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VwGH vom 19.02.2013, 2012/18/0186

VwGH vom 19.02.2013, 2012/18/0186

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie die Hofräte Mag. Feiel und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des MN in W, vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5/10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/412.345/2008, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen mazedonischen Staatsangehörigen, ein auf § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gestütztes, auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe sich zunächst als Saisonarbeiter in Österreich aufgehalten. Die ihm für diesen Zweck zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis sei bis gültig gewesen.

Am habe der Beschwerdeführer einen Asylantrag eingebracht. Dieser sei im Instanzenzug abgewiesen worden.

Am habe der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerin N geheiratet. In weiterer Folge habe er einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels eingebracht.

Nach Wiedergabe des Inhalts diverser Erhebungsberichte - diese beziehen sich allesamt auf Erhebungen wegen des Verdachts des Eingehens einer Aufenthaltsehe - sowie vom Beschwerdeführer erstatteter Stellungnahmen führte die belangte Behörde weiter aus, der Beschwerdeführer und seine Ehefrau seien am von der Behörde erster Instanz vernommen worden. Sodann listete die belangte Behörde Widersprüche in den Angaben der Ehepartner auf, die sich auf die örtliche Lage früherer Wohnungen, das Übernachten einer Frau namens T in der angeblich gemeinsamen Wohnung, das gemeinsame Wohnen in einer in der B-Gasse in W gelegenen Wohnung, den Umzug in die Wohnung, die familiären Verhältnisse der jeweiligen Ehepartner, gemeinsame persönliche Erlebnisse, besondere Merkmale der Ehepartner (wie etwa das Vorhandensein von Tätowierungen) sowie deren persönliche Vorlieben und auch auf allfällige Geburtstagsgeschenke bezogen.

Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter - habe zwar bestritten, seiner Ehefrau für die Eheschließung Geld gegeben zu haben. Er habe auch behauptet, sie aus Liebe geheiratet zu haben. Auf Grund der "massiven" Widersprüche in den Angaben der Ehepartner und auf Grund der Ergebnisse der Erhebungen sei aber davon auszugehen, dass die Ehe ausschließlich deshalb geschlossen worden sei, um dem Beschwerdeführer "problemlos" eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung sowie die Anwartschaft auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zu verschaffen. Soweit einige wenige gleichlautende Angaben vorlägen, sei damit der Versuch unternommen worden, der Behörde wahrheitswidrig ein gemeinsames Ehe- und Familienleben glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer habe keine Zeugen oder Beweismittel geltend machen können, die ein gemeinsames Ehe- und Familienleben hätten bestätigen können. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, dass keine Aufenthaltsehe vorläge, seien als Schutzbehauptungen anzusehen.

Der Missbrauch des Rechtsinstituts der Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Rechte stelle - was auch in § 60 Abs. 2 Z 9 FPG zum Ausdruck komme - eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar. Ein solches Verhalten rechtfertige die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 86 FPG.

