VwGH vom 27.01.2011, 2008/09/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des BA in W, vertreten durch D. Frank Bock, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Spengergasse 1/3, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom , Zl. LGSW/Abt. 3/08115/6113050183/2008, betreffend Abweisung eines Antrages auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Ausnahmebestätigung nach § 3 Abs. 8 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) gemäß § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsbürger, Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin sei, mit der er in W in einem gemeinsamen Haushalt wohne. Der Beschwerdeführer habe einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt, der jedoch mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom abgewiesen worden sei. Gegen den Beschwerdeführer sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom die Ausweisung verfügt worden, einer dagegen vom Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Bei dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels habe es sich nicht um einen Verlängerungsantrag gehandelt. Durch die vom Verwaltungsgerichtshof gewährte aufschiebende Wirkung werde kein gewährtes Recht auf Niederlassung prolongiert, sondern es werde lediglich während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Ausweisung nicht ermöglicht. Die zusammenführende Ehegattin des Beschwerdeführers sei ständig in Österreich wohnhaft und habe somit keinen Freizügigkeitssachverhalt im Sinne des Art. 18 und Art. 39 ff EG verwirklicht. Die rechtliche Grundlage für eine Familienzusammenführung des Beschwerdeführers mit seiner Ehegattin sei daher § 47 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG). In diesem Zusammenhang sei von "keinem deklarativen Niederlassungsrecht" des Beschwerdeführers auf Grund seiner Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin auszugehen, es sei vielmehr für eine Niederlassung in Österreich ein bereits ausgestellter Aufenthaltstitel erforderlich. Ein solcher Aufenthaltstitel, welcher zur Niederlassung berechtige, habe jedoch im Verfahren weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 2 lit. m des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 101/2005, sind die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht anzuwenden auf "EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch nehmen, deren drittstaatsangehörige Ehegatten und Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) sowie die drittstaatsangehörigen Ehegatten und Kinder österreichischer Staatsbürger, sofern der Ehegatte bzw. das Kind zur Niederlassung nach dem NAG berechtigt ist".
Gemäß § 3 Abs. 8 AuslBG ist Familienangehörigen gemäß § 1 Abs. 2 lit. l und m auf deren Antrag von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine Bestätigung auszustellen, dass sie vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind.
Gemäß § 8 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes
(NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, werden Aufenthaltstitel erteilt als
1. "Niederlassungsbewilligung" für eine nicht bloß
vorübergehende befristete Niederlassung im Bundesgebiet zu einem
bestimmten Zweck (Abs. 2) mit der Möglichkeit, anschließend einen
Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EG' (Z 3) zu erlangen;
2. Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" für die
befristete Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - Familienangehöriger' (Z 4) zu erhalten;
3. Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" für die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;
4. Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt -
Familienangehöriger" für die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments.
Für die Erteilung der vom Beschwerdeführer begehrten Bestätigung ist nach § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG u.a. Voraussetzung, dass er als Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin "zur Niederlassung nach dem NAG berechtigt ist".
Nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers ist unzweifelhaft, dass ihm bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides kein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt war. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer an den Verwaltungsgerichtshof gegen seine Ausweisung gerichteten Beschwerde vermag dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, durch einen solchen Beschluss werden nämlich bloß die Wirkungen der Ausweisung vorläufig suspendiert.
Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer ein auf Unionsrecht gegründetes Aufenthaltsrecht im Sinne des § 57 NAG, wonach die Bestimmungen über das Niederlassungsrecht für EWR-Bürger auf Angehörige von Österreichern, sofern diese ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hätten, Anwendung finden, liegen im Beschwerdefall ebenfalls nicht vor, weil der Beschwerdeführer weder vorgebracht hat noch ein Hinweis dafür besteht, dass seine Ehegattin von ihrem Recht auf Freizügigkeit im Sinne der Art. 21 und 45 ff AEUV Gebrauch gemacht hätte (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/09/0096, und vom , Zl. 2008/09/0226). Der bloße Hinweis des nach der Aktenlage seit 1999 im Bundesgebiet gemeldeten und seit 2008 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheirateten Beschwerdeführers auf sein Zusammenleben mit seiner österreichischen Ehegattin vermag das Fehlen der von § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG geforderten Berechtigung zur Niederlassung nach dem NAG auch vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK nicht zu ersetzen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-76543