. 2 StPEG 2004 mit näherer Begründung die "Schulerhaltungsbeiträge für 2007" abgerechnet, wobei dem Bescheid der Rechnungsabschluss 2007 zugrunde gelegt wurde.

Aufgrund von gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen der beschwerdeführenden Partei wurden die Bescheide mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Liezen jeweils vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben, weil im Hinblick auf die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG erfolgte ersatzlose Behebung des Bescheides des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Trieben vom keine neuerliche Entscheidung über den Schulsachaufwand 2007 zulässig sei.

Den dagegen erhobenen Berufungen der Stadtgemeinde Trieben gab die belangte Behörde mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden statt und änderte die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Liezen gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahin ab, dass die Berufungen der beschwerdeführenden Partei gemäß § 37 Abs. 3 StPEG 2004 iVm § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen wurden.

Begründend führte die belangte Behörde - soweit für das vorliegende Erkenntnis von Interesse - in beiden angefochtenen Bescheiden aus, infolge der Behebung des erstbehördlichen Bescheides vom im Berufungsverfahren habe zum Zeitpunkt der Erlassung der weiteren erstbehördlichen Bescheide vom kein Bescheid existiert, mit welchem Schulerhaltungsbeiträge für das Jahr 2007 abgerechnet worden seien, weshalb keine entschiedene Sache vorliege.

Bei den in § 37 StPEG 2004 enthaltenen Fristen handle es sich nicht um "sanktionierte Verjährungsfristen", weil der Gesetzgeber gerade keine Sanktion für die Nichteinhaltung dieser Fristen vorgesehen habe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/10/0192). Schließlich sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb sich die beschwerdeführende Partei durch die gleichzeitige Erlassung von Vorschreibungs- und Abrechnungsbescheid als in ihrer Rechtsmittelmöglichkeit beschränkt erachte.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet, in der sie erkennbar die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des StPEG 2004, LGBl. Nr. 71/2004 idF LGBl. Nr. 94/2008, lauten wie folgt:

"§ 2

Gesetzlicher Schulerhalter

(1) Gesetzlicher Schulerhalter einer Pflichtschule ist die Gebietskörperschaft, der im Sinne dieses Gesetzes die Errichtung, Erhaltung und Auflassung der Pflichtschulen obliegt.

(…)

§ 3

Parteien

In den Verwaltungsverfahren, die sich in Vollziehung dieses Gesetzes ergeben, kommt den gesetzlichen Schulerhaltern sowie den zu einem Schulsprengel gehörenden oder in sonstiger Weise an einer öffentlichen Pflichtschule beteiligten Gebietskörperschaften Parteistellung im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 zu.

(…)

§ 25

Gesetzliche Schulerhalter der öffentlichen Volks- und Hauptschulen sowie der Polytechnischen Schulen

(1) Die Erhaltung der öffentlichen Volks- und Hauptschulen, der diesen Schulen allenfalls angeschlossenen Sonderschulklassen sowie der Polytechnischen Schulen obliegt jener Gemeinde, auf deren Gebiet diese Schulen bestehen.

(…)

§ 27

Kostentragung

Die gesetzlichen Schulerhalter haben für die Kosten der Errichtung, Erhaltung und Auflassung der Pflichtschulen aufzukommen.

(…)

§ 29

Schulerhaltungsbeiträge

(1) Sofern eine oder mehrere Gemeinden mit ihrem ganzen Gebiet oder einem Teil hievon zu einem Schulsprengel gehören, ohne selbst gesetzliche Schulerhalter zu sein, haben sie zur Bestreitung der Kosten des Schulsachaufwandes an den gesetzlichen Schulerhalter Schulerhaltungsbeiträge nach Maßgabe des § 30 zu leisten, sofern Abs. 2 nicht anders bestimmt. Dasselbe gilt, wenn Teile einer Gemeinde, die selbst Schulerhalter ist, zum Schulsprengel der Pflichtschule eines anderen gesetzlichen Schulerhalters gehören.

(…)

§ 37

Vorschreibung, Abrechnung und Entrichtung der Schulerhaltungsbeiträge und Gastschulbeiträge

(1) Die gesetzlichen Schulerhalter haben bis 30. November jeden Jahres die Schulerhaltungsbeiträge und Gastschulbeiträge gemäß den §§ 29, 30 und 35 für den voraussichtlichen Schulsachaufwand des folgenden Kalenderjahres den beitragspflichtigen Gemeinden mit Bescheid vorzuschreiben.

(2) Spätestens vier Monate nach Ablauf des Kalenderjahres haben die gesetzlichen Schulerhalter mit den beitragspflichtigen Gemeinden den Schulsachaufwand des abgelaufenen Kalenderjahres abzurechnen, wobei die widmungsgemäße Verwendung der nach Abs. 1 vorgeschriebenen Schulerhaltungsbeiträge und Gastschulbeiträge nachzuweisen ist. Für die Landeshauptstadt Graz hat die Abrechnung bis zum Ende des auf den Abrechnungszeitraum folgenden Jahres zu erfolgen. Das Ergebnis der Abrechnung ist mit Bescheid festzustellen.