Es sei im vorliegenden Fall von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er für das Erreichen von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, hier konkret: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens durch Verhinderung von Aufenthaltsehen, dringend geboten sei. Wer zur Erlangung eines Aufenthaltstitels eine Aufenthaltsehe mit einem österreichischen Staatsbürger schließe, lasse seine Geringschätzung für ihn maßgeblicher Rechtsvorschriften erkennen. Den die Einreise und den Aufenthalt Fremder regelnden Vorschriften und deren Befolgung komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Es bestehe demgemäß auch ein hohes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Aufenthaltsehen. Gegen dieses Interesse habe der Beschwerdeführer jedoch in gravierender Weise verstoßen. Lediglich auf Grund der Eheschließung mit der österreichischen Staatsbürgerin habe der Beschwerdeführer eine nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bevorzugte Stellung erhalten und einer unselbständigen Beschäftigung nachgehen können. Die durch den Aufenthalt im Bundesgebiet erzielte Integration werde in seinem Gewicht durch das Eingehen der Aufenthaltsehe wesentlich gemindert. Bei Abwägung der gegenläufigen Interessenlagen sei zum Ergebnis zu kommen, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet keinesfalls schwerer wögen als das öffentliche Interesse an der Erlassung der gegenständlichen Maßnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides () nach dem FPG in der Fassung des BGBl. I Nr. 29/2009 richtet.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, bei der von ihm geschlossenen Ehe handle es sich um eine Aufenthaltsehe. Es gelingt dem Beschwerdeführer aber nicht, eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen. Selbst wenn man dem Beschwerdeführer - wie er behauptet - zugesteht, dass er wegen des gegen ihn geführten Verfahrens im Rahmen seiner Vernehmung eine - mit den Worten der Beschwerde - "gewisse Nervosität" aufgewiesen hätte, könnte dies die eklatant widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau gerade in jenen Punkten, in denen von Ehepartnern üblicherweise gleichlautende Antworten verlässlich zu erwarten sind, nicht erklären. Es handelt sich dabei nämlich um derart voneinander abweichende Ausführungen, sodass diese nicht in plausibler Weise bloß auf Nervosität zurückgeführt werden können. Bloß beispielsweise sei hier erwähnt, dass der Beschwerdeführer angegeben hat, in die neue Wohnung hätten keine Möbelstücke der alten Wohnung mitgenommen werden können. Demgegenüber hat seine Ehefrau ausgeführt, es wären in die neue Wohnung alle Möbel der alten Wohnung - abgesehen von den Küchenmöbeln - mitgenommen worden. Weiters hat etwa der Beschwerdeführer angegeben, das letzte (vor der Vernehmung liegende) Weihnachtsfest zu Hause gefeiert zu haben. Es hätte keinen Strom gegeben. Es wäre eine romantische Feier bei Kerzenlicht gewesen. Er hätte seiner Ehefrau Blumen und eine "große Schokolade" geschenkt. Hingegen gab seine Ehefrau an, sie und der Beschwerdeführer wären "die ganze Zeit" bei Freunden gewesen, weil es in der eigenen Wohnung keinen Strom gegeben hätte; Geschenke hätte es keine gegeben. Wenn in der Beschwerde insoweit von "angeblichen Widersprüchen" sowie "irgendwelchen Scheinindizien" gesprochen wird, so vermag sie sohin unter gleichzeitigem selektiven Herausgreifen einzelner Umstände - nicht zuletzt auch unter Bedachtnahme auf die insoweit dem Verwaltungsgerichtshof bloß eingeschränkt zukommende Prüfbefugnis - nicht aufzuzeigen, dass die behördliche Beweiswürdigung mit Rechtswidrigkeit behaftet wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof ist - worauf die Beschwerde aber in Wahrheit abzielt - im Übrigen nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die der Überprüfung der Schlüssigkeit standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt, sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/18/0022, mwN).

Ausgehend von den Feststellungen der belangten Behörde steht ihre - in der Beschwerde nicht weiter bekämpfte - Beurteilung, das Verhalten des Beschwerdeführers rechtfertige die in § 86 Abs. 1 (erster und zweiter Satz) FPG ausgedrückte Annahme und sohin die Erlassung eines Aufenthaltsverbots, mit dem Gesetz im Einklang (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0467, mwN).

Zur Beurteilung gemäß § 66 FPG führt der Beschwerdeführer lediglich ins Treffen, er verfüge über ein entsprechend hohes Einkommen, das es ihm ermögliche, seine Familie zu versorgen. Die belangte Behörde hat allerdings bereits im angefochtenen Bescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass es dem Beschwerdeführer aber nur auf Grund des Eingehens der Aufenthaltsehe möglich war, in Österreich einer Beschäftigung nachzugehen. Vor diesem Hintergrund hat sie seiner Erwerbstätigkeit im Rahmen der Interessenabwägung zu Recht kein entscheidungswesentliches Gewicht beigemessen. Es ist aber auch sonst nicht ersichtlich, dass der belangten Behörde bei ihrer Beurteilung nach § 66 FPG ein Fehler unterlaufen wäre.

Da sohin die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
ZAAAE-76521