(3) Gegen die Vorschreibung und Abrechnung der Schulerhaltungsbeiträge und Gastschulbeiträge kann von den beitragspflichtigen Gemeinden Berufung erhoben werden. Der Rechtsmittelzug richtet sich nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung 1967 und des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967.

(…)"

2.1. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit macht die Beschwerde zunächst geltend, die belangte Behörde habe mit den angefochtenen Bescheiden mit Blick auf den eingangs erwähnten Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Trieben vom gegen den Grundsatz " ne bis in idem " verstoßen. Über diesen Bescheid sei von der Bezirkshauptmannschaft Liezen wie auch von der belangten Behörde (jeweils als Berufungsbehörde) "sehr wohl meritorisch entschieden" worden. Die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen ausgesprochene ersatzlose Behebung des Bescheides vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG habe zur Folge, dass in der Sache "Schulsachaufwand 2007" nicht neuerlich entschieden werden dürfe.

2.2. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

In Ansehung der durch die belangte Behörde mit dem erstangefochtenen Bescheid bestätigten Vorschreibung gemäß § 37 Abs. 1 StPEG 2004 liegt eine "entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG schon deshalb nicht vor, weil der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom nach seiner - oben wiedergegebenen - Begründung ausschließlich die Festsetzung nach § 37 Abs. 2 StPEG 2004 betroffen hat.

Mit Blick auf die mit dem zweitangefochtenen Bescheid bestätigte Abrechnung gemäß § 37 Abs. 2 StPEG 2004 ist darauf zu verweisen, dass nach der hg. Rechtsprechung Identität der Sache nur dann gegeben ist, wenn sich gegenüber dem früheren (rechtskräftigen) Bescheid der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert hat. Durch eine Änderung der entscheidungsrelevanten Fakten verliert die Sache ihre ursprüngliche Identität; in diesem Fall liegt eine andere Sache vor, über die bescheidförmig abgesprochen werden kann (vgl. die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb , AVG § 68 Rz 23f).

Da für die Aufhebung der Festsetzung mit Bescheid vom maßgeblich war, dass zum damaligen Entscheidungszeitpunkt - anders als zum Zeitpunkt der Erlassung des zweitangefochtenen Bescheides - weder eine Vorschreibung des voraussichtlichen Schulsachaufwandes gemäß § 37 Abs. 1 StPEG 2004 noch der Rechnungsabschluss für das Jahr 2007 vorlag, liegt auch in dieser Hinsicht keine Identität der Sache vor.

Im Übrigen ergibt sich schon aus dieser Begründung des Bescheides vom , dass damit die Sache nicht endgültig erledigt werden sollte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/07/0111).

3.1. Im Weiteren bringt die Beschwerde vor, nach § 37 Abs. 2 StPEG 2004 hätten die gesetzlichen Schulerhalter mit den beitragspflichtigen Gemeinden "spätestens vier Monate nach Ablauf des Kalenderjahres" den Schulsachaufwand des abgelaufenen Kalenderjahres abzurechnen; aufgrund dieser eindeutigen Formulierung habe die Versäumung dieser Frist den "Verlust des Anspruchs zur Folge". Der dem zweitangefochtenen Bescheid zugrunde liegende erstbehördliche Bescheid vom betreffend die Abrechnung nach § 37 Abs. 2 StPEG 2004 sei in diesem Sinn verspätet.

3.2. Wie bereits die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, ist dem Gesetz allerdings gerade keine Regelung zu entnehmen, wonach die Überschreitung des in § 37 Abs. 2 StPEG 2004 genannten Termins mit konkreten Rechtsfolgen verbunden wäre. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Überschreitung dieses Termins eine Rechtswidrigkeit des zweitangefochtenen Bescheides begründete (vgl. das zu einer vergleichbaren Regelung ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/10/0132 = VwSlg. 16.501A, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/10/0192 = VwSlg. 15.976A).

4. Der Umstand, dass sowohl der Vorschreibungsbescheid nach § 37 Abs. 1 StPEG 2004 als auch der Abrechnungsbescheid nach § 37 Abs. 2 StPEG 2004 gegenüber der beschwerdeführenden Partei am selben Tag erlassen wurde, beeinträchtigt im Übrigen in keiner Weise deren Möglichkeit, gegen beide Bescheide nach § 37 Abs. 3 erster Satz StPEG 2004 Berufung zu erheben. Auch das diesbezügliche Beschwerdevorbringen kann somit eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht aufzeigen.

5. Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die beschwerdeführende Partei schließlich eine Verletzung ihres Rechtes auf Parteiengehör, weil ihr die den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegenden Berufungen der Stadtgemeinde Trieben nicht zugestellt worden seien; die beschwerdeführende Partei habe sich somit zu diesen Berufungen nicht äußern können.

Mit dem Vorbringen, bei Einräumung entsprechenden Parteiengehörs hätte die beschwerdeführende Partei den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegenüber der belangten Behörde äußern können, wird aber die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels mit Blick auf das unter den Punkten 2. bis 4. Gesagte gerade nicht dargetan.

6. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die mitbeteiligte Partei hat ihre Gegenschrift nicht durch einen Rechtsanwalt eingebracht und daher zu Recht keinen Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz gestellt (vgl. §§ 48 Abs. 3 Z. 2, 59 Abs. 1 VwGG).

Wien, am

Fundstelle(n):
ZAAAE-76